Aktenzeichen 2 BV 17.198
Leitsatz
Eine zwischen Bauherrn und Landesamt für Denkmalpflege getroffene Abstimmung im Sinn von § 7i EStG wird hinfällig und lässt den Anspruch auf Erteilung einer einkommensteuerrechtlichen Grundlagenbescheinigung nach Art. 25 DSchG insgesamt entfallen, wenn in gravierender Weise absprachewidrig gebaut wird. Dies trifft insbesondere zu, wenn infolge der abweichenden Baumaßnahmen die zuvor bestehende Einzeldenkmaleigenschaft verloren geht und nur die Denkmaleigenschaft als Bestandteil eines Ensembles übrig bleibt. In diesem Fall bedarf es einer erneuten, auf dem Ensembleschutz beruhenden Abstimmung in Bezug auf noch nicht verwirklichte Baumaßnahmen. (Rn. 21)
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
Gründe
Die zulässige Berufung der Klägerin (§ 124 VwGO) ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend die Verpflichtungsklage abgewiesen, weil die Klägerin keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten einkommensteuerrechtlichen Grundlagenbescheinigung für Herstellungskosten in Höhe von 185.885,72 € für das Anwesen „J.-Str. …“ hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Gemäß § 7i Abs. 1 Satz 4 EStG kann der Steuerpflichtige bei einem im Inland gelegenen Gebäude oder Gebäudeteil, das für sich allein nicht die Voraussetzungen für ein Baudenkmal erfüllt, aber Teil einer Gebäudegruppe oder Gesamtanlage ist, die nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften als Einheit geschützt ist, die erhöhten Absetzungen von den Herstellungskosten für Baumaßnahmen vornehmen, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des schützenswerten äußeren Erscheinungsbildes der Gebäudegruppe oder Gesamtanlage erforderlich sind. Die Baumaßnahmen müssen in Abstimmung mit der in § 7i Abs. 2 EStG bezeichneten Stelle durchgeführt worden sein (§ 7i Abs. 1 Satz 6 EStG). Nach § 7i Abs. 2 EStG kann der Denkmalinhaber die erhöhten Absetzungen nach § 7i Abs. 1 EStG nur dann in Anspruch nehmen, wenn er durch eine Bescheinigung der nach Landesrecht zuständigen Behörde, hier des Landesamts für Denkmalpflege (Art. 25 DSchG), die Voraussetzungen des Abs. 1 der Vorschrift für das Gebäude oder Gebäudeteil nachweist.
§ 7i EStG begünstigt ausschließlich Baumaßnahmen, die gemessen am Zustand des Baudenkmals vor ihrem Beginn geboten sind, um den unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten erstrebenswerten Zustand herbeizuführen. Da diese Entscheidung nicht im Nachhinein getroffen werden kann, muss die Baumaßnahme in Abstimmung mit der zuständigen Denkmalschutzbehörde durchgeführt werden (vgl. BFH, B.v. 8.9.2004 – X B 51.04 – juris; BVerwG, B.v. 8.7.2014 – 4 B 18.14 – juris; BayVGH, U.v. 20.6.2012 – 1 B 12.78 – NVwZ-RR 201, 981; U.v. 17.10.2013 – 2 B 13.1521 – BayVBl 2014, 179; U.v. 6.4.2017 – 2 B 17.142 – juris). Die Baumaßnahmen müssen einverständlich und bei Bedarf detailliert hinsichtlich Art, Umfang und fachgerechter Ausführung festgesetzt sein (vgl. BFH, U.v. 24.6.2009 – X R 808 – juris; BVerwG, B.v. 9.5.2018 – 4 B 40.17 – ZfBR 2018, 589). Die Abstimmung muss auf die konkrete Baumaßnahme bezogen stattfinden; eine generelle Absprache über künftig auszuführenden Reparaturarbeiten genügt hierfür nicht (vgl. BayVGH, U.v. 3.12.2008 – 15 ZB 08.727 – BayVBl 2009, 