Handels- und Gesellschaftsrecht

Leistungen, Werklohn, Vertragsschluss, Biogasanlage, Abnahme, Schlussrechnung, Leistung, Angebot, Anlage, Nachweis, Werkleistung, Mangel, Frist, Anspruch, elektrische Verkabelung, Rechtsprechung des BGH

Aktenzeichen  1 O 6623/19

Datum:
18.12.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 48622
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Nürnberg-Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.383,32 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus einem Betrag in Höhe von 2.878,22 € seit 03.06.2019,
aus einem weiteren Betrag in Höhe von 1.785,00 € seit dem 22.07.2019 und
aus einem weiteren Betrag in Höhe von 720,10 € seit dem 12.08.2019
sowie 5,00 € vorgerichtliche Mahnauslagen zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 5.383,32 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.
A.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Vergütung ihrer Werkleistungen in Höhe von 5.383,12 € brutto aus § 631 Abs. 1 BGB.
I.
Auf Grundlage der Angebote vom 01.04.2019 und 03.06.2019 wurde die Klägerin von der Beklagten mit der Lieferung und Montage von Komponenten für den Umbau der Gasfackel in der Biogasanlage der Beklagten beauftragt. Dafür mussten die Komponenten unstreitig speziell für die Biogasanlage der Beklagten geplant und erstellt werden. Aufgrund dieses individuellen Charakters der von der Klägerin geschuldeten Leistung kommt vorliegend das Werkvertragsrecht zur Anwendung (Busche, Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2020, § 631 BGB Rn. 9).
II.
Die Klägerin hat die vertraglich geschuldeten Leistungen mangelfrei erbracht, §§ 631, 633 BGB. Die von der Beklagten eingewandten Mängel beziehen sich ausnahmslos auf die unzureichende elektrische Einbindung der Gasfackel in die Biogasanlage. Die elektrische Einbindung war aber nach Überzeugung des Gerichts nicht vom vertraglich geschuldeten Leistungsumfang erfasst. Weder im Angebot vom 01.04.2019 (Anlage K1) noch in der Auftragsbestätigung vom 10.04.2019 (Anlage K 2) noch in der Rechnung vom 24.04.2019 (Anlage K 3) findet sich ein Hinweis darauf, dass neben der Lieferung von Komponenten für die Gasfackel auch eine elektrische Einbindung geschuldet gewesen sein soll. Vielmehr beinhalten sowohl das Angebot vom 01.04.2019 als auch die Auftragsbestätigung vom 10.04.2019 den ausdrücklichen Vermerk „ohne Montage“ und abgesehen von Transportkosten sind jeweils nur einzelne Artikel zu Stückpreisen aufgeführt. In der Schlussrechnung vom 03.06.2019 wurden zwar Montageleistungen abgerechnet, jedoch ausschließlich Schweißarbeiten. Diese abgerechneten Arbeiten passen zwanglos zum Vortrag der Klagepartei, wonach durch den Folgeauftrag vom 03.06.2019 auch der Anschluss der Gasfackel an die bestehende Gasleitung geschuldet war. Mit einer elektrischen Einbindung sind die Schweißarbeiten hingegen nicht kompatibel. Die Überzeugung des Gerichts, dass die Klägerin nach der Vereinbarung der Parteien die elektrische Einbindung nicht herstellen sollte, beruht aber vor allem auf der als Anlagen K 9 und K 14 vorgelegten E-Mail-Korrespondenz der Parteien. Mit E-Mail vom 01.04.2019 (Anlage K 9) übersandte der Geschäftsführer der Beklagten ein unterzeichnetes Angebot bezüglich der Nachrüstung der Gasfackel und fragte an, wann die Klägerin mit der Montage beginnen wolle. Daraufhin erklärte die Klägerin mit E-Mail vom 02.04.2019: „Das Angebot ist ohne Montage. Wir haben lediglich die Teile angeboten, welche wir in unseren Gasfackeln verbauen. Umbauen müssen sie die Fackel dann schon selbst. Auch auf die Gesamtfunktion der umgebauten Gasfackel oder der kpl. Anlage übernehmen wir keine Garantie auf Funktion.“ Die Klägerin stellte damit ausdrücklich klar, dass sie keinerlei Montageleistungen angeboten hatte. Im weiteren Verlauf des E-Mailverkehrs bat die Klägerin den Geschäftsführer der Beklagten offenbar, das Angebot nochmals zu unterschreiben, falls sie die Teile aus dem Angebot noch benötigen würde. Mit E-Mail vom 08.04.2019 antwortete die Geschäftsführerin bezugnehmend auf diese Bitte wie folgt „… anbei das unterzeichnete Angebot. Ich hoffe, dass wir das auch zusammenbauen können und dass das nicht zu viel elektrisches Fachwissen beansprucht. Bitte unbedingt Bauanleitung und Schaltpläne mitsenden.