Familienrecht

V ZR 62/21

Aktenzeichen  V ZR 62/21

Datum:
11.11.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:111121BVZR62.21.0
Normen:
§ 544 ZPO
§ 49a aF GKG
Spruchkörper:
5. Zivilsenat

Verfahrensgang

vorgehend LG Aurich, 11. Februar 2021, Az: 1 S 70/20vorgehend AG Norden, 9. April 2020, Az: 5 C 2012/19

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Aurich vom 11. Februar 2021 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 25.319 €.

Gründe

I.
1
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Eigentümerversammlung vom 4. Mai 2016 wurden unter TOP 4 die Jahresabrechnungen für die Jahre 2014 bis 2016 genehmigt.
2
Mit der Klage verlangt der Kläger – soweit noch von Interesse – die zu TOP 4 gefassten Beschlüsse für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat die Beschlüsse in einzelnen Teilen für ungültig erklärt; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
3
Das Landgericht hat auf die Berufung des Klägers die Beschlüsse über die Genehmigungen der Einzelabrechnungen für die Jahre 2014 bis 2016 bezüglich einzelner weiterer Positionen für ungültig erklärt und die weitergehende Berufung zurückgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, der mit der Revision erreichen will, dass die zu TOP 4 gefassten Beschlüsse insgesamt für ungültig erklärt werden.
II.
4
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, da der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer den Betrag von 20.000 € nicht übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
5
1. Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Wert des Beschwerdegegenstandes in dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend. Der Wert der Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Dieses Interesse ist auch in wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten und erhöht oder ermäßigt sich nicht dadurch, dass bei der Bemessung des Streitwerts auch eine Reihe von anderen Kriterien Berücksichtigung findet; infolgedessen entspricht der für eine vor dem 1. Dezember 2020 anhängig gewordene Anfechtungsklage gemäß § 49a GKG aF zu bestimmende Streitwert (vgl. zur Anwendbarkeit des § 49a GKG aF in diesen Fällen Senat, Beschluss vom 30. September 2021 – V ZR 258/20, juris Rn. 19) in der Regel – und so auch hier – nicht der für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels maßgeblichen Beschwer (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Juli 2020 – V ZR 2/20, ZWE 2020, 397 Rn. 4 mwN). Dass die Beschwer 20.000 € übersteigt, muss der Beschwerdeführer innerhalb laufender Begründungsfrist darlegen und glaubhaft machen (vgl. Senat, Beschluss vom 19. November 2020 – V ZR 48/20, WuM 2021, 134 Rn. 4 mwN).
6
2. Anders als die Nichtzulassungsbeschwerde meint, ist das Interesse der Parteien, das sich nach dem vollen Nennbetrag der Gesamtabrechnungen bestimmt, nicht dazu geeignet, die erforderliche Beschwer darzulegen. Die Rechtsmittelbeschwer richtet sich nicht nach dem Gesamtinteresse der Parteien, sondern – wie ausgeführt – nach dem (einfachen) Interesse des Rechtsmittelführers (Senat, Beschluss vom 10. März 2021 – V ZR 174/20, WuM 2021, 335 Rn. 6; Beschluss vom 9. Februar 2017 – V ZR 188/16, MDR 2017, 877 Rn. 4; Beschluss vom 15. Mai 2012 – V ZB 282/11, WuM 2012, 404 Rn. 7 f.). Die von der Nichtzulassungsbeschwerde in Bezug genommenen Ausführungen des Senats in der Entscheidung vom 9. Februar 2017 (V ZR 188/16, aaO Rn. 11), aus denen sie anderes herleiten will, befassen sich nicht mit der Ermittlung der Beschwer, sondern mit der Ermittlung des Streitwerts nach § 49a GKG aF.
7
Das einfache Interesse bestimmt sich bei einschränkungsloser Anfechtung eines Beschlusses über die Genehmigung der Jahresabrechnung nach dem Anteil des Anfechtungsklägers an dem Gesamtergebnis der Abrechnung (Senat, Beschluss vom 9. Februar 2017 – V ZR 188/16, MDR 2017, 877 Rn. 4; Beschluss vom 15. Mai 2012 – V ZB 282/11, WuM 2012, 404 Rn. 8). Die Summe dieser auf den Kläger entfallenen Anteile für die Jahre 2014 bis 2016 ergibt 7.444,92 €. Dies bleibt unter dem nach § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderlichen Betrag, so dass es nicht darauf ankommt, dass im Hinblick auf die Positionen, hinsichtlich derer der Kläger bereits obsiegt hat, ein Abzug vorzunehmen ist (vgl. zur Bemessung der Beschwer bei einer auf einzelne Positionen beschränkten Anfechtungsklage Senat, Beschluss vom 9. Juli 2015 – V ZB 198/14, WuM 2015, 692 Rn. 11).
8
Etwas anderes folgt entgegen den Ausführungen in der Nichtzulassungsbeschwerde nicht daraus, dass die von dem Kläger als falsch betrachtete Auslegung der Teilungserklärung auch zukünftigen Abrechnungen zu Grunde gelegt werden könnte. Denn Gegenstand der Klage sind lediglich die angefochtenen Beschlüsse. Deren Ungültigerklärung hinderte die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht daran, künftig in derselben Weise abzurechnen.
III.
9
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Den Streitwert hat der Senat gemäß § 49a Abs. 1 GKG aF festgesetzt. Dieser war nach § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG aF auf den fünffachen Wert des Interesses des Klägers zu beschränken, da das § 49 Abs. 1 Satz 1 GKG aF maßgebliche hälftige Gesamtinteresse diesen Wert überschreitet. Das einfache Interesse des Klägers bezieht sich nur auf die Punkte der Abrechnung, derentwegen er nicht bereits obsiegt hatte (vgl. zur Teilanfechtung von Beschlüssen Senat, Beschluss vom 9. Juli 2015 – V ZB 198/14, WuM 2015, 692 Rn. 17), und beträgt daher (7.444,92 € – 2.381,12 € =) 5.063,80 €. Der fünffache Wert ergibt den festgesetzten Betrag.
Stresemann     
        
Brückner     
        
Göbel 
        
Malik     
        
Laube     
        


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