Handels- und Gesellschaftsrecht

Schadensersatz, Haftpflichtversicherung, Versicherungsnehmer, Versicherungsvertrag, Berufung, Auslegung, Prospekthaftung, Versicherer, Verbraucherschutz, Haftpflichtversicherer, Anspruch, Ausgleichsanspruch, Verfahren, Haftung, ungerechtfertigter Bereicherung, eingegangene Berufung, kraft Gesetzes

Aktenzeichen  102 AR 56/22

Datum:
20.7.2022
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 18134
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Zur gesetzlichen Spezialzuständigkeit „Streitigkeiten aus Versicherungsvertragsverhältnissen“ des § 119a Abs. 1 Nr. 4 GVG.

Tenor

Funktional zuständig sind die allgemeinen Zivilsenate des Oberlandesgerichts Bamberg.

Gründe

I.
Die Klägerin ist Gebäudeversicherer einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Beklagte ist privater Haftpflichtversicherer eines deren Mitglieder. Dieses verursachte in der Nacht vom 9. auf den 10. August 2019 einen Wasserschaden an der Wohnungsanlage. Der Miteigentümer betrieb im Garten, an dem für ihn nach dem Klagevorbringen ein Sondernutzungsrecht besteht, ein Gartenbewässerungssystem, das einerseits an einem Eckventil und andererseits über einen Wasserverteiler an einem Rollwagen mit einem Schlauch verbunden war; als sich in der Nacht die dauerhaft unter Druck stehende Schlauchverbindung löste, drang das ins Freie austretende Wasser über die Lichtschächte in den Kellerbereich der Wohnanlage ein. Es entstand ein Schaden am Gemeinschaftseigentum und an drei Wohneinheiten des Untergeschosses. Die Klägerin bringt vor, der Schadensverursacher habe zumindest fahrlässig gehandelt.
Mit ihrer zum Landgericht Coburg erhobenen Klage macht die Klägerin nach Regulierung des Neuwertschadens in Höhe von 103.944,00 € gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft einen Zahlungsanspruch in Höhe von 45.860,50 € (50% des Zeitwertschadens) gegen die Beklagte geltend. Sie vertritt die Auffassung, ihr stehe ein Ausgleichsanspruch nach § 78 Abs. 2 Satz 1 VVG zu. Das Bestehen der Gebäudeversicherung für die Wohnungseigentümergemeinschaft und die Haftpflichtversicherung zu Gunsten deren Mitglieds führe zum Vorliegen einer Mehrfachversicherung im Sinne der §§ 77 ff. VVG. Das Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft sei zum Schadenszeitpunkt zwar nicht Versicherungsnehmer, aber Mitversicherter der Gebäudeversicherung gewesen. Jedenfalls bestehe ebenso wie in Fällen konkludenten Regressverzichts zwischen Gebäudeversicherer und Vermieter ein Anspruch gegen die Haftpflichtversicherung des Mitglieds der Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 78 Abs. 2 VVG analog. Mit Schriftsatz vom 19. Juli 2021 brachte die Klägerin vor, die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Anspruchsübergangs gemäß § 86 Satz 1 VVG lägen vor. Bei dem Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft, das den Schaden verursacht habe, handele es sich um einen „Dritten“ im Sinne dieser Vorschrift. Demgegenüber meinte sie in der Klageschrift und mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2021, der Schadensverursacher sei nicht als „Dritter“ im Sinne des § 86 Abs. 1 VVG zu qualifizieren.
Das Landgericht hat mit Endurteil vom 16. November 2021 die Klage abgewiesen. Die Gebäudeversicherung und die Haftpflichtversicherung versicherten nicht dasselbe Interesse, sodass wegen Nichtvorliegens einer Mehrfachversicherung kein Anspruch nach § 78 Abs. 2 VVG bestehe. Es lägen auch die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 78 Abs. 2 VVG nicht vor. Die für Mietverhältnisse angenommene Analogie sei auf die Miteigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft nicht übertragbar. Das Mitglied sei zudem nicht Dritter im Sinne des § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG, sodass der Anspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht auf die Klägerin übergegangen sei.
Dagegen richtet sich die am 22. Dezember 2021 beim Oberlandesgericht Bamberg eingegangene Berufung der Klägerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. Sie bringt vor, der Bundesgerichtshof habe auch konkret für den Bereich der Wohnungseigentümergemeinschaft seine Ansicht aufgegeben, in eine Sachversicherung könne über das Sacherhaltungsinteresse hinaus nicht zusätzlich das Sachersatzinteresse des nutzungsberechtigten Nichteigentümers einbezogen werden, aufgrund seiner Haftung gegenüber dem Eigentümer nicht wegen Beschädigung oder Verlustes der Sache in Anspruch genommen zu werden. Daher könne in der Sachversicherung das Sachersatzinteresse mitversichert werden. Die Grundsätze zum vertraglichen Regressverzicht seien auch auf die einzelnen Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft untereinander zu übertragen. Unabhängig von der konkreten Stellung des Schädigers/Versicherungsnehmers der Beklagten als „Dritter“ im Sinne des § 86 Abs. 1 VVG sei zu beachten, dass der Gebäudeversicherer sowohl gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft als Versicherungsnehmerin als auch gegenüber den anderen betroffenen Miteigentümern aufgrund deren Sondereigentums sowie wegen deren Miteigentumsanteilen auch bei grober Fahrlässigkeit des verursachenden Miteigentümers eintrittspflichtig sei, Ziff. A 6 VGB 2013. Die dem Vertrag zugrunde liegenden Bedingungen würden als Anlage K 4 überreicht. Dementsprechend entspreche es ganz herrschender Meinung, dass in solchen Fällen ein Regress gegen den „Nicht-Dritten“, dessen Sachersatzinteresse mitversichert sei, trotzdem möglich sei.
