Aktenzeichen B 1 K 16.149
BGB § 2038 Abs. 1, § 2039 S. 1
BayStrWG Art. 10, Art. 54 Abs. 1 S. 2, Art. 53 Nr. 1
Leitsatz
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die nach § 88 VwGO im klägerischen Interesse als allgemeine Leistungsklage zu qualifizierende Klage ist bereits unzulässig, da der Kläger den behaupteten Folgenbeseitigungsanspruch nicht alleine geltend machen kann.
Ein Fall der einfachen Streitgenossenschaft in Form der Rechtsgemeinschaft (§ 59 Alt. 1 ZPO) liegt hier nicht vor. Dies wäre bei einer ungeteilten Erbengemeinschaft gem. § 2032 BGB nur anzunehmen, wenn es den einzelnen Miterben nach §§ 2038, 2039 BGB gestattet ist, im eigenen Namen allein für den Nachlass zu handeln. So gewähren § 2038 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB und § 2039 BGB dem Miterben ein von dem gleichen Recht der Miterben unabhängiges Sonderrecht. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind aber im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Nach § 2038 Abs. 1 Satz 1 BGB steht die Verwaltung des Nachlasses den Erben gemeinschaftlich zu. Gemäß § 2038 Abs. 2 BGB finden die Vorschriften der §§ 743, 745, 746 und 748 BGB Anwendung. Die gemeinschaftliche Verwaltung des Nachlasses umfasst alle Maßnahmen zu seiner Verwahrung, tatsächlichen und rechtlichen Erhaltung, Sicherung und Vermehrung sowie zur Gewinnung von Nutzungen und Bestreiten der laufenden Verbindlichkeiten. Entscheidungen zu Maßnahmen der laufenden Verwaltung, die das Gesetz als ordnungsmäßige bezeichnet, können die Miterben mit Stimmenmehrheit treffen (§ 2038 Abs. 2 i.V.m. § 745 BGB). Für dringliche Maßnahmen hat jeder Miterbe alleinige Entscheidungskompetenz durch ein Notverwaltungsrecht gemäß § 2038 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB (zum Ganzen Weidlich in Palandt, BGB, 72. Auflage 2013, § 2038 Rn. 4 ff.).
Bei der hier vorliegenden Geltendmachung eines Folgenbeseitigungsanspruchs auf Beachtung der Einhaltung der Widmung eines Weges handelt es sich um eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung, für welche Stimmenmehrheit der Miterben erforderlich wäre. Da drei der sechs Miterben gegen die Maßnahme sind, ist eine Stimmenmehrheit nicht zu erreichen, so dass eine Vertretungsmacht des Klägers für sein Handeln nicht gegeben ist (Weidlich in Palandt, a.a.O. § 2038 Rn. 9).
Ein Fall der Notgeschäftsführung (§ 2038 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB) liegt nicht vor. Hierbei handelt es sich nur um solche Verwaltungsmaßnahmen, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich sind. Darunter ist zu verstehen, dass die Maßnahme zur Erhaltung des Gegenstands notwendig ist, nicht ausreichend ist die bloße Nützlichkeit der Maßnahme (Weidlich in Palandt, a.a.O. § 2038 Rn. 11). Nach dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung bestehen Bautätigkeiten an dem Weg seit dem Jahr 2003 und werden jedes Jahr fortgeführt. Eine notwendige Sicherungsmaßnahme infolge Dringlichkeit für einen seit Jahren bestehenden Zustand besteht somit nicht. Die Maßnahme wäre auch nicht für die Erhaltung des Gegenstands, also des Grundstücks notwendig, da sich dessen Grenzen aus dem Grundbuch und der Möglichkeit der Vermessung des Grundstücks ergeben.
