Aktenzeichen 710 M 4446/16
Leitsatz
Das Begehren einer erneuten Vermögensauskunft gemäß § 802d ZPO setzt ein völlig neues Auskunftsverfahren in Gang. Dazu ist es erforderlich, dass der Gläubiger Tatsachen glaubhaft macht, die auf eine wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse des Schuldners schließen lassen, § 802d Abs. 1 S. 1 ZPO. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Erinnerung der Gläubigerin Sch. M. H. & Co. KG vom 10.10.2016 wird zurückgewiesen.
2. Der Gegenstandswert wird auf bis zu 3.500,00 € festgesetzt.
Gründe
Die Erinnerung (§ 766 Abs. 1 ZPO) ist zulässig, aber unbegründet.
I.
Der Schuldner hat am 13.07.2016 die Vermögensauskunft abgegeben. Der Gläubiger begehrt erneute Abgabe nach § 802d ZPO, nämlich Angaben zur Höhe der öffentlichen Leistungen, die der Schuldner aufgrund mittlerweile ergangenen Leistungsbescheides erhält verbunden mit dem Wegfall einer Unterstützung durch den Bruder, insbesondere solle die auszahlende Stelle angegeben werden, über welche Golf-Ausrüstungsgegenstände der Schuldner verfüge und wo diese aufbewahrt werden, wobei der Gläubiger selbst darauf hinweisen lässt, dass der Schuldner Mitglied bzw. Platzwart im Golfclub L1 ist und wiederholt an Turnieren teilnehme sowie zum Getrenntleben von seiner Ehefrau und den sich daraus ergebenden Wohn- bzw. ehelichen Güterverhältnissen. Es falle die mit der Ehefrau übereinstimmende Adresse auf. Der Gläubiger wolle wissen, ob dies ein Irrtum sei oder ob beide Eheleute unter der gleichen Anschrift in unterschiedlichen Räumlichkeiten leben. Dazu solle eine Kopie des Ehevertrages vom 18.09.2008 zum Vermögensverzeichnis beigefügt und zum Gegenstand der eidesstattlichen Versicherung gemacht werden. Auf die Anlage zum Antrag auf erneute Abgabe einer Vermögensauskunft nach § 802d ZPO wird verwiesen ebenso wie auf den Schriftsatz vom 10.10.2016.
Der Gerichtsvollzieher hat die erneute Aufnahme einer Vermögensauskunft (VAK) abgelehnt und im Rahmen der Nichtabhilfe hierzu mit Schreiben vom 30.09.2016 Stellung genommen. Auf das Schreiben wird Bezug genommen.
Der Gläubiger meint, der Schuldner schulde ihm die erneute VAK samt der genannten Angaben.
II.
Gemäß § 802c ZPO umfasst die Pflicht zur Vermögensauskunft des Schuldners:
„(1) Der Schuldner ist verpflichtet, zum Zwecke der Vollstreckung einer Geldforderung auf Verlangen des Gerichtsvollziehers Auskunft über sein Vermögen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zu erteilen sowie seinen Geburtsnamen, sein Geburtsdatum und seinen Geburtsort anzugeben. Handelt es sich bei dem Vollstreckungsschuldner um eine juristische Person oder um eine Personenvereinigung, so hat er seine Firma, die Nummer des Registerblatts im Handelsregister und seinen Sitz anzugeben.
(2) Zur Auskunftserteilung hat der Schuldner alle ihm gehörenden Vermögensgegenstände anzugeben. Bei Forderungen sind Grund und Beweismittel zu bezeichnen. Ferner sind anzugeben:
1. die entgeltlichen Veräußerungen des Schuldners an eine nahestehende Person (§ 138 der Insolvenzordnung), die dieser in den letzten zwei Jahren vor dem Termin nach § 802f Abs. 1 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat;
2. die unentgeltlichen Leistungen des Schuldners, die dieser in den letzten vier Jahren vor dem Termin nach § 802f Abs. 1 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat, sofern sie sich nicht auf gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke geringen Wertes richteten.
