Erbrecht

Nachträgliche Eintragung eines altrechtlichen Weiderechts

Aktenzeichen  34 Wx 298/14

Datum:
19.1.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
NJOZ – 2016, 836
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GBO GBO § 11 Abs. 1, § 22 Abs. 1 S. 1, § 29, § 71
BGB BGB § 894

 

Leitsatz

1. Die nachträgliche Eintragung altrechtlicher Nutzungsrechte, etwa von Gemeinde- und Weiderechten, im Grundbuch setzt auch bei einem Erwerb durch unvordenkliche Verjährung den Nachweis der privatrechtlichen Natur des Nutzungsrechts voraus. (amtlicher Leitsatz)
2 Als Gemeindenutzungsrecht können Weiderechte entweder öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur sein. Es besteht keine Vermutung in die eine oder andere Richtung. Es ist danach zu unterscheiden, ob die Nutzungsrechte im Gemeindeverband, also in den öffentlich-rechtlichen Beziehungen der Gemeindemitglieder wurzeln oder aber völlig unabhängig von der Gemeindezugehörigkeit lediglich ein privatrechtliches Rechtsverhältnis zwischen dem Berechtigten und der Gemeinde als Eigentümerin des belasteten Grundstücks darstellen. (redaktioneller Leitsatz)
3 Gemeinderechte öffentlich-rechtlichen Charakters können im Grundbuch nicht eingetragen werden, weil das Grundbuch nur dazu bestimmt ist, über die privatrechtlichen Verhältnisse eines Grundstücks oder einer ihm gleichstehenden Gerechtigkeit Auskunft zu geben, nicht dagegen (auch) über öffentlich-rechtliche Verhältnisse. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Sonthofen – Grundbuchamt – vom 26. März 2014 wird zurückgewiesen.
II.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 5.000 €.

