Europarecht

Straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung zum Befahren des Gehwegs und Be- und Entladen auf dem Gehweg in der Feuerwehranfahrtszone

Aktenzeichen  11 ZB 20.343

Datum:
16.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 24654
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVO § 2 Abs. 1 S. 1, § 12 Abs. 4, Abs. 4a, § 46 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Nr. 3
BayVwVfG Art. 40
VwGO § 113 Abs. 5 S. 2
GG Art. 3 Abs. 1

 

Leitsatz

Dass es Gewerbetreibenden in einer Großstadt in der Regel nicht ohne weiteres gelingt, sondern mit Schwierigkeiten verbunden ist, einen Stellplatz zur Durchführung von Be- und Entladevorgängen zu finden, ist ein allgemeines Problem, dem sich jeder Verkehrsteilnehmer stellen muss, der keine Bewohnerparkberechtigung besitzt. Kommen keine weiteren einen Ausnahmefall begründenden Aspekte hinzu, begründet dies allein noch keinen Anspruch auf eine Ausnahmegenehmigung vom Gehwegparkverbot zum Zweck des Be- und Entladens. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 10 K 19.1353 2019-12-09 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger betreibt ein Lokal im Stadtgebiet der Beklagten, die ihm am 24. Januar 2017 und am 7. Mai 2018 zwei auf jeweils ein Jahr befristete straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigungen zum Befahren eines Gehwegs, der vor dem Nachbaranwesen und hinter einer mit einem absoluten Haltverbot (Zeichen 283, lfd. Nr. 62 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO) gekennzeichneten Feuerwehranfahrtszone liegt, und zum Parken auf diesem Gehweg erteilt hatte, nachdem vor dem Lokal zwei Behindertenparkplätze angelegt worden waren. Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen die Versagung einer weiteren Ausnahmegenehmigung.
Am 10. Mai 2019 beantragte er bei der Beklagten unter Verweis auf die Behindertenparkplätze und die Feuerwehranfahrtszone erneut die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für zwei Kraftfahrzeuge zum Befahren des Gehwegs bis Anwesen L* …straße … und Be- und Entladen auf dem Gehweg vor dem Anwesen L* …straße … für maximal 30 Minuten in der Zeit von 9:00 bis 24:00 Uhr und führte zur Begründung weiter aus, ein Parken vor seinem Lokal sei nicht möglich. Der Getränkekeller befinde sich im Hinterhof des Gebäudes. Das Lokal besitze jedoch keinen Hintereingang, wie es bei den Nachbarn der Fall sei. Für die tägliche Entladung der Ware und die Beladung der leeren Kisten gebe es keine Parkmöglichkeit vor dem Café. Da das Geschäft zu 99% im Ausschank von Getränken bestehe, stelle dies eine wesentliche Beeinträchtigung dar. Die Anlieferung werde durch das nicht unerhebliche Getränkegewicht und die Distanz zu entfernteren Parkplätzen erheblich erschwert. Vor etwa vier Jahren habe er eine Knieoperation gehabt, die zusätzlich zu einer persönlichen Erschwernis führe.
Mit Schreiben vom 5. Juni 2019 lehnte die Beklagte die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Parken in der Feuerwehranfahrtszone ab. Das Be- und Entladen sei im Bereich von Parkscheinautomaten erlaubt. Nach der Be- und Entladung sei es zumutbar, einen regulären Parkplatz bzw. einen Parkplatz im Parkhaus aufzusuchen. Eine Ausnahmegenehmigung könne im Interesse der Gleichbehandlung nur in besonders dringenden Einzelfällen erteilt werden. An den Nachweis der Dringlichkeit seien strenge, aber nicht unüberwindbare Maßstäbe anzulegen. Eine Ausnahmegenehmigung komme nur in einem besonders gelagerten Einzelfall in Betracht, wenn die Versagung zu einer unbilligen, vom Verordnungsgeber nicht gewollten Härte für den Betroffenen führe. Dies sei hier nicht zu erkennen, da der genannte Parkscheinbereich für die Be- und Entladetätigkeit zur Verfügung stehe.
Am 2. Juli 2019 erließ die Beklagte auf Bitte des Klägers einen rechtsmittelfähigen Bescheid, mit dem sie seinen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Befahren und Be-/Entladen auf dem Gehweg (Feuerwehranfahrtszone) L* …str. … ablehnte. § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO ermögliche in bestimmten Einzelfällen die Genehmigung einer Ausnahme. Da die vom Antragsteller angeführten Gesichtspunkte auf eine Vielzahl von Kleinunternehmern und Einzelhändlern im Stadtgebiet zuträfen, handle es sich nicht um einen Einzelfall, der sich von allen anderen Verkehrsteilnehmern so weit unterscheide, dass die Ablehnung der Ausnahmegenehmigung die Berufsausübung tatsächlich unmöglich mache. Der Antragsteller habe lediglich einen Anspruch auf Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens. Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung sei nur möglich, wenn es keine Alternative gebe. Dem Antragsteller stehe jedoch ein angrenzender Seitenstreifen mit Parkbuchten (Parkscheinbereich) zur Verfügung. Weiter dürfe auf der Fahrbahn, sofern kein Zeichen 283 der Anlage 2 zur StVO vorhanden sei, kurzzeitig zum Be- und Entladen gehalten werden. Ein Erteilungsanspruch ergebe sich auch nicht aus dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG. Denn die Ausnahmegenehmigungen seien zeitlich befristet gewesen und die Erteilungspraxis habe sich zwischenzeitlich geändert. Die Behörde könne sich ohne Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus sachlichen Gründen von einer in der Vergangenheit geübten Praxis lösen und ihr Ermessen in künftigen Fällen anders ausüben. In Feuerwehranfahrtszonen müsse die freie Zufahrtsmöglichkeit für ein Löschfahrzeug sichergestellt sein. Sie dürfe nicht von Kraftfahrzeugen gefährdet werden. Hier überwiege das Interesse der Allgemeinheit an der Aufrechterhaltung der Verkehrsregeln. Damit müsse das Begehren des Einzelnen zurückstehen.
Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger am 12. Juli 2019 Bescheidungsklage zum Verwaltungsgericht Ansbach mit der Begründung erheben, dass sich die L* …straße in der südlichen Altstadt befinde und als „Einfahrts straße“ in diese diene. Sie sei eine Einbahn straße, an der sich links und rechts Längsparkbuchten mit Parkscheinautomaten befänden. Es herrsche zu jeder Tageszeit äußerst reger Fahrzeugverkehr. Die wenigen vorhandenen Parkplätze seien beidseitig stets belegt. Direkt vor dem Geschäftsbetrieb des Klägers seien zwei Behindertenstellplätze ausgewiesen. Zudem befinde sich dort die Feuerwehranfahrtszone. Anders als die anderen Geschäftsbetriebe verfüge der Betrieb des Klägers nicht über einen Hintereingang in die O* …straße. Dem Kläger sei es nicht zumutbar, einen Parkplatz im Bereich der Parkscheinautomaten zu suchen, ggf. mehrmals im Kreis zu fahren oder mehrere Stunden auf einen freien Parkplatz zu warten und dann die gesamte Ware über mehrere Hundert Meter hinweg in sein Ladengeschäft zu tragen. Er arbeite selbst im eigenen Betrieb mit und könne die Einkaufstätigkeit erst ausüben, wenn er in seiner Schicht von einem Mitarbeiter abgelöst werde. Es wäre lebensfremd und in der Innenstadt einmalig, wenn sich ein Betreiber nach dem Verkehrsaufkommen in unmittelbarer Nähe seines Ladengeschäfts richten müsste, um den Einkauf tätigen zu können, oder die Ware mittels Sackkarre oder Handwagen in sein Lokal bringen müsste. Die Beklagte verkenne, dass es sich um einen einmaligen Vorgang am Tag handle. Dem Kläger gehe es nicht um dauerhaftes Parken seines Fahrzeugs, sondern um einen Haltevorgang. Vom 7. Mai 2018 bis 6. Mai 2019 sei er im Besitz einer Ausnahmegenehmigung gewesen, die ihm erlaubt habe, den Gehweg bis zum Anwesen Nr. 37 zu befahren und auf dem Gehweg für maximal 30 Minuten zu be- und entladen. Bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage habe die Beklagte nunmehr den Antrag abgelehnt. Sie habe ihr Ermessen mit sachwidrigen Argumenten fehlerhaft ausgeübt. Die Feuerwehranfahrtszone bestehe bereits seit dem Jahr 2008. Die Zufahrtsmöglichkeit für Löschfahrzeuge würde durch ein Halten in zweiter Reihe deutlich mehr beeinträchtigt als durch das Halten auf dem Gehsteig direkt vor dem Geschäftsbetrieb. Der Gehsteig befinde sich nicht in der Feuerwehranfahrtszone. Die Beklagte habe sich aufgrund ihrer Verwaltungspraxis in den vergangenen Jahren gebunden. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Ausnahmegenehmigungen nur vorübergehend nach der Errichtung der Behindertenparkplätze hätten erteilt werden sollen.
In der mündlichen Verhandlung am 9. Dezember 2019 erklärte die Beklagte zu ihrer Genehmigungspraxis, sie erteile nur noch ca. 4.000 Ausnahmegenehmigungen pro Jahr, im Wesentlichen an Handwerksbetriebe und nur nach genauer Prüfung von Ort und Zeit und tatsächlicher Notwendigkeit. Für Gastronomiebetriebe würden sehr selten Ausnahmegenehmigungen erteilt, hier insbesondere im Rahmen von Veranstaltungen wie dem Christkindlesmarkt. Für Anlieferfahrzeuge von Gastronomiebetrieben und ähnlichen Einrichtungen würden in der Regel keine Ausnahmegenehmigungen mehr erteilt. Man wolle solche Ausnahmen sehr restriktiv handhaben. Auch wenn es sich beim Kläger nur um ein Befahren und Halten für wenige Minuten an drei bis vier Tagen in der Woche handele, müsse man das gesamte Stadtgebiet im Auge haben, wo es überall vergleichbare Fälle wie den des Klägers gebe.
