Aktenzeichen M 7 K 17.1385
BGB § 119, § 120, § 121, § 212, § 230
VwVfG § 22
StAG § 30 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 S. 1
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1, § 154 Abs. 1, § 167
RuStAG § 4 Abs. 1
Leitsatz
1. Für die gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ist keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich. Vielmehr genügt eine hinreichende, auf der Lebenserfahrung beruhende Wahrscheinlichkeit, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss (vgl. BayVGH BeckRS 2015, 41194; BeckRS 2014, 45412 ). (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Personen, die der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben bzw. sich durch typische Verhaltens- und Ausdrucksweisen eindeutig zu erkennen gegeben haben und die sich damit als außerhalb der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland stehend definieren, besitzen nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG (vgl. BayVGH BeckRS 2017, 128941; BeckRS 2017, 137087; BeckRS 2018, 201; BeckRS 2018, 199; BeckRS 2018, 3069; BeckRS 2018, 7805; BeckRS 2019, 1677). (Rn. 24 – 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ohne Einsicht des Betroffenen in die Unrichtigkeit des ihm vorgeworfenen Handelns hat die Ankündigung einer Verhaltensänderung keine glaubwürdige Grundlage (vgl. BayVGH BeckRS 2017, 138369). (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Der Bescheid vom 10. März 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Der Widerruf des Kleinen Waffenscheins gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG (Nr. 1 des Bescheids) ist rechtmäßig.
Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis – vorliegend der Kleine Waffenschein nach § 10 Abs. 4 WaffG – zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG zu versagen, wenn der Antragsteller nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 WaffG besitzt. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden (Buchst. a) oder mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden (Buchst. b) oder Waffen oder Munition Personen überlasen werden die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (Buchst. c).
Maßgeblich für die Beurteilung, ob die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht gegeben ist, ist eine auf Tatsachen gestützte Prognose eines spezifisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens, aus dem mit hoher Wahrscheinlichkeit der Eintritt von Schäden für hohe Rechtsgüter resultiert (vgl. BT-Drs 14/7758, S. 54). Diese Prognose ist auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellen. Dabei ist der allgemeine Zweck des Gesetzes nach § 1 Abs. 1 WaffG, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren, zu berücksichtigen. Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdienen, mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umzugehen. In Anbetracht des vorbeugenden Charakters der gesetzlichen Regelungen und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, ist für die gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich. Vielmehr genügt eine hinreichende, auf der Lebenserfahrung beruhende Wahrscheinlichkeit, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 22.12.2014 – 21 ZB 14.1512 – juris Rn. 12; B.v. 4.12.2013 – 21 CS 13.1969 – juris Rn. 14). Unter Berücksichtigung des strikt präventiven, auf die Umsetzung grundrechtlicher Schutzpflichten gerichteten Regelungskonzepts des Waffengesetzes ist die Prognose der Unzuverlässigkeit nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass der Betroffene künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen werde (vgl. BVerwG, U.v. 28.1.2015 – 6 C 1.14 – juris Rn. 17).
Die Klägerin ist unzuverlässig im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Denn Personen, die der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, besitzen nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG (vgl. BayVGH, B.v. 5.10.2017 – 21 CS 17.1300; B.v. 12.12.2017 – 21 CS 17.1332; B.v. 10.1.2018 – 21 CS 17.1339; B.v. 15.1.2018 – 21 CS 17.1519; B.v. 12.3.2018 – 21 CS 17.1678; B.v. 16.1.2019 – 21 C 18.578 – alle juris).
Der Verfassungsschutzbericht 2017 des Bundes (S. 90) beschreibt die Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ als organisatorisch und ideologisch äußerst heterogen, zersplittert und vielschichtig. Sie besteht überwiegend aus Einzelpersonen ohne strukturelle Anbindung, aber auch aus Kleinst- und Kleingruppen, virtuellen Netzwerken und überregional agierenden Personenzusammenschlüssen. Verbindendes Element der Szeneangehörigen ist die fundamentale Ablehnung der Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland sowie deren bestehender Rechtsordnung. Nach dem Verfassungsschutzbericht Bayern 2017 (S. 170 ff.) sind „Reichsbürger“ Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven mit unterschiedlichen Begründungen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen. Den Vertretern des Staates sprechen sie die Legitimation ab oder definieren sich gar in Gänze als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Sie berufen sich in unterschiedlichster Form auf den Fortbestand des Deutschen Reiches. Reichsbürger behaupten, Deutschland habe keine gültige Verfassung und sei damit als Staat nicht existent, oder das Grundgesetz habe mit der Wiedervereinigung seine Gültigkeit verloren. Daher fühlen sich Reichsbürger auch nicht verpflichtet, den in der Bundesrepublik geltenden Gesetzen Folge zu leisten. Die Reichsbürgerbewegung wird als sicherheitsgefährdende Bestrebung eingestuft. Die Reichsbürgerideologie insgesamt ist geeignet, Personen in ein geschlossenes verschwörungstheoretisches Weltbild zu verstricken, in dem aus Staatsverdrossenheit Staatshass werden kann. Dies kann Grundlage für Radikalisierungsprozesse sein bis hin zur Gewaltanwendung (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2017, S. 171 ff.). Es besteht die Besorgnis, dass die Betroffenen – mitunter massive – Verstöße gegen die Rechtsordnung begehen (vgl. Verfassungsschutzbericht 2017 des Bundes, S. 93).
