Aktenzeichen 26 O 21111/15
HGB § 340k
KWG § 29
Leitsatz
1 Haben die Parteien einen Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen, bei dem die Abrechnung nach Zeitaufwand zu erfolgen hat, ist es für den Vergütungsanspruch des Auftragnehmers unerheblich, ob die Leistungen in zeitlicher Hinsicht ineffizient waren. Dies kann lediglich Schadensersatzansprüche des Auftraggebers wegen Schlechterfüllung begründen, mit denen ggf. aufgerechnet werden könnte. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
2 Tätigkeiten des mit der Prüfung des Jahresabschlusses eines Unternehmens beauftragten Wirtschaftsprüfers, die die Vorbereitung der Prüfungsunterlagen betreffen (u.a. die EDV-mäßige Vorbereitung), erfordern inhaltliche Kenntnisse zur Prüfungsarbeit und können daher nicht auf das Sekretariat delegiert werden. Die Durchführung dieser Tätigkeiten durch Prüfungsassistenten ist daher erforderlich und von dem Auftraggeber mit dem entsprechenden Stundensatz zu vergüten. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
3 Verhindert der Auftraggeber die Fertigstellung des Prüfberichts, indem er den Betrieb seines Unternehmens einstellt, kann er sich nicht auf die fehlende Fälligkeit der Vergütungsforderung des Wirtschaftsprüfers berufen. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 29.181,37 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 24,09.2015 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
1. Beschluss
Der Streitwert wird auf 29.181,37 € festgesetzt.
Gründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
Die Klägerin kann aus §§ 675, 611 BGB Zahlung von 29.181,37 € verlangen.
1. Die Parteien haben im schriftlichen Wege am 29.07.2014 einen Vertrag über die Erbringung von Wirtschaftsprüfungsleistungen für den Jahresabschluss 2011 und den Lagebericht 2011 geschlossen (Anlage K1).
2. Die Klägerin hat zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass sie für die vereinbarte Prüfung mindestens 152,50 h durch ihre Mitarbeiter … und … aufgewandt hat ( … 169 h, … 60,5 h, 15 h und … 8 h, vgl Stundenaufstellung Anlage K2). Auch davon, dass die Parteien die Stundensätze für die Mitarbeiter wie von der Klägerin vorgebracht vereinbart haben, ist das Gericht nach der durchgeführten Beweisaufnahme überzeugt. Dies waren für den Wirtschaftsprüfer … 200 €, für den Zeugen … 180 € und für die weiteren Mitarbeiter (hier … und …) 110 €.
a) (1) Der Zeuge … , den das Gericht für glaubwürdig erachtet, gab in seiner uneidlichen Einvernahme am 04.05.2016 an, er selber sei zwei Mal vor Ort bei der Beklagten gewesen. Das erste Mal sei am 31.07.2014 gewesen. Dies tauche in der Aufstellung in der Anlage K2 noch nicht auf, weil die Zeiten erst nach Anlage eines Vertrags gebucht würden. Die Zeit vom 31.07.2014 sei zum 27.08.2014 gerechnet worden. Am 28.08.2014 sei er das zweite Mal vor Ort gewesen. Er meine, ca. 4 h vor Ort gewesen zu sein. Die reine Reisezeit werde dem Kunden nicht belastet. Der Rest der Zeiten sei Vor- und Nachbereitung. Die nachfolgenden Zeiten für ihn seien vorwiegend Review gewesen. Ferner seien diese Zeiten angefallen für Telefonate mit der … und der Bundesbank. Ferner sei die Abstimmung des Prüfungsteams erfasst. Die Zeiten würden gerundet.
Das Gericht hält die Angaben des Zeugen … auch für glaubhaft. Die Angaben zu den Zeiten vor Ort stimmen schon im Wesentlichen überein mit der eigenen Aufstellung des Geschäftsführers der Beklagten. (Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26.10.2016). Sie werden weiter bestätigt durch die Angaben der uneidlich einvernommenen Zeugin …M Diese bestätigte für das Gericht glaubhaft der Zeuge … sei zwei Mal da gewesen. Einmal sei vormittags gewesen und nicht sehr lang, ca. 2 h. In den ihr vorliegenden Unterlagen (dem Gericht vorgezeigt) sei auch für den 31.07.2014 ein Termin mit … eingetragen.
