Arbeitsrecht

Zur Bestimmung der örtlichen Gerichtszuständigkeit bei Klagen auf Begründung eines Beamtenverhältnisses

Aktenzeichen  M 5 K 17.2384

Datum:
17.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 42514
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 52 Nr. 4, § 83
GVG § 17a Abs. 2

 

Leitsatz

1 Wird mit einer beamtenrechtlichen Klage gerade erst die Begründung eines Beamtenverhältnisses verfolgt, kann der (angestrebte) dienstliche Wohnsitz nicht zur Bestimmung der Gerichtszuständigkeit herangezogen werden. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Zuständigkeitsbereich einer Behörde iSd § 52 Nr. 4 S. 2 VwGO bezieht sich nicht lediglich auf ihre allgemeine territoriale Zuständigkeit, sondern ist – insbesondere in personalrechtlichen Angelegenheiten – „universell“ zu verstehen. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Das Verwaltungsgericht München ist zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich unzuständig.
II. Der Rechtsstreit wird an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Bayreuth verwiesen.

Gründe

Das Verwaltungsgericht München ist zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich nicht zuständig, da sich der nach § 52 Nr. 4 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) maßgebliche bürgerliche Wohnsitz der Klägerin in Altenkunstadt im Regierungsbezirk Oberfranken und damit im Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsgerichts Bayreuth (Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 Gesetz zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung) befindet. Der Rechtsstreit ist daher nach Anhörung der Beteiligten an das Verwaltungsgericht Bayreuth zu verweisen, § 83 Satz 1 VwGO, § 17a Abs. 2 Gerichtsverfassungsgesetz.
Gemäß § 52 Nr. 4 VwGO ist für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamtenverhältnis das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen (bürgerlichen) Wohnsitz hat. Maßgeblich sind die Umstände im Zeitpunkt der Klageerhebung (Kraft in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 52 Rn. 7). Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat.
Die Klägerin hatte im Zeitpunkt der Klageerhebung am 30. Mai 2017 keinen dienstlichen Wohnsitz, da sie mit ihrer Klage gerade erst die Begründung eines Beamtenverhältnisses (auf Probe) verfolgt.
Auch ist nicht § 52 Nr. 4 Satz 2 VwGO einschlägig, da der Wohnsitz der Klägerin im Zuständigkeitsbereich der Behörde – hier: der Regierung von Oberbayern – liegt, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat. Denn der Zuständigkeitsbereich einer Behörde i.S.d. § 52 Nr. 4 Satz 2 VwGO bezieht sich nicht lediglich auf ihre allgemeine territoriale Zuständigkeit, sondern ist – insbesondere in personalrechtlichen Angelegenheiten – „universell“ zu verstehen (VG München, B.v. 27.6.2016 – M 5 K 14.5576 – juris; VG Gelsenkirchen, B.v. 22.1.2007 – 12 K 3825/06 – juris Rn. 14 ff.; Böck, DÖD 2001, 297, 301 f.; vgl. BVerwG, B.v. 11.6.1981 – 2 ER 401/81 – juris Rn. 5; VG Wiesbaden, B.v. 23.9.1998 – 8 E 735-98 (V) – NVwZ-RR 1999, 219). Dafür spricht im Übrigen auch die mit § 52 Nr. 4 VwGO verfolgte Intention des Gesetzgebers, dass „der Kläger seine Klage bei einem Gericht anbringen kann, das für ihn leicht erreichbar ist. Maßgebend war auch an dieser Stelle und in den anderen Fällen örtlicher Zuständigkeit der Grundsatz, daß Zusammenballungen vieler Klagen bei einzelnen Gerichten am Sitz der Bundes- und Landeszentralbehörden unerwünscht sind.“ (BT-Drucks. 3/1094 S. 6, Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses zum damaligen § 53 VwGO).
Leichter zu erreichen ist für die Klägerin das Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk sie ihren bürgerlichen Wohnsitz hat. Der Zusammenballung vieler Klagen bei einem einzelnen Gericht wird mit einer weiten Auslegung des Begriffs „Zuständigkeitsbereich der Behörde“ entgegengewirkt, indem funktional auf die für den jeweiligen Sachbereich getroffene Zuständigkeitsregelung – hier: Zuständigkeit der Regierung von Oberbayern in Personalangelegenheiten der Regierung von Oberbayern – abgestellt wird.
Damit ist für die gerichtliche Zuständigkeit der Wohnsitz der Klägerin im Zeitpunkt der Klageerhebung maßgeblich. Dieser liegt im Regierungsbezirk Oberfranken und damit im Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsgerichts Bayreuth.
Dieser Beschluss ist gemäß § 83 Satz 2 VwGO unanfechtbar.


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