Europarecht

Verwaltungsgerichte, Befähigung zum Richteramt, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Gelbe Waffenbesitzkarte, Waffenrechtliches Bedürfnis, Rechtsmittelbelehrung, Streitwertfestsetzung, Verpflichtungsklage, Prozeßkostenhilfeverfahren, Bedürfnisprüfung, Streitwertbeschwerde, Kostenentscheidung, Sicherheitsleistung, Postzustellungsurkunde, Kein Vertretungszwang, Waffenrechtliche Erlaubnis, Erlaubnisfreie Waffen, Prozeßbevollmächtigter, Berufungszulassung, Sprengstoffgesetz

Aktenzeichen  W 9 K 20.952

Datum:
19.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 6990
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 5
SprengG § 27

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. 
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Voll-streckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.
1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO die statthafte Klageart. Unter Berücksichtigung von § 88 VwGO begehrt der Kläger die Erteilung einer sprengstoffrechtlichen Erlaubnis ohne die in seiner Erlaubnis vom 14. Mai 2020 enthaltene Einschränkung, wonach die Erlaubnis nur für das Laden und Wiederladen von Patronenmunition für die in die Waffenbesitzkarte des Antragsstellers eingetragenen Waffen gelte. Sie gelte nicht für Sammler-, Erb-, Alt- und sonstige Waffen, die nicht zum Schießen verwendet werden dürften. Hierbei handelt es sich um eine inhaltliche Beschränkung der Erlaubnis nach § 27 SprengG, die untrennbar mit der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis verbunden ist und ihren Umfang festlegt (vgl. OVG NRW, B.v. 1.2.2005 – 20 A 20/04 – juris Rn. 3ff.). Da sie kein selbständiges Verbot oder Gebot ist, was für eine Auflage erforderlich wäre, kommt insbesondere keine isolierte Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO gegen diese Regelung in Betracht. Auf die Bezeichnung des Beklagten als „Auflage“ kommt es insoweit nicht an (Tiedemann, in BeckOK VwVfG, § 36 Rn. 2).
Die Klage wurde auch fristgemäß erhoben. Da nach den Verwaltungsvorgängen dem Bescheid vom 14. Mai 2020 keine Rechtsbehelfsbelehrung:beigefügt war, endet die Klagefrist nicht nach einem Monat nach Bekanntgabe gemäß § 74 Abs. 2 VwGO. In diesem Fall kann nach § 58 Abs. 2 VwGO die Klage, wie vorliegend am 23. Juli 2020, noch innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe des Bescheids erhoben werden.
2. Die Klage bleibt aber in der Sache erfolglos. Die Verpflichtungsklage ist nach § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte uneingeschränkte Erlaubnis hat.
Es ist rechtlich nichts gegen die Beschränkung der dem Kläger erteilten Erlaubnis nach § 27 SprengG zu erinnern. Der Kläger hat für eine unbeschränkte Erlaubnis kein Bedürfnis im Sinne von § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SprengG nachgewiesen. Nach dem Gesetzeszweck soll durch das Erfordernis der Bedürfnisprüfung der Erwerb und der Umgang mit Sprengstoff eingegrenzt, der unrechtmäßige Erwerb von explosionsgefährlichen Stoffen und der unrechtmäßige Umgang mit ihnen weitgehend verhindert sowie das Inverkehrbringen auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt werden (OVG NRW, B.v. 1.2.2005 – 20 A 20/04 – juris Rn. 7; VG München, U.v. 2.12.2015 – M 7 K 15.3107 – juris Rn. 17, U.v. 21.1.2009 – M 7 K 07.5927 – juris Rn. 24 m.w.N.; vgl. auch BayVGH, B.v. 9.3.2020 – 24 ZB 16.663 – juris Rn. 4). Ein Bedürfnis für die Erteilung einer Sprengstofferlaubnis ist anzuerkennen, wenn der Erlaubnisbewerber ein besonderes Interesse daran hat, die beantragte sprengstoffrechtliche Tätigkeit auszuüben, das zugleich unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Regelung eine Ausnahme von der mit dem Gesetz verfolgten Eingrenzung des Erwerbs von und des Umgangs mit Sprengstoff rechtfertigt. Im Fall des Wiederladens ist ein sprengstoffrechtliches Bedürfnis nur im Rahmen der regelmäßigen Verwendung des Sprengstoffs anzuerkennen und damit nur dann, wenn auch