Europarecht

Angabe von wesentlichen Eigenschaft der angebotenen Ware auf Bestellseite eines Onlineshops

Aktenzeichen  29 U 1582/18

Datum:
31.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
MD – 2019, 615
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UWG § 3, § 3a
BGB § 312j Abs. 2
EGBGB Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
RL 2011/83/EU Art. 8 Abs. 2

 

Leitsatz

1 § 312j Abs. 2 BGB stellt eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 3a UWG dar.  (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2 Es liegt ein Verstoß gegen § 312j Abs. 2 BGB vor, wenn die zur Verfügung zu stellenden Informationen vor Abschluss der Bestellung nur über einen Link abrufbar oder nur über einen Link auf einer vorgeschalteten Internetseite erreichbar sind. Die Informationen müssen sich vielmehr auf der Internetseite befinden, auf der der Kunde den Bestellvorgang abschließt. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

33 O 9318/17 2018-04-04 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 04.04.2018 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus Ziffer I. des landgerichtlichen Urteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,00 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Hinsichtlich der Kosten kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

II.
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
Die geltend gemachten Unterlassungsansprüche sind gemäß § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3, § 3 a UWG i.V.m. § 312 j Abs. 2 BGB, Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB begründet.
1. Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt.
2. § 312 j Abs. 2 BGB dient dem Schutz der Verbraucher und ist somit eine Marktverhaltensregel i.S.d. § 3 a UWG (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl. § 3 a Rn. 1.311).
3. Gemäß § 312 j Abs. 2 BGB ist der Unternehmer bei einem Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr verpflichtet, dem Verbraucher u.a. die Informationen gemäß Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB, somit die wesentlichen Eigenschaften der Ware, in dem für das Kommunikationsmittel und für die Ware angemessenen Umfang, unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung zu stellen.
a) Ein Zurverfügungstellen der Informationen, unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, liegt nur dann vor, wenn sich die Informationen auf der Internetseite befinden, auf der der Kunde den Bestellvorgang abschließt, nicht aber, wenn die Informationen nur über einen Link abrufbar sind oder aber sogar nur – wie vorliegend – über einen Link auf einer vorgeschalteten Internetseite erreichbar sind (Palandt-Grüneberg, BGB, 78. Aufl. § 312 j Rn. 7; OLG Hamburg, Beschluss vom 13.08.2014, Az. 5 W 14/14, juris, dort Tz. 3; vgl. auch OLG Köln NJW-RR 2015, 1453 Tz. 16). Dies ergibt sich unzweideutig aus der Gesetzesbegründung, in der insoweit ausgeführt ist (BT Drucksache 17/7745 S. 10):
Die Informationen müssen im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Abgabe der Bestellung stehen. Wenn – wie meist – die Bestellung über eine Schaltfläche erfolgt, müssen die Informationen in räumlicher Nähe zu der Schaltfläche für die Bestellung angezeigt werden, damit das Merkmal der Unmittelbarkeit erfüllt ist. … Keinesfalls genügt es, wenn die Informationen erst über einen gesonderten Link erreichbar oder nur einem gesondert herunterzuladenden Dokument entnehmbar sind.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich auch aus der Richtlinie 2011/83/EU, deren Art. 8 Abs. 2 durch § 312 j Abs. 2 BGB umgesetzt wird (vgl. Palandt-Grüneberg, a.a.O. § 312 j Rn. 1), dass die Anzeige der wesentlichen Eigenschaften auf derselben Internetseite zu erfolgten hat, auf der die Bestellung abgeschlossen wird, so dass eine Aussetzung des Rechtsstreits und eine Vorlage an den EuGH nicht veranlasst ist. Art. 8 Abs. 2 RL 2011/83/EU lautet wie folgt:
„Wenn ein auf elektronischem Wege geschlossener Fernabsatzvertrag den Verbraucher zur Zahlung verpflichtet, weist der Unternehmer den Verbraucher klar und in hervorgehobener Weise, und unmittelbar bevor dieser seine Bestellung tätigt, auf die in Artikel 6 Abs. 1 Buchstaben a, e o und p genannten Informationen hin.