“ Aus dem Inhalt dieser E-Mail ergibt sich eindeutig, dass die Beklagte im Wissen, dass die Klägerin die elektrische Einbindung nicht erbringen würde und dass sie diese also selbst zu bewerkstelligen haben würde, den Auftrag auf Grundlage des klägerischen Angebots ohne Montage erteilt hat. Vor diesem Hintergrund ist die Behauptung der Beklagten, die elektrische Einbindung sei durch eine als kaufmännisches Bestätigungsschreiben zu wertenden E-Mail vom 28.02.2019 als vertraglich geschuldete Leistung vereinbart worden, in keiner Weise nachvollziehbar. Aber auch bei isolierter Betrachtung der betreffenden als Anlage KE 2 vorgelegten E-Mail, ergibt sich der von der Beklagten behauptete Erklärungsgehalt nicht. Die vom Geschäftsführer der Beklagten an die Klägerin gesandte E-Mail lautet wie folgt:, „…, danke für das interessante Angebot. Ich würde das Angebot auch annehmen, allerdings würde ich gern noch klären, ob das Signal der Haubenmessung in Ihre Schaltkasten gelegt werden kann, der dann das bei Überfüllung das Gasgebläse, Ventil, Zündung und Überwachung ansteuert bzw. regelt. Könnten Sie mir dazu evtl. noch einen Schaltplan und eine technische Beschreibung zukommen lassen, damit ich das mit dem Elektriker auf Kombinierbarkeit hin prüfen kann.“ Wenn die elektrische Einbindung von der Klägerin hätte erbracht werden sollen, hätte die elektrische Kombinierbarkeit der Anlagen in ihrem Verantwortungsbereich gelegen, so dass es bereits verwundert, dass dann die Beklagte diese Kombinierbarkeit mit einem eigenen Elektriker überprüfen wollte, zumal sich aus der E-Mail eindeutig ergibt, dass die Kombinierbarkeit entgegen der Behauptung der Beklagtenpartei im Schriftsatz vom 10.11.2020 (Bl. 79 d.A.) nicht erfolgte, weil dies der Klägerin zugesagt worden war, sondern weil die Beklagte vor Annahme des Angebots der Klägerin sicher sein wollte, dass die Anlagen elektrisch zusammen passen. Eine irgendwie geartete und gar als entsprechendes kaufmännisches Bestätigungsschreiben zu wertende Erklärung, dass die Klägerin zur Erbringung der elektrischen Einbindung verpflichtet werden sollte, lässt sich diesem Schreiben in keiner Weise entnehmen, dies ergibt sich insbesondere auch nicht allein aus der Bezugnahme auf den Schaltkasten der Klägerin. Aus dem Schreiben geht vielmehr genau das Gegenteil hervor. Auch aus dem weiteren Verlauf der Korrespondenz zwischen den Parteien ergibt sich nichts, was darauf hindeuten, dass die Klägerin nachdem sie zunächst nur mit der Lieferung der Komponenten für den Umbau der Gasfackel beauftragt war, zur Erbringung der elektrischen Einbindung verpflichtet wurde. Zwar hat sie aufgrund des Zusatzauftrages vom 03.06.2019 Schweißarbeiten erbracht; dass sie sich darüber hinaus aber auch mit der elektrische Einbindung der Fackel in die Biogasanlage beauftragen ließ, kann nicht angenommen werden, nachdem sie zuvor ausdrücklich erklärt hatte, für die Funktionsfähigkeit der Gasfackel in der Anlage nicht einstehen zu wollen. Aus der als Anlage K 14 vorgelegten weiteren E-Mail-Korrespondenz ergibt sich schließlich ausdrücklich, dass die beklagtenseits als Mangel eingewandte fehlende Verkabelung des Gasventils und der Gasturbine mit der Gashaubenmessung und der fehlende Anschluss der Kabel für den UV-Flammenwächter auch nach Auffassung der Beklagten nicht von der Klägerin geschuldet war. Mit E-Mail an die Klägerin vom 03.06.2019 schrieb der Geschäftsführer der Beklagten: „… Folgendes befindet sich vor Ort …-Nachrüstsatz für Autogasfackelzündung samt Flammenüberwachung (für letzteres wäre es super, wenn uns irgendjemand erklären könnte, wo die angeschraubt werden soll und wie sie verdrahtet wird. Den Anschluss von Autogaszündung, Gasventil und Gasgebläse an die schon installierte Schnittstelle zur Haubenmessung könnte kann ein örtlicher Elektriker machen. …“ Vor diesem Hintergrund bedurfte es der Vernehmung des klägerseits für die Behauptung, die elektrische Einbindung sei nicht vom Vertragsumfang erfasst gewesen, benannten Zeugen S. nicht mehr. Das Gericht konnte sich eine entsprechende Überzeugung bereits aufgrund der vorgelegten Unterlagen bilden. Gegenbeweislich wurde beklagtenseits nichts weiter angeboten.
