Familienrecht

Freiheitsentziehung durch Polizeigewahrsam in Baden-Württemberg: Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde zur Rechtswidrigkeitsfeststellung

Aktenzeichen  StB 26/16

Datum:
8.9.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2016:080916BSTB26.16.0
Normen:
§ 28 Abs 1 Nr 1 PolG BW
§ 28 Abs 3 S 3 PolG BW
§ 28 Abs 3 S 5 PolG BW
§ 70 FamFG
§§ 70ff FamFG
Spruchkörper:
3. Strafsenat

Verfahrensgang

vorgehend LG Stuttgart, 7. Juli 2016, Az: 2 T 268/16

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 7. Juli 2016 – 2 T 268/16 – wird auf seine Kosten verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 3.000 €.

Gründe

1
Das Amtsgericht hat zur Beseitigung einer bevorstehenden oder bereits eingetretenen erheblichen Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung die Fortdauer des Gewahrsams gegen den Betroffenen angeordnet (§ 28 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Sätze 3 und 5 PolG BW). Die nach Beendigung der Freiheitsentziehung auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des anordnenden Beschlusses gerichtete Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde.
2
1. Das Rechtsmittel ist nicht statthaft. Die Vorschriften über die Rechtsbeschwerde im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§§ 70 ff. FamFG) finden vorliegend keine Anwendung.
3
Die §§ 70 ff. FamFG gelten als im allgemeinen Teil dieses Gesetzes enthaltene Vorschriften zunächst für die in den weiteren Büchern des FamFG näher geregelten Verfahren und für alle weiteren Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit diese durch Bundesgesetz den Gerichten zugewiesen sind (§ 1 FamFG). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Es handelt sich insbesondere nicht um eine Freiheitsentziehungssache nach den §§ 415 ff. FamFG, die grundsätzlich nur aufgrund von Bundesrecht angeordnete Freiheitsentziehungen betreffen (§ 415 Abs. 1 FamFG; vgl. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2010 – StB 21/10, NJW 2011, 690 f.). Denn Rechtsgrundlage für die Ingewahrsamsnahme des Betroffenen war § 28 PolG BW und damit eine landesgesetzliche Bestimmung. Soweit § 28 Abs. 4 Satz 2 PolG BW für den Gewahrsam eine entsprechende Anwendung des FamFG vorsieht, bezieht sich diese Verweisung seit der Gesetzesänderung vom 13. August 2014 nunmehr eindeutig ausschließlich auf die Regelungen in dessen allgemeinen Teil, nicht auf die speziellen Regelungen betreffend der Verfahren in Freiheitsentziehungssachen in Buch 7 des FamFG (Landtags-Drucksache 15/2434, S. 33).
4
Aber auch aufgrund der Verweisung in den maßgebenden landesgesetzlichen Vorschriften auf die verfahrensrechtlichen Vorschriften des Buches 1 des FamFG finden die §§ 70 ff. FamFG vorliegend keine – entsprechende – Anwendung. § 28 Abs. 4 Satz 2 PolG BW bestimmt für das Verfahren der gerichtlichen Ingewahrsamsnahme nach § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG BW eine entsprechende Anwendung nur der Abschnitte 1 bis 3 sowie 6, 7 und 9 des Buches 1 FamFG. Diese Regelung betrifft nicht die Rechtsbeschwerde, die im Abschnitt 5 Unterabschnitt 2 dieses Buches normiert ist. Vielmehr sieht § 28 Abs. 4 Satz 7 PolG BW im Falle der amtsgerichtlichen Gewahrsamsnahme lediglich das Rechtsmittel der Beschwerde vor, für die die Vorschriften des Buches 1 Abschnitt 5 Unterabschnitt 1 des FamFG entsprechend gelten sollen (vgl. Landtags-Drucksache 14/4110, S. 36).
5
2. Das Rechtsmittel ist zudem deshalb unzulässig, weil der Betroffene nicht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 10 Abs. 4 Satz 1 FamFG).
Schäfer                          Gericke                     Spaniol
                 Tiemann                        Berg


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