Das Berufungsverfahren ist dem 3. Zivilsenat als dem nach dem Geschäftsverteilungsplan des Oberlandesgerichts Bamberg für das Jahr 2021 im Turnus zuständigen Spruchkörper zugewiesen worden.
Der Vorsitzende des 3. Zivilsenats hat das Verfahren mit Verfügung vom 14. Februar 2022 dem Vorsitzenden des für Verfahren gemäß § 119a Abs. 1 Nr. 4 GVG zuständigen 1. Zivilsenats mit der Bitte um Prüfung der Übernahme zugeleitet. Zur Begründung hat er ausgeführt, es seien Inhalt und Reichweite der einzelnen Versicherungsverhältnisse zu beurteilen, da die Parteien um einen Ausgleichsanspruch nach § 78 Abs. 2 VVG stritten. Es handele sich daher um eine Streitigkeit „aus Versicherungsvertragsverhältnissen“ im Sinne des § 72a Abs. 1 Nr. 4, § 119a Abs. 1 Nr. 4 GVG. Der Vorsitzende des 1. Zivilsenats hat die Übernahme mit Verfügung vom 16. Februar 2022 abgelehnt. Gegenstand von Streitigkeiten im Sinne der § 72a Abs. 1 Nr. 4, § 119a Abs. 1 Nr. 4 GVG seien Ansprüche aus Versicherungsverhältnissen zwischen Versicherungsnehmer, Versichertem oder Bezugsberechtigtem einerseits und Versicherer andererseits. Im vorliegenden Fall sei ein gesetzlicher Ausgleichsanspruch nach § 78 VVG zwischen zwei Versicherern streitgegenständlich. Unabhängig von den im Streit stehenden Parteien, die in ihren Parteirollen bereits nicht vom Anwendungsbereich der § 72a Abs. 1 Nr. 4, § 119a Abs. 1 Nr. 4 GVG erfasst würden, gelte dies auch für den geltend gemachten Anspruch, weil er auf einer gesetzlichen Grundlage beruhe und letztlich nicht aus einem Versicherungsvertragsverhältnis herrühre.
Mit den Parteien formlos übersandtem Beschluss vom 11. März 2022 hat sich der 3. Zivilsenat entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO für (funktional) unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an den 1. Zivilsenat verwiesen. Der Rechtsstreit unterliege der gesetzlichen Zuständigkeit des nach der Geschäftsverteilung für Versicherungssachen im Sinne des § 119a Abs. 1 Nr. 4 GVG zuständigen 1. Zivilsenats. Bereits das Landgericht sei von der funktionellen Zuständigkeit der für Versicherungssachen zuständigen Zivilkammer ausgegangen. Der Sonderzuständigkeit unterfielen keineswegs nur Streitigkeiten über (unmittelbar) in einem Versicherungsverhältnis wurzelnde (also rein vertragliche) Ansprüche zwischen einem Versicherer einerseits und einem Versicherungsnehmer (bzw. Versicherten oder Bezugsberechtigten) andererseits. Eine solche gleich zweifache Einschränkung widerspreche schon dem Gesetzeswortlaut und lasse sich auch nicht auf die Gesetzesmaterialien stützen. Hätte der Gesetzgeber eine an die formale Parteistellung anknüpfende Begrenzung der Spezialmaterie angestrebt, wären schon der sprachliche wie der inhaltliche Aufbau der Vorschrift grundlegend anders zu wählen gewesen. Tatsächlich habe sich der Gesetzgeber jedoch für eine weite Fassung entschieden, die im Sinne einer umfassenden Bereichszuweisung – pauschal und ohne jede Einschränkung – die Streitigkeiten „aus“ dem Sachgebiet der „Versicherungsvertragsverhältnisse“ einer Sonderzuständigkeit zuordne. In den Gesetzesmaterialien werde kein Zusammenhang mit dem förmlichen Status der Prozessparteien hergestellt; vielmehr werde nur die Selbstverständlichkeit ausgesprochen, dass es bei den von der Sonderzuständigkeit „umfassten“ Streitigkeiten jeweils um (originäre) Ansprüche „aus“ einem Versicherungsverhältnis gehe. Es handele sich also allein um eine auf den spezifischen Anspruchsgrund bezogene Umschreibung des den Sonderbereich konstituierenden Tatbestandsmerkmals. Die rein deskriptiv gehaltene Formulierung der amtlichen Begründung sei erkennbar darauf zugeschnitten, lediglich das zu umschreiben, was gewissermaßen den „kleinsten gemeinsamen Nenner“ der zur Spezialzuständigkeit der Versicherungssachen gehörenden Fallgestaltungen ausmache. Eine Verengung der gesetzlichen Sonderzuständigkeit auf Verfahren, an denen jeweils „ein Versicherungsnehmer usw. und ein Versicherer“ als Prozessparteien beteiligt seien, sei zudem unvereinbar mit sämtlichen Zielsetzungen, die den Gesetzgeber bei der Einrichtung von Spezialspruchkörpern geleitet hätten. Danach könne sich die angestrebte Spezialisierung nicht auf das Verhältnis zwischen den unmittelbaren