In Art. 6 Abs. 1 a) RL 2011/83/EU, der durch Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB umgesetzt wurde, sind wiederum die wesentlichen Eigenschaften der Waren in dem für das Kommunikationsmittel und die Waren angemessenen Umfang genannt. In Erwägungsgrund 39 der RL 2011/83/EU heißt es hinsichtlich des Ortes der Anzeige:
Es ist wichtig, dass sichergestellt wird, dass die Verbraucher bei Fernabsatzverträgen, die über Webseiten abgeschlossen werden, in der Lage sind, die Hauptbestandteile des Vertrags vor Abgabe ihrer Bestellung vollständig zu lesen und zu verstehen. Zu diesem Zweck sollte in dieser Richtlinie dafür Sorge getragen werden, dass diese Vertragsbestandteile in unmittelbarer Nähe der für die Abgabe der Bestellung erforderlichen Bestätigung angezeigt werden.
Nach der Richtlinie 2011/83/EU, deren Umsetzung § 312 j Abs. 2 BGB dient, sollen die Informationen, auf die unmittelbar vor der Bestellung hinzuweisen ist, somit in unmittelbarer Nähe der Schaltfläche für die Bestellung angezeigt werden, was bei einer bloßen Verlinkung gerade nicht der Fall ist.“
Dass die bloße Verlinkung auf die auf einer anderen Internetseite angegebenen wesentlichen Eigenschaften der Ware den Anforderungen des § 312 j Abs. 2 BGB nicht genügt, ergibt sich auch daraus, dass die Informationspflichten hinsichtlich der Angaben nach Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB mit den Informationspflichten hinsichtlich der Angaben nach Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 5 (Gesamtpreis) und Nr. 11 und 12 (Laufzeit des Vertrages, Mindestdauer der Verpflichtungen) identisch geregelt sind. Dass hinsichtlich der Gesamtpreisangaben, der Vertragslaufzeit und der Mindestdauer der Vertragspflichten eine bloße Verlinkung auf diese in der Nähe des Bestellbuttons ausreichend sein sollte, ist aus Gründen des Verbraucherschutzes, dem die Regelungen dienen, fernliegend. Es mag aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit bei größeren Bestellungen – de lege ferenda – in Betracht kommen, hinsichtlich der wesentlichen Eigenschaften der Waren und Dienstleistungen auch eine Verlinkung auf andere Seiten in der Nähe der Bestellschaltfläche für ausreichend zu erachten. De lege lata genügt dies den Anforderungen nicht.
b) Bei dem Material des Stoffes, dem Material des Gestells und dem Gewicht bei Sonnenschirmen sowie beim Material bei Bekleidungsstücken handelt es sich auch um wesentliche Eigenschaften der Waren im Sinne des Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB, was hinsichtlich des Materials des Stoffes und des Gestells bei Sonnenschirmen und dem Material bei Bekleidungsstücken auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen wird (vgl. auch OLG Köln, BeckRS 2016, 119172, Tz. 39; OLG Hamm, Beschluss vom 14.03.2017, Az. 4 W 34/16, 4 W 35/16, juris, dort Tz. 19 – Warenkorbansicht; OLG Hamburg, Beschluss vom 13.08.2014, Az. 5 W 14/14, juris, dort Tz. 7).
Hinsichtlich des Inhalts und des Umfangs der gemäß Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB zu erteilenden Informationen kommt es auf die konkrete Ware an. Maßgebend ist eine Beschreibung, aus der der Verbraucher die für seine Entscheidung maßgeblichen Merkmale entnehmen kann (BT-Drucksache 17/12637 S. 74). Da für den Verbraucher die Transportfähigkeit des Sonnenschirms von maßgeblicher Bedeutung ist und diese wiederum von dessen Gewicht abhängt, handelt es sich auch beim Gewicht um eine aufzuführende wesentliche Eigenschaft eines Sonnenschirms (vgl. OLG Hamburg a.a.O. Tz. 7; a.A. OLG Hamm a.a.O. Tz. 19 – Warenkorbansicht).
c) Der Verstoß ist auch geeignet, die Interessen von Verbrauchern i.S.d. § 3 a UWG spürbar zu beeinträchtigen.
III.
Zu den Nebenentscheidungen:
1. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Kostenentscheidung erster Instanz war nicht abzuändern. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, war dem Vortrag des Klägers zu entnehmen, dass er auch anfänglich nicht ein Verbot für sämtliche Waren, sondern lediglich für Sonnenschirme und Bekleidung begehrte, so dass die neue Antragsfassung lediglich eine Klarstellung und keine Teilklagerücknahme darstellte.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
3. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Eine Divergenz zur Entscheidung des OLG Hamm (a.a.O. – Warenkorbansicht) liegt nicht vor, da der abweichenden Beurteilung hinsichtlich der Angabe des Gewichts bei Sonnenschirmen keine unterschiedlichen Rechtssätze zu Grunde liegen (vgl. BGH NJW-RR 2007, 1676).


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