Mit Urteil vom 9. Dezember 2019 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Neuverbescheidung seines Antrags. Dessen Ablehnung sei rechtmäßig. Die Klage richte sich allein gegen den förmlichen Bescheid vom 2. Juli 2019, da dem ursprünglich angefochtenen Schreiben vom 5. Juni 2019 keine Regelungswirkung habe zukommen sollen. Eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO stehe im pflichtgemäßen behördlichen Ermessen, das nach § 114 Satz 1 VwGO nur eingeschränkt überprüft werden könne. Für die Rechtmäßigkeit der Ermessensbetätigung sei die tatsächliche Verwaltungspraxis maßgebend, die im Lichte der gesetzlichen Regelung, des Gleichbehandlungsgrundsatzes und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Bestand haben müsse. Es müssten Gründe vorliegen, die das öffentliche Interesse an dem grundsätzlichen Ge- oder Verbot überwögen. Dabei seien die öffentlichen Belange unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegen die privaten Belange des Antragstellers abzuwägen. Nach der das Ermessen lenkenden Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO solle eine Ausnahmegenehmigung nur in besonders dringenden Fällen erteilt werden, wobei an den Nachweis der Dringlichkeit strenge Anforderungen zu stellen seien. Das Erfordernis einer Ausnahmesituation sei nach obergerichtlicher Rechtsprechung kein eigenständiges Tatbestandsmerkmal, sondern im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen. Es sei nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte davon ausgehend, dass es im Stadtgebiet viele Betriebe wie den des Klägers gebe und seine Berufsausübung durch die Ablehnung der Genehmigung nicht unmöglich gemacht werde, eine Ausnahmegenehmigung abgelehnt habe. Auch wenn es beschwerlich sein möge, so sei es doch möglich, das Lokal des Klägers zu beliefern. Stehe ein Parkplatz wegen des hohen Parkdrucks in dessen Umgebung nicht zur Verfügung, könne er dort halten, wo eben kein Haltverbot angeordnet sei, möglicherweise auch auf den unmittelbar vor seinem Lokal liegenden Behindertenparkplätzen oder kurzzeitig sogar in zweiter Reihe. Ferner sei es möglich, die Anlieferung von etwas weiter her zu organisieren, beispielsweise unter Verwendung von Sackkarren, Hubwagen oder ähnlichem. Solche organisatorischen Maßnahmen bzw. Unannehmlichkeiten erschwerten zwar die Belieferung des Lokals, machten diese aber nicht unmöglich. Aus diesen Gründen sei ein besonders dringender Fall vorliegend nicht gegeben. Der Kläger könne sich auch nicht auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen, da die Beklagte nachvollziehbar ausgeführt habe, solche Ausnahmegenehmigungen nur noch sehr restriktiv auszugeben. Die Verwaltungspraxis sei letztlich nicht zu beanstanden, sondern entspreche dem gesetzlichen Gebot, auf öffentlichen Verkehrsflächen für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu sorgen. Auch wenn der Kläger vortrage, die Gehwege nur für einige Minuten zu benötigen, so sei doch zu berücksichtigen, dass Gehwege nach den straßenrechtlichen Vorschriften nicht dem Anliefer-, sondern dem Fußgängerverkehr zur Verfügung stehen sollten. Weiter sei zu berücksichtigen, dass der Gehweg vor dem Lokal des Klägers durch die ihm erteilte Sondernutzungserlaubnis zum Betrieb einer Außengastronomie bereits in Anspruch genommen werde, sodass weitere Erlaubnisse die bestimmungsgemäße Nutzbarkeit des Gehwegs noch weiter einschränken könnten. Eine willkürliche Ungleichbehandlung des Klägers sei nicht zu erkennen. Als Vergleichsmaßstab komme nicht nur eine einzelne Straße in Betracht, sondern Gastronomie- und ähnliche Betriebe im gesamten Stadtgebiet. Die Beklagte habe sich durch die Erteilung von zwei Ausnahmegenehmigungen auch nicht im Vorfeld selbst gebunden. Da beide nur befristet erteilt worden seien, habe ein Vertrauensschutz nicht begründet werden können. Des Weiteren seien die Genehmigungen nach Angaben der Beklagten erteilt worden, um ihr Zeit für die Prüfung zu geben, ob beim Kläger tatsächlich eine besonders dringliche Ausnahmesituation vorliege. Hieraus habe kein Rechtsanspruch entstehen können.