Partnern eines Versicherungsvertrags beschränken. Dies gelte zunächst für die Fälle der „Rechtsnachfolge“ (im weiteren Sinne) wie Versterben oder Insolvenz des Versicherungsnehmers. Gleiches müsse (erst recht) gelten, wenn sich die klägerische Aktivlegitimation infolge einer vertraglichen Zession verschoben habe. Die erwünschten Auswirkungen einer Spezialisierung sei jedoch genauso angezeigt und sachgerecht, wenn es um die vorliegende Fallgestaltung eines Rechtsstreits zwischen zwei Versicherern um die kraft Gesetzes auf die klagende Versicherung übergegangenen (Ausgleichs-)Ansprüche aus einem Versicherungsvertrag gehe. Die zwingende Notwendigkeit einer Gleichstellung mit den vorgenannten Vorgängen der Rechtsnachfolge folge ohne weiteres daraus, dass auch in einer solchen Konstellation der anspruchsbegründende Sachverhalt jeweils unmittelbar und nahtlos an die aus dem betreffenden Versicherungsvertrag hervorgegangene (= originäre) Anspruchsstellung des (jeweiligen) Versicherungsnehmers anknüpfe und darauf aufbaue. Die klare Intention des Gesetzgebers würde geradezu ad absurdum geführt, wenn zwar die jeweiligen Ansprüche zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer in die Spezialzuständigkeit fielen, die aus eben diesen beiden Versicherungsverhältnissen hergeleiteten Ausgleichsansprüche unter den Versicherern jedoch nicht. Vorliegend komme hinzu, dass der anspruchsbegründende Sachverhalt noch weitere Einordnungsfragen aus dem Kernbereich der Sondermaterie des Versicherungsvertragsrechts aufwerfe, sodass die vom Reformgesetzgeber angestrebte Sachkompetenz eines Spezialsenats auf dem Gebiet von Streitigkeiten „über Ansprüche aus einem Versicherungs(vertrags) verhältnis“ erst recht angezeigt sei. Nach dem Vortrag der Klägerin spiele die Reichweite des mit der Wohnungseigentümergemeinschaft geschlossenen Versicherungsvertrags eine entscheidende Rolle. Es sei von Bedeutung, ob in diesem Vertrag ein konkludenter Regressverzicht gegenüber dem Versicherungsnehmer der Beklagten enthalten bzw. dieser als nicht vom Versicherungsvertrag erfasster „Dritter“ im Sinn von § 86 Abs. 1 VVG anzusehen sei. Nach alledem seien die § 72a Satz 1 Nr. 4, § 119a Satz 1 Nr. 4 GVG entsprechend ihrem mit dem Wortlaut übereinstimmenden Sinn und Zweck dahin zu verstehen, dass sie sämtliche Ansprüche umfassten, bei denen das „Bestehen, Nichtbestehen und Nichtmehrbestehen eines Versicherungsverhältnisses auch nur eine Rolle einer klagebegründenden Behauptung“ spielten.
Der 1. Zivilsenat hat mit den Parteien mitgeteiltem Beschluss vom 3. Mai 2022 die Übernahme abgelehnt und die Sache dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Bestimmung des zuständigen Senats vorgelegt. In der Begründung wiederholt und vertieft der 1. Zivilsenat die Argumentation gemäß Verfügung vom 16. Februar 2022. Der streitgegenständliche Anspruch beruhe auf einer gesetzlichen Grundlage und nicht auf einem Versicherungsvertragsverhältnis, auch wenn er durch ein solches mitbeeinflusst sein möge. Die vom 3. Zivilsenat vorgenommene ausdehnende Interpretation von Gesetzeswortlaut und gesetzgeberischer Intention sei singulär. Der vertretenen Auffassung widerspreche zudem, dass auch weitere Bereiche von Streitigkeiten auf der Grundlage des VVG von § 119a Abs. 1 Nr. 4, § 72a Abs. 1 Nr. 4 GVG gerade nicht erfasst würden und die Zuordnung unter Heranziehung von Kriterien, die sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Gesetzesbegründung ergäben, erschwert würde.
Die Parteien sind im Bestimmungsverfahren angehört worden. Die Klägerin hält den 1. Zivilsenat für zuständig. Die Beklagte hat mitgeteilt, es sei keine eigene Stellungnahme veranlasst.
II.
Auf die zulässige Vorlage des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg ist die funktionelle Zuständigkeit der allgemeinen Zivilsenate auszusprechen, da die Voraussetzungen für eine Sonderzuständigkeit nach § 119a Abs. 1 Nr. 4 GVG (oder einer anderen Fallgruppe der Vorschrift) nicht erfüllt sind.
1. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO i. V. m. § 9 EGZPO durch das Bayerische Oberste Landesgericht liegen vor.
a) Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zur Bestimmung des zuständigen Senats berufen.