3. Sachen, die nach § 811 Abs. 1 Nr. 1 und 2 der Pfändung offensichtlich nicht unterworfen sind, brauchen nicht angegeben zu werden, es sei denn, dass eine Austauschpfändung in Betracht kommt. „
Danach sind Fragen nur insoweit zulässig, wie sie sich auf die Feststellung des bei der Errichtung des Protokolls über die VAK bestehenden Ist-Bestandes des Vermögens beziehen und eine vollständige Erklärung des Schuldners über sein Vermögen erreichen sollen (Voit in Musielak, Kommentar zur ZPO § 802c Rn. 7). Fragen des Gläubigers müssen auf die konkrete Situation des Schuldners abstellen (BGH BeckRS 2012, 06864).
Ein Antrag auf erneute Auskunft nach § 802d ZPO kann nur bei Glaubhaftmachung einer wesentlichen Änderung Erfolg haben. An diesem Maßstab ist die Erinnerung zu messen. Die Gläubigerin begehrt erneute Vermögensauskunft gemäß § 802d ZPO, welche ein völlig neues Auskunftsverfahren in Gang setzt (Zöller, Kommentar zur ZPO, 31. Auflage, 2016, § 802d ZPO Rn. 12). Dazu ist es erforderlich, dass der Gläubiger Tatsachen glaubhaft macht, die auf eine wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisses des Schuldners schließen lassen, § 802d Abs. 1 Satz 1 ZPO. Solche Tatsachen hat der Gläubiger gegenüber der ursprünglich erteilten Auskunft des Schuldners weder schlüssig vorgetragen noch glaubhaft gemacht.
1. Die Zahlstelle von Sozialhilfeleistungen ist nicht anzugeben (Zöller, Kommentar zur ZPO, 31. Auflage, 2016, § 802c ZPO Rn. 24). Deshalb kann hierauf auch nicht der Anspruch auf erneute Auskunft nach § 802d ZPO gestützt werden. Die Angaben des Schuldners gaben den seinerzeitigen Bearbeitungsstand der bewilligenden Behörde (Job-Center) wieder und waren insoweit weder falsch noch unvollständig, was der Gläubiger auch selbst nicht geltend macht. Der Gesetzgeber hat das Maß an Auskunft, welches ein Schuldner schuldet durch die zeitliche Regelung von 2 Jahren ausgefüllt. Häufigere Auskünfte kann der Gläubiger nicht verlangen, wenn er keine wesentliche Änderung vorträgt. Insbesondere trägt er nicht vor, der Schuldner beziehe keine öffentlichen Leistungen mehr an deren Stelle aber Einkommen. Weiter gab der Schuldner klar an, er habe Arbeitslosengeld II beantragt. Dies lässt auf die gesetzlich gesicherten Mindesteinkünfte schließen. Ein höheres Arbeitslosengeld I, welches abhängig wäre von früheren Erwerbseinkünften ist nach beiderseitiger Darstellung weder beantragt noch wird dies bezogen.
Die Auskunft des Schuldners war deshalb nicht ungenau, unklar oder widersprüchlich im Sinne der Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 03.03.2016, Az. I ZB 74/15). Ob die Angaben des Schuldners falsch oder richtig sind, vermag das Vollstreckungsgericht nicht zu beurteilen. Jedenfalls hat es aufgrund des Vorbringens des Gläubigers nicht den tatsächlichen Anschein der Unrichtigkeit. Ebenso wenig war die Auskunft insoweit unvollständig. Weiter macht der Gläubiger keine wesentliche Veränderung durch Bezug von Alg II-Geld geltend, worauf er den Anspruch auf erneute Auskunft stützt. Deshalb ist die Erinnerung, soweit sie auf den jetzigen Bezug von Alg II- Geld gestützt wird. zurückzuweisen.
2. Der Gläubiger vermag mit seinem Vorbringen innerhalb der Erinnerung auch nicht glaubhaft zu machen, dass im Hinblick auf die Golfausrüstung der Schuldner anderweitige Einkünfte habe oder er wertvolle nicht angegebene Gegenstände besitze. Denn der Schuldner hat hierzu Angaben gemacht und der Gläubiger tut deren Unrichtigkeit nicht dar. Ein allgemeingültiger Erfahrungs- oder Rechtssatz, dass vermögend sein müsse bzw. eine wertvolle Golfausrüstung zu Eigentum oder ausgeliehen haben müsse zum Zeitpunkt der Erteilung einer Vermögensauskunft, wer allgemein an Golf-Turnieren teilnehme, ist dem Gericht nicht bekannt.