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend. Das Gericht habe das Alleinstellungsmerkmal des Klägers zwar gesehen, aber nicht hinreichend berücksichtigt. Es werde übersehen, dass der Kläger auf die Benutzung des Gehwegs zwingend angewiesen sei, da er nicht wie andere Betriebe in der Umgebung über einen Hintereingang verfüge. Ein Einzelfall im Sinne des § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO sei gegeben, wenn unter Abwägung der privaten mit den öffentlichen Belangen gewichtige Gründe vorlägen, die einen besonders dringenden Fall im Sinn der Vorschrift rechtfertigten. Dieser könne sich aus einem wichtigen Alleinstellungsmerkmal wie dem ergeben, dass dem Kläger zum Be- und Entladen seiner Waren kein anderer Eingang als derjenige in der L* …straße zur Verfügung stehe. Außerdem verneine das Gericht irrtümlich eine Ungleichbehandlung des Klägers. Es verkenne, dass aufgrund der nicht hinreichenden Berücksichtigung seines Alleinstellungsmerkmals vorliegend Ungleiches gleichbehandelt worden sei. Durch die fehlende Möglichkeit des Be- und Entladens im Gegensatz zu benachbarten Gaststätten und Betrieben unterscheide sich die Situation des Klägers gerade von anderen Sachverhalten. Dies zeige auch die neuere Verwaltungspraxis der Beklagten, wonach Ausnahmegenehmigungen durchaus noch erteilt würden und nicht gänzlich abgeschafft worden seien. Der Kläger könne nicht auf andere Möglichkeiten als die Nutzung des Gehwegs zum Be- und Entladen seiner Waren verwiesen werden, wenn die Beklagte die Parksituation durch Schaffung von Behindertenparkplätzen und anderweitigen Verboten selbst verschlimmert habe. Der Änderung der Verwaltungspraxis stünden grundsätzlich keine Bedenken entgegen, wenn die Beklagte nicht gleichzeitig vermehrt Behindertenparkplätze und Feuerwehranfahrtszonen ausgewiesen hätte. Der Kläger müsse nicht hinnehmen, dass die Beklagte die Anzahl „normaler“ Parkplätze noch weiter verringert habe und gleichzeitig eine derart restriktive Erteilung von Ausnahmegenehmigungen betreibe. Weiter ergäben sich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils daraus, dass die Inanspruchnahme gebührenpflichtiger Parkplätze in der L* …straße praktisch kaum möglich und mit hohen Kosten verbunden sei. Diese Parkplätze seien quasi rund um die Uhr belegt und das Vorhandensein eines freien, für größere Transportfahrzeuge ausreichenden Parkplatzes hänge allein vom Zufall ab. Von einem bloß „hohen Parkdruck“ könne daher nicht ausgegangen werden. Der Kläger wäre quasi gezwungen, für das Be- und Entladen täglich mindestens einen Parkschein zu lösen, um ein Bußgeld zwischen 10,- und 30,- EUR zu vermeiden. Ferner sei die Nutzung der Behindertenparkplätze und der Feuerwehranfahrtszone in Form von Halten oder Parken nicht zumutbar. Wenn er den Vorschlägen des Gerichts folge, verwirkliche der Kläger ohne entsprechende Ausnahmegenehmigung verschiedene Bußgeldtatbestände. Für das Parken auf Schwerbehindertenparkplätzen werde ein Bußgeld von 35,- EUR erhoben. Gleiches gelte für die Feuerwehranfahrtszone, in der ein absolutes Haltverbot bestehe. Hierauf könne der Kläger nicht verwiesen werden. Das Parken in zweiter Reihe widerspreche dem Grundsatz der StVO, die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu gewährleisten. Es handle sich um eine Ordnungswidrigkeit, die im Fall des Haltens mit einem Bußgeld von 15,- EUR und im Fall des Parkens mit einem Bußgeld von 20,- EUR belegt sei. Für das Jahr 2020 sei eine StVO-Novelle angekündigt, wonach das Bußgeld von derzeit 20,- auf 80,- EUR erhöht werden solle, wenn durch das unzulässige Halten in zweiter Reihe ein Fahrradfahrer gefährdet werde. Führe das Halten auf dem Schutzstreifen für Fahrradfahrer zu einem Unfall, werde das Bußgeld von ursprünglich 35,- auf 100,- EUR erhöht. Es sei dem Kläger auch nicht zuzumuten, das Be- und Entladen zu „organisieren“, was mit einem erheblichen zeitlichen und personellen Organisationsaufwand verbunden sei und zu einer gravierenden finanziellen Belastung führe. Im Gastronomiegewerbe seien die Schichten für die Mitarbeiter ohnehin schon sehr flexibel ausgestaltet. Dies würde sich noch verschlimmern, wenn der Kläger zum schnellen Be- und Entladen verstärkt Personal einsetzen müsste. Dadurch wäre die Planungssicherheit der Mitarbeiter unzumutbar beeinträchtigt, da sie dem Kläger ggf. auch an ihren freien Tagen kurzfristig zur Hand gehen müssten. Es würden ggf. mehrere Mitarbeiter benötigt, was mit hohen Lohnkosten verbunden sei. Bestellungen richteten sich nach der Auslastung der Gaststätte. Es seien ggf. auch kurzfristig Warenanlieferungen erforderlich. Eine Planung und Organisation im Hinblick auf die benötigten Waren erweise sich ohnehin schon aufgrund der wechselnden Auslastung des Lokals als sehr schwierig. Insbesondere bei Großveranstaltungen im Zentrum der Stadt würde die Planung der Anlieferung zu einem nicht hinnehmbaren Organisationsaufwand verbunden mit hohen Kosten führen. Schließlich sei dem Kläger auch nicht zumutbar, die angelieferten Waren über einen längeren Weg mit Sackkarren, Hubwagen oder ähnlichem zu seinem Geschäftsbetrieb zu transportieren. Er betreibe eine Schank- und Speisewirtschaft, die je nach Auslastung eine Vielzahl von Getränken und Lebensmitteln erforderlich mache. Insbesondere das Be- und Entladen von Getränkekästen und bis zu 30 kg schweren Bierfässern erfordere eine weitestgehend kurze Distanz.
