Handels- und Gesellschaftsrecht

Ein Projektvertrag kann als Dienstvertrag zu qualifizieren sein

Aktenzeichen  27 U 4744/18

Datum:
8.4.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 24568
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 611, § 631
ZPO § 522 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Bei der Qualifikation, ob es sich bei einem Projektvertag um einen Werksvertag oder einen Dienstvertrag handelt, ist eine Gesamtbewertung der vertraglich fixierten, erbrachten und abgerechneten Leistungen vorzunehmen. (Rn. 11 und 16 – 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Vortrag, dass einzelne Arbeitsgänge und Arbeitsfolgen eines Fräsroboters, der Gegenstand des Projektvertrages ist, noch nicht klar gewesen seien, stützt die Auffasung, wonach ein werkvertraglich geschuldeter Gesamterfolg gerade nicht festgestellt werden kann. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

27 U 4744/18 2019-03-01 Hinweisbeschluss OLGMUENCHEN OLG München

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 26.11.2018, Aktenzeichen 034 O 2413/17, wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Augsburg und vorliegender Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 35.762,11 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Parteien streiten um ausstehende Zahlungen aus einem Projektvertrag sowie über die Räumung von Werkhallen.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Augsburg Bezug genommen, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung führt das Landgericht aus, dass vorliegend kein Werkvertrag, sondern ein Dienstvertrag inmitten stehe. Die beklagtenseits eingeforderte werkvertragliche Abnahme sei daher keine Fälligkeitsvoraussetzung des Vergütungsanspruches. Die wesentlichen Tätigkeiten der Klägerseite würden sich auf Beratungs- und Planungsleistungen, nicht jedoch auf ein konkret umschriebenes Gewerk beziehen. Aufgrund der erheblichen Zahlungsrückstände des Beklagten sei auch eine Kündigung und damit der Räumungsanspruch gerechtfertigt.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte. Er beantragt im Berufungsverfahren (Bl. 227 d.A.):
1. Das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 26.11.2018, Az.: 34 O 2413/17, wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.
Zur Begründung seines Rechtsmittels führt der Beklagte aus, dass das Erstgericht zu Unrecht einen Werkvertrag abgelehnt habe. Die vertraglichen Verpflichtungen des Klägers seien von Anfang an klar umrissen gewesen. Zudem sei der Beklagte immer davon ausgegangen, einen Vertrag mit der Dr. H. Montage- und P. GmbH abgeschlossen zu haben. Gegen die Einstufung als Dienstvertrag spreche auch, dass der Kläger nicht in die Arbeitsorganisation des Beklagten eingegliedert gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvortrags wird auf die Berufungsbegründung im Schriftsatz vom 28.2.2019 (Bl. 227 ff. d.A.) sowie die Stellungnahme vom 5.4.2019 (Bl. 239 ff. d.A.) Bezug genommen.
II. 
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 26.11.2018, Aktenzeichen 034 O 2413/17, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 1.3.2019 (Bl. 232 ff. d.A.) Bezug genommen, § 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO.
Die Stellungnahme des Beklagten vom 5.4.2019 (Bl. 239 ff. d.A.) enthält keine neuen Gesichtspunkte, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten.
Das (nochmalige) Herausgreifen einzelner „Fehlannahmen“ des Erstgerichts geht in mehrfacher Hinsicht fehl.
Zum einen mangelt es an einer notwendigen Gesamtbetrachtung der Vertragslage und der tatsächlich entfalteten Tätigkeit des Klägers. Eine Auseinandersetzung mit den im Senatshinweis enthaltenen Ausführungen (Auswertung der konkreten Vertragslage/-formulierungen, Abrechnungsmodus, …) erfolgt überhaupt nicht.
Zum anderen überzeugt die (wiederholende) Argumentation des Beklagten nicht. Der Hinweis, dass nicht der Roboter, sondern (nur) der Mobile-Prototyp ein Prototyp sei, erschüttert das Ersturteil nicht. Im Gegenteil. Der Vortrag unterstreicht vielmehr die Annahme des Erstgerichts, dass der Kläger insgesamt an einer Prototypenentwicklung mitwirkte.
Der Hinweis auf den Standort der Roboter (klägerische Hallen, vgl. S. 2 der Stellungnahme) gibt keinen sicheren Rückschluss auf eine werkvertragliche Leistungspflicht des Klägers, sondern kann ebenso gut für eine dienstvertragliche Beratungs-/Mitwirkungsleistung ins Feld geführt werden.
Soweit der Beklagte vorträgt, dass die „einzelnen Arbeitsgänge und Arbeitsfolgen des Fräsroboters noch nicht klar waren“ (S. 2 der Stellungnahme), stützt er – unbewusst – die landgerichtliche Argumentation, wonach ein werkvertraglich geschuldeter Gesamterfolg gerade nicht feststellbar war.
Soweit der Beklagte darauf hinweist, dass die Optimierung der Prozessabläufe kein ausreichendes Indiz für einen Dienstvertrag sei (S. 2 der Stellungnahme), verkennt der Beklagte, dass sich das Erstgericht gerade nicht (nur) hierauf gestützt hat. Im Gegenteil.
Das Erstgericht hat – ebenso wie der Senat in seinem Hinweis vom 1.3.2019 – eine erforderliche Gesamtbewertung der vertraglich fixierten, erbrachten und abgerechneten Leistungen des Klägers vorgenommen.
Diese Gesamtbewertung ergab keinen ausreichenden Beleg für einen erfolgsbezogenen Werkvertrag und eine fälligkeitsbegründende Abnahmeverpflichtung. Der Beklagte hat damit die angefallenen und berechneten Tätigkeiten des Klägers zu vergüten.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.


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