Es ist rechtlich wie tatsächlich nicht unmöglich, dass ein Platzwart eine Sportausrüstung im Rahmen eines jeweils kurzzeitigen Überlassungsverhältnisses benutzen darf. Zur Frage nach Sportgeräten hat der Schuldner angegeben, „nur veraltete Geräte ohne besonderen Wert“. Die Frage ist damit klar beantwortet. Auch im Rahmen des § 802d ZPO gilt, dass Sachen, die der Pfändung offensichtlich nicht unterworfen sind, nicht angegeben zu werden brauchen, § 802c Abs. 2 Satz 4 ZPO. Das Vorbringen des Gläubigers zu seinem Antrag nach § 802d ZPO ist insoweit im Tatsächlichen nicht konkret und rechtlich unschlüssig. Spekulatives Vorbringen kann nicht zur Nachbesserung der Vermögensauskunft (VAK) führen, weil es lediglich der Ausforschung dient. Denn § 802d ZPO ist eine Norm mit Eingriffscharakter. In dieser Vorschrift ist genau geregelt, wann der Schuldner eine erneute VAK abzugeben hat. Hieraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass alles, was als unwesentliche Veränderung erscheint, nicht im Rahmen einer erneuten VAK anzugeben ist. Der Schuldner hat den seinerzeitigen Ist-Zustand hinreichend und klar angegeben. Weiter stellt der Gläubiger auch nicht konkret dar, welche wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse sich aus der wiederholten Teilnahme an Turnieren ergeben soll. Nicht dargestellt wird, welche Turniere dies sind. Mit der Frage nach dem Aufbewahrungsort der Gegenstände zielt die Gläubigerin auf eine mögliche Leihe. Insoweit wurde unter Ziffer 6 ebenfalls angegeben, dass allenfalls wertlose Gegenstände ausgeliehen werden.
Weder aus der Tätigkeit als Platzwart noch aus der Teilnahme an Turnieren ergibt sich eine wesentliche Veränderung im Sinne des § 802d ZPO im Rahmen der Würdigung des Vorbringens der Gläubigerin. Denn zu würdigen ist Tatsachenvortrag. Rechtsausführungen ersetzen diesen nicht, insbesondere nicht im Rahmen der Glaubhaftmachung.
3. Soweit die Gläubigerin im Antrag auf Nachbesserung bzw. erneute Abgabe der VAK angibt, der Schuldner habe im Vermögensverzeichnis möglicherweise irrtümlich falsche Angaben gemacht zur Adresse bzw. seinen Wohnverhältnissen, hat die Gläubigerin die Angaben des Schuldners in der VAK sprachlich nicht klar erfasst. Ungenauigkeiten des Gläubigers in der Auslegung der VAK vermögen keinen Nachbesserungsanspruch oder Anspruch auf erneute VAK zu begründen. Des Weiteren schuldet der Schuldner auch keine Kopie des Ehevertrages vom 18.09.2008. Denn insoweit hat der Gesetzgeber die Vorlage von Urkunden nicht angeordnet und eine wesentliche Veränderung tut die Gläubigerin nicht dar und macht sie auch nicht glaubhaft.
Auch insoweit ist die VAK weder unklar noch widersprüchlich oder unvollständig. Eine Unrichtigkeit oder wesentliche Änderung macht die Gläubigerin mit ihrer Erinnerung nicht glaubhaft. Sie vermöchte auch keinen Anspruch auf Nachbesserung zu begründen. Auch insoweit ist seitens der Gläubigerin nur Tatsachenvortrag zuzulassen und keine bloßen Vermutungen oder Hoffnungen auf Veränderung der Lebens- oder Vermögensverhältnisse des Schuldners.
Deshalb ist die Erinnerung der Gläubigerin als unbegründet zurückzuweisen. Zu Recht hat der Gerichtsvollzieher eine Ergänzung der Vermögensauskunft bzw. eine erneute Vermögensauskunft nach § 802d ZPO abgelehnt.