Die Regelungen des § 36 ZPO gelten nicht nur für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit, sondern sind entsprechend auf die Bestimmung der gesetzlich festgelegten funktionellen Zuständigkeit anzuwenden (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2003, X ARZ 175/03, BGHZ 156, 147 [juris Rn. 10 f.]; Toussaint in BeckOK ZPO, 44. Ed. Stand: 1. März 2022, § 36 Rn. 36 u. 38.2; Heinrich in Musielak/Voit, ZPO, 19. Aufl. 2022, § 36 Rn. 3; Schultzky in Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 36 Rn. 4 u. 39; Patzina in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 36 Rn. 5; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2014, § 36 Rn. 4; vgl. auch BGH, Beschluss vom 11. März 2014, X ARZ 664/13, NJW-RR 2014, 573 Rn. 5).
Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen zwei Spruchkörper eines Gerichts unterschiedlicher Auffassung darüber sind, ob die Voraussetzungen des § 72a GVG oder des § 119a GVG vorliegen (zu § 72a GVG: KG, Beschluss vom 14. März 2019, 2 AR 6/19, juris Rn. 4; Beschluss vom 22. März 2018, 2 AR 11/18, NJW-RR 2018, 639 Rn. 4 f.; OLG München, Beschluss vom 7. Februar 2019, 34 AR 114/18, juris Rn. 9; OLG Hamburg, Beschluss vom 12. Oktober 2018, 6 AR 17/18, juris Rn. 6; OLG Nürnberg, Beschluss vom 18. Juni 2018, 1 AR 990/18, juris Rn. 23; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 23. April 2018, 13 SV 6/18, juris Rn. 12; Feldmann in BeckOK GVG, 15. Ed. Stand 15. Mai 2022, § 72a Rn. 6a; Mayer in Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl. 2021, § 72a Rn. 10; Lückemann in Zöller, ZPO, § 72a GVG Rn. 2; zu § 119a GVG: BayObLG, Beschluss vom 21. März 2022, 102 AR 196/21, juris Rn. 13; Beschluss vom 15. September 2020, 101 AR 99/20, juris Rn. 22; Beschluss vom 24. Oktober 2019, 1 AR 118/19, juris Rn. 6; OLG Braunschweig, Beschluss vom 8. Februar 2019, 1 W 1/19, juris Rn. 5; OLG Bamberg, Beschluss vom 31. August 2018, 2 ZIV AR 2/18, NJW-RR 2018, 1386 Rn. 18; OLG Hamburg, Beschluss vom 6. August 2018, 6 AR 10/18, juris Rn. 9).
Nach § 119a Abs. 1 GVG sind für die in den Nummern 1 bis 7 genannten Sachgebiete bei den Oberlandesgerichten ein oder mehrere Zivilsenate zu bilden. Dabei handelt es sich um eine gesetzliche Zuständigkeitsregelung, sodass die nähere Eingrenzung und Bestimmung der Spezialzuständigkeiten nicht den Präsidien der Gerichte obliegt (vgl. BT-Drs. 18/11437 S. 45 f.; BayObLG, Beschluss vom 21. März 2022, 102 AR 196/21, juris Rn. 14; Beschluss vom 15. September 2020, 101 AR 99/20, juris Rn. 23; OLG Bamberg NJW-RR 2018, 1386 Leitsatz 1; Conrad-Graf in BeckOK GVG, § 119a Rn. 6; Lückemann in Zöller, ZPO, § 119a GVG Rn. 1 und § 72a GVG Rn. 2). Nach der Begründung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestags werden die Verfahren dem spezialisierten Spruchkörper zugewiesen (BT-Drs. 18/11437 S. 45). Gesetzlich vorgegeben wird dessen funktionelle Zuständigkeit (BayObLG, Beschluss vom 21. März 2022, 102 AR 196/21, juris Rn. 14; Beschluss vom 15. September 2020, 101 AR 99/20, juris Rn. 23; Feldmann in BeckOK GVG, § 72a Rn. 4).
Das für die beteiligten Senate des Oberlandesgerichts Bamberg zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht ist der Bundesgerichtshof, sodass gemäß § 36 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 9 EGZPO das Bayerische Oberste Landesgericht zur Entscheidung im Zuständigkeitsstreit berufen ist.
b) Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung in entsprechender Anwendung der Vorschrift des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor.