Gründe

I. Der Beteiligte ist Eigentümer (u. a.) landwirtschaftlich genutzter Grundstücke. Mit Schreiben vom 25.11.2013 hat er beim Grundbuchamt die Eintragung jeweils eines Gemeinde- und Weiderechts im Bestandsverzeichnis zweier dieser Grundstücke (Fl. St.e …6 und …8) beantragt.
Zu dem Flurstück …8 sei zu dem bestehenden ein zweites Gemeinde- und Weiderecht nachzutragen, das vor 1904 im Grundsteuerkataster eingetragen gewesen, jedoch zu Unrecht nicht in das Grundbuch übertragen worden sei. Ein weiteres Gemeinde- und Weiderecht zu Flurstücken 46…/…7 sei bei einer Grundstücksveräußerung nicht mitverkauft worden und somit bei der Restfläche von Flurstück …7 verblieben, das mit Flurstück …6 verschmolzen sei. Auch insofern sei das Gemeinde- und Weiderecht, das ebenfalls 1904 nicht zu den Flurstücken 46…/…7 gebucht wurde, nachzutragen. Als Beweis für das Bestehen der Rechte seit unvordenklicher Zeit beruft sich der Beteiligte auf alte, in Ablichtung vorgelegte Urkunden, wie etwa Auszüge aus dem Grundsteuerkataster und aus Grundbüchern auch zu anderen Grundstücken, zudem auf ein Protokoll über die Liquidation des Besitzstands der Ortsgemeinde S. aus dem Jahr 1832, in der die gemeinschaftliche Beweidung von Viehweiden durch namentlich aufgeführte Personen „seit unfürdenkliche Zeiten“ bekundet wird. Außerdem legt er einen Gemeinds-Vertrag aus dem Jahr 1833 zwischen der Ortsgemeinde S. und der Duralgemeinde O. vor, in dem vereinbart ist:
I. Nachdem Gemeindeglieder der selben Gemeinde … [im weiteren namentlich genannt] mit dem heutigen den Weideplatz … als ganz eigentümlich an sich gebracht haben, so verpflichten sich dieselben, den Kaufschilling … nach Häuserzahl zu berichtigen … Dagegen soll sich auch die Benutzung des Weidbodens nach der gegenwärtigen Häuserzahl zu richten haben…
II. Was die Gemeindelasten betreffe, so sollen solche gleich den Rechten an dem Gemeindegrund, worin nicht bloß die angekauften, sondern auch die bisher besessenen gehören, auch gleichheitlich von allen zu tragen und von jedem Hausbesitzer, oder wenn einer mehrere Häuser besitzt, auf welchen das Recht der Benutzung ruht, nach der Zahl derselben, in gleichheitlichem Maßstab zu leisten sein.
Des Weiteren bezieht sich der Beteiligte auf ein Kataster (zu Bl. 1808) für den Voreigentümer von Flurstück …8 mit der Eintragung:
1/4 Gemeinderecht zu zwei ganzen Nutzantheilen an den noch unvertheilten Gemeindebesitzungen
sowie
1/4 Weiderecht auf den Gemeindeviehweiden.
Den Antrag hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 26.3.2014 zurückgewiesen. Es sei nicht durch einen Rechtstitel nachgewiesen, dass es sich bei den Rechten um privatrechtliche Nutzungsrechte handele, die noch Bestand hätten.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten, mit der er verschiedene Eintragungsmitteilungen des Grundbuchamts vorlegt, so zum Grundstück Fl. St. …8, wonach ein nicht mitübertragenes Gemeinde- und Weiderecht hier wieder am 20.3.1987 eingetragen wurde. Zudem beruft er sich auf die Neueintragung eines bisher ungebuchten Gemeinde- und Weiderechts unter Bezugnahme auf das Grundsteuerkataster von 1882 am 18.12. 2009.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Das Rechtsmittel ist als unbeschränkte Beschwerde statthaft, § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO. Zwar macht der Beteiligte geltend, dass ein Recht im Grundbuch von Anfang an nicht eingetragen wurde und das Grundbuch daher unrichtig sei. Bei einer anfänglichen Unrichtigkeit kommt in der Regel nur die beschränkte Beschwerde nach § 71 Abs. 2 GBO mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs in Betracht (Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 71 Rn. 150). Allerdings kann die fehlende Eintragung eines Rechts im Grundbuch des herrschenden Grundstücks nicht zu dessen gutgläubigen (lastenfreien) Erwerb führen, so dass die Berichtigung dieser anfänglichen Unrichtigkeit im Beschwerdeweg nach § 71 Abs. 1 GBO verfolgt werden kann (Hügel/Kramer § 71 Rn. 122; Demharter GBO 29. Aufl. § 71 Rn. 37).