473). Die vorherige Abstimmung dient neben der Sicherung der denkmalgerechten Ausführung der Arbeiten in erster Linie der Feststellung der Tatsachen, insbesondere des Zustands des Bauwerks, in dem die Maßnahmen vorgenommen werden sollen, die notwendig sind, um so die Erforderlichkeit der geplanten Maßnahmen im Einzelnen beurteilen zu können. Dem Steuerpflichtigen soll damit schon vor Beginn der Arbeiten klar sein, für welche Maßnahmen im Einzelnen die Erforderlichkeit im Sinn von § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG von der für die spätere Ausstellung der Grundlagenbescheinigung zuständigen Fachbehörde bejaht wird (vgl. BayVGH, U.v. 20.6.2012 a.a.O.). Im Wesentlichen handelt es sich dabei um eine Missbrauchskontrolle. Der Steuerpflichtige soll nicht ohne Erörterung der Maßnahme der Fachbehörde mit seinem Bau beginnen dürfen, wenn er sich die Bescheinigungsfähigkeit nach § 7i Abs. 1 EStG erhalten möchte. Im Übrigen ist die Art und Weise, in der die Abstimmung im Einzelnen zu erfolgen hat, nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. BayVGH, U.v. 6.4.2017 – 2 B 17.142 – juris).
Gemessen an den dargestellten Vorgaben sind die gesetzlichen Anforderungen an eine Abstimmung im Sinn von § 7i EStG zwischen der Klägerin und dem Landesamt für Denkmalpflege für die hier in Rede stehenden Baumaßnahmen nicht erfüllt. Zwar lagen ursprünglich Abstimmungen zwischen der Rechtvorgängerin der Klägerin und dem Landesamt für Denkmalpflege vor, die sich auf die geplanten Bauarbeiten gemäß den erteilten Baugenehmigungen einschließlich der Tekturgenehmigung vom 30. September 2011 bezogen und zahlreiche Baumaßnahmen der Innenwie Außengestaltung umfassten. Diesen lag aber das Vorliegen eines Einzelbaudenkmals zugrunde. Mit der hiervon abweichenden Durchführung, die aufgrund der Ortsbegehung am 5. Februar 2013 festgestellt wurde und zur Baueinstellung führte, und schließlich mit der Umsetzung der Tekturgenehmigung vom 24. Juli 2013 sind diese Abstimmungen hinfällig geworden. Zumindest muss dies gelten, wenn in gravierender Weise absprachewidrig gebaut wird (vgl. Frein in Martin/Krautzberger, Handbuch Denkmalschutz und Denkmalpflege, 4. Aufl. 2017, J Rn. 266; Martin, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 2019, Art. 24, 25 Rn. 18). Dies trifft vorliegend zu, nachdem infolge der abweichenden Baumaßnahmen sogar die Einzeldenkmaleigenschaft verloren gegangen ist. Insoweit ist den Abstimmungen (und den seitens des Landesamts für Denkmalpflege vorangegangen Erforderlichkeitsprüfungen im Sinn von § 7i EStG) die Beurteilungsgrundlage entzogen worden, die auf einem Einzeldenkmal beruhte. Die Klägerin wurde auch mehrfach von dem Beklagten auf den Umstand hingewiesen (Schreiben des Beklagten vom 20. Februar 2013 und 25. März 2013), dass jedenfalls mit der Umsetzung der beantragten Tektur die Einzeldenkmaleigenschaft sowie die Möglichkeit der Absetzbarkeit der denkmalpflegerischen Aufwendungen verloren gehe. Dennoch hat die Klägerin in Kenntnis der Folgen mit Schreiben vom 28. Juni 2013 um die Erteilung der Tekturgenehmigung gebeten.