Aktenzeichen 31 Wx 243/16
Leitsatz
Die Eintragung der nicht leiblichen Mutter in das ukrainische Geburtenregister stellt keine anerkennungsfähige Entscheidung im inländischen Nachbeurkundungsverfahren dar (in Abweichung zu OLG Celle NZFam 2017, 658).
Tenor
Gründe
I.
Der Senat teilt nicht die Auffassung des Beschwerdeführers, dass die Eintragung der Ehefrau des Beschwerdeführers in das Geburtenregister durch das Standesamt der Justizverwaltung des Bezirks … am 1.7.2015 eine Entscheidung darstellt, die einer Anerkennung nach § 108 FamFG zugänglich ist.
aa) Entscheidungen im Sinne des § 108 FamFG sind alle gerichtlichen Entscheidungen, die bestimmt und geeignet sind, eine rechtliche Wirkung für die Beteiligten zu äußern und die nicht dem streitigen Verfahren zuzurechnen sind. Eine analoge Anwendung auf Entscheidungen ausländischer Behörden oder Notariate kommt nur dann in Betracht, wenn sie in ihrer Stellung deutschen Gerichten entsprechen (vgl. Keidel/Zimmermann FamFG 19. Auflage § 108 Rn. 6; Musielak/Borth FamFG 5. Auflage § 108 Rn. 2). Dabei ist unmaßgeblich, ob die behördliche Entscheidung rechtsbegründende oder lediglich feststellende Wirkung hat (BGH NJW 2015, 479/480 Tz. 22). Nach Auffassung des Senats ist zudem Voraussetzung, dass die Entscheidung nach einer erfolgten Sachprüfung eine in dem jeweiligen Verfahren inmitten stehende Rechtsfrage bzw.-folge für den Rechtsverkehr verbindlich und abschließend klärt. In diesem Sinne zieht der BGH in Bezug auf die seiner Entscheidung zugrunde liegende Rechtsfrage (Anerkennungsfähigkeit einer ausländischen Gerichtsentscheidung, die die Feststellung der rechtlichen Verwandtschaft enthält) auch die Rechtskraftwirkung als Kriterium für die Anerkennungsfähigkeit einer Entscheidung im Sinne des § 108 FamFG heran (a.A. OLG Celle FamRZ 2017, 1496/1497).
bb) Maßgebliches Kriterium für das Vorliegen einer Entscheidung im Sinne des § 108 FamFG kann daher nach Auffassung des Senats nicht allein die Frage einer Sachprüfung sein. Denn z.B. kann auch bei einer (bloßen) Registrierung der den jeweiligen Behörden angebrachten Tatsachen samt Ausstellung einer Geburtsurkunde, die keine Entscheidung im Sinne des § 108 FamFG darstellt (vgl. dazu Duden StZ 2014, 164/166), eine rechtliche Subsumption aufgrund von dem Standesamt ermittelten Tatsachen erfolgen (vgl. nur § 9 Abs. 1 PStG: „eigene Ermittlungen“). Maßgeblich ist vielmehr, welche Rechtswirkungen die jeweiligen (ausländischen) Verfahrensordnungen dem Ergebnis des Rechts- und Sachprüfung beimessen. Insofern liegt eine Entscheidung im Sinne des § 108 FamFG nur dann vor, wenn die ausländische Verfahrensordnung dem Ergebnis der Rechts- und Sachprüfung durch die Behörde abschließende und verbindliche Wirkung für den Rechtsverkehr beimisst.
cc) Dies ist weder bei der Erfassung der Geburt eines Kindes bzw. seiner Abstammung (Art. 13 Gesetz über die staatliche Registrierung von Personenstandsakten v. 1.7.2010 ) noch bei dem Ausstellen einer Geburtsurkunde (Art. 18 Abs. 1 ukrain. PStG) durch ein Standesamt in der Ukraine der Fall.
(1) Gemäß Art. 13 ukrain. PStG (vgl. dazu Bermann/Ferid/Henrich 214. Lieferung Stichwort „Ukraine“) erfolgt eine staatliche Registrierung der Geburt des Kindes gleichzeitig mit der Feststellung seiner Abstammung und der Namensgebung, wobei die Abstammung mit den 31 Wx 243/16 – Seite 3 Bestimmungen des Familiengesetzbuches der Ukraine festgelegt wird (Ziff. 1). Die staatliche Registrierung der Geburt erfolgt auf schriftlichen oder mündlichen Antrag der Eltern oder eines Elternteils am Geburtsort des Kindes oder am Wohnort der Eltern (Ziff. 2). Die staatliche Registrierung von Personenakten erfolgt mit dem Ziel der Gewährleistung der Rechte der natürlichen Person sowie der Anerkennung und Bestätigung der Tatsache der Geburt einer natürlichen Person und ihrer Abstammung (Art. 9 Ziff. 1 ukrain. PStG), wobei die staatliche Registrierung von Personenstandsakten durch das Abfassen von Personenstandseinträgen erfolgt. (Art. 9 Ziff. 2 ukrain. PStG). Letztere stellen ein Dokument des Organs der staatlichen Registrierung von Personenstandakten dar, das die persönlichen Angaben über die Person enthält und die Tatsachen der staatlichen Registrierung des Personenstandskatenaktes nachweist (vgl. Art. 9 Ziff. 3 ukrain. PStG). Gemäß Art. 18 Ziff. 1 ukrain. PStG stellen die Organe der staatlichen Registrierung von Personenstandsakten über die Tatsache der Registrierung des Personenstandsaktes eine entsprechende Urkunde aus.