Die Beklagte erwidert, es stelle sich allein die Frage nach einem Ermessensfehlgebrauch, da sie ihr Ermessen weder unter- noch überschritten habe. Jener wäre nur gegeben, wenn sie – was aber nicht erkennbar sei – den maßgeblichen Gesichtspunkten ein objektiv zu hohes oder zu geringes Gewicht beigemessen hätte. Von sachfremden Erwägungen sei sie nicht ausgegangen. In dem fehlenden Hintereingang des Ladenlokals werde kein Alleinstellungsmerkmal gesehen, denn es komme nicht nur auf einen Vergleich mit den anderen an der L* …straße gelegenen Läden an. Das Bestehen einer besonderen Ausnahmesituation im Sinne von § 46 Abs. 1 Satz 1 StVO als Ausgangspunkt der Gesamtabwägung sei anhand eines gewichtenden Vergleichs der Umstände des konkreten Falls mit dem typischen Regelfall zu ermitteln. Entscheidend sei, ob der Kläger in gleicher Weise von der verkehrsrechtlichen Vorschrift, von der er eine Ausnahme begehre, betroffen sei wie alle anderen oder ein großer Teil der Verkehrsteilnehmer. Als Vergleichsmaßstab komme nicht nur eine einzelne Straße in Betracht, sondern Gastronomie- und ähnliche Betriebe im gesamten Stadtgebiet. Im Vergleich hierzu zeichne sich die Situation des Klägers nicht durch ein Alleinstellungsmerkmal aus. Die von ihm bezeichneten Punkte beträfen eine Vielzahl von Kleinunternehmern und Einzelhändlern im Stadtgebiet in derselben Weise, was insbesondere auch für das Fehlen eines Hintereingangs gelte. Insoweit seien die übrigen Ladeninhaber in der L* …straße vergleichsweise privilegiert, der Kläger aber nicht mehr als der Großteil der Kleinunternehmer und Einzelhändler im Stadtgebiet belastet. Weder die Beklagte noch das Verwaltungsgericht hätten die Bedeutung des fehlenden Hintereingangs verkannt. Man habe den Umstand durchaus zu Gunsten des Klägers in die gewichtende Abwägung eingestellt. Er wiege aber nicht schwer genug, um eine Ausnahmesituation zu begründen. Sei ein Antragsteller in gleicher Weise von der verkehrsrechtlichen Vorschrift, von der er eine Ausnahme begehrt, betroffen sei wie alle anderen oder ein großer Teil der Verkehrsteilnehmer, sei die Ausnahmegenehmigung zu versagen, ohne dass es weiterer Abwägungen bedürfe. Der Kläger habe bisher nicht glaubhaft dargelegt, weshalb er andere Möglichkeiten für die erforderlichen Liefer- und Ladetätigkeiten, die zwar möglicherweise mit einem gewissen organisatorischen Aufwand verbunden und weniger komfortabel als das Abstellen des Fahrzeugs auf dem Gehweg unmittelbar vor dem Ladenlokal seien, nicht nutze. Nicht entscheidungserheblich sei, ob die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung möglich sei. Wegen der gerichtlich nur begrenzt kontrollierbaren Ermessensbetätigung sei es nicht ausgeschlossen, dass ein Verwaltungsakt rechtmäßig ergehen könnte, dessen Versagung aber gleichwohl rechtmäßig sei. Die Beklagte habe auch nicht wesentlich Ungleiches gleichbehandelt. Die anderen in der L* …straße ansässigen Ladeninhaber könnten als Vergleichsgruppe schon deshalb nicht herangezogen werden, weil sie keine Ausnahmegenehmigung beantragt hätten. Außerdem handle es sich beim Vorhandensein bzw. Fehlen eines Hintereingangs zu den jeweiligen Lokalen um keinen wesentlichen Unterschied im Rahmen der Prüfung des § 46 Abs. 1 StVO. Ein Merkmal, das den Antragsteller nur von wenigen anderen Verkehrsteilnehmer unterscheide, sei nicht maßgeblich. Wegen der anderweitigen Belieferungsmöglichkeiten unterscheide sich das Ladenlokal des Klägers auch nicht in einer die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung rechtfertigenden Art und Weise. Dem Einwand, die Beklagte habe die Parksituation verschlimmert, sei entgegenzuhalten, dass die Einrichtung von Behindertenparkplätzen und die Ausweisung von Feuerwehranfahrtszonen im öffentlichen Interesse geboten sei. Demgegenüber hätten die Interessen einzelner zurückzutreten, solange sie durch die Maßnahmen nicht mehr als der Großteil der Verkehrsteilnehmer betroffen seien. Wenn die Beklagte den Flächenbedarf für derartige Maßnahmen im gleichen Umfang durch die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen kompensieren müsste, wäre angesichts der Vielzahl der erforderlichen Ausnahmen mit ganz erheblichen Beeinträchtigungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu rechnen. Im Vergleich dazu komme dem Interesse des Klägers an einer möglichst bequemen Liefer- und Ladetätigkeit nur geringes Gewicht zu. Die Ausnahmegenehmigungen, die dem Kläger bis zur Klärung des tatsächlichen Bedarfs in Abstimmung mit dem Verkehrsplanungsamt übergangsweise erteilt worden seien, hätten wegen der Befristung keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, der einen Verlängerungsanspruch auslöse. Dem Kläger sei bei Erhalt der Ausnahmegenehmigungen bewusst gewesen, dass diese keineswegs langfristig erteilt werden würden. Sofern er es als rechtswidrig erachte, auf die Nutzung vorhandener gebührenpflichtiger Parkplätze verwiesen zu werden, möge es zwar sein, dass die vorhandenen Parkplätze aufgrund ihrer geringen Anzahl häufig belegt seien, nicht aber dauerhaft. Gründe, weshalb es ihm nicht möglich sein solle, das Freiwerden eines Parkplatzes abzuwarten und seine Liefertätigkeit danach auszurichten, habe der Kläger bislang in keiner Weise vorgetragen. Vor Umwandlung der Parkplätze vor seinem Ladenlokal hätten diese ebenfalls uneingeschränkt der Allgemeinheit zur Verfügung gestanden. Dass die Nutzung der vorhandenen Parkplätze mit Kosten verbunden sei, betreffe nicht nur den Kläger, sondern jeden Parkplatznutzer. Es wäre schlichtweg absurd, wenn dies zum Erhalt einer Ausnahmegenehmigung berechtigen würde; zumal keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich seien, dass der Kläger – selbst bei täglicher Nutzung – durch die Gebühren übermäßig belastet werde. Auch habe das Verwaltungsgericht ihn nicht dazu angehalten, sein Fahrzeug verbotswidrig abzustellen, sondern lediglich ausgeführt, dass er dort halten könne, wo kein Halteverbot angeordnet sei, wie beispielsweise in der