Das Gericht hält auch die Angaben des Zeugen … seinen übrigen Zeiten (d.h. nicht vor Ort) für glaubhaft. Dem Gericht ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Wahrnehmung von Besprechungsterminen Vorbereituhgszeit erfordert, die gleichfalls zu vergüten ist. Der etwa für die Zeit bis zum zweiten Termin angesetzte Aufwand von 8 h der die Zeit vor Ort des ersten Termins und alle Vor- und Nachbereitung beinhaltet, ist ohne weiteres glaubhaft. Plausibel ist für das Gericht auch die Angabe des Zeugen … zu seinen Review-Zeiten (nach Vorbringen der Klägerin insbesondere 01., 02., 04.. 05.09.2014). Zu diesem Zeitpunkt waren der Prüfer … und der Prüfassistent … auch nach Vorbringen der Beklagten bereits vor Ort gewesen. Dass der Schwerpunkt der Tätigkeit eines Wirtschaftsprüfers schon aus Kostengründen für die Kunden nicht in der eigenen Vor-Ort-Prüfung liegt, sondern in der Überprüfung und Bewertung der Arbeitsergebnisse der Zuarbeiten ist glaubhaft. Auch die weiteren Zeiten des Zeugen … ab Mitte September 2014 bis Anfang November 2014 sind zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen. Aufgabe des Zeugen … ( (war neben dem Review der Prüfergebnisse seiner Assistenten insbesondere auch die Bearbeitung aufsichtsrechtlicher Fragen als Teil der Prüfung. Eben solche Arbeiten erbrachte der Zeuge … nach seinen Angaben in der Zeugeneinvernahme. Die vom Zeugen … weiter vorgebrachten Besprechungen mit der … und der Bundesbank sowie die Nachfrage nach Unterlagen werden plausibilisiert durch die vorgelegten E-Mails (insbesondere Anlagen K13, K15, K16, K19, K21-K23). Das Gericht vermag insoweit auch nicht die Auffassung der Beklagten zu teilen, dass für das Schreiben einer E-Mail oder ein Telefonat nicht Zeiten wie von der Klägerin vorgebracht angefallen sein können. Es mag zutreffen, dass die eigentliche Dauer der Telefonate und der Schreibzeit der E-Mails nicht die Summe der angesetzten Stunden ergibt. Zu berücksichtigen ist aber, dass etwa Telefonate mit einer Aufsichtsbehörde vor- und nachzubereiten sind, wofür auch erheblicher Zeitaufwand anfällt Gleiches gilt für die Kommunikation mit dem Mandanten.
(2) Das Gericht ist von den aufgewandten Zeiten der Zeugin … insbesondere nach ihrer uneidlichen Einvernahme im Termin vom 01,07.2016 überzeugt. Die Zeugin … machte ihre Aussage ruhig und sachlich sowie in sich stimmig. Das Gericht hält die Zeugin … für glaubwüdrig. Die für die Zeugin … abgerechneten 8 h für die IT-Prüfung sind ohne weiteres glaubhaft. Die Angabe der Zeugin, ein Mal vor Ort gewesen zu sein und hier ca. 6 h gearbeitet zu haben, stimmt schon überwiegend überein mit der Aufzeichnung des Geschäftsführers der Beklagten, der 5 h vor Ort notierte. Dass die Vor-Ort-Prüfung vorzubereiten war, ist offenkundig, der angesetzte Zeitaufwand von 2 h hierfür auch plausibel. Es ist weiter darauf hinzuweisen, dass sich bereits aus der Akte weitere Arbeiten der Zeugin … ergeben, für die gleichfalls vergütungspflichtige Stunden angefallen sind, die nach Angaben der Zeugin der Beklagten gar nicht mehr in Rechnung gestellt wurden (vgl. etwa die Anfrage per E-Mail Anlage K18).
(3) Von den Zeiten des Zeugen … ist das Gericht ebenfalls nach der durchgeführten Beweisaufnahme überzeugt. Der uneidlich einvernommene Zeuge …, den das Gericht für glaubwürdig hält, gab an, er sei vom 06.-14.08.2014 vor Ort zur Prüfung gewesen. Er habe dort pro Tag zwischen 8 und 8,5 h gearbeitet. Wieviel Stunden insgesamt zusammengekommen seien, könne er nicht sagen. Er erfasse seine Zeiten im …-System, wobei er bei den Terminen vor Ort zur Notiz Handzettel verwende. Vor dem ersten Termin vor Ort habe er sich in den, Fall einarbeiten müssen. Der Aufwand sei größer als bei anderen Prüfungen gewesen, weil es eine Erst- und keine Folgeprüfung gewesen sei. Er habe hierzu auch den Bericht der Vorprüfungsgesellschaft durchlesen müssen. Ferner habe er die Prüfungsstruktur im Programm … anlegen müssen. Dies müsse er selber machen, da er nachfolgend auch mit den angelegten Strukturen zu arbeiten habe. Diese Arbeiten kosteten einen halben bis dreiviertel, evtl. sogar einen ganzen Tag. Seine Zeiten erfasse er normalerweise ein Mal pro Woche.
