Insolvenzrecht

Versorgungsausgleich in der Insolvenz des ausgleichspflichtigen Ehegatten: Erwerb von Versorgungsanrechten aus einer privaten Altersversorgung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens; notwendige Beteiligung des Insolvenzverwalters am Verfahren über den Versorgungsausgleich; Beginn der Beschwerdefrist für den erstinstanzlich nicht hinzugezogenen Insolvenzverwalter

Aktenzeichen  IX ZR 6/18

Datum:
10.6.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:100621UIXZR6.18.0
Normen:
§ 35 Abs 1 InsO
§ 80 Abs 1 InsO
§ 91 Abs 1 InsO
§ 103 InsO
§ 7 Abs 2 Nr 1 FamFG
§ 59 Abs 1 FamFG
§ 63 Abs 3 S 1 FamFG
§ 219 FamFG
§ 10 Abs 1 VersAusglG
Spruchkörper:
9. Zivilsenat

Leitsatz

1. Versorgungsanrechte können durch eine nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des ausgleichspflichtigen Ehegatten ergehende rechtskräftige Entscheidung zum Versorgungsausgleich im Wege der internen Teilung erworben werden.
2. Der Insolvenzverwalter ist am Verfahren über den Versorgungsausgleich bei der Scheidung zu beteiligen, wenn ein Versorgungsanrecht betroffen ist, welches zur Insolvenzmasse gehören kann.
3. Für einen erstinstanzlich nicht hinzugezogenen Beteiligten, der durch den Beschluss unmittelbar in seinen Rechten beeinträchtigt und daher beschwerdebefugt ist, wird die Beschwerdefrist jedenfalls dann in Lauf gesetzt, sobald ihm die vollständige Entscheidung vorliegt.

Verfahrensgang

vorgehend OLG Düsseldorf, 12. Dezember 2017, Az: I-4 U 119/15vorgehend LG Düsseldorf, 5. Juni 2015, Az: 15 O 356/14

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. Dezember 2017 wird auf Kosten des Klägers, der auch die Kosten der Streithelferin zu tragen hat, zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Der Kläger ist Verwalter in dem am 27. Januar 2010 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. Mit Schreiben vom 26. Februar 2010 lehnte der Kläger die weitere Erfüllung des vom Schuldner mit der Beklagten geschlossenen privaten Rentenversicherungsvertrags unter Berufung auf § 103 InsO ab und forderte die Beklagte zur Auszahlung des Guthabens auf. Noch vor der Auszahlung des Guthabens wurde dem Schuldner am 27. August 2010 der Scheidungsantrag seiner Ehefrau – der Streithelferin – zugestellt.
2
Auf das gerichtliche Ersuchen über die Erteilung von Auskunft über Grund und Höhe von Versorgungsanrechten des Schuldners informierte die Beklagte das Familiengericht über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners und die Kündigung des Versicherungsvertrags durch den Kläger, regte die Beteiligung des Klägers an dem Versorgungsausgleichsverfahren an und bat um Mitteilung, ob die Abwicklung des Versorgungsausgleichs dem Insolvenzverfahren vorzuziehen sei. Mit Beschluss vom 13. Juli 2011, der ohne Beteiligung des Klägers erging, wurde die Ehe des Schuldners geschieden und der Versorgungsausgleich im Verbund geregelt. Dabei teilte das Familiengericht das streitgegenständliche Anrecht des Schuldners bei der Beklagten intern und übertrug zugunsten der Streithelferin ein auf das Ende der Ehezeit bezogenes Anrecht in Höhe von 32.298,20 €. Gegen die Entscheidung wurde kein Rechtsmittel eingelegt.
3
In Umsetzung der Entscheidung zum Versorgungsausgleich änderte die Beklagte den Rentenversicherungsvertrag des Schuldners ab und entnahm den Ausgleichsbetrag von 32.298,20 € zugunsten eines Altersvorsorgevertrags für die Streithelferin. Die Vertragswerte des Schuldners wurden entsprechend reduziert. Im April 2012 fragte der Kläger bei der Beklagten nach dem Stand des Versorgungsausgleichsverfahrens an und forderte sie zur Auskehr der der Insolvenzmasse zustehenden Ansprüche aus der Rentenversicherung auf. Daraufhin zahlte die Beklagte am 30. April 2012 an den Kläger einen Betrag von 37.438,21 € aus, wobei es sich um den unter Berücksichtigung der Vertragsänderung im Rahmen des Versorgungsausgleichs verbliebenen Rückkaufswert der Rentenversicherung handelte.
4
Der Kläger verlangt nunmehr von der Beklagten die Zahlung von 32.298,20 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Anwaltskosten. Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.


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