angrenzenden Feuerwehranfahrtszone, unter Berücksichtigung der Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 StVO, möglicherweise auch auf den unmittelbar vor seinem Lokal liegenden Behindertenparkplätzen oder für den Fall, dass eine Behinderung nicht entstehe, kurzzeitig sogar in zweiter Reihe. Doch selbst wenn die Vorschläge des Gerichts in der praktischen Umsetzung rechtliche Unsicherheiten nach sich ziehen würden, sei die Richtigkeit des Urteils nicht ernstlich zweifelhaft, da dem Kläger noch weitere Möglichkeiten blieben, um sein Lokal mit Waren zu beliefern. Soweit er sich gegen die „Organisation“ des Be- und Entladens oder den Transport der Ware über einen längeren Weg wende, erscheine zweifelhaft, ob die Belastungen für ihn tatsächlich so hoch seien wie geschildert. Die zuletzt erteilte Ausnahmegenehmigung sei bereits mit Ablauf des 6. Mai 2019 erloschen. Obwohl der Kläger damit zwischenzeitlich seit mehr als zehn Monaten nicht mehr über die begehrte Genehmigung verfüge, habe er nicht vorgetragen, dass ihm infolgedessen finanzielle Einbußen oder ein unzumutbarer Organisationsaufwand tatsächlich entstanden seien. Vielmehr erweckten mehrere Formulierungen den Eindruck, als rechne er lediglich mit den geschilderten Beeinträchtigungen, ohne dass diese bislang eingetreten seien. Bloße Erwartungen oder Befürchtungen reichten allerdings nicht, um das Bestehen einer unzumutbaren Belastung glaubhaft darzulegen. Auch das prozessuale Verhalten des Klägers gebe Anlass zu der Vermutung, dass er die geschilderten Beeinträchtigungen lediglich erwarte. So habe er keinen einstweiligen Rechtsschutz gesucht, sondern sich auf die Klage beschränkt. Dass er die mit der Versagung der begehrten Ausnahmegenehmigung verbundenen Unannehmlichkeiten hinnehme, lasse diese als nicht besonders dringlich oder gravierend erscheinen. Aufgrund der bestehenden alternativen Belieferungsmöglichkeiten werde der Kläger nicht unverhältnismäßig schwer oder unzumutbar durch die Versagung der begehrten Ausnahmegenehmigung betroffen. Die ortsgegebene Vorbelastung des Betriebssitzes müsse er hinnehmen. Das Fehlen eines Hintereingangs sei ihm bei Eröffnung des Lokals bekannt gewesen. Er habe nicht darauf vertrauen können, dass die Parkplatzsituation in der L* …straße dauerhaft unverändert fortbestehe. Es sei ihm daher zuzumuten, die zur Aufrechterhaltung seines Betriebsablaufs erforderlichen organisatorischen Maßnahmen zu ergreifen.
Hierauf entgegnet der Kläger, er habe zumindest einen Anspruch auf Neuverbescheidung. Selbst wenn als Vergleichsmaßstab das gesamte Stadtgebiet zugrunde zu legen sei, ergebe sich ein Ausnahmefall im Sinne von § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO. Denn er sei nicht nur durch das Fehlen eines Hintereingangs, sondern zusätzlich durch die extrem schlechte Parksituation in der L* …straße belastet und damit einem erheblichen Nachteil ausgesetzt. Dass andere Gastronomiebetriebe im Stadtgebiet der gleichen Doppelbelastung wie er ausgesetzt seien und dennoch keine Ausnahmegenehmigung erhielten, sei nicht substantiiert vorgetragen worden. Diese Kombination sei auch als wesentlich anzusehen. Die streitgegenständliche Ausnahmegenehmigung stehe der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs vorliegend nicht entgegen. Andere Ladeninhaber hätten eine solche nicht beantragt. Aufgrund der Situation könne nicht von einer bloß „bequemen Liefermöglichkeit“ gesprochen werden. Durch die zweimalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung sei durchaus ein gewisses Vertrauen auf deren zukünftigen Erhalt entstanden. Eine Versagung sei nicht mit Sicherheit zu erwarten gewesen. Dass die Behindertenparkplätze nicht mehr in normale Parkplätze umgewandelt worden seien, sei für ihn ebenfalls nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ersichtlich gewesen. Auch die Beklagte habe verkannt, dass ein Halten in der Feuerwehranfahrtszone nicht in Betracht komme. Dasselbe gelte für das Halten in zweiter Reihe. Das Argument, ansonsten sei nahezu jedem Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung stattzugeben, begegne ernstlichen Zweifeln. Vorliegend sei die Ausnahmegenehmigung nicht allein wegen der fehlenden freien Parkplätze, sondern auch wegen des Fehlens eines Hintereingangs beantragt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.
Der geltend gemachte Zulassungsgrund, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 – Vf. 133-VI-04 – VerfGHE 59, 47/52; E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 54), liegt nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Aus dem Zulassungsvorbringen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Diese sind immer schon dann anzunehmen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16 m.w.N.) und dies zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründet (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9).
Nach seinem Antrag vom 10. Mai 2019 begehrt der Kläger eine Ausnahmegenehmigung, um den Gehweg vor dem Anwesen L* …straße … nördlich seines Lokals zu befahren und dort zu parken, um bis zu 30 Minuten Ladetätigkeiten vorzunehmen. Rechtsgrundlage für die beantragte Genehmigung ist § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 der Straßenverkehrsordnung – StVO – vom 6. März 2013 (BGBl I S. 367), in der maßgeblichen aktuellen Fassung der Verordnung vom 20. April 2020 (BGBl I S. 814), wonach die Straßenverkehrsbehörden in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen von den Vorschriften über die Straßenbenutzung (§ 2 StVO) und von den Halt- und Parkverboten (§ 12 Abs. 4 StVO) genehmigen können. Das Verbot, den Gehweg zu befahren, folgt aus dem Gebot nach § 2 Abs. 1 Satz 1 StVO, die Fahrbahn zu benutzen; das Parkverbot auf dem Gehweg aus dem Gebot nach § 12 Abs. 4 Satz 1 StVO, zum Parken den rechten Seitenstreifen (einschließlich entlang der Fahrbahn angelegter Parkstreifen) zu benutzen, wenn dieser ausreichend befestigt ist, und sonst an den rechten Fahrbahnrand heranzufahren.
Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Satz 1 StVO steht im Ermessen der Behörde, das sie nach Art. 40 BayVwVfG entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und dessen gesetzliche Grenzen sie einzuhalten hat. Die Vorschrift des § 46 Abs. 1 Satz 1 StVO bezweckt, besonderen Ausnahmesituationen Rechnung tragen zu können, die bei strikter Anwendung der Bestimmungen nicht hinreichend berücksichtigt werden könnten und eine unbillige Härte für den Betroffenen zur Folge hätten (vgl. BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 3 C 24.17 – ZfSchR 2019, 593 = juris Rn. 12). Ob ein besonderer Ausnahmefall vorliegt, bemisst sich nach dem Ergebnis eines Vergleichs der Umstände des konkreten Falles mit dem typischen Regelfall, welcher dem generellen Verbot zugrunde liegt. Das so gewonnene Merkmal einer Ausnahmesituation ist sodann unverzichtbarer Bestandteil der einheitlich zu treffenden Ermessensentscheidung (BVerwG, U.v. 21.2.2002 – 3 C 33.01 – NZV 2002, 426 = juris Rn. 20; U.v. 13.3.1997 – 3 C 2.97 – BVerwGE 104, 154 = juris Rn. 27). Die Ausnahmesituation ist der Ausgangspunkt der Gesamtabwägung. Liegt sie bei einem gewichtenden Vergleich der Umstände des konkreten Falls mit dem typischen Regelfall nicht vor, ist also der Antragsteller in gleicher Weise von der verkehrsrechtlichen Vorschrift, von der er eine Ausnahme begehrt, betroffen wie alle anderen oder ein großer Teil der Verkehrsteilnehmer, so kann eine Ausnahmegenehmigung nicht erteilt werden, ohne dass es weiterer Abwägungen bedarf. In einem solchen Fall ist das Ermessen dahingehend auf null reduziert, dass die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung ausscheidet (BayVGH, B.v. 29.10.2014 – 11 ZB 13.2323 – juris Rn. 18). Nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) vom 26. Januar 2001 in der Fassung vom 22. Mai 2017 (BAnz AT 29.5.2017 B8; abgedruckt bei Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 46 StVO Rn. 3) ist eine Ausnahmegenehmigung nur in besonders dringenden Fällen gerechtfertigt. An den Nachweis solcher Dringlichkeit sind strenge Anforderungen zu stellen (VwV-StVO Ziffer I zu § 46; Kralik in PdK Bu L-13 Anm. 67.2.1). Mit diesen Verwaltungsvorschriften wird das Ermessen zulässig im Sinne einer bundeseinheitlichen gleichmäßigen, am Gesetzeszweck orientierten Anwendung gesteuert. Mit der Formulierung des “besonders dringenden Falls“ in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung ist das Merkmal einer Ausnahmesituation beschrieben (BayVGH, B.v. 29.10.2014 a.a.O. Rn. 20 m.w.N.).
Da die Rechtslage insoweit für alle Ausnahmegenehmigungen nach § 46 Abs. 1 Satz 1 StVO dieselbe ist, spielt es keine Rolle, dass die Beklagte und das Verwaltungsgericht ihrer Entscheidung die Nr. 11 und nicht Nr. 1 und 3 des § 46 Abs. 1 Satz 1 StVO zugrunde gelegt haben. In tatsächlicher Hinsicht sind sie jedenfalls erkennbar vom richtigen Sachverhalt ausgegangen.
Die Beklagte hat eine besondere Ausnahmesituation bzw. einen besonders dringenden Fall zu Recht verneint. Der hohe Parkdruck vermag keine Ausnahmesituation zu begründen, da er in innerstädtischen Gebieten den Normalfall darstellt und damit regelmäßig einen großen Teil der Verkehrsteilnehmer trifft. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Beklagte im öffentlichen Interesse (Art. 2 Abs. 2, Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG) zusätzliche Behindertenparkplätze und Feuerwehranfahrtszonen ausgewiesen und damit zum Wegfall von Parkplätzen beigetragen hat. Denn es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dies in sachwidriger Weise bzw. über den Bedarf hinaus geschehen ist. Dass es Gewerbetreibenden in einer Großstadt in der Regel nicht ohne weiteres gelingt, sondern mit Schwierigkeiten verbunden ist, einen Stellplatz zur Durchführung von Be- und Entladevorgängen zu finden, ist ein allgemeines Problem, dem sich jeder Verkehrsteilnehmer stellen muss, der keine Bewohnerparkberechtigung besitzt. Kommen keine weiteren einen Ausnahmefall begründenden Aspekte hinzu, begründet dies allein noch keinen Anspruch auf eine Ausnahmegenehmigung vom Gehwegparkverbot zum Zweck des Be- und Entladens (Will in BeckOK Straßenverkehrsrecht, Stand 1.7.2020, § 46 Rn. 69).