Die vom Zeugen … für die Prüfung vor Ort angegebenen Zeiten werden bestätigt durch die Zeugin … Die Prüfer seien ihrer Erinnerung nach 6-7 Tage vor Ort gewesen. Sie seien ca. gegen 08.30 Uhr morgens gekommen und hätten noch gearbeitet, wenn sie um 16 oder 17 Uhr gegangen sei. Mittags hätten sie eine Pause gemacht. Die Prüfer seien am Stück da gewesen, d.h. nicht mit Lücken in den einzelnen Tagen. Die vom Zeugen … angegebene Arbeitszeit vor Ort wird weiter jedenfalls der Dimension nach bestätigt durch die eigene Aufstellung des Geschäftsführers der Beklagten.
Für das Gericht ist auch .ohne weiteres nachvollziehbar, dass für die Vorbereitung der Prüfung sowie die Anlage der Prüfungsstruktur in der Prüfungssoftware Vorarbeiten anfallen. Der vom Zeugen genannte Arbeitsaufwand von einem halben bis dreiviertel Tag entspricht relativ genau den von der Klägerin hierfür abgerechneten 7 h.
(4) Das Gericht ist zuletzt auch von der Richtigkeit der von der Klägerin für den Zeugen … abgerechneten Stunden überzeugt. Der Zeuge …, der nicht mehr bei der Klägerin arbeitet, gab an, nicht mehr genau zu wissen, wie häufig er vor Ort gewesen sei. Evtl. sei dies zwei Mal gewesen. Erinnerlich seien für ihn 15 Stunden angefallen. Er habe seine Zeiten monatlich im System erfasst; zuvor habe er diese handschriftlich notiert.
Demgegenüber gab die Zeugin … an, ihrer Erinnerung nach seien beide Herren (d.h. die Zeugen …) schon im Wesentlichen gleich da gewesen. Diese Angabe wird bestätigt durch die Aufstellung des Geschäftsführers der Beklagten, die für den Zeugen … eine durchgehende tägliche Anwesenheit vom 6.-14.08.2014 mit Ausnahme des 08.08.2014 ausweist. Schon die dort erfassten Stunden übersteigen die von der Klägerin für den Zeugen … abgerechneten Stunden bei weitem. Das Gericht geht davon aus, dass der Zeuge … tatsächlich nicht alle Stunden vor Ort erfasste, sondern dies teilweise vergaß. Er war von seiten der Zeugen auch der einzige, der seine Zeiten erst mit deutlichem Abstand erfasste, so dass ein Irrtum dem Gericht am wahrscheinlichsten erscheint. Hierauf kommt es jedoch nicht an, da in der Gesamtschau der Beweisaufnahme für das Gericht die Überzeugung zu bilden war, dass der Zeuge … mindestens 15 h arbeitete und mehr für ihn nicht abgerechnet wurden.
b) Das Gericht ist zudem auf Grund der Angaben des Zeugen … davon überzeugt, dass wie von der Klägerin vorgebracht im Rahmen der Auftragserteilung der Zeuge … die Höhe des Stundensatzes für ihn, den Zeugen … und die weiteren, namentlich damals noch nicht festgelegten Mitarbeiter vorgestellt hatte und der Geschäftsführer der Beklagten dieser Vergütung zustimmte. Der Zeuge … gab hierzu an, dies sei im Rahmen der Nachfrage des Geschäftsführer … zu der Zusammensetzung der kalkulierten 30.000 €. erfolgt. … habe gesagt, die Sätze lägen unterhalb der Sätze der Vorprüfer.
