Erbrecht

Änderung des Flurbereinigungsplans- Kein Anspruch auf eine Landabfindung

Aktenzeichen  13 A 15.438

Datum:
4.2.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 44337
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FlurbG FlurbG §§ 1, 4, 12 I 1, 30, 37 I 2, 44, 58
VermKatG Art. 5
BGB BGB § 891
BayStrWG BayStrWG Art. 67

 

Leitsatz

Bezüglich der nach § 12 Abs. 1 Satz 1 FlurbG für die Ermittlung der Beteiligten maßgebenden Eintragungen im Grundbuch gilt die Vermutung des § 891 BGB. Für den Verlauf der Grundstücksgrenzen ist nach § 30 FlurbG die Eintragung im Liegenschaftskataster maßgebend. (amtlicher Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Für die baren Auslagen des Gerichts wird ein Pauschsatz von 30,- Euro erhoben. Das Verfahren ist gebührenpflichtig.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die den Kläger betreffenden Regelungen und Festsetzungen des angefochtenen Flurbereinigungsplans (§ 58 FlurbG) sind rechtmäßig.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf zusätzliche Landabfindung. Die Beklagte hat in Ausübung des ihr im Flurbereinigungsgesetz eingeräumten planerischen Gestaltungsermessens die bei der Abfindung eines Teilnehmers zu beachtenden gesetzlichen Grundsätze bei der Abfindung des Klägers ermessensgerecht berücksichtigt (§ 114 Satz 1 VwGO, § 146 Nr. 2 FlurbG).
Der für jede Abfindung zwingend vorgeschriebene Gestaltungsgrundsatz, den Kläger für seine in die Flurbereinigung eingebrachten Grundstücke, unter Berücksichtigung der nach § 47 FlurbG vorgenommenen Abzüge, mit Land von gleichem Wert abzufinden (§ 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG), ist erfüllt. Dies ergibt zunächst folgende (rechnerische) Gegenüberstellung von Einlage und Abfindung:
Erläuterungen
Fläche (m²)
WVZ
DWZ
Betrag (EUR)
Einlage
Flächenberichtigung
Abzug § 47
Summe Fortschreibung
2596
+0
-34
+0
788
+0
-100
+0
30,0
0,00
Forderung
Abfindung
2562
2596
7688
7788
30,0
30,0
0,00
-150,00
Differenz Abfindung – Forderung
davon Mehrausweisung
Änderung der Durchschnittswertzahl um (ohne Mehr- und Minderausweisung)
+34
+34
+100
+100
+0,0
Die Beklagte hat die Forderung gemäß der Fläche der alten Grundstücke richtig berechnet. Sie hat die strittige Teilfläche von ca. 12 m x 2,5 m des Einlageflurstücks 857/1 (262 m²) zu Recht als Einlage der Gemeinde A. und nicht als diejenige des Klägers erachtet. Die Eigentümerstellung der Gemeinde ergibt sich aus dem Grundbuch für A., Band 10, Blatt 570, lfd. Nr. der Grundstücke 241 (Amtsgericht R.). Fläche, Länge und Lage des Einlageflurstücks 857/1 ergeben sich aus den vom Kläger selbst vorgelegten vermessungsamtlichen Unterlagen (Kartenbeilage zum Amtsauszug aus dem Veränderungsnachweis 304 der Gemarkung A. – SO 2 17-8 u. 9 – Bl. 22 der Gerichtsakte). Es entstand im Jahr 1981 durch die auf Veranlassung der Gemeinde A. erfolgte Aufteilung des ursprünglichen (ringförmigen) Wegeflurstücks 857 und wurde im Jahr 1986 im Grundbuch eingetragen. Aus der genannten amtlichen Kartenbeilage geht hervor, dass ein neues Flurstück gebildet wurde (Nummer 857/1 in roten Ziffern) und außerdem, dass der alte, vorgefundene Grenzverlauf unverändert geblieben ist. Der Veränderungsnachweis ist Bestandteil des Liegenschaftskataster. Dieses ist nach Art. 5 Abs. 2 Vermessungs- und Katastergesetz (VermKatG) das amtliche Verzeichnis der Grundstücke im Sinn des § 2 Abs. 2 der Grundbuchordnung. Das einzelne Flurstück ist nach Art. 5 Abs. 3 Satz 2 VermKatG als ein räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche die Buchungseinheit. Die Katasterunterlagen sind entgegen der Auffassung des Klägers vermessungstechnisch exakt. Danach ist die strittige Teilfläche, welche das klägerische Einlageflurstück 899 durchschneidet, Bestandteil des Einlageflurstücks 857/1. Der durch die Mitwirkung eines Fachbeisitzers mit der Befähigung zum höheren Dienst der Flurbereinigungsbehörden nach § 139 Abs. 1 Satz 2 FlurbG (hier: Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Vermessungswesen und Flurbereinigung) auch in technischer Hinsicht sachkundig besetzte Flurbereinigungssenat hat sich davon überzeugt, dass die Eintragungen der Grundstücksgrenzen in der Gebietskarte der Direktion für Ländliche Entwicklung M. den Katasterunterlagen entsprechen.