Insofern behauptet der Kläger zwar, er sei wegen Fehlens eines Hintereingangs zu seinem Ladenlokal auf die Nutzung des Gehwegs vor dem Nachbaranwesen zwingend angewiesen. Dieser Vortrag ist allerdings nicht nachvollziehbar, nachdem er sein Lokal auch vom 23. Januar 2018 bis 7. Mai 2018, als er nicht im Besitz einer Ausnahmegenehmigung war, und nach dem Ablauf der vormaligen Ausnahmegenehmigung Anfang Mai 2019 weiterbetrieben und nicht – auch nicht auf entsprechenden Vorhalt der Beklagten in der Antragserwiderung – dargelegt hat, dass er das Lokal nicht mehr mit Getränken beliefern könne bzw. dass ihm infolge der versagten Ausnahmegenehmigung unzumutbare Erschwernisse bzw. welche Einbußen ihm dadurch entstanden seien. Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb jede andere Art der Warenanlieferung als die mittels eines neben dem Ladenlokal geparkten Kraftfahrzeugs unzumutbar sein sollte bzw. weshalb die Anlieferung von Getränken und die Entsorgung leerer Getränkebehältnisse unter Nutzung eines gebührenpflichtigen Parkplatzes sowie einer Sackkarre oder anderer Hilfsmittel, ggf. unter Mithilfe eines Angestellten, von einem Parkplatz bis zum klägerischen Lokal und deren Planung wegen des damit verbundenen zeitlichen und/oder finanziellen und personellen Aufwands zu unüberwindbaren oder unzumutbaren Schwierigkeiten führen sollte.
Weiter hat die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass der Betrieb eines Lokals in einem innerstädtischen Gebiet mit hohem Parkdruck nicht dadurch ein Alleinstellungsmerkmal erhält, dass das Lokal anders als einige Nachbarbetriebe nicht über einen Hintereingang (gemeint ist wohl ein zweiter Zugang von einer anderen Straße aus) verfügt bzw. nur über den Haupteingang erreichbar ist. Denn der Zugang zu einem Anwesen über einen zweiten Eingang bzw. von zwei verschiedenen Straßen her stellt – nicht nur in innerstädtischen Gebieten wie im Stadtgebiet der Beklagten – nicht den Regelfall dar. Die an der L* …straße anliegenden Nachbarbetriebe bilden daher nicht die Vergleichsgruppe des typischen Regelfalls. Für eine Kombination aus zwei regelmäßig anzutreffenden Sachverhalten wie einem hohen Parkdruck und dem Fehlen eines Hintereingangs bzw. eines zweiten Zugangs von einer weiteren Straße her kann nichts anderes gelten.
Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte bei der Entscheidung über die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung der von § 12 Abs. 4 und 4a StVO geschützten Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs einen hohen Stellenwert beimisst, der gegenüber das geschäftliche Interesse des Gewerbetreibenden grundsätzlich geringer anzusetzen ist (vgl. Will, a.a.O., § 46 Rn. 70). Hinzu kommt, dass an der ständigen Freihaltung der sich über den Gehweg erstreckenden Feuerwehranfahrtszone mit Blick auf die betroffenen Schutzgüter ein erhebliches öffentliches Interesse besteht (BayVGH, B.v. 9.8.2013 – 10 ZB 13.1038 – juris Rn. 5; vgl. auch § 12 Abs. 1 Nr. 5 StVO und § 22 Abs. 1 der Verordnung über die Verhütung von Bränden – VVB – vom 29.4.1981 [BayRS 215-2-1-I], zuletzt geändert durch Verordnung vom 10.12.2012 [GVBl S. 735], wonach schon das Halten vor und in amtlich gekennzeichneten Feuerwehrzufahrten unzulässig ist und Zu- und Ausgänge, Durchfahrten, Durchgänge, Treppenräume und Verkehrswege, die bei einem Brand als erster oder zweiter Rettungsweg vorgesehen sind, freizuhalten sind). Da die Benutzbarkeit einer Feuerwehrzufahrt im Notfall durch ein einziges darin parkendes Fahrzeug aufgehoben wird und die Notwendigkeit eines Feuerwehreinsatzes nie vorhersehbar ist, ist eine Feuerwehranfahrtszone grundsätzlich jederzeit in ihrer gesamten Breite freizuhalten (vgl. BayVGH, B.v. 28.4.2004 – 24 ZB 04.227 – juris Rn. 3).
Demgemäß wird der Kläger durch die Versagung der Ausnahmegenehmigung auch nicht ungleichbehandelt im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG.
Ein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung oder Neuverbescheidung ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes. Schon aufgrund der kurzzeitigen Befristung der beiden Ausnahmegenehmigungen konnte der Kläger nicht erwarten, dass ihm derartige Genehmigungen auch künftig erteilt werden würden. Ein Erteilungsanspruch aufgrund einer wiederholten Erteilung würde den mit der Befristung verfolgten Zweck, der Verwaltung nach Ablauf der Geltungsdauer wieder die Regelungsoffenheit für die Zukunft zu verschaffen, konterkarieren (vgl. BVerwG, U.v. 18.12.1979 – I C 84.77 – BeckRS 1979, 00874 Rn. 13). Auch ist ein mögliches Vertrauen in den künftigen Fortbestand einer Verwaltungspraxis jedenfalls dann nicht schutzwürdig, wenn die Behörde keinen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (vgl. BVerfG, B.v. 15.3.2000 – 1 BvL 16/96 – BVerfGE 102, 68 = juris Rn. 96 f. zur Rechtsänderung durch den Gesetzgeber), wofür hier keine Anhaltspunkte bestehen. Es ist nicht erkennbar, dass die Beklagte ein Verhalten gezeigt hat, das Grundlage für einen Vertrauensschutz hätte sein können. Es besteht im Allgemeinen kein schutzwürdiges Vertrauen dahin, dass eine Verwaltungspraxis in der Zukunft beibehalten wird.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, 2 GKG (vgl. BayVGH, B.v. 29.10.2014 a.a.O. Rn. 33).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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