Handels- und Gesellschaftsrecht

KZR 94/18

Aktenzeichen  KZR 94/18

Datum:
10.2.2021
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:100221UKZR94.18.0
Normen:
Art 101 AEUV
§ 1 GWB 1998
§ 33 GWB 1998
Spruchkörper:
Kartellsenat

Verfahrensgang

vorgehend OLG Celle, 14. August 2018, Az: 13 U 105/16 (Kart), Urteilvorgehend LG Hannover, 31. Mai 2016, Az: 18 O 259/14, Urteil

Tenor

Auf die Revision wird das Urteil des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 14. August 2018 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Klägerin, ein regionales Verkehrsunternehmen mit Sitz in Zeven, bietet unter anderem schienengebundene Personenbeförderungsdienstleistungen an. Sie nimmt die Beklagten auf Ersatz kartellbedingten Schadens in Anspruch.
2
Die Beklagte zu 1 stellt Materialien für den Gleisoberbau her. Sie übertrug ihren Geschäftsbereich “Gleisbau” 2010 im Wege der Umwandlung durch Abspaltung auf die Beklagte zu 2. Die Beklagte zu 3, die bis Oktober 2003 Teil der ThyssenKrupp GFT Gesellschaft für Technik mbH war, erwarb im Jahr 2004 mit Ausgliederungs- und Übernahmevertrag den Geschäftsbereich “Gleistechnik”. Sie produziert und vertreibt Gleisoberbaumaterialien ebenso wie die Beklagten zu 4 bis 7, die zum Konzern voestalpine gehören.
3
Die Klägerin erteilte der Beklagten zu 1 im Jahr 2003 in drei Fällen auf der Grundlage von Ausschreibungen Aufträge, die unter anderem die Lieferung einer Weiche und mehrerer Vignol-Schienen beinhalteten. Den Aufträgen lagen “Zusätzliche Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen – einheitliche Fassung (September 2002)” (nachfolgend: ZVB/E 215) zugrunde. Diese enthielten in Nr. 12 folgende Klausel:
“Wenn der Auftragnehmer aus Anlass der Vergabe nachweislich eine Abrede getroffen hat, die eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung darstellt, hat er 15 v.H. der Auftragssumme an den Auftraggeber zu zahlen, es sei denn, dass ein Schaden in anderer Höhe nachgewiesen wird.”
4
Mit Bescheid vom 18. Juli 2013 verhängte das Bundeskartellamt gegen die Beklagten zu 1, 3 und 5 ein Bußgeld wegen der Beteiligung an dem Kartell der “Schienenfreunde”. Nach den Feststellungen des rechtskräftigen Bußgeldbescheids verstießen die Beklagten jedenfalls zwischen 2001 und Mai 2011 gemeinschaftlich gegen das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen.
5
Die Klägerin macht geltend, sie habe aufgrund des Kartells überhöhte Preise zahlen müssen. Sie hat beantragt, die Beklagten zu 1 und 2 zu verurteilen, als Gesamtschuldner 137.913,75 € zuzüglich Zinsen zu zahlen (Klageantrag zu 1 a), sowie festzustellen, dass die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner verpflichtet sind, sämtliche ihr und ihren Zuwendungsgebern entstandenen oder in Zukunft entstehende Schäden nebst Zinsen zu ersetzen, die über den mit Klageantrag zu 1 a geltend gemachten Betrag hinausgehen, sowie solche, die vom Klageantrag zu 1 a nicht erfasst sind (Klageantrag zu 1 b). Zudem hat sie beantragt festzustellen, dass die Beklagten zu 3 bis 7 gemeinsam mit den Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche Schäden nebst Zinsen zu ersetzen, die der Klägerin und ihren Zuwendungsgebern aufgrund von Kartellabsprachen und/oder wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Ausschreibungen im Sinne von § 298 StGB im Zusammenhang mit näher bezeichneten Aufträgen entstanden sind und in der Zukunft noch entstehen werden (Klageantrag zu 2).
6
Das Landgericht hat – unter Abweisung der Klage im Übrigen – durch Grund- und Teilurteil die Klage hinsichtlich des Zahlungsantrags dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und festgestellt, dass die Beklagten zu 3 bis 7 als Gesamtschuldner neben den Beklagten zu 1 und 2 verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die der Klägerin im Zusammenhang mit den näher bezeichneten Aufträgen entstanden sind und noch entstehen werden. Die beanspruchten Zinsen hat es nur in beschränktem Umfang zugesprochen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht im Verhältnis zu den Beklagten zu 3 bis 7 weitergehend festgestellt, dass sich deren Schadensersatzpflicht auch auf Schäden erstreckt, die den Zuwendungsgebern der Klägerin entstanden sind. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht den Klageantrag zu 2 insoweit abgewiesen, als das Landgericht die Ersatzpflicht von Rechtshängigkeitszinsen festgestellt hat. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr auf vollständige Klagabweisung gerichtetes Begehren weiter.


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