Auch im Übrigen ist die Beschwerde zulässig, § 73 GBO.
2. Die Beschwerde ist zurückzuweisen, da die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 GBO, an deren Nachweis strenge Anforderungen zu stellen sind (etwa BayObLGZ 1986, 317/320; Demharter § 22 Rn. 37), nicht gegeben sind.
a) Von einer Unrichtigkeit des Grundbuchs ist auszugehen, wenn die formelle und die materielle Rechtslage divergieren (§ 894 BGB; Hügel/Holzer § 22 Rn. 25). Anfänglich unrichtig ist das Grundbuch nicht nur, wenn ein Recht unzutreffend eingetragen wird, sondern ebenso, wenn ein – auch ohne Eintragung – bestehendes Recht nicht im Grundbuch eingetragen ist. Letzteres kommt bei dem beanspruchten Gemeinde-(Gemeindenutzungsrecht) und Weiderecht in Betracht, setzt aber voraus, dass dieses eine altrechtliche Dienstbarkeit privatrechtlicher Natur ist (vgl. Hügel/Holzer § 22 Rn. 45).
(1) Gemeindenutzungsrechte sind auf dem Gemeinde- oder früheren Ortsverband beruhende Berechtigungen, die bestimmten Eigentümern von Grundstücken im Ortsbereich (auch Rechtler genannt) aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Dorfgemarkung das unwiderrufliche und ausschließliche Recht verleihen, bestimmte Grundstücke, die im Eigentum der Gemeinde stehen oder an denen die Gemeinde ein dingliches Recht besitzt, zur wirtschaftlichen Ergänzung des eigenen Anwesens oder Haushalts regelmäßig wiederkehrend zu nutzen (Grziwotz/Saller Bayerisches Nachbarrecht 3. Aufl. 4. Teil Rn. 72). Gemeindenutzungsrechte betreffen in der Praxis vor allem Holz-, Acker- und Fischnutzungsrechte, aber auch Weiderechte (Grziwotz/Saller 4. Teil Rn. 88). Solche Nutzungsrechte an dem ungeteilten Gemeindevermögen konnten privatrechtlicher Natur sein oder öffentlich-rechtlichen Charakter besitzen (BayObLGZ 1960, 447/450).
Eine Neubestellung oder Erweiterung eines öffentlich-rechtlichen Nutzungsrechts ist nicht mehr möglich (nun Art. 80 BayGO). Die Unzulässigkeit der Neubegründung wurde erstmals im Gemeindeedikt von 1818 festgelegt (Grziwotz/Saller 4. Teil Rn. 74). Vor 1818 entstanden derartige öffentlich-rechtliche Gemeindenutzungsrechte aufgrund besonderer Rechtstitel, etwa Verordnungen, Bewilligungen, Verleihungen, Gemeindeordnungen, -briefen oder -statuten, Verträgen, Vergleichen sowie unvordenklicher Verjährung und Herkommens (Grziwotz/Saller 4. Teil Rn. 75). Gemeinderechte öffentlich-rechtlichen Charakters können im Grundbuch nicht eingetragen werden (BayObLGZ 1960, 447/451), weil das Grundbuch nur dazu bestimmt ist, über die privatrechtlichen Verhältnisse eines Grundstücks oder einer ihm gleichstehenden Gerechtigkeit Auskunft zu geben, nicht dagegen (auch) über öffentlich-rechtliche Verhältnisse (BayObLGZ 1960, 447/451 m. w. N.; Demharter Einleitung Rn. 1; Bauer in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. AT I Rn. 4). Dennoch vorgenommene Eintragungen dieser Rechte sind von Amts wegen als unzulässig zu löschen (Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 1175), können jedoch so lange eingetragen bleiben, als ihre öffentlich-rechtliche Natur nicht klar erwiesen ist (BayObLGZ 1960, 447/453).
Privatrechtliche Nutzungsrechte hingegen konnten auch später noch eingeräumt werden (Meisner Nachbarrecht in Bayern 7. Aufl. § 30 Rn. 3) und sind im Grundbuch eintragbar (Hügel/Zeiser Alte Rechte Rn. 122). Gemeinderechte privatrechtlicher Natur sind solche, die auf einem Privatrechtstitel gründen. Im Zuge der Grundbuchanlegung wurden sie in der Regel im Bestandsverzeichnis des Grundbuchblatts des berechtigten Anwesens vermerkt (BayObLGZ 1960, 447/452; Hügel/Zeiser Alte Rechte Rn. 122). Auch wenn die Rechte als Belastung grundsätzlich in der Zweiten Abteilung des dienenden Grundstücks zu vermerken wären (vgl. § 10 GBV) und auf Vorlage einer Bewilligung und eines Antrags auf entsprechende Eintragung hingewirkt werden sollte (vgl. Henle/Schmitt Das Grundbuchwesen in Bayern S. 238), können solche Rechte weiterhin im Bestandsverzeichnis des herrschenden Grundstücks eingetragen bleiben (BayObLGZ 1960, 447/453). Solche Weiderechte sind jedoch auch ohne Eintragung im Grundbuch als altrechtliche Grunddienstbarkeiten wirksam (Art. 187 Abs. 1 EGBGB; Schöner/Stöber Rn. 1175).
