Europarecht

Eigenheimzulage, Richtlinien in der Leistungsverwaltung, Förderpraxis, Gleichbehandlung

Aktenzeichen  Au 4 K 21.1449

Datum:
29.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 35399
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1
BayVwVfG Art. 25
BayHO Art. 23
BayHO Art. 44
EHZR 9.2
EHZR 9.3
EHZR 10

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer Eigenheimzulage hat. Der dies ablehnende Bescheid des Beklagten ist demnach rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
1. Bei der Eigenheimzulage handelt es sich um eine freiwillige Maßnahme des Beklagten. Eine gesetzliche Bestimmung, aus der der Kläger einen Anspruch auf Bewilligung der beantragten Eigenheimzulage ableiten könnte, existiert nicht. Sind die Fördervoraussetzungen – wie hier – zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und Art. 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (vgl. BVerwG, B.v. 11.11.2008 – 7 B 38.08 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v 14.9.2020 – 6 ZB 20.1652 – juris Rn. 9; B.v. 22.5.2020 – 6 ZB 20.216 – juris Rn. 9; U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 26 m.w.N.).
Die Ablehnung der Eigenheimzulage durch den Beklagten stützt sich vorliegend darauf, dass der Antrag in Papierform und unterzeichnet zu spät eingegangen sei (vgl. Punkt 9.2. EHZR). Laut der erweiterten Meldebescheinigung erfolgte der Einzug am 1. Mai 2020. Die insoweit unbestrittene Übermittlung des Onlineantrages erfolgte zwar am 6. Mai 2020 und damit noch innerhalb der Frist. Jedoch kommt es laut der ständigen Förderpraxis des Beklagten darauf an, wann der unterschriebene Antrag in Papierform beim Beklagten eingeht. Dieser hätte ihm ausweislich seiner Mitteilung vom 11. Juni 2021 bis spätestens 1. November 2020 vorliegen müssen. Der Originalantrag ging jedoch erst am 26. November 2020 und damit zu spät beim Beklagten ein.
Das Erfordernis der Einreichung der unterzeichneten Antragsunterlagen in Papierform ergibt sich zwar nicht aus der Förderrichtlinie selbst, da diese keine Form für die Antragstellung vorschreibt. Dass das Formerfordernis eine ständige Förderpraxis des Beklagten darstellt, ergibt sich jedoch zum einen aus einem Merkblatt des Beklagten (Bl. 62 R der Gerichtsakte), in dem es heißt:
„Damit ihr Antrag rechtsgültig gestellt wird, benötigen wir ein von Ihnen unterzeichnetes Exemplar des ausgedruckten Antragsformulars.“
Zum andere erhält der Antragsteller die gleiche Information auch beim Ausfüllen des Onlineantrages selbst. Er wird während des Ausfüllens der Eingabemaske wiederholt und eindeutig darauf hingewiesen, dass das ausgedruckte und unterzeichnete Antragsformular zur Bearbeitung rechtzeitig zu übermitteln ist (s. Gerichtsakte Bl. 60 ff.). Ein nicht rechtsgültig gestellter Antrag kann somit auch nicht fristwahrend gestellt werden. Entgegen der Auffassung des Klägers steht dies auch nicht in Widerspruch zu den weiteren Hinweisen im Internetauftritt der BayernLabo bzw. des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr, welche die vom Kläger in Bezug genommenen Passagen zu den Varianten der Antragstellung enthalten. Auch wenn dort einige Formulierungen zur Antragstellung nicht ganz eindeutig sind, so wird dennoch abschließend darauf hingewiesen, dass der „Online-Antrag (…) erst bearbeitet (wird), wenn der übermittelte Onlinedatensatz sowie der von den Antragstellern ausgedruckte und unterzeichnete Antrag bei der BayernLabo eingehen.“
Daraus ergibt sich, dass zumindest der unterschriebene Antrag (wenn auch ohne Anlagen) vor Fristablauf beim Beklagten vorgelegt werden muss.
Der Beklagte hat in seiner Klageerwiderung zudem vorgetragen, dass er regelmäßig Anträge wegen Verfristung ablehnt, wenn diese nicht innerhalb der Frist in Papierform eingehen würden, was vom Kläger nicht bestritten wurde. Eine Ungleichbehandlung i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG liegt demnach nicht vor.
Diese Förderpraxis widerspricht auch nicht dem in der Richtlinie festgelegten Förderzweck, da es sich hier lediglich um eine Festlegung des Verwaltungsverfahrens handelt, die die materiellen Voraussetzungen der Gewährung einer Eigenheimzulage unberührt lässt. Vielmehr wird mit der Legitimation bei der Post durch den Antragsteller sowie dessen Unterschrift bezweckt, dass der Beklagte die persönlichen Fördervoraussetzungen genauer nachprüfen und eine rechtswidrige Verteilung von Fördergeldern an Antragsteller, die die Voraussetzungen nicht erfüllen, vermeiden kann. Dies kommt wiederum den Antragstellern, die die Voraussetzungen erfüllen, zugute, da gemäß Satz 3 der Präambel der EHZR eine Förderung nur im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel erfolgt.
2. Eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht, wobei dahingestellt bleiben kann, ob entgegen dem eindeutigen Wortlaut des Art. 32 Abs. 1 BayVwVfG („gesetzliche Frist“) dieser vorliegend entsprechend anzuwenden wäre (vgl. hierzu VG Würzburg, U.v. 8.2.2021 – W 8 K 20.1180 – juris Rn. 31; VG Bayreuth, GB v. 9.7.2021 – B 8 K 19.1257 – UA S. 12). Denn der Kläger hat weder einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gestellt noch innerhalb der Zweiwochenfrist des Art. 32 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG Tatsachen zur Begründung seines Antrags glaubhaft gemacht.
3. Der Beklagte hat auch nicht gegen seine Beratungspflicht aus Art. 25 Abs. 1 BayVwVfG bzw. Ziffer 9.3 EHZR verstoßen.
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass sich eine Behörde unter bestimmten engen Voraussetzungen nicht auf den Ablauf einer die weitere Rechtsverfolgung abschneidenden oder die Anspruchsberechtigung vernichtenden Ausschlussfrist berufen darf. Eine derartige Ausnahme kommt in Betracht, wenn erstens die Versäumung der Frist auf staatliches Fehlverhalten bei der Anwendung von Rechtsvorschriften zurückzuführen ist, ohne deren korrekte Beachtung der Betroffene seine Rechte nicht wahren kann, und wenn zweitens durch die Berücksichtigung der verspäteten Handlung der Zweck des Gesetzes nicht verfehlt würde (BVerwG, U.v. 10.11.2016 – 8 C 11.15 – juris Rn. 22 m.w.N.; OVG NW, B.v. 12.10.2017 – 4 A 2395/15 – juris Rn. 3).
Ein derartiges behördliches Fehlverhalten des Beklagten vermag das Gericht hier indes nicht zu erkennen. Der Beklagte hat in dem vorgelegten Merkblatt, welches dem Onlineantragsformular angehängt ist, eindeutig und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein vom Antragsteller unterzeichnetes Exemplar des ausgedruckten Antragsformulars benötigt werde. Auch im Weiteren ist eindeutig dargelegt, dass die Unterlagen zusammen mit den erforderlichen Anlagen zur Post zu bringen seien. Die Behörde macht zudem in ihrem Internetauftritt und in den Antragsformularen bzw. direkt bei der elektronischen Antragstellung auf das Erfordernis der Antragstellung in Papierform aufmerksam (vgl. hierzu auch VG Augsburg, U.v. 30.9.2020 – Au 4 K 20.655 – Rn. 28). Eine gesonderte, konkret-individuelle Aufforderung zur Übermittlung des Papierantrages kann vom Beklagten nicht gefordert werden, da es sich bei der Gewährung der Eigenheimzulage um ein Massenverfahren handelt und es daher ausreicht, wenn die Erörterungs- und Betreuungspflicht nicht konkret-individuell, sondern abstrakt-generell durch entsprechend eindeutiges Informationsmaterial und standardisierte Merkblätter erfüllt wird (VG Berlin, U.v. 12.1.2017 – 10 K 239.15 – juris Rn. 59; siehe auch Ziffer 9.3 Satz 2, Ziffer 10 EHZR). Im Übrigen wird auch bei der elektronischen Antragstellung darüber informiert, dass eine Eingangsbestätigung nach Erhalt des unterzeichneten Onlineantrages (im Original) versendet werde. Es wäre deshalb Sache des Klägers gewesen, den Antrag nochmals in Schriftform abzusenden.
Es bestehen auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte bei den telefonischen Anfragen eine seinen (abstrakt-generellen) Hinweisen und Merkblättern widersprechende oder hiervon abweichende Auskunft erteilt hätte. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und schlüssig darlegen können (§ 108 Abs. 1 VwGO), dass die Mitarbeiter in der Telefonhotline instruiert waren, bei entsprechenden Anhaltspunkten auf die Erforderlichkeit eines papierhaften Antrages hinzuweisen. Es ist auch nicht vorgetragen, dass sich der Kläger explizit danach erkundigt hätte, ob der Antrag in Papierform (mittlerweile) beim Beklagten eingegangen sei, sodass der Beklagte hierüber keine falschen Informationen erteilen konnte. Ungeachtet dessen konnte der Kläger aus der ihm gegenüber erteilten telefonischen Auskunft jedenfalls nicht ableiten, dass in seinem Fall von dem Formerfordernis abgesehen oder verzichtet werde.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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