Wer der Ideologie der Reichsbürgerbewegung folgend die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkennt, gibt Anlass zu der Befürchtung, dass er auch die Regelungen des Waffengesetzes nicht strikt befolgen wird. Dies gilt für den Umgang mit Waffen ebenso wie für die Pflicht zur sicheren Waffenaufbewahrung, die Pflicht zur getrennten Aufbewahrung von Waffen und Munition, die Pflicht zu gewährleisten, dass andere Personen keinen Zugriff haben können, sowie die strikten Vorgaben zum Schießen mit Waffen im Besonderen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bis c WaffG). Ausgehend von dem Grundsatz, dass nur derjenige im Besitz von Waffen sein soll, der nach seinem Verhalten das Vertrauen darin verdient, dass er mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird, muss einer der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnenden Person anknüpfend an die Tatsache, dass sie die waffenrechtlichen Normen gerade nicht als für sich verbindlich ansieht, die nach § 5 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit abgesprochen werden (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2018 – 21 CS 17.1964 – juris Rn. 15 m.w.N.). Keine andere Beurteilung ist gerechtfertigt, wenn sich jemand (glaubhaft) selbst nicht als diesem Spektrum zugehörig betrachtet oder in einzelnen – auch wesentlichen – Bereichen von dort anzutreffenden Thesen nachvollziehbar und glaubhaft distanziert. Auch jenseits der Nähe zum eigentlichen „Reichsbürger“-Spektrum rechtfertigt eine Einstellung, die die Existenz und die Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung nicht als für sich verbindlich betrachtet, die Annahme der waffenrechtlichen absoluten Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG (vgl. OVG RhPf, B.v. 3.12.2018 – 7 B 11152/18 – juris Rn. 23).
Die Tatsachen, die dem Gericht vorliegen, rechtfertigen im Fall der Klägerin die Prognose der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Die ermittelten Verhaltensweisen und Einlassungen der Klägerin begründen in ihrer Gesamtwürdigung die Annahme, dass diese der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnen ist bzw. sie sich deren Ideologie für sich bindend zu eigen gemacht hat. Es bestehen keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die nach außen getätigten Äußerungen und Verhaltensweisen auch ihre innere Einstellung widerspiegeln.
So teilte die Klägerin mit Schreiben vom 31. Mai 2016 gegenüber der Gemeinde E. mit, dass sie ihren Personalausweis zurückgebe. Zudem erklärte sie sowohl in dem Schreiben vom 31. Mai 2016 als auch in dem Schreiben an das Landratsamt vom 15. Juni 2016, dass sie auf die Staatszugehörigkeit zur Bundesrepublik Deutschland verzichte, den Vertrag unter Bezug auf §§ 119, 230, 212 BGB aus wichtigen Grund kündige und eine Bescheinigung ihrer neuen Staatsangehörigkeit (RuStAG von 1913) verlange. Die Klägerin hat hierdurch für die sog. „Reichsbürgerbewegung“ typische Verhaltens- und Ausdrucksweisen eindeutig zu erkennen gegeben (vgl. BayVGH, B.v. 15.1.2018 – 21 CS 17.1519 – juris Rn. 16). Denn „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ bestreiten die rechtmäßige Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat und bezeichnen diese z.T. als „Firma BRD“. Sie sind der Auffassung, dass sie nicht die Staatsangehörigkeit der Bundesrepublik Deutschland besitzen bzw. aus dieser „austreten“ können. Aus ihrer Sicht bestimmt sich die Staatsangehörigkeit nach dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz in der im Jahr 1913 geltenden Fassung (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2017, S. 175). Die Rückgabe amtlicher Ausweisdokumente an die Behörde, die erklärte „Kündigung“ sowie der Hinweis auf eine neue Staatsangehörigkeit (RuStAG von 1913) legen in diesem Zusammenhang „reichsbürgertypisch“ nahe, dass sich die Klägerin nicht als zur Bundesrepublik Deutschland zugehörig ansieht, sondern die Geltung der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland und damit auch die Regelungen des Waffengesetzes in Abrede stellt. Letztlich hat sie sich damit als außerhalb der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland stehend definiert (vgl. BayVGH, B.v. 15.1.2018 – 21 CS 17.1519 – Rn. 16). In diesem Kontext ist auch die Stellung des Antrags auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit (Staatsangehörigkeitsausweis) unter Hinweis auf RuStAG von 1913 vom 13. Juli 2016 zu sehen. Denn – wie dargelegt – lehnt die Szene der „Reichsbürger“ bzw. „Selbstverwalter“ vielfach Ausweisdokumente der Bundesrepublik Deutschland als unwirksam ab und propagiert stattdessen die Beantragung des Staatsangehörigkeitsausweises (vgl. Verfassungsschutzbericht 2017 des Bundes, S. 93 f.). Reichsbürger betrachten häufig als ersten Schritt zu ihrem vermeintlichen Austritt aus der Bundesrepublik Deutschland häufig die Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises (in der Terminologie der Reichsbürger sog. „gelber Schein“) unter Berufung auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2017 S. 175). Vom Staatsangehörigkeitsausweis erhofft sich dieser Personenkreis – rechtlich völlig unzutreffend – unter anderem den „Ausstieg aus der Firma BRD“ oder die Sicherung vermeintlicher Rechte beim „Untergang des Systems“ (vgl. BayVGH, B.v. 19.12.2017 – 21 CS 17.2029 – juris Rn. 16). Zudem hat die Klägerin in dem Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit als weitere Staatsangehörigkeit „in Preußen seit Geburt erworben durch Abstammung gemäß § 4 Abs. 1 RuStAG Stand 1913“, angegeben. Dies legt grundsätzlich „reichsbürgertypisch“ nahe, dass sich die Klägerin nicht als zur Bundesrepublik Deutschland zugehörig ansieht (vgl. zur Angabe „weitere Staatsangehörigkeit Königreich Bayern“ BayVGH, B.v. 25.1.2018 – 21 CS 17.2310 – juris Rn. 19). Denn Reichsbürger leugnen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und berufen sich hierzu auf „das historische Deutsche Reich“ (vgl. Verfassungsschutzbericht 2017 des Bundes, S. 92 f.). Die Klägerin hat hierdurch eine weitere für die sog. „Reichsbürgerbewegung“ typische Argumentationslinie zum Ausdruck gebracht (vgl. zur Angabe „Königreich Bayern“ BayVGH, B.v. 12.12.2017 – 21 CS 17.1332 – juris Rn. 15). Durch die Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises unter Berufung auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz in der Fassung von 1913 sowie mit der Angabe der weiteren Staatsangehörigkeit „Preußen“, hat die Klägerin somit nicht nur eine, für die sog. „Reichsbürgerbewegung“ typische Verhaltens- und Ausdrucksweise gezeigt, sondern hierdurch zugleich nach außen gegenüber einer Behörde den Eindruck erweckt, dass es ihr nicht nur um den Erwerb eines Staatsangehörigkeitsausweises geht, sondern darum, einen Nachweis dafür zu erhalten, dass sie die Staatsangehörigkeit des Königreichs Bayern durch Abstammung erworben hat. Dies stellt grundsätzlich ebenfalls die Verfolgung eines ideologischen, für die sog. „Reichsbürgerbewegung“ typischen Zieles dar. Die Klägerin hat ihre, in den dargelegten Äußerungen und Verhaltensweisen zum Ausdruck kommende, innere Einstellung auch nach außen hin zu erkennen gegeben. Denn wer gegenüber einer Behörde dem Gedankengut der sog. „Reichsbürger“ entlehnte Äußerungen in der „reichsbürgertypischen Weise“ (z.B. Unterschriftenzusätze, Datumsangabe) trifft und entsprechende Verhaltensweisen zeigt (Rückgabe des Personalausweises) geht davon aus und beabsichtigt gerade, seine ablehnende Haltung gegenüber der Rechtsordnung sozusagen amtlich und ernsthaft einer Behörde gegenüber kund zu tun (vgl. BayVGH, B.v. 15.1.2018 – 21 CS 17.1519 – Rn. 19).
