Handels- und Gesellschaftsrecht

Verjährungsbeginn bei Schadensersatz im Rahmen des sogenannten “Dieselskandals”

Aktenzeichen  20 U 5741/19

Datum:
3.12.2019
Fundstelle:
MDR – 2020, 348
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 195, § 199 Abs. 1 Nr. 2

 

Leitsatz

Die Verjährung der Ansprüche im Rahmen des sogenannten “Dieselskandals” beginnt mit dem allgemeinen Bekanntwerden des sogenannten “Dieselskandals”, weil nicht vorstellbar ist, dass ein in Deutschland lebender Kunde bis Ende des Jahres 2015 ohne grobe Fahrlässigkeit keine Kenntnis von dem “Skandal” hatte.  (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

54 O 691/19 2019-09-06 Urt LGLANDSHUT LG Landshut

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 6. September 2019, Az. 54 O 691/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis 10. Januar 2020.

Gründe

Entgegen der Ansicht der Berufung hat das Landgericht die Klage ohne Rechtsfehler wegen Verjährung abgewiesen.
Zwar weist die Berufung zutreffend darauf hin, dass grundsätzlich diejenige Partei, die sich auf Verjährung beruft, die Voraussetzungen für den Verjährungseintritt darzulegen und zu beweisen hat. Dies kann der Berufung allerdings selbst dann, wenn ihr Vortrag zuträfe, dass die Beklagte vorliegend nichts zur Begründung ihrer Einrede vorgebracht habe, nicht zum Erfolg verhelfen.
Denn vorliegend besteht die Besonderheit, dass der individuelle Verjährungsbeginn, d.h. der Zeitpunkt der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Gläubigers von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners, § 199 Abs. 1 BGB, regelmäßig mit dem unstreitigen Zeitpunkt des allgemeinen Bekanntwerdens des „Dieselskandals“ übereinstimmt. Denn über die der Beklagten vorgeworfene Täuschung wurde ab Herbst 2015 umfassend in sämtlichen Medien berichtet; dass ein in Deutschland lebender Kunde des Konzerns hiervon keine Kenntnis gehabt haben sollte, ihm jedenfalls nicht grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB vorzuwerfen wäre, ist nicht vorstellbar.
Damit ist jedenfalls für das Jahresende 2015 von Verjährungsbeginn bezüglich des klägerischen Anspruchs auszugehen; die Verjährung endete mit dem Schluss des Jahres 2018, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB. Die erst im März 2019 erhobene Klage konnte die bereits abgelaufene Verjährung nicht mehr unterbrechen.
Der Senat regt an, die Berufung zurückzunehmen. Auf Ziffer 1222 des Kostenverzeichnisses wird hingewiesen.


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