ein Bedürfnis, mit der Waffe zu schießen, nachgewiesen ist. Demgegenüber begründet das Interesse, für den Fall eines nur möglichen Bedarfs gleichsam vorsorglich eine sprengstoffrechtliche Erlaubnis zu erhalten, regelmäßig kein Bedürfnis im Sinne des § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SprengG (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2018 – 21 ZB 15.1972 – juris m.w.N.). In diesem Sinne hat der Beklagte vorliegend der Sprengstofferlaubnis eine Inhaltsbestimmung beigefügt, wonach die Erlaubnis zum Wiederladen und Herstellen von Munition der regelmäßigen gesetzlichen Gestattung des Munitionserwerbs und -besitzes gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 WaffG folgt, beim Kläger also durch die waffenrechtlichen Bedürfnisse als Sportschütze beschränkt ist.
Demgegenüber begründet der Vortrag des Klägers, wonach er als Sportschütze ein weitergehendes sprengstoffrechtliches Bedürfnis habe, sich unter sportlichen Aspekten Munition für weitere Leih- oder Sportwaffen herstellen zu können, in dieser Pauschalität kein sprengstoffrechtliches Bedürfnis. Es gibt kein generelles und sprengstoffrechtlich anzuerkennendes Bedürfnis, mit nicht näher konkretisierten Arten von Waffen Sport zu treiben und hierfür Munition selbst herstellen zu können. Eine solche vorsorgliche sprengstoffrechtliche Erlaubnis würde dem beschriebenen Gesetzeszweck einer Begrenzung sprengstoffrechtlicher Stoffe zuwiderlaufen. Dem steht auch nicht die Argumentation der Klägerseite entgegen, dass es in der Konsequenz des aufgeführten Gesetzesverständnisses zu einer Anhäufung von Waffen im Besitz des Klägers kommen werde, damit er sein sprengstoffrechtliches Bedürfnis belegen könne. Für den Umfang einer waffenrechtlichen Erlaubnis als Sportschütze bedarf es nach § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 WaffG des Nachweises, dass eine einzelne Waffe für eine Sportdisziplin nach der Sportordnung des Schießsportverbandes zugelassen und erforderlich ist. Es kann damit nach der Gesetzeslage nicht zu einer voraussetzungslosen Anhäufung von Waffen in der Hand eines Sportschützen kommen.
Nichts anderes ergibt sich aus den durch die Klägerseite in Bezug genommenen Nrn. 17.1 und 12.1.1 WaffVwV. Aus dem Wortlaut dieser Nummern kann nichts zur Frage des sprengstoffrechtlichen Bedürfnisses hergeleitet werden. Zudem hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zu § 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a WaffG, auf den Nr. 12.1.1 WaffVwV Bezug nimmt, festgestellt, dass hieraus für sich genommen kein sprengstoffrechtliches Bedürfnis zum Laden und Wiederladen von Patronen hergeleitet werden könne; es sich vielmehr um eine Ausnahmebestimmung handele (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2018 – 21 ZB 15.1972 – juris Rn. 14).
Darüber hinaus liegt es auf der Hand, dass die Regelung des § 27 Abs. 1a SprengG nicht ins Leere geht, wenn man insoweit eine Beschränkung für zulässig hält. Die Vorschrift bestimmt, dass eine Erlaubnis zum Laden und Wiederladen von Patronenhülsen auch als Erlaubnis zum Erwerb und Besitz der dabei hergestellten Munition nach § 10 Abs. 3 WaffG gilt und bezweckt damit nur, für den privaten Wiederlader das Einholen zweier Berechtigungen zu vermeiden. Aus der Vorschrift kann nicht der Schluss gezogen werden, dass eine Erlaubnis zum Laden und Wiederladen unbeschränkt erteilt werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2020 – 24 ZB 17.811 – juris Rn. 10).
Da die beigefügte Inhaltsbeschränkung rechtmäßig ist, besteht nach alledem auch kein Anspruch gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO auf nochmalige Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, sofern man den Bescheidungsantrag als weniger in dem Verpflichtungsantrag mitenthalten ansieht (vgl. VG Würzburg, U.v. 22.7.2020 – W 6 K 20.116 – juris).
3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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