Bei Anlegung des Grundbuchs wurde regelmäßig darauf verzichtet zu prüfen, ob das Nutzungsrecht, das regelmäßig im Grundsteuerkataster bei dem berechtigten Anwesen vorgetragen war, privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur ist, um die Neuanlegung der Grundbücher nicht zu verzögern (BayObLGZ 1960, 447/452 m. w. N.; Hügel/Zeiser Alte Rechte Rn. 122; Schöner/Stöber Rn. 1175).
(2) Weiderechte privatrechtlicher Natur konnten auch ohne Eintragung auf dem Grundbuchblatt des dienenden Grundstücks oder im Bestandsverzeichnis des herrschenden Grundstücks als radiziertes Recht entstehen (Hügel/Zeiser Alte Rechte Rn. 120), so dass eine Grundbuchberichtigung grundsätzlich in Betracht kommt (vgl. Hügel/Holzer § 22 Rn. 45); das Gesetz über die Ausübung und Ablösung des Weiderechts auf fremdem Grund und Boden vom 28.5.1852 (BayRS 7817E) hat nämlich bestehende Rechtsverhältnisse aufrecht erhalten, allerdings den Vorbehalt eines Weiderechts bei Veräußerung eines Grundstücks ausgeschlossen (Art. 34 WeideG, Art. 115 EGBGB; ferner Meisner § 30 Rn. 7).
(3) Als Gemeindenutzungsrecht können auch Weiderechte entweder öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur sein (Meisner § 30 Rn. 8). Es besteht keine Vermutung in die eine oder andere Richtung (BayObLGZ 1960, 447/450; 1982, 400/406; Grziwotz/Saller 4. Teil Rn. 77). Gerade weil bei Anlegung des Grundbuchs diese Rechte ohne weitere Prüfung eingetragen wurden, spricht deren Eintragung im Bestandsverzeichnis nicht zwingend für die privatrechtliche Natur des Rechts (Grziwotz/Saller a. a. O.). Vielmehr ist danach zu unterscheiden, ob die Nutzungsrechte im Gemeindeverband, also in den öffentlich-rechtlichen Beziehungen der Gemeindemitglieder wurzeln oder aber völlig unabhängig von der Gemeindezugehörigkeit lediglich ein privatrechtliches Rechtsverhältnis zwischen dem Berechtigten und der Gemeinde als Eigentümerin des belasteten Grundstücks darstellen (z. B. BayObLGZ 1982, 400/407). Zum Nachweis des privatrechtlichen Charakters von Nutzungsrechten an ungeteiltem Gemeindegrund ist daher ein geschlossenes Bild erforderlich, das keinen Zweifel an der Rechtsnatur lässt (BayObLGZ 1982, 400/413 f.; Grziwotz/Saller 4. Teil Rn. 78). Ist der Nachweis einer privatrechtlichen Einräumung des Rechts nicht erbracht, spricht allerdings die Formulierung der Weidebefugnis von Gemeindemitgliedern auf dem unverteilten Gemeindegrund eher für deren öffentlich-rechtliche Natur (Meisner § 30 Rn. 8; Grziwotz/Saller 4. Teil Rn. 78; vgl. auch BayObLGZ 1982, 400/417).
b) Eine Grundbuchberichtigung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO kommt entweder bei Vorlage einer Berichtigungsbewilligung oder beim Nachweis der Unrichtigkeit in Betracht.
Da eine Bewilligung für die Eintragung des Rechts nicht vorliegt, kann diese nur erfolgen, wenn der Unrichtigkeitsnachweis die Entstehung des Weiderechts wie auch die privatrechtliche Natur des Nutzungsrechts (Schöner/Stöber Rn. 1175) und die Tatsache, dass es nicht wieder erloschen ist (Demharter § 22 Rn. 20), umfasst. Im Berichtigungsverfahren nach § 22 GBO muss der Unrichtigkeitsnachweis in der Form des § 29 GBO erbracht werden (Demharter § 22 Rn. 42; Hügel/Holzer § 22 Rn. 65). § 29 GBO erfordert den Nachweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden. Die Formvorschrift ist selbst dann zu beachten, wenn die Möglichkeit des formgerechten Nachweises im Einzelfall erschwert oder unzumutbar ist oder sogar unmöglich sein sollte (BayObLG Rpfleger 1984, 463 f.; Demharter a. a. O.).
c) Abgesehen davon, dass Nachweise dazu, dass das Weiderecht nicht bereits erloschen ist, nicht erbracht sind, ist jedenfalls zur Rechtsnatur des Weiderechts ein Nachweis in der Form des § 29 GBO nicht geführt. Es braucht deshalb auch nicht