Die beteiligten Senate des Oberlandesgerichts Bamberg haben sich insbesondere rechtskräftig für unzuständig erklärt. Ausreichend dafür ist, dass die jeweilige endgültige Leugnung der eigenen Zuständigkeit in den Beschlüssen des 3. Zivilsenats vom 11. März 2022 (Bl. 27 ff. d. A. des OLG Bamberg) und des 1. Zivilsenats (zugleich Senat für Landwirtschaftssachen) vom 3. Mai 2022 (Bl. 36 ff. d. A. des OLG Bamberg) eindeutig zum Ausdruck kommt (vgl. BayObLG, Beschluss vom 21. März 2022, 102 AR 196/21, juris Rn. 17; Beschluss vom 15. September 2020, 101 AR 99/20, juris Rn. 26; Beschluss vom 24. Oktober 2019, 1 AR 118/19, juris Rn. 9; KG NJW-RR 2018, 639 Rn. 6) und diese den Parteien bekanntgegeben worden sind (vgl. BayObLG, Beschluss vom 21. März 2022, 102 AR 196/21, juris Rn. 17; Beschluss vom 15. September 2020, 101 AR 99/20, juris Rn. 26; Beschluss vom 24. Oktober 2019, 1 AR 118/19, juris Rn. 10; KG, Beschluss vom 14. März 2019, 2 AR 6/19, juris Rn. 6; NJW-RR 2018, 639 Rn. 6; OLG Braunschweig, Beschluss vom 8. Februar 2019, 1 W 1/19, juris Rn. 5; OLG München, Beschluss vom 7. Februar 2019, 34 AR 114/18, juris Rn. 10; OLG Hamburg, Beschluss vom 12. Oktober 2018, 6 AR 17/18, juris Rn. 10; OLG Nürnberg, Beschluss vom 18. Juni 2018, 1 AR 990/18, juris Rn. 26; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 23. April 2018, 13 SV 6/18, juris Rn. 13).
2. Funktional zuständig sind die allgemeinen Zivilsenate, da es sich bei dem Rechtsstreit nicht um eine Streitigkeit im Sinne des § 119a Abs. 1 Nr. 4 GVG handelt.
a) § 119a GVG findet Anwendung in der Fassung vom 22. Dezember 2020.
Gemäß § 40a EGGVG sind auf Verfahren, die ab dem 1. Januar 2018 bis einschließlich 31. Dezember 2020 anhängig geworden sind, die §§ 72a und 119a GVG in der bis einschließlich 31. Dezember 2020 geltenden Fassung vom 28. April 2017 anzuwenden. Bezüglich § 119a GVG ist maßgeblich der Zeitpunkt des Anhängigwerdens beim Oberlandesgericht in der Rechtsmittelinstanz (Mayer in Kissel/Mayer, GVG, § 119a Rn. 2). Vorliegend ist die Berufungsschrift am 22. Dezember 2021 beim Oberlandesgericht Bamberg eingegangen.
b) Das Verfahren betrifft keine Streitigkeit aus einem Versicherungsvertragsverhältnis nach § 119a Abs. 1 Nr. 4 GVG.
aa) Mit der Auslegung des § 119a GVG wird eine Entscheidung über den gesetzlichen Richter getroffen. Die Auslegung hat sich daher möglichst nah am Wortlaut und am Willen des Gesetzgebers zu orientieren (BayObLG, Beschluss vom 21. März 2022, 102 AR 196/21, juris Rn. 23; Beschluss vom 15. September 2020, 101 AR 99/20, juris Rn. 32; KG, Beschluss vom 18. Juli 2019, 2 AR 29/19, VersR 2019, 1315 [juris Rn. 9]; vgl. auch Fischer in BeckOK ZPO, § 348 Rn. 16).
Nach dem Wortlaut des § 119a Abs. 1 Nr. 4 GVG ist für das Sachgebiet
„Streitigkeiten aus Versicherungsvertragsverhältnissen“ ein Spezialsenat beim Oberlandesgericht zu bilden.
Nach der Gesetzesbegründung soll die obligatorische Einrichtung der in § 119a Abs. 1 GVG genannten Spezialsenate sicherstellen, dass eine häufigere Befassung mit einer bestimmten Materie eintritt, um eine Qualitätssteigerung zu erreichen (BT-Drs. 18/11437 S. 44 ff.). Gerichtliche Verfahren erforderten in vielen Bereichen neben der Kenntnis des Prozessrechts und des materiellen Rechts ein tiefgreifendes Verständnis für die zu beurteilenden Sachverhalte sowie die damit verbundenen speziellen rechtlichen, naturwissenschaftlichen und technischen Fragestellungen. Mit der Spezialisierung werde die Qualität richterlicher Arbeit gesteigert und eine effiziente Verfahrensführung begünstigt (BT-Drs. 19/13828 S. 14). Die Regelungen in §§ 72a, 119a GVG dienten dem Zweck, eine effiziente und ressourcensparende Bearbeitung und Entscheidung von Verfahren dadurch zu fördern, dass innerhalb eines Gerichts eine häufigere Befassung der entscheidenden Spruchkörper mit den genannten Materien eintrete (BT-Drs. 19/13828 S. 22 f.).