Das Gericht hält diese Angaben des Zeugen … für glaubhaft. Unschädlich ist, dass in dem schriftlichen Vertrag (Anlage K1) die Stundensätze selber nicht genannt sind. Eine mündliche Vereinbarung der Stundensätze ist wirksam,
3. Die angesetzten Zeiten waren auch für die Prüfung erforderlich. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Parteien eine Abrechnung nach Zeitaufwand vereinbart haben. Inwieweit die Leistungen der Klägerin nicht zeitlich, effizient waren, spielt daher nur über einen etwaigen Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen die Klägerin wegen Schlechterfüllung eine Rolle, mit dem sie gegen die Vergütungsforderung aufrechnen könnte. Die Voraussetzungen eines solchen Anspruches sind jedoch nicht dargetan. Zunächst ist von Seiten des Gerichts darauf hinzuweisen dass das Gericht davon ausgeht, dass die Klägerin an dem gegenständlichen Mandat tatsächlich deutlich länger gearbeitet hat, als von ihr letztlich abgerechnet. Die Stundenaufstellung der Klägerin hört am 06.11.2014 auf, obwohl sich aus den von beiden Seiten vorgelegten Mails ergibt, dass nachfolgend noch Arbeiten zur Erstellung des Prüfberichts erfolgten. Diese wurden der Beklagten nicht mehr fakturiert. Weiter ist den vorgelegten E-Mails zu entnehmen, dass ein erheblicher Aufwand entstand, weil der Klägerin nötige Unterlagen zur Prüfung fehlten und diese auch nicht ohne weiteres zu beschaffen waren (vgl. nur die E-Mails des Geschäftsführers der Beklagten Anlage K17, K20).
Das Gericht teilt auch nicht die Auffassung der Beklagten, sie habe für „Sekretariatsaufgaben“ nicht zu bezahlen bzw. picht die hohen Stundensätze der Prüfungsassistenten. Für das Gericht ist die Angabe des Zeugen … hierzu, er müsse als Prüfer die Prüfungsunterlagen vorbereiten und entsprechende Ordnerstrukturen im Programm … schaffen, ohne weiteres nachvollziehbar. Hierbei handelt es sich um eine Tätigkeit, die inhaltliche Kenntnisse zur Prüfungsarbeit erfordert. Dies kann kaum auf eine Sekretärin delegiert werden. Im Übrigen ist der hierfür angesetzte Aufwand mit insgesamt 7 h auch moderat, wobei diese Zeiten auch alle sonstigen Vorbereitungsarbeiten des Zeugen (Lektüre des Berichts der Vorprüfungsgesellschaft, Vorbesprechung etc.) umfassen.
4. Der Vergütungsanspruch der Klägerin ist fällig. Nach dem geschlossenen Vertrag sollte die Vergütung der Klägerin inkl. Auslagen und Umsatzsteuer mit Erhalt des Prüfberichts fällig werden. Dieser liegt vor (Anlage K9) und ist der Beklagten übersandt worden.
Unschädlich ist, dass der Prüfbericht durchgehend mit dem Aufdruck „Entwurf“ bezeichnet ist, Die Klägerin hat zum Prüfbericht vorgebracht, dieser sei zunächst auf Wunsch der Beklagten nicht fertiggestellt. Die Klägerin hat auch eingeräumt, dass der letztlich übersandte Entwurf erstellt wurde, um Fälligkeit der Vergütung zu begründen. Die Angabe, die Fertigstellung und Übersendung des Prüfberichts sei zunächst auf Grund des Wunsches der Beklagten nicht erfolgt, steht in Übereinstimmung mit der E-Mail des Geschäftsführers der Beklagten vom 24.03,2015 mit angehängtem Schreiben (Anlage K32). Dieses Schreiben musste .die Klägerin so interpretieren, dass die Beklagte die Fertigstellung des Prüfberichts und dessen Übersendung nicht mehr wollte. Bereits zuvor hatte der Geschäftsführer der Beklagten in der E-Mail vom 09.12.2014 (Anlage K27) mitgeteilt, die Prüfung werde abgebrochen, wenn die Finanzdienstleistererlaubnis entzogen werde. Einem Entzug der Erlaubnis kam die Beklagte nachfolgend im Februar 2015 durch eigene Rückgabe zuvor. War es aber gerade die Beklagte, die veranlasste, dass der Prüfbericht nicht fertiggestellt wurde, kann sie sich nicht darauf berufen, das endgültige Exemplar des Prüfberichts liege nicht vor und damit auch keine Fälligkeit der Vergütung der Klägerin.
II.
Die Klägerin kann zudem aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 BGB, 288 Abs. 2 BGB Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlangen. Die Beklagte befand sich jedenfalls auf Grund des Schreibens der Klägerin vom 15.09.2015 ab 24.09.2015 in Verzug.
B.
Die Entscheidung über die Kosten erfolgte nach § 91. ZPO. Über die vorläufige Vollstreckbarkeit war nach § 709 ZPO zu entscheiden.