Europarecht

Unzulässige Richtervorlage zur Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags im Veranlagungszeitraum 2007 – erhöhte Begründungsanforderungen bei Abweichung des vorlegenden Gerichts von Rspr des BVerfG

Aktenzeichen  2 BvL 3/10

Datum:
8.9.2010
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerfG:2010:lk20100908.2bvl000310
Normen:
Art 100 Abs 1 GG
Art 106 Abs 1 Nr 6 GG
§ 31 Abs 1 BVerfGG
§ 80 BVerfGG
FKPG
SolZG 1995 2007
Spruchkörper:
2. Senat 1. Kammer

Verfahrensgang

nachgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 21. August 2013, Az: 7 K 143/08, Vorlagebeschluss

Tenor

1. Die Vorlage ist unzulässig.

Gründe

1
Die Vorlage betrifft die Frage der Verfassungsmäßigkeit des im Veranlagungszeitraum 2007 als Ergänzungsabgabe erhobenen Solidaritätszuschlags
nach dem Solidaritätszuschlaggesetz 1995 – SolZG 1995 -.

I.
2
1. Das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 vom 23. Juni 1993 wurde als Art. 31 des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms
– FKPG – (BGBl I S. 944, 975) vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates beschlossen. Es ist gemäß Art. 43 Abs. 1 dieses
Gesetzes am 27. Juni 1993 in Kraft getreten. Das Gesetz wurde neu gefasst mit der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2002 (BGBl
I S. 4130) und zuletzt geändert durch Art. 9 des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes vom 22. Dezember 2009 (BGBl I S. 3950, 3954).
Nach der im Streitjahr 2007 geltenden Fassung des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 wird zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer
ein Solidaritätszuschlag von 5,5 % der Bemessungsgrundlage als Ergänzungsabgabe erhoben, von einkommensteuerpflichtigen Personen
jedoch nur, soweit die Bemessungsgrundlage die Freigrenze übersteigt.

3
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 9. Februar 1972 zum Gesetz über eine Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer
und zur Körperschaftsteuer (BGBl I 1967 S. 1254), BVerfGE 32, 333 ff., grundsätzlich zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit
von Ergänzungsabgaben im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG Stellung genommen. Danach gehört eine zeitliche Befristung nicht
zum Wesen der Ergänzungsabgabe und lässt sich als verfassungsrechtliche Zulässigkeitsvoraussetzung auch nicht aus den Materialien
zur Änderung des Grundgesetzes durch das Finanzverfassungsgesetz vom 23. Dezember 1955 (BGBl I S. 817) entnehmen (vgl. auch
BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. November 1999 – 2 BvR 1167/96 -, NJW 2000, S. 797 f. zum Solidaritätszuschlaggesetz
von 1991). Der Bundesfinanzhof ist in seinem Beschluss vom 28. Juni 2006 – VII B 324/05 – (BFHE 213, 573, BStBl II 2006, S.
692) dieser Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gefolgt und davon ausgegangen, dass keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit
der Abgabenerhebung nach dem Solidaritätszuschlaggesetz 1995 im Veranlagungszeitraum 2002 bestünden. Die hiergegen erhobene
Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 11.
Februar 2008 – 2 BvR 1708/06 -, DStZ 2008, S. 229).

4
2. Das Finanzamt setzte gegenüber dem Kläger des Ausgangsverfahrens für den Veranlagungszeitraum 2007 den Solidaritätszuschlag
in Höhe von 941,43 € fest. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Sprungklage, der das Finanzamt zustimmte. Zur Begründung
der Klage trug der Kläger vor, die Erhebung des Solidaritätszuschlags sei verfassungswidrig, weil eine Ergänzungsabgabe nur
ausnahmsweise und nicht auf Dauer erhoben werden dürfe.

5
3. Mit Beschluss vom 25. November 2009 – 7 K 143/08 – (EFG 2010, S. 1071 ff.) hat der 7. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob das Solidaritätszuschlaggesetz vom 23. Juni
1993 in der für das Streitjahr 2007 geltenden Fassung verfassungswidrig sei. Nach Auffassung des vorlegenden Finanzgerichts
verletzt das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 im Streitjahr 2007 die Finanzverfassung und damit die verfassungsmäßige Ordnung
im Sinne der Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG und verstößt somit gegen das allgemeine Freiheitsrecht des Steuerpflichtigen
und gegen das Rechtsstaatsprinzip. Zur Begründung seiner Auffassung führt das Finanzgericht im Wesentlichen aus:

6
a) Die Materialien zur Einführung der Ergänzungsabgabe und damit die erkennbaren Motive des Verfassungsgebers zeigten, dass
eine Finanzbedarfs”spitze” Voraussetzung für die Erhebung einer Ergänzungsabgabe sei. Eine solche könne logisch nicht auf
Dauer vorliegen. Ein Spitzenfinanzbedarf verflüchtige sich nach einiger Zeit wieder oder er weite sich zu einer Finanzlücke
aus, deren Schließung allein durch (auf Dauer angelegte) Steuererhöhungen, nicht aber durch Fortführung einer Ergänzungsabgabe
zulässig sei. Eine Ergänzungsabgabe dürfe deshalb nur vorübergehend erhoben werden. Sie dürfe nicht zur Schließung einer über
ein Jahrzehnt andauernden Finanzierungslücke, nicht zur Deckung eines Finanzbedarfs”plateaus”, eingesetzt werden.

7
Die Bundesrepublik Deutschland habe mit dem Beitritt der einstigen DDR im Jahre 1990 eine Finanzierungsaufgabe übernommen,
deren zeitliches Ende nicht absehbar sei. Der übernommene Finanzbedarf bedeute für den Bundeshaushalt eine sehr große, auf
viele Jahre nicht absehbare Finanzierungslücke.

8
b) Die Fortführung des Solidaritätszuschlags widerspreche auch deshalb den erkennbaren Vorstellungen des Verfassungsgebers,
weil es in den letzten Jahren immer wieder umfassende und auf Dauer angelegte allgemeine und punktuelle Steuerermäßigungen
gegeben habe, obwohl der Solidaritätszuschlag weitgehend unverändert erhoben worden sei. Der Verfassungsgeber habe nach den
Materialien erkennbar die Vorstellung gehabt, dass eine einmal eingeführte Ergänzungsabgabe in Zeiten von geplanten Steuersenkungen
zunächst entfallen müsse, bevor Tarifsenkungen bei der Einkommensteuer greifen würden. Entgegen diesen Vorstellungen des Verfassungsgebers
habe der Gesetzgeber in den letzten Jahren mehrfach den Einkommensteuer- und Körperschaftsteuertarif gesenkt, etwa durch das
Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 (BGBl I 1999 S. 402); bei gleichzeitiger Weitererhebung des Solidaritätszuschlags sei
der Einkommensteuer-Spitzensatz von ehemals 53 % ab dem Jahr 2000 bis zum Jahr 2005 in mehreren Stufen auf 42 % abgesenkt
worden.

9
c) Das vorlegende Finanzgericht folge nicht den Annahmen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs, eine zeitliche
Befristung gehöre nicht zum Wesen der Ergänzungsabgabe. Nach den Materialien zum Finanzverfassungsgesetz vom 23. Dezember
1955 diene eine Ergänzungsabgabe allein zur Deckung vorübergehender “Bedarfsspitzen”; ausdrücklich sei noch von zu finanzierenden
“Ausnahmelagen” und “besonderen Notfällen” die Rede. Diese Formulierungen seien entgegen der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts
und des Bundesfinanzhofs nicht zu unbestimmt, um daraus etwas für die Zulässigkeit der Erhebung einer Ergänzungsabgabe abzuleiten.
Das vorlegende Finanzgericht folge auch nicht der Argumentation des Bundesverfassungsgerichts, eine zeitliche Beschränkung
der Ergänzungsabgabe auf vorübergehende Bedarfsspitzen oder Notfälle sei mit den “Grundsätzen einer modernen Finanzplanung
sowie Haushalts- und Konjunkturpolitik nicht vereinbar”. Die Vorstellungen des Verfassungsgebers zum zeitlichen Umfang einer
Ergänzungsabgabe könnten nicht durch andere haushalts- und konjunkturpolitische Vorstellungen eines Gerichts ersetzt werden.
Schließlich folge das vorlegende Finanzgericht auch nicht der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs,
eine Ergänzungsabgabe dürfe dauerhaft erhoben werden, wenn sich nach ihrer Einführung für den Bund neue Aufgaben ergäben,
für deren Erfüllung die bei der allgemeinen Verteilung des Steueraufkommens zur Verfügung stehenden Einnahmen nicht ausreichten,
so dass eine erneute Einführung der Ergänzungsabgabe und damit auch die Fortführung einer bereits bestehenden möglich sei.