(2) Insoweit ergibt sich bereits aus der Wortwahl und der Fassung des ukrainischen Verfahrensgesetzes, dass es sich bei der Tätigkeit des Standesamtes in Bezug auf die Geburt eines Kindes lediglich um einen staatlichen Registrierungsvorgang handelt. Die Prüfung der von den Eltern angebrachten Tatsachen in Bezug auf Geburt und Abstammung erfolgt zwar auf der Grundlage des ukrainischen Familienrechts. Das dabei gewonnene Ergebnis entfaltet jedoch für den Rechtsverkehr keine abschließende und verbindliche Wirkung. Denn nach Art. 9 Ziff. 3 ukrain. PStG gilt der Personenstandseintrag zwar als ein unbestreitbarer Nachweis von Tatsachen, deren Registrierung beurkundet wird, dies gilt aber dann nicht, wenn er im gerichtlichen Verfahren aufgehoben wurde. Daraus ergibt sich, dass die letztendlich für den Rechtsverkehr verbindliche und abschließende Prüfung und Klärung der Rechtsfrage bzw.-folge nicht durch das Standesamt selbst erfolgt, sondern durch ein Gericht.
b) Demgemäß ist die Frage der Elternschaft in Bezug des Kindes vorliegend nach Art. 19 EGBGB zu bestimmen.
aa) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist hierfür nach Art. 19 Abs. 1 S. 1 EGBGB nicht deshalb ukrainisches Recht (Art. 123 Abs. 2 Ukrain. FamG) maßgeblich, weil das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Ukraine begründet hatte. Ist – wie vorliegend – der Aufenthalt eines im Ausland geborenen Kindes von vornherein zeitlich begrenzt und der der Geburt unmittelbar nachfolgende Umzug nach Deutschland bereits geplant gewesen, so begründet das Kind nach allgemeiner Ansicht auch keinen vorübergehenden gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland (vgl. insofern nur OLG Celle FamRZ 2017, 1486; 2011, 1518 ff; KG StAZ 2013, 348; MüKoBGB/Helms 6. Auflage Art. 19 EGBGB Rn. 8). Die Abstammung des Kindes von der genetischen Mutter ist daher nicht bereits durch den Aufenthalt in der Ukraine nach dortigem Recht begründet worden. Sie konnte daher auch den Aufenthaltswechsel nicht überdauern. Die Mutterschaft bestimmt sich somit nach deutschem Recht. Gemäß § 1591 BGB ist dies die Frau, die das Kind geboren hat; also nicht die Ehefrau des Beschwerdeführers (die Beteiligte zu 4), sondern Frau …
bb) Gemäß Art. 19 Abs. 1 S. 2 EGBGB kann die Abstammung des Kindes zu jedem Elternteil auch nach dem Recht des Staats bestimmt werden, dem dieser Elternteil angehört. Insoweit könnte in Bezug auf Frau …, die das Kind geboren hat, grundsätzlich Art. 123 Abs. 2 ukrain. FamG Anwendung finden, so dass die Ehefrau des Beschwerdeführers, die Beteiligte zu 4, als Mutter des Kindes gilt.
Voraussetzung hierfür ist aber, dass das Kind dergestalt gezeugt wurde, dass es als Embryo, der von dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau unter der Anwendung von Reproduktionstechnologien gezeugt wurde, in den Organismus von Frau … übertragen wurde. Eine solche Zeugung und die genetische Ähnlichkeit mit dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau ist gemäß § 9 PStG durch entsprechende Nachweise zu belegen, wobei im Hinblick auf den Schutz des Kindes und zum Ausschluss von Kinderhandel (vgl. Köhler/Pintens FamRZ 2017, 1441/1448 sowie EGMR FamRZ 2017, 444 mAnm Duden) strenge Anforderungen an den Nachweis anzulegen sind.
Für eine Zeugung entsprechend den Anforderungen im Sinne des Art. 123 Abs. 2 ukrain. FamFG liegen bisher keine entsprechenden Nachweise bzw. Urkunden vor, die die genetische Ähnlichkeit des Kindes mit dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau belegen. Die bisher allein vorliegende notarielle Erklärung vom 24.6.2015 von Frau …, die das Kind geboren hat, ist insoweit nicht ausreichend, den Nachweis für die Voraussetzungen des Art. 123 Abs. 2 ukrain. FamFG zu belegen.