Bei der Auslegung des § 119a Abs. 1 Nr. 4 GVG ist das Begriffsverständnis nach § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. h) ZPO heranzuziehen (vgl. BT-Drs. 18/11437 S. 46, 45; vgl. BayObLG, Beschluss vom 21. März 2022, 102 AR 196/21, juris 24; Beschluss vom 15. September 2020, 101 AR 99/20, juris Rn. 33). Wie auch bei Schaffung des § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. h) ZPO durch Gesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) war es bei Einfügung der §§ 72a, 119a GVG zum 1. Januar 2018 durch Gesetz vom 28. April 2017 (BGBl. I S. 969) Wille des Gesetzgebers, Streitigkeiten über Ansprüche aus Versicherungsverhältnissen zwischen dem Versicherungsnehmer, dem Versicherten oder dem Bezugsberechtigten und dem Versicherer zu erfassen (BT-Drs. 18/11437 S. 46, 45; BT-Drs. 14/4722 S. 89; vgl. KG, Beschluss vom 18. Juli 2019, 2 AR 29/19, VersR 2019, 1315 [juris Rn. 11]; Beschluss vom 15. April 2019, 2 AR 9/19, juris Rn. 6 f.; Stackmann in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 348 Rn. 62; Feldmann in BeckOK GVG, § 72a Rn. 16; Wittschier in Musielak/Voit, ZPO, § 348 Rn. 14; Hunke in Anders/Gelhle, ZPO, 80. Aufl. 2022, § 72a GVG Rn. 8; Lückemann in Zöller, ZPO, § 72a GVG Rn. 7; Mayer in Kissel/Mayer, GVG, § 72a Rn. 8). Gemäß § 119a Abs. 1 Nr. 4 GVG sollen ergänzend zu der Regelung in § 348 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO (gemeint: § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO) auch Streitigkeiten über Ansprüche aus Versicherungsvermittlung und -beratung im Sinn des § 59 VVG, auch soweit dafür außervertragliche Schadensersatzansprüche Entscheidungsgrundlage seien, umfasst sein (vgl. BT-Drs. 18/11437 S. 46, 45). Nach der Gesetzesbegründung zu § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. h) ZPO rechtfertige sich die Bestimmung durch die vom Schuldrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches abweichenden spezialgesetzlichen Regelungen, die erforderliche Kenntnis einer umfangreichen Rechtsprechung im Bereich der Obliegenheitsverletzungen und auch durch die erforderliche Sachkenntnis bei der Beurteilung medizinischer Befunde etwa im Rahmen einer Berufsunfähigkeitsversicherung (vgl. BT-Drs. 14/4722 S. 89).
Maßgebend ist – wie bei § 348 ZPO und § 13 GVG – der Vortrag der Klagepartei (BayObLG, Beschluss vom 21. März 2022, 102 AR 196/21, juris Rn. 26; Beschluss vom 15. September 2020, 101 AR 99/20, juris Rn. 33; zu § 348 ZPO: Bartels in Stein/Jonas, ZPO, § 348 Rn. 18; Büscher in Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2022, § 348 Rn. 44; Fischer in BeckOK ZPO, § 348 Rn. 16; Greger in Zöller, ZPO, § 348 Rn. 8; zu § 13 GVG: BGH, Beschluss vom 22. März 1976, GSZ 2/75, BGHZ 67, 81 [84, juris Rn. 28]; zu § 17a Abs. 6 GVG: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 1. Dezember 2011, I-10 W 149/11, juris Rn. 10).
bb) Nach diesen Grundsätzen ist der Berufungsrechtsstreit nicht als Streitigkeit aus einem Versicherungsvertragsverhältnis im Sinne des § 119a Abs. 1 Nr. 4 GVG zu qualifizieren.
(1) Für die Beurteilung, ob für das Berufungsverfahren eine gesetzliche Spezialzuständigkeit besteht, ist der Umstand, dass erstinstanzlich die für Ansprüche aus Versicherungsverträgen zuständige Kammer tätig war, ohne rechtliche Bedeutung. § 119a Abs. 1 GVG knüpft nicht formell an eine erstinstanzliche Entscheidung einer Spezialkammer nach § 72a GVG an (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 8. Februar 2019, 1 W 1/19, juris Rn. 6; Lückemann in Zöller, ZPO, § 119a GVG Rn. 2).
(2) Die Parteien streiten nicht um Ansprüche aus Versicherungsvermittlung oder – beratung im Sinne des § 59 VVG, sodass dahinstehen kann, ob der Gesetzgeber im Wortlaut der Bestimmung seinen Willen hinreichend klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, dass auch diese Streitigkeiten von § 119a Abs. 1 Nr. 4 GVG umfasst sein sollen (dies verneinend: KG, Beschl. V. 18. Juli 2019, 2 AR 29/19, VersR 2019, 1315 [juris Rn. 11]; Stackmann in Münchener Kommentar zur ZPO, § 348 Rn. 62; Mayer in Kissel/Mayer, GVG, § 72a Rn. 8; grundsätzlich bejahend, aber für eine Streitigkeit des Versicherers mit dem Makler, Berater oder Vertreter verneinend: OLG München, Beschluss vom 7. Februar 2019, 34 AR 114/18, juris Rn. 13; bejahend: Wittschier in Musielak/Voit, ZPO, § 348 Rn. 14; Hunke in Anders/Gehle, ZPO, § 72a GVG Rn. 8).
(3) Eine Streitigkeit gemäß § 119a Abs. 1 Nr. 4 GVG liegt nicht vor, weil es sich bei der von der Klägerin geltend gemachten Forderung auf Ausgleich wegen Mehrfachversicherung gemäß § 78 Abs. 2 VVG bzw. in entsprechender Anwendung der Vorschrift nicht um einen Anspruch „aus einem Versicherungsvertragsverhältnis“ handelt. Die in der Gesetzesbegründung enthaltene Formulierung „aus“ „Versicherungsvertragsverhältnissen“ setzt das Vorliegen eines Versicherungsvertrags voraus, aus dem die betreffenden Ansprüche abgeleitet werden (vgl. OLG München, Beschluss vom 7. Februar 2019, 34 AR 114/18, juris Rn. 13). Das ist hier nicht der Fall.