c) geklärt zu werden, ob das Entstehen des Rechts überhaupt nachgewiesen wäre. Auf die fehlende Urkundenqualität der vorgelegten Ablichtungen von Dokumenten, die das Recht bezeugen sollen, kommt es nicht an, da sich schon aus diesen kein geschlossenes Bild des Rechts und damit keine hinreichende Sicherheit dafür ergibt, dass es privatrechtlicher Natur ist. Auch kommt es dann nicht mehr darauf an, ob das Gemeinderecht zu Fl. St. 46… bei Veräußerung trotz des Ausschlusses in Art. 34 WeideG vorbehalten werden konnte.
(1) Der Auszug aus dem Grundsteuerkataster der Steuergemeinde enthält nur die Eintragung, dass eine Viehweidegemeinschaft aus namentlich genannten Personen die Fläche seit unvordenklicher Zeit beweidet. Der Erwerbsgrund der Unvordenklichkeit selbst spricht nicht für eine privatrechtliche Natur des Rechts (BayObLGZ 1982, 401/411). Gerade wenn eine Gemeinschaft aus mehreren Personen als berechtigt bezeichnet wird und ihre Mitglieder aufgezählt werden, spricht dies eher gegen als für eine privatrechtliche Einräumung des Weiderechts durch die Gemeinde an einen Grundeigentümer als Dienstbarkeit (vgl. BayObLGZ 1982, 400/417). Auch die Formulierung der Eintragungen von Gemeinde- und Weiderechten im vorgelegten Grundsteuerkataster-Umschreibheft sagt nichts weiter über die Rechtsnatur des eingetragenen Rechts aus; vielmehr ist in der Spalte zum Vortrag der Erwerbstitel nur vermerkt, dass die Rechte „hierhertransferiert“ worden seien. Aus der Tatsache der Eintragung selbst ist ebenfalls nicht zu entnehmen, dass es sich um ein Gemeinderecht privatrechtlichen Charakters handelt (BayObLGZ 7, 3). Des Weiteren erlaubt der Umstand, dass in nach 1904 angelegten Grundbüchern für andere Grundstücke des Beteiligten Gemeinde- und Weiderechte eingetragen sind, keinen Rückschluss auf die Rechtsnatur des hier in Rede stehenden Rechts. Ebensowenig kann dem an Flurstück …8 bereits eingetragenen Gemeinde- und Weiderecht eine Aussage über die Rechtsnatur eines erst noch einzutragenden zweiten Rechts entnommen werden.
Soweit sich der Beteiligte zudem auf ein landgerichtliches Urteil vom 11.4.1994 beruft, das im Tatbestand von einem ihm unstreitig zustehenden „dinglichen Weiderecht“ ausgeht, erbringt die Entscheidung für das Bestehen eines Nutzungsrechts privatrechtlichen Charakters keinen Beweis. Der Tatbestand des Urteils liefert nur Beweis für das Parteivorbringen in dem zwischen dem Beteiligten und einem Dritten geführten Zivilprozess (§ 314 ZPO). Das in dem auf Unterlassung gerichteten Verfahren ergangene Urteil bindet aber das Grundbuchamt an den übereinstimmenden Parteivortrag nicht.
Die vorgelegten notariellen Urkunden belegen allenfalls zu anderen Grundstücken, dass dazu Gemeinde- und Weiderechte im Grundbuch eingetragen sind, dienen für sich aber weder als Beleg ihres Bestehens noch ihrer Rechtsnatur.
Auch das Protokoll über die Liquidation des Besitzstandes aus dem Jahr 1832 spricht nur von einer gemeinschaftlichen Beweidung der Viehweiden „seit unfürdenklicher Zeit“ und führt die Namen der Berechtigten auf. Die Urkunde vom 21.2.1833, in der die „Gemeindeglieder“ einen Gemeindevertrag abschließen, in dem neben der Nutzung des Weidbodens nach der Häuserzahl auch die Tragung von Gemeindelasten geregelt ist, spricht nicht schon für ein privatrechtliches Nutzungsrecht. Im Gegenteil kann die Bezeichnung der Beteiligten eher darauf hindeuten, dass die Nutzungsrechte auf dem Gemeindeverband beruhen und somit öffentlich-rechtlicher Natur sind (vgl. BayObLGZ 7, 3/19).
(2) Eine Gesamtwürdigung aller vorgelegten Urkunden führt ebensowenig zu einem geschlossenen Bild, das keine Zweifel an einem Gemeinde- und Weiderecht privatrechtlicher Natur aufkommen ließe, zumal mehrere Urkunden Formulierungen enthalten, die eher auf ein öffentlich-rechtliches Nutzungsrecht hindeuten.
III. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens ist nach § 79 Abs. 1 Satz 1 GNotKG festzusetzen und nach § 36 Abs. 3 GNotKG zu bemessen.
Die Voraussetzungen der Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§ 78 Abs. 2 GBO).


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