II.
10
Die Vorlage ist unzulässig.

11
1. Ein Gericht kann die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Vorschrift
nach Art. 100 Abs. 1 GG nur einholen, wenn es zuvor sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschrift als auch ihre Verfassungsmäßigkeit
sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 86, 71 ; 105, 48 ). Das vorlegende Gericht muss sich zur Begründung seiner
Überzeugung mit allen nahe liegenden tatsächlichen Gründen und rechtlichen Gesichtspunkten befassen, gegebenenfalls die Erwägungen
des Gesetzgebers berücksichtigen und sich mit in Literatur und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen auseinandersetzen
(vgl. BVerfGE 76, 100 ; 79, 240 ; 86, 71 ; 92, 277 ; 105, 48 ).

12
Zu beachten ist insbesondere die Bindungswirkung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG. Diese
entfaltet sich über den entschiedenen Einzelfall hinaus insofern, als die sich aus dem Tenor und den tragenden Gründen der
Entscheidung ergebenden Grundsätze für die Auslegung der Verfassung von den Gerichten in allen künftigen Fällen beachtet werden
müssen (stRspr; vgl. BVerfGE 40, 88 m.w.N.; vgl. auch BVerfGE 96, 375 ; 112, 1 ; 112, 268 ; auch BVerfGE
104, 151 , wo darauf abgestellt wird, dass im Hinblick auf die eine frühere Entscheidung tragenden Gründe kein bloßer
Wiederholungs- oder Parallelfall gegeben sei; mangels Entscheidungserheblichkeit im Hinblick auf die tragenden Gründe offen
lassend BVerfGE 115, 97 ). Daraus resultieren erhöhte Begründungsanforderungen für Richtervorlagen, die vom Bundesverfassungsgericht
bereits entschiedene Rechtsfragen erneut aufwerfen (vgl. Dollinger, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005,
§ 80 Rn. 92 f. m.w.N.).

13
2. Nach diesen Maßstäben ist die Vorlage unzulässig, da sie nicht den gesteigerten Anforderungen genügt, die im Anschluss
an die verfassungsgerichtliche Entscheidung BVerfGE 32, 333 an eine Begründung für die Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit
einer Ergänzungsabgabe im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG zu stellen sind.

14
a) Zwar hat sich das Bundesverfassungsgericht mit der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 inhaltlich
noch nicht auseinandergesetzt. Es hat jedoch im Rahmen seiner grundsätzlichen Stellungnahme zu den Voraussetzungen einer verfassungsrechtlich
zulässigen Ausgestaltung einer Ergänzungsabgabe im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG mit eingehender Begründung entschieden,
dass es von Verfassungs wegen nicht geboten ist, eine solche Abgabe von vornherein zu befristen oder sie nur für einen ganz
kurzen Zeitraum zu erheben (BVerfGE 32, 333 ). Das vorlegende Gericht, das seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit
der Abgabe nach dem Solidaritätszuschlaggesetz 1995 allein auf die Dauer ihrer Erhebung stützt, hat gleichwohl diese Entscheidungsbegründung
des Bundesverfassungsgerichts nicht zum Ausgangspunkt seiner verfassungsrechtlichen Prüfung genommen und sich weder mit der
Reichweite der Bindungswirkungen der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung auseinandergesetzt, noch solche Aspekte aufgezeigt,
die vom Bundesverfassungsgericht nicht berücksichtigt worden sind und die eine erneute verfassungsgerichtliche Überprüfung
der entscheidungstragenden Auslegung des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG veranlassen könnten. Das Gericht beschränkt sich vielmehr
darauf, seine eigene Auslegung der Verfassungsnorm jener des Bundesverfassungsgerichts entgegenzusetzen.

15
b) Das vorlegende Gericht lässt zudem wesentliche Zusammenhänge der Begründung der verfassungsgerichtlichen Entscheidung vom
9. Februar 1972 außer acht, so dass die im Vorlagebeschluss vorgebrachten Einwände auch deshalb keinen Anlass geben, die Auslegung
des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG zu überdenken.

16
Das vorlegende Gericht behauptet, entgegen der Auslegung des Bundesverfassungsgerichts seien die in den Gesetzesmaterialien
verwendeten Begriffe “Bedarfsspitze im Bundeshaushalt” und “besondere Notfälle” nicht zu unbestimmt, um die klare Vorstellung
des Verfassungsgebers über die Ergänzungsabgabe als nachrangiges, zeitlich beschränktes Finanzierungsinstrument abzuleiten.
Es bestreitet zudem die Verfassungskonformität der Argumentation des Bundesverfassungsgerichts, nach der eine zeitliche Beschränkung
der Ergänzungsabgabe auf vorübergehende Bedarfsspitzen oder Notfälle mit den Grundsätzen einer modernen Finanzplanung sowie
Haushalts- und Konjunkturpolitik nicht vereinbar sei, mit dem Einwand, dass “die Vorstellungen des Verfassungsgebers zum zeitlichen
Umfang einer Ergänzungsabgabe nicht durch andere haushalts- und konjunkturpolitische Vorstellungen eines Gerichts (vorliegend:
des Bundesverfassungsgerichts) ersetzt werden” könnten. Diese Erwägungen stellen keine ausreichende Auseinandersetzung mit
der Entscheidung vom 9. Februar 1972 dar.

