Handels- und Gesellschaftsrecht

Berufung mangels grundsätzlicher Bedeutung unbegründet

Aktenzeichen  19 U 2142/19

Datum:
30.7.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 46447
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 522 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO unbegründet. (redaktioneller Leitsatz)
2. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BGH BeckRS 2018, 9330, Rn. 12). (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Umstand, dass eine einheitliche Entscheidung des Revisionsgerichts in mehreren denselben Sachverhalt betreffenden Parallelverfahren angestrebt wird, gibt der Sache keine allgemeine, mithin grundsätzliche Bedeutung (vgl. BGH BeckRS 2018, 9330, Rn. 14). (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

27 O 474/19 2019-03-29 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 29.03.2019, Aktenzeichen 27 O 474/19, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 30.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Kläger verfolgt mit der Berufung seine erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche wegen des Widerrufs eines Darlehensvertrages zur Finanzierung eines Kraftfahrzeuges und dessen Rückabwicklung gegenüber der Beklagten, soweit nicht durch Zahlung der Schlussrate geänderte Anträge zu stellen waren, weiter. Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 29.03.2019 Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 S. 4 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der im Berufungsverfahren beantragt,
Das Urteil des LG München I – LG München I, Urteil vom 29.03.2019, Az.: 27 O 474/19 – wird aufgehoben und die Beklagte nach Maßgabe der nachfolgenden Anträge kostenpflichtig verurteilt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von € 9.976,10 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB ab dem 01.04.2018 binnen sieben Tagen nach Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs…, zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite weitere € 17.757,55 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB aus
€ 95,87 seit dem 15.05.2018
€ 95,87 seit dem 15.06.2018
€ 95,87 seit dem 15.07.2018 binnen sieben Tagen nach Übergabe und Übereignung des im Klageantrag zu 1) näher bezeichneten Fahrzeugs zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich mit der Entgegennahme des Fahrzeugs aus dem Antrag zu 1) in Annahmeverzug befindet.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von € 1.872,35 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.
5. Es wird festgestellt, dass der nachfolgende Antrag – ursprünglicher Antrag zu 1) – Es wird festgestellt, dass aufgrund des wirksam erfolgten Widerrufs vom 06.03.2018 die Beklagte aus dem Darlehensvertrag vom 24.09.2015 mit der Darlehensnummer 3122090891 über ursprünglich € 19.544,69 kein Anspruch mehr auf den Vertragszins und die vereinbarte Tilgung zusteht.
ursprünglich zulässig und begründet gewesen ist und sich durch die Beendigung des Leistungsaustausches erledigt hat.
Die Beklagte beantragt,
1.Die Berufung wird zurückgewiesen.
2.Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Berufungskläger.
Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 03.07.2019 (Bl. 562/587 d. A.), auf die Bezug genommen wird, wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass und warum der Senat beabsichtigt, seine Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen. Mit Schriftsatz vom 29.07.2019 (Bl. 588/591 d. A) hat der Kläger zu dieser Hinweisverfügung Stellung genommen. Hierauf und auf die im Berufungsverfahren eingegangenen Schriftsätze der Parteien wird ergänzend Bezug genommen.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 29.03.2019, Aktenzeichen 27 O 474/19, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Der Senat hält das angefochtene Urteil des Landgerichts München I für offensichtlich zutreffend und nimmt auf dieses Bezug. Bezug genommen wird ferner auf den Hinweis des Senats vom 03.07.2019, wonach er die Berufung im Sinne von § 522 Abs. 2 ZPO für unbegründet hält. Auch der weitere Schriftsatz des Klägers vom 29.07.2019 (Bl. 588/591 d. A) gab keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung:
Entgegen der Auffassung der Berufung steht § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 3 ZPO einer Entscheidung des Senates nach § 522 Abs. 2 ZPO weiterhin (vgl. die bisherigen Ausführungen in der Hinweisverfügung vom 03.07.2019, S. 24/26, Bl. 585/587 d. A.) nicht entgegen.
1. Insbesondere liegt kein Fall des § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO vor, da in der Entscheidung kein abstrakter Rechtssatz aufgestellt wird, der von einem in anderen Entscheidungen eines höheren oder eines gleichgeordneten Gerichts aufgestellten abstrakten Rechtssatz abweicht (vgl. BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 10; Beschluss vom 29.05.2002 – V ZB 11/02; Beschluss vom 01.10.2002 – XI ZR 71/02; Beschluss vom 27.03.2003 – V ZR 291/02 mwN; Beschluss vom 09.07.2007 – II ZR 95/06, Rn. 2). Der Senat weicht in seiner Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes oder von obergerichtlicher Rechtsprechung, die das mit Divergenz anders sehen würde, ab.
Soweit die Berufung im Schriftsatz vom 29.07.2019 (Bl. 588/591 d. A.) auf das Urteil des OLG Düsseldorf vom 28.05.2019 – 9 U 77/18 – rekurriert, besteht keine Divergenz im Sinne von § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO, da das Oberlandesgericht Düsseldorf seine Entscheidung ausschließlich darauf gestützt hat, dass die Rechte des Klägers zum Widerruf seiner auf den Abschluss der beiden Darlehensverträge gerichteten Widerrufserklärungen im Zeitpunkt der Ausübung des Widerrufs bereits verwirkt waren (OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.05.2019 – 9 U 77/18, Rn. 21, 33 ff.) und aus diesem Grund die Berufung zurückgewiesen hat.
Die klägerseits zitierten Ausführungen in den Rn. 24 bis 32 des Urteils waren hingegen für die Entscheidung des OLG Düsseldorf nicht tragend und nicht entscheidungserheblich. Zudem handelt es sich bei den dortigen Ausführungen nicht um abstrakte Rechtsfragen, sondern um Tatsachenfragen, die der 9. Zivilsenat des OLG Düsseldorf „in der vorliegenden Konstellation“ ausgelegt hat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.05.2019 – 9 U 77/18, Rn. 29).
Der vorliegende Fall gibt auch keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht nur dann Anlass, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungsweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (vgl. BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 15; Beschluss vom 04.07.2002 – V ZB 16/02). Dies ist nach Ansicht des Senats und – soweit bekannt – erkennbar auch der überwiegenden Mehrheit der Oberlandesgerichte nicht der Fall.
2. Auch grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO liegt nicht vor.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 12). Die Berufung übersieht indes bereits, dass sie etwa hinsichtlich des Tageszinses vornehmlich Tatsachenfragen aufwirft (i.e. Verzicht der Beklagten auf den Sollzins im Falle des Widerrufs) und nicht Rechtsfragen.
Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage im Übrigen nur dann, wenn sie zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen u.a. dann, wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 12; Beschluss vom 22. September 2015 – II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 3 mwN). Dies ist bisher ersichtlich nicht der Fall.
Der Umstand, dass eine einheitliche Entscheidung des Revisionsgerichts in mehreren denselben Sachverhalt betreffenden Parallelverfahren angestrebt wird, gibt der Sache keine allgemeine, mithin grundsätzliche Bedeutung (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 14; Beschluss vom 22.09.2015 – II ZR 310/14, Rn. 5).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 40, 47, 48 GKG, § 3, 4 ZPO bestimmt und bemisst sich nach dem Nettodarlehensbetrag einschließlich Anzahlung.

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