Der Hinweis des Klägers auf den Grenzverlauf nach der Uraufnahme der damaligen graphischen Grundstücksgrenzen anno 1812 vermag seine Behauptung, der alte Weg habe damals am Hofgrundstück geendet, sei also kürzer als der heutige gewesen, nicht zu belegen. Nach der historischen Karte setzte sich der Weg entlang der damaligen westlichen Grundstücksgrenze der Hofstelle fort, wobei er sich seinerzeit trichterförmig ausweitete. Der Einwand des Klägers, er habe bei der Teilung des früheren Flurstücks 857 keine Teilungserklärung abgegeben, ist nicht entscheidungserheblich. Da er gemäß den von den Prozessbeteiligten vorgelegten alten Plänen und sonstigen amtlichen Unterlagen zu keinem Zeitpunkt als Eigentümer der strittigen Teilfläche im Grundbuch eingetragen war, wäre es mangels einer Verfügungsbefugnis auf seinen Willen ohnehin nicht angekommen. Auch auf den Zeitpunkt der Aufnahme der alten Wegefläche im Bestandsverzeichnis (s. Art. 67 Bay- StrWG) kommt es nicht an, weil es hier nicht um die Widmung, sondern um die Lage und Größe des Wegeflurstücks geht. Die Annahme, dass die Lage und der Verlauf des Wirtswegs in den verschiedenen Planunterlagen erheblich differieren, ist unrichtig. Lediglich infolge der unterschiedlichen maßstäblichen Darstellungen erscheint die Wegefläche in den alten Plänen unterschiedlich breit.
Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 FlurbG ist für das Flurbereinigungsverfahren die Eintragung im Grundbuch maßgebend. Entsprechend der Vermutung in § 891 BGB muss die Teilnehmergemeinschaft den im Grundbuch eingetragenen Beteiligten als den wahren Berechtigten behandeln (Wingerter in Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Aufl. 2013, § 12 Rn. 1). Hinsichtlich der Größe eines Grundstücks ist nach § 30 FlurbG in der Regel die Eintragung im Liegenschaftskataster maßgebend. Wie schon der Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 1 FlurbG zeigt, ist die Flurbereinigungsbehörde lediglich verpflichtet, von Amts wegen anhand der Eintragungen im Grundbuch festzustellen, wer Eigentümer der von der Flurbereinigung betroffenen Grundstücke bzw. von Berechtigungen hieran ist (BVerwG, B.v. 19.11.1970 – IV B 51.69 – RdL 1971, 72 = RzF 3 zu § 12). Dieser Verpflichtung ist die Beklagte nachgekommen. Sie konnte und musste gemäß der Eintragung im Grundbuch davon ausgehen, dass die Gemeinde Eigentümerin der strittigen Teilfläche ist. Darüber hinaus ist es nicht Aufgabe der Flurbereinigungsbehörde, über streitige Eigentumsverhältnisse zu entscheiden; denn auch im Streitfall sind die Eintragungen im Grundbuch jedenfalls so lange maßgebend, wie nicht der Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 FlurbG durch die Beteiligten erbracht ist (BVerwG, B.v. 19.11.1970 a. a. O.). Zwar kann ausnahmsweise gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 FlurbG etwas anderes gelten, wenn derjenige, der sich auf ein Recht beruft, dieses durch eine öffentliche Urkunde glaubhaft macht oder eine entsprechende Bescheinigung der Gemeinde vorlegt. Dies ist hier aber nicht der Fall. Der Kläger hat lediglich Bedenken aufgeworfen, aus denen er schließt, dass der Grundbuchstand falsch sei. Die Rechtsauffassung des Klägers, die Gemeinde müsste den Nachweis führen, dass sie Eigentümerin ist, geht fehl. Nach § 891 Abs. 1 BGB besteht vielmehr die Vermutung, dass ihr das Recht zusteht. Die Widerlegung der Vermutung ist nur durch den vollen Beweis des Gegenteils möglich (Palandt/Bassenge, BGB, 74. Aufl. 2015, § 891 Rn. 8). Diesen hat der Kläger nicht erbracht.
Die Ausweisung des Wirtswegs als Fußweg mit einer Breite von 1,5 m ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Dieser ist im genehmigten Wege- und Gewässerplan mit landschaftspflegerischem Begleitplan ausgewiesen (§ 41 FlurbG), der nach § 58 Abs. 1 Satz 2 FlurbG Bestandteil des Flurbereinigungsplans ist (s. Karte zum Plan über die gemeinschaftlichen und öffentlichen Anlagen – Stand 13.8.2012). Bei der Aufstellung des Plans nach § 41 FlurbG hat die Flurbereinigungsbehörde ein weites Planungsermessen (Wingerter in Wingerter/Mayr a. a. O. § 41 Rn. 7). Im vorliegenden Fall ist die Ausweisung des Fußwegs vom Planungserfordernis her unbedenklich. Es handelt sich lediglich um eine nach § 39 Abs. 2 FlurbG zulässige Änderung einer vorhandenen Anlage, deren Trasse größtenteils bereits gewidmet war, wenngleich der alte Feldweg in der Natur nicht mehr erkennbar ist. Für den Kläger ist der auf Höhe seines Hofgrundstücks um einige Meter verschwenkte Verlauf ohnehin vorteilhaft, weil der Weg nunmehr sein Grundstück nicht mehr durchschneidet, sondern an der südöstlichen Ecke verläuft.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 147 Abs. 1 FlurbG.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

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