Zudem wurde das Grundstück von der Erbengemeinschaft bislang nicht vermessen, drei der sechs Miterben sind sogar gegen eine Vermessung des Grundstücks. Die Frage, ob ein Weg nicht mehr gewidmete Grundstücksflächen in Anspruch nimmt, ist notwendiger erster Schritt für die Frage, ob das Grundstück beeinträchtigt ist. Dafür wäre zunächst erforderlich, dass das Grundstück vermessen wird, um feststellen zu können, ob eine Beeinträchtigung überhaupt vorliegt. Eine Vermessung kann nach Vortrag der Bevollmächtigten gegenüber der Gemeinde (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 20. Juli 2018 – Blatt 91 der Gerichtsakte) nur von den Miteigentümern gemeinsam beantragt werden. Dies entspricht auch den Regeln der §§ 2038 ff. BGB, da eine Vermessung weder Notgeschäftsführung noch Geltendmachung einer Nachlassforderung (§ 2039 BGB) ist. Stünde dem Kläger das Recht zu, alleine eine Leistungsklage hinsichtlich eines Folgenbeseitigungsanspruchs zu erheben, so könnte er unter Umgehung der Grundsätze der gemeinsamen Verwaltung des Nachlasses eine Vermessung des Grundstücks entgegen dem geäußerten Willen der Erbengemeinschaft erreichen, indem er über den Amtsermittlungsgrundsatz des Verwaltungsgerichts eine Vermessung des Grundstücks erzwingen könnte. (Die Kammer wäre wohl gehalten, von Amts wegen – entgegen dem erklärten Willen anderer Miterben – das Grundstück vermessen zu lassen, um eine Beeinträchtigung des Grundstücks durch den Verlauf des Weges feststellen zu können.) Dies zeigt, dass es sich bei der Geltendmachung des Anspruchs um keine Notgeschäftsführung handeln kann.
Aus demselben Grund kommt auch die Geltendmachung allein durch den Kläger über § 2039 BGB nicht in Betracht. Der Geltendmachung des Folgenbeseitigungsanspruchs vorgeschaltet ist die Feststellung der Beeinträchtigung des Eigentums des Grundstücks der Erbengemeinschaft. Hierbei ist die Vermessung des Grundstücks erforderlich, da nur so festgestellt werden kann, ob der Weg über die Widmung hinaus klägerische Grundstücksflächen in Anspruch nimmt. Bei dieser Vermessung handelt es sich nicht um einen Anspruch, weshalb eine Vermessung nur gemeinschaftlich durchgesetzt werden kann. Wie oben dargelegt, kann nicht über den Umweg eines behaupteten Folgenbeseitigungsanspruchs der Grundsatz der gemeinsamen Verwaltung des Nachlasses umgangen werden, wenn für die Durchsetzung des Anspruchs erst noch andere Schritte (wie eine vorherige Vermessung des Grundstücks) erforderlich sind und damit der Umfang der Rechtsbeeinträchtigung vom Kläger erst im Vorfeld zu klären ist. § 2039 BGB setzt voraus, dass ein Anspruch zum Nachlass gehört, also das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (§ 194 Abs. 1 BGB). Nur wo ein Anspruch nach Entstehung, Inhalt und Umfang nicht mehr von rechtlichen Gläubigerhandlungen, insbesondere Ermessensentscheidungen, abhängt, wo es also lediglich um die Aktualisierung der bestehenden Herrschaftslage geht, lässt sich ein alleiniges Handeln eines einzelnen Miterben vertreten und als Ausnahme vom Grundsatz der gemeinschaftlichen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis (§ 2038 Abs. 1, § 2040 BGB) rechtfertigen (Gergen in Münchener Kommentar, 7. Auflage 2017, § 2039 BGB Rn. 2, beck-online). Durch das Erfordernis der vorherigen Vermessung wäre aber gerade noch ein Handeln der Erbengemeinschaft erforderlich, das wie sich im vorliegenden Fall durch den Widerspruch dreier Miterben zeigt, nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden kann.
