Europarecht

EuGH-Vorlage zu Betriebsvorrichtungen

Aktenzeichen  V R 22/20

Datum:
26.5.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
EuGH-Vorlage
ECLI:
ECLI:DE:BFH:2021:VE.260521.VR22.20.0
Normen:
§ 4 Nr 12 S 2 UStG 2005
Art 135 Abs 2 Buchst c EGRL 112/2006
Art 267 AEUV
Art 135 Abs 1 Buchst l EGRL 112/2006
UStG VZ 2010
UStG VZ 2011
UStG VZ 2012
UStG VZ 2013
UStG VZ 2014
§ 581 BGB
Spruchkörper:
5. Senat

Leitsatz

Dem EuGH wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Erfasst die Steuerpflicht der Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen gemäß Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL
– nur die isolierte (eigenständige) Vermietung derartiger Vorrichtungen und Maschinen oder auch
– die Vermietung (Verpachtung) derartiger Vorrichtungen und Maschinen, die aufgrund einer zwischen denselben Parteien erfolgenden Gebäudeverpachtung (und als Nebenleistung zu dieser) nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL steuerfrei ist?

Verfahrensgang

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 11. Juni 2020, Az: 11 K 24/19, Urteil

Tenor

I. Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Erfasst die Steuerpflicht der Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen gemäß Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL
– nur die isolierte (eigenständige) Vermietung derartiger Vorrichtungen und Maschinen oder auch
– die Vermietung (Verpachtung) derartiger Vorrichtungen und Maschinen, die aufgrund einer zwischen denselben Parteien erfolgenden Gebäudeverpachtung (und als Nebenleistung zu dieser) nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL steuerfrei ist?
II. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union ausgesetzt.

Tatbestand

I.
1
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) verpachtete in den Jahren 2010 bis 2014 (Streitjahre) Stallgebäude zur Putenaufzucht mit auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen. Es handelte sich bei diesen um speziell abgestimmte Ausstattungselemente für die vertragsgemäße Nutzung als Putenaufzuchtstall. Die Vorrichtungen dienten der Fütterung in der Putenhaltung, um die Tiere mit einer Industrieförderspirale (vom Silo bis zur speziell entworfenen Futterschale) in der vorgegebenen Zeit zur Schlachtreife aufzuziehen. Heizungs- und Lüftungsanlagen dienten der Sicherung des jeweils erforderlichen Stallklimas (Aufzucht der Küken bei 29 Grad Celsius, Absenkung der Stalltemperatur bis zur fünften Lebenswoche stufenweise auf 20 bis 22 Grad Celsius). Spezielle Beleuchtungssysteme sorgten für eine gleichmäßige Ausleuchtung zur Vermeidung schädlicher Schattenplätze (entsprechend besonderer Rechtsvorschriften und Verbandsrichtlinien mit einer Beleuchtungsstärke zwischen 0,5 lux während der Nachtruhe und ca. 20 lux am Tag).
2
Der Kläger ging davon aus, dass seine Leistung bei der Verpachtung der Stallgebäude zur Putenaufzucht mit den auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen insgesamt umsatzsteuerfrei sei. Es lag hierfür ein einheitliches Entgelt vor, das nach den vertraglichen Regelungen nicht auf die Überlassung des Stalls einerseits und Vorrichtungen und Maschinen andererseits aufgeteilt war.
3
Demgegenüber vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) die Auffassung, dass das einheitlich vereinbarte Pachtentgelt nach Maßgabe der beim Kläger entstehenden Kosten zu 20 % auf die Vorrichtungen entfalle und insoweit umsatzsteuerpflichtig sei. Das FA erließ daher dem entsprechende Änderungsbescheide für die Streitjahre. Der als außergerichtlicher Rechtsbehelf eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.
4
Demgegenüber gab das Finanzgericht (FG) der hiergegen eingelegten Klage statt. Nach seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2020, 1725 veröffentlichten Urteil liegt eine insgesamt und damit auch im Umfang der Verpachtung der eingebauten Vorrichtungen und Maschinen steuerfreie Leistung vor. Zwar sei die eigenständige Verpachtung derartiger Vorrichtungen und Maschinen steuerpflichtig. Handele es sich aber wie im vorliegenden Fall bei der Überlassung derartiger Vorrichtungen und Maschinen um eine Nebenleistung zur Überlassung eines Stallgebäudes, sei die Verpachtung auch insoweit steuerfrei, als sie auf die Überlassung dieser Vorrichtungen und Maschinen entfalle. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) ging das FG davon aus, dass eine einheitliche Leistung vorliege, wenn ein zur Miete angebotenes Gebäude mit begleitenden Leistungen in wirtschaftlicher Hinsicht objektiv eine Gesamtheit bilde (EuGH-Urteil Wojskowa Agencja Mieszkaniowa w Warszawie vom 16.04.2015 – C-42/14, EU:C:2015:229, Rz 42). Ergänzend verwies das FG auch darauf, dass der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden habe, dass es sich bei der Überlassung des Inventars um eine Nebenleistung zur gemäß § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfreien Verpachtung eines Seniorenwohnparks handele (BFH-Urteil vom 11.11.2015 – V R 37/14, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs –BFHE– 251, 517, Bundessteuerblatt –BStBl– II 2017, 1259). Daher sei die Überlassung der Vorrichtungen und Maschinen eine Nebenleistung zur steuerfreien Verpachtung. Es lägen speziell abgestimmte Ausstattungselemente vor, die nur dazu gedient hätten, die vertragsgemäße Nutzung des Putenstalls unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Hiergegen wendet sich das FA mit seiner Revision.


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