(a) Gemäß § 78 Abs. 2 Satz 1 VVG sind sich Versicherer kraft Gesetzes als Gesamtschuldner untereinander zum Ausgleich verpflichtet. Für das Innenverhältnis gilt Abs. 2 Satz 1 anstelle des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB; im Übrigen sind die §§ 423 bis 426 BGB anwendbar (Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl. 2021, § 78 Rn. 18). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu §§ 59 und 67 VVG a. F. geht die Ausgleichsregel des § 78 Abs. 2 VVG der Bestimmung des § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG vor (vgl. BGH, Urt. v. 23. November 1988, IVa ZR 143/87, VersR 1989, 250 [juris Rn. 10]; Halbach in Münchener Kommentar zum VVG, 3. Aufl. 2022, § 78 Rn. 14, 16 und 28; vgl. auch Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, § 78 Rn. 18, der § 426 Abs. 2 BGB für anwendbar hält).
(b) Zwar ist Voraussetzung eines Ausgleichsanspruchs nach § 78 Abs. 2 VVG, dass mehrere Versicherungsverträge bestehen, mit denen das Interesse gegen dieselbe Gefahr und damit mehrfach versichert ist. Jedoch rührt die Ausgleichsforderung zwischen den Versicherern nicht unmittelbar aus diesen Versicherungsverträgen her, sodass es sich bei dieser nicht um einen Anspruch aus einem Versicherungsvertragsverhältnis im Sinne des § 119a Abs. 1 Nr. 4 GVG handelt (vgl. KG, Beschluss vom 15. April 2019, 2 AR 9/19, VersR 2019, 775 [juris Rn. 6 ff.] zum Rückgriffsanspruch einer Kfz-Haftpflichtversicherung nach § 426 BGB, § 115 Abs. 1 Satz 4, § 116 Abs. 1 VVG gegen den Fahrer wegen Obliegenheitsverletzung; vgl. Lückemann in Zöller, ZPO, § 72a GVG Rn. 7, der eine Anwendbarkeit des § 72a Abs. 1 Nr. 4 GVG auf gesetzliche Rückgriffsansprüche des Versicherers verneint). Dass Ansprüche, die nicht in engem und nur mittelbarem Zusammenhang mit einem Versicherungsvertrag stehen, § 119a Abs. 1 Nr. 4 GVG nicht unterfallen, steht auch mit dem Willen des Gesetzgebers im Einklang, dass Streitigkeiten zwischen dem Versicherungsnehmer, dem Versicherten oder dem Bezugsberechtigten einerseits und der Versicherung andererseits umfasst sein sollen. Der klägerische Anspruch ist nicht gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft als Partei des Gebäudeversicherungsvertrags gerichtet.
Aus den Darlegungen der Klagepartei zu § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG folgt nichts anderes. Es werden bereits keine auf die Klägerin übergegangenen Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen die Haftpflichtversicherung ihres Mitglieds geltend gemacht; das Bestehen eines Direktanspruchs der Geschädigten gegen die beklagte Haftpflichtversicherung ist nicht ersichtlich (vgl. im Übrigen Lückemann in Zöller, § 72a GVG Rn. 7 und Greger in Zöller, ZPO, § 348 Rn. 16, die eine Anwendbarkeit des § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. h) ZPO und des § 72a Abs. 1 Nr. 4 GVG auf Direktansprüche des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers verneinen).
Zwar kann es im Rechtsstreit gegebenenfalls inzident eine Rolle spielen, ob Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen das Mitglied, das den Schaden verursacht hat, auf die Klägerin als Gebäudeversicherer der Wohnungseigentümergemeinschaft übergegangen sind, bzw., ob die Klägerin wegen konkludenten Regressverzichts daran gehindert ist, für den übergegangenen Schadensersatzanspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen ihr Mitglied einen Vollstreckungstitel zu erwirken und so mittelbar (§§ 100, 106 Sätze 1 und 2 VVG) oder über die Pfändung und Überweisung des Deckungsanspruchs in den Genuss der Haftpflichtversicherungsleistung zu kommen (vgl. BGH, Urt. v. 13. September 2006, IV ZR 273/05, BGHZ 169, 86 Rn. 7 zu § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG a. F. im Zusammenhang mit der Erörterung eines Regressverzichts des Gebäudeversicherers gegenüber einem Mieter). In diesem Zusammenhang könnte zudem die Auslegung des konkreten Gebäudeversicherungsvertrags von Relevanz sein. Allerdings wären diese Erwägungen nur Vorfrage für die rechtliche Bewertung, ob ein anteiliger Ausgleich zwischen den beiden Versicherern entsprechend den Grundsätzen der Doppelversicherung des § 78 Abs. 2 VVG geboten ist. Der Streitgegenstand betrifft den Gebäudewie auch den Haftpflichtversicherungsvertrag somit nur mittelbar und steht mit diesen Verträgen in keinem hinreichend engen Zusammenhang. Eine Streitigkeit aus einem Versicherungsvertragsverhältnis liegt nicht vor.