Die Klage wäre selbst bei Anwendung von § 2039 BGB wegen Missbrauchs der Prozessführungsbefugnis unzulässig. Auf Grund des ausdrücklichen Widerspruchs dreier Erben stellt die Klageerhebung durch den Kläger allein eine unzulässige Rechtsausübung dar. Widersprechen die Miterben der Klageerhebung, liegt ein Missbrauch der Prozessführungsbefugnis vor, der zur Abweisung der Klage als unzulässig führt (OLG Frankfurt, B.v. 23.03.2012 – 19 W 2/12 – juris unter Berufung auf BGH, U.v. 11.01.1966, V ZR 160/65 – juris und Palandt/Weidlich, 71. Aufl., BGB, § 2039 Rn. 10).
Da der Kläger nur auf Grund eines Mehrheitsbeschlusses der Erbengemeinschaft klagebefugt wäre und ein solcher nicht vorliegt, ist eine gesetzliche Prozessstandschaft nicht gegeben und die Klage unzulässig (Kintz in BeckOK, VwGO, § 64 Rn. 12-13, beck-online mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Die Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO schränkt den Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten in zweierlei Hinsicht ein. Zum einen bindet § 42 Abs. 2 VwGO den Rechtsschutz an das subjektive Recht (Klagebefugnis). Zum anderen muss der Kläger dieses Recht als sein eigenes Recht geltend machen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 71). Letzteres betrifft die aktive Prozessführungsbefugnis, also die Berechtigung des Klägers, den prozessualen Anspruch in eigenem Namen geltend zu machen. Dies schließt zum einen Klagen aus, in denen sich der Kläger auf subjektive Rechte Dritter beruft und zum anderen schließt dies aus, Rechte alleine (prozessual) geltend zu machen, über die er nur zusammen mit anderen verfügungsberechtigt ist, die also nicht dem Einzelnen, sondern nur einer Gemeinschaft zustehen. § 42 Abs. 2 VwGO schließt es aus, Rechte geltend zu machen, über die der Kläger nicht alleine, sondern nur in notwendiger Streitgenossenschaft mit anderen, z.B. Erbengemeinschaft verfügen kann (VG Würzburg, U.v. 02.02.2017 – W 5 K 15.1172 – juris Rn. 22).
II.
Ungeachtet der Unzulässigkeit der Klage, wäre die Klage aber auch teilweise unbegründet. Ein Anspruch, wie er im Antrag geltend gemacht wird, die Beklagte zu verpflichten, den öffentlichen Feldweg Fl.Nr. … der Gemarkung … so wiederherzustellen, dass dieser keine nicht gewidmeten Grundstückflächen in Anspruch nimmt sowie die Anfahrbarkeit der anliegenden Grundstücksflächen, insbesondere im Bereich der Fl.Nr. … der Gemarkung … gegeben ist, besteht nicht. Für den gestellten Klageantrag, dass die Anfahrbarkeit des Grundstücks hergestellt wird, ist die Gemeinde nicht passiv legitimiert. Der Folgenbeseitigungsanspruch betrifft nur den Anspruch auf Beseitigung des Weges vom klägerischen Grundstück (BayVGH, U.v. 15.09.1999 – 8 B 97.1349 – juris), nicht aber auf Herstellung der Anfahrbarkeit des Grundstücks. Bei dem verfahrensgegenständlichen Weg handelt es sich um einen nicht ausgebauten öffentlichen Feld- und Waldweg im Sinn von Art. 53 Nr. 1 BayStrWG. Für die begehrte Instandsetzung eines solchen Wegs ist die beklagte Gemeinde nicht zuständig. Denn gemäß Art. 54 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG sind Träger der Straßenbaulast für derartige Wege nicht die Gemeinden, sondern die Beteiligten, also diejenigen, deren Grundstücke über den Weg bewirtschaftet werden (BayVGH, B.v. 17.03.2004 – 8 ZB 03.1456 – juris Rn. 7).
III.
Die Klage ist daher insgesamt mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten richtet sich nach § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.