Die Einlassungen der Klägerin sowohl im Anhörungsverfahren als auch im gerichtlichen Verfahren vermögen demgegenüber – angesichts der eindeutigen, schriftlich getätigten vorhergehenden Äußerungen – an der Einschätzung des Gerichts nichts zu ändern. Soweit die Klägerin geltend macht, eine rechtstreue Staatsbürgerin zu sein und sich an geltende Gesetze zu halten, steht auch dies dieser Einschätzung nicht entgegen. Der Umstand allein, dass sich eine Person in bestimmten, ihr opportun erscheinenden Situationen in Übereinstimmung mit gesetzlichen Vorgaben verhält, begründet keine waffenrechtliche Zuverlässigkeit, wenn sie ihre Bindung an die Rechtsordnung, wie hier, durch Wort und Tat unter Vorbehalt stellt und auf diese Weise Zweifel weckt, ob sie waffenrechtliche Vorschriften auch dann noch einhält, wenn sie ihr nicht (mehr) opportun erscheinen (vgl. VGH BW, B.v. 10.10.2017 – 1 S 1470/17).
Den Einlassungen der Klägerin lässt sich auch keine glaubhafte Distanzierung von der Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ entnehmen. Hinsichtlich der Anforderungen an eine glaubhafte Distanzierung kann aufgrund der identischen sicherheitsrechtlichen Schutzrichtung – Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung – die ausländerrechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu § 54 Abs. 1 Nr. 2 des Aufenthaltsgesetzes – AufenthG – entsprechend herangezogen werden (vgl. VG München, Gerichtsbescheid v. 17.10.2018 – M 7 K 17.750 – juris Rn. 39). Dementsprechend ist für eine glaubhafte Distanzierung zu verlangen, dass äußerlich feststellbare Umstände vorliegen, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Betroffene seine innere Einstellung verändert hat (vgl. BVerwG, B.v. 25.4.2018 – 1 B 11/18 – juris Rn. 12). Das Erfordernis der Veränderung der inneren Einstellung bedingt es, dass der Betroffene in jedem Fall einräumen muss oder zumindest nicht bestreiten darf, in der Vergangenheit den einschlägigen sicherheitsrechtlichen Tatbestand erfüllt zu haben. Ohne Einsicht des Betroffenen in die Unrichtigkeit des ihm vorgeworfenen Handelns hat die Ankündigung einer Verhaltensänderung keine glaubwürdige Grundlage (vgl. BayVGH, U.v. 27.10.2017 – 10 B 16.1252 – juris Rn. 53).)
Eine diesen Anforderungen genügende, glaubhafte Distanzierung der Klägerin von der Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ lässt sich nicht feststellen. Hinreichende äußerlich feststellbare Umstände, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass die Klägerin ihre innere Einstellung verändert hat, sind nicht erkennbar. Die Klägerin hat zudem ein Fehlverhalten nicht eingeräumt. Vielmehr erklärte die Klägerbevollmächtigte in der Klagebegründung hinsichtlich des Antrags auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit, dass die Klägerin stolz darauf sei Deutsche zu sein und sich damit von denen abzuheben, die auf Grund von Aufweichungen des deutschen Staatsbürgerrechts die deutsche Staatsbürgerschaft in den letzten zwei Jahrzehnten ohne genuine Verwurzelung erhalten hätten. Zudem äußerte die Klägerin mit Schreiben vom 27. November 2016, dass es keinen Grund gebe, sie in eine rechte Ecke zu stellen und dermaßen zu denunzieren. Sie erwarte eine schriftliche Entschuldigung, andernfalls werde automatisch einem Strafantrag zugestimmt. Demgegenüber geht aus diesen Erklärungen gerade nicht hervor, dass sich die Klägerin von ihrem Verhalten in der Vergangenheit – insbesondere dem Inhalt ihrer Schreiben vom 31. Mai 2016 und 15. Juni 2016 sowie des Antrags auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit vom 13. Juli 2016 und von der Rückgabe ihres Personalausweises – distanziert.
Die Verpflichtung zur Rückgabe des Kleinen Waffenscheins (Nr. 2 des Bescheids) wurde rechtlich zutreffend auf § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG gestützt. Da entsprechend den obigen Ausführungen der Kleine Waffenschein rechtmäßig widerrufen wurde, bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen deren Rechtmäßigkeit. Ebenso wenig bestehen rechtliche Bedenken gegen die Angemessenheit der hierfür gesetzten Frist von vier Wochen nach Zustellung des Bescheids.
Schließlich sind gegen die Zwangsgeldandrohung (Nr. 4 des Bescheids) und die Kostenentscheidung (Nr. 5 des Bescheids) rechtliche Bedenken weder vorgetragen noch ersichtlich.
Da somit der Bescheid vom 10. März 2017 insgesamt rechtmäßig ist, ist der Klägerin der Kleine Waffenschein auch nicht gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO zurückzugeben.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.