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kann auch keine Teilaufrechterhaltung der ursprünglich getroffenen Abstimmungen dahingehend angenommen werden, dass diese hinsichtlich der Außenmaßnahmen zumindest als Maßnahmen des Ensembleschutzes Geltung behielten. Einer solchen Aufspaltung stehen schon die erfolgten Abstimmungen selbst entgegen, die keine Unterscheidung der geplanten Baumaßnahmen nach Einzeldenkmal und Ensembleschutz getroffen haben. Auch können nicht zwangsläufig alle Maßnahmen, die der Außengestaltung dienen, zumindest als Maßnahmen des Ensembleschutzes qualifiziert werden. Zudem widerspricht diese Betrachtungsweise dem oben dargestellten Sinn und Zweck der Abstimmung, die der Fachbehörde ermöglichen soll, die Erforderlichkeit der geplanten Baumaßnahmen vor Baubeginn zu beurteilen. Denn es ist nicht ohne weiteres davon auszugehen, dass die Fachbehörde bei der Beurteilung der Erforderlichkeit bei einem Einzeldenkmal und einem ensemblegeschützten Denkmal zu den gleichen Ergebnissen gelangt. So ist es denkbar, dass eine Baumaßnahme der Erforderlichkeit im Hinblick auf ein Einzeldenkmal entspricht, nicht aber im Hinblick auf den Ensembleschutz.
Demnach hätte es vor Ausführung weiterer Maßnahmen – nach den oben dargestellten Grundsätzen kommen nur noch nicht verwirklichte Bauarbeiten in Betracht – einer erneuten, diesmal auf dem Ensembleschutz basierenden Abstimmung bedurft. Diese hat aber ausweislich der Behördenakten nicht stattgefunden und wird auch von der Klägerin dergestalt nicht behauptet. Nach den mehrmaligen Hinweisen des Beklagten auf das Entfallen der Absetzbarkeit der Baumaßnahmen im Zuge des Wegfalls der Einzeldenkmaleigenschaft musste der Klägerin spätestens zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Tekturbescheids vom 24. Juli 2013, mit dem der Klägerin auch der endgültige Verlust der Einzeldenkmaleigenschaft mitgeteilt wurde, klar gewesen sein, dass vor Durchführung der weiteren Maßnahmen eine neue Abstimmung im Sinn von § 7i EStG zum Erhalt der Absetzbarkeit der Aufwendungen notwendig wäre. Soweit die Klägerin sich darauf beruft, dass die erfolgten Absprachen hinsichtlich der Gestaltung der straßenseitigen Fenster im ersten Obergeschoss eine weiterführende Abstimmung zwischen Klägerin und Beklagtem zeigten, verfängt die Argumentation nicht. Denn nach den vorstehenden Ausführungen hätte eine neue, auf den Ensembleschutz ausgerichtete Abstimmung getroffen werden müssen. Ungeachtet des Zeitpunkts der angeführten Absprache noch vor dem Erlass des Bescheids vom 24. Juli 2013, mit dem der endgültige Verlust der Einzeldenkmaleigenschaft mitgeteilt wurde, betraf die straßenseitige Fenstersanierung im ersten Obergeschoss lediglich eine von zahlreichen Baumaßnahmen.
Insbesondere kann nicht Gegenteiliges aus dem Hinweis im Tekturbescheid des Beklagten vom 24. Juli 2013, der die Denkmaleigenschaft in Form des Ensembleschutzes nach Art. 1 Abs. 3 DSchG zum Inhalt hat, gefolgert werden. Wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, diente dieser lediglich dazu, die Klägerin auf ihre weiterhin bestehende Pflichtigkeit als Eigentümerin eines ensemblegeschützten Gebäudes im Sinn des Denkmalschutzgesetzes hinzuweisen. Eine Aussage zur Erforderlichkeit der Baumaßnahmen im Sinn von § 7i EStG kann ihm in keiner Hinsicht entnommen werden.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708ff. ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).