III.
Die mangelfrei erbrachten Leistungen wurden jedoch bislang von der Beklagten nicht abgenommen. Insbesondere kann das als Anlage K 5 vorgelegte, von der Klägerin erstellte und von der Beklagten nicht einmal unterschriebene Druckprotokoll nicht als Nachweis einer Abnahme gewertet werden. Dennoch konnte die Klägerin auch ohne Abnahme unmittelbar auf Werklohnzahlung klagen, nachdem sie das Werk mangelfrei erbracht hatte und die Beklagte die Abnahme des Werkes unter Hinweis auf die fehlende elektrische Einbindung verweigert hat (so auch OLG Koblenz, NZBau 2014, 293). Bevor mit Wirkung vom 01.05.2000 in § 640 Abs. 1 BGB als Satz 3 eingefügt worden ist: „Der Abnahme steht es gleich, wenn der Besteller das Werk nicht innerhalb einer ihm vom Unternehmer bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist.“, bestand Einigkeit darüber, dass der Auftragnehmer seinen Restwerklohn auch ohne Abnahme einklagen kann, wenn der Auftraggeber zur Abnahme verpflichtet ist, weil die Werkleistung keine zur Abnahmeverweigerung berechtigenden Mängel aufweist oder der Auftraggeber sich auf etwaige Mängel nicht berufen darf. Durch die Einfügung der fiktiven Abnahme des § 640 Abs. 1 S. 3 BGB ist eine neue rechtliche Situation entstanden, weil der Auftragnehmer jetzt die Abnahmewirkungen auch ohne Abnahmeerklärung des Auftraggebers herbeiführen kann. Deshalb wird teilweise die Ansicht vertreten, dass auf der Grundlage der Regelung des § 640 Abs. 1 S. 3 BGB der Unternehmer nunmehr zunächst eine Frist zur Abnahme zu setzen hat und erst nach deren Ablauf auf Vergütung klagen kann … Anders verhalte es sich nur dann, wenn der Besteller die Abnahme endgültig verweigert habe und deshalb die Fristsetzung sinnlos sei. Dem ist jedoch nicht zu folgen. Das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen, durch welches § 640 Abs. 1 S. 3 BGB in das BGB eingefügt wurde, verfolgte eine Verbesserung der Stellung von Zahlungsgläubigern. Damit wäre die Annahme, dass der Auftragnehmer nunmehr den Weg über § 640 Abs. 1 S. 3 BGB nehmen müsse, unvereinbar. Vielmehr sprechen die Gesetzesmaterialien gegen eine Absicht des Gesetzgebers, an der bereits damals bekannten Rechtsprechung des BGH zur Werklohnklage bei unberechtigter vorläufiger Abnahmeverweigerung etwas zu ändern (Weyer, NZBau 2014, 421, beck-online).
IV.
Die Höhe der für die beauftragten Leistungen geschuldeten Vergütung ist unstreitig und beläuft sich auf insgesamt 5.383,32 €. Die Beklagte hat ihren zunächst erhobenen Einwand, sie habe bereits 1.500,00 € zur Begleichung der Rechnungen gezahlt auch nicht mehr aufrecht erhalten.
B.
Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 286 Abs. 3 S. 1, 288 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB. Aufgrund des Zahlungsverzugs hat die Beklagte auch die in Höhe von 5 € geltend gemachten Kosten für das am 13.09.2019 eingeleitet Mahnverfahren zu tragen.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus den §§ 48 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG, § 3 ZPO.


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