Eine andere Bewertung folgt nicht aus dem Begriffsverständnis des mit Gesetz vom 29. November 2007 (BGBl. I S. 2631) zum 1. Januar 2009 in das neue Versicherungsvertragsgesetz aufgenommenen § 215 VVG (unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 215 VVG möglicherweise a. A. auch für einen Fall wie den vorliegenden: Piontek, r+s 2019, 546 [548], der u. a. für den Rückgriffsanspruch einer Kfz-Haftpflichtversicherung nach § 426 BGB, § 115 Abs. 1 Satz 4, § 116 Abs. 1 VVG gegen den Fahrer wegen Obliegenheitsverletzung [vgl. KG VersR 2019, 775] eine gesetzliche Sonderzuständigkeit nach § 119a Satz 1 Nr. 4 GVG begründet sieht). § 215 VVG bestimmt einen örtlichen Gerichtsstand für Klagen „aus dem Versicherungsvertrag oder der Versicherungsvermittlung“. Für „Klagen gegen den Versicherungsnehmer“ wird ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dieser Begriff, wenn es um einen Versicherungsvertrag geht, zwar insofern weit auszulegen, als er alle Ansprüche umfasst, bei denen das Bestehen, Nichtbestehen oder Nichtmehrbestehen eines Versicherungsverhältnisses auch nur die Rolle einer klagebegründenden Behauptung spielt. Der Bundesgerichtshof erläutert dies aber dahin, dass sich die Zuständigkeitsbestimmung auf Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Anbahnung, dem Abschluss, der Durchführung oder der Rückabwicklung eines Versicherungsvertrags erstrecke. Dies betreffe auch Ansprüche aus gesetzlichen Schuldverhältnissen, sofern diese im Zusammenhang mit dem Versicherungsvertrag stünden, wie z. B. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung nach Widerspruch oder aus deliktischer Haftung; erfasst sei auch eine Klage, die auf Schadensersatz aus Beratungsverschulden bei Anbahnung des Versicherungsvertrags bzw. Prospekthaftung im weiteren oder engeren Sinn gestützt sei. Unabhängig davon, ob man letztere als quasivertraglich oder – deliktisch qualifiziere, so der Bundesgerichtshof, stünden sie in engem Zusammenhang mit dem Versicherungsvertrag, von dessen Abschluss sie unmittelbar abhingen (vgl. BGH, Urt. v. 8. März 2017, IV ZR 435/15, BGHZ 214, 160 Rn. 15 f.; vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 25. Juni 2018, 32 SA 16/18, juris 9; OLG München, Urt. v. 17. Dezember 2015, 14 U 3409/14, juris Rn. 43). Vorliegend kann offenbleiben, ob die Erwägungen zu § 215 VVG bei der Auslegung des § 119a Abs. 1 Nr. 4 GVG herangezogen werden können (vgl. Stackmann in Münchener Kommentar zur ZPO, § 348 Rn. 62 i. V. m. Fußnote 81). Wie bereits ausgeführt, ist § 119a Abs. 1 Nr. 4 GVG eng und nicht weit auszulegen, da es sich um eine Bestimmung handelt, die den gesetzlichen Richter festlegt. Der Gesetzgeber stellt in der Gesetzesbegründung auch nicht auf § 215 VVG, sondern auf das Begriffsverständnis des § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. h) ZPO ab. Jedenfalls geht es nicht um den Abschluss, die Durchführung oder die Rückabwicklung eines Versicherungsvertrags in dem vom Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung ausgeführten Sinn. Der von der Klägerin geltend gemachte gesetzliche Ausgleichsanspruch rührt anders als Schadensersatzansprüche aus Delikt, vorvertraglichem Aufklärungsverschulden oder Prospekthaftung im Zusammenhang mit einem Versicherungsvertrag nicht unmittelbar aus einem Versicherungsvertragsverhältnis, sondern aus einem gesetzlich angeordneten Gesamtschuldverhältnis her. Entsprechendes gilt für einen Vergleich der streitgegenständlichen Ausgleichsforderung zwischen den Versicherern mit Ansprüchen von Versicherungsnehmern gegen die Versicherung auf Beitragsrückerstattung oder Verzinsung aus ungerechtfertigter Bereicherung nach Widerspruch gegen einen Versicherungsvertrag.
Obwohl somit im vorliegenden Fall auch Fragestellungen versicherungsrechtlicher Art von zentraler Bedeutung sein mögen, rechtfertigt dies nicht die Anwendung des § 119a Abs. 1 Nr. 4 GVG (vgl. OLG München, Beschluss vom 7. Februar 2019, 34 AR 114/18, juris Rn. 14).
3. Über die Frage, welcher konkrete Senat nach dem Geschäftsverteilungsplan des Oberlandesgerichts Bamberg zuständig ist, ist nicht im Zuständigkeitsbestimmungsverfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu entscheiden. Vielmehr hätte hierüber im Streitfall allein das zur Auslegung des Geschäftsverteilungsplans berufene Präsidium zu befinden. Die Entscheidung beschränkt sich daher darauf, die allgemeinen – also nicht mit einer gesetzlichen Sonderzuständigkeit nach § 119a Abs. 1 GVG betrauten – Zivilsenate des Oberlandesgerichts für zuständig zu erklären, ohne die Zuständigkeit eines konkreten Spruchkörpers zu bestimmen (vgl. KG VersR 2019, 775 [juris Rn. 9]).


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