17
Das Finanzgericht lässt bei seiner Rechtsansicht, dass eine Finanzlücke allein durch auf Dauer angelegte Steuererhöhungen,
nicht aber durch Fortführung einer Ergänzungsabgabe geschlossen werden dürfe, insbesondere unberücksichtigt, dass – wie in
der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgeführt – bei den Beratungen zum Finanzverfassungsgesetz auch bedacht worden
ist, dass sich aus der Verteilung der Aufgaben zwischen Bund und Ländern auch für längere Zeit ein Mehrbedarf – allein – des
Bundes ergeben könne, dessen Deckung durch eine Erhöhung der Einkommen- und Körperschaftsteuer die Steuerpflichtigen unnötig
belasten und konjunkturpolitisch unerwünscht sein könne, wenn eine Erhöhung der steuerlichen Gesamtbelastung vom Standpunkt
der Länder nicht erforderlich sei (vgl. BVerfGE 32, 333 ). Eine Auseinandersetzung mit diesem Aspekt wäre auch insoweit
naheliegend gewesen, als das Finanzgericht selbst in seinem Vorlagebeschluss feststellt, dass die Bundesrepublik Deutschland
mit dem Beitritt der einstigen DDR im Jahre 1990 eine Finanzierungsaufgabe übernommen habe, deren zeitliches Ende nicht absehbar
sei, und der übernommene Finanzbedarf für den Bundeshaushalt eine sehr große, auf viele Jahre nicht absehbare Finanzierungslücke
bedeute. Die Frage, wieweit eine Erhöhung der Einkommen- und Körperschaftsteuer mit Blick auf die Beteiligung der Länder am
Steueraufkommen gegenüber der Erhebung des Solidaritätszuschlags zur Deckung des ausschließlichen Mehrbedarfs des Bundes als
eine vertretbare Alternative anzusehen sein könnte (vgl. hierzu BVerfGE 32, 333 und BVerfG, Beschluss der 3. Kammer
des Zweiten Senats vom 19. November 1999 – 2 BvR 1167/96 -, NJW 2000, S. 797 f.), bleibt im Vorlagebeschluss unerörtert.

18
Hinsichtlich der Behauptung, das Bundesverfassungsgericht habe sich nicht mit den Motiven des Verfassungsgebers auseinandergesetzt
und bei der verfassungsrechtlichen Interpretation des Begriffs “Ergänzungsabgabe” die maßgeblichen Vorstellungen des Verfassungsgebers
nicht vollständig dargestellt, übersieht das Finanzgericht die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, dass während des
Gesetzgebungsverfahrens zum Finanzverfassungsgesetz keine ernsthaften Versuche angestellt worden seien, eine Befristung in
das Gesetz einzuführen, obwohl der Bundesrat, um die Begrenzung der Ergänzungsabgabe der Höhe nach zu erreichen, den Vermittlungsausschuss
angerufen hatte (BVerfGE 32, 333 ).

19
c) Die These des Finanzgerichts, aufgrund der Absenkung des Einkommensteuer- und Körperschaftsteuertarifs – etwa durch das
Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I S. 402) – habe der Solidaritätszuschlag entfallen müssen,
ist bereits nicht hinreichend begründet, so dass die verfassungsrechtliche Relevanz dieser These keiner Erörterung bedarf.
Das Finanzgericht lässt unberücksichtigt, dass – zur Sanierung der öffentlichen Haushalte – mit der Senkung der Steuersätze
eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage einherging, die – etwa durch das Steueränderungsgesetz 2007 vom 19. Juli 2006 (BGBl
I S. 1652) – zu zahlreichen sachlichen und betragsmäßigen Einschränkungen des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs und
somit zu einer Erhöhung der Steuerlast führte. Allein der Hinweis des Finanzgerichts, dass es in den letzten Jahren “immer
wieder umfassende und auf Dauer angelegte allgemeine und punktuelle Steuerermäßigungen” gegeben habe, “obwohl der Solidaritätszuschlag
weitgehend unverändert erhoben worden” sei, kann eine fundierte Prüfung der sachlichen und rechtlichen Ausgangsposition für
die Erhebung des Solidaritätszuschlags nicht ersetzen.

20
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.


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