Europarecht

Schiedsverfahren: Prozessuale Waffengleichheit Teil des verfahrensrechtlichen ordre public

Aktenzeichen  I ZB 88/19

Datum:
23.7.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2020:230720BIZB88.19.0
Normen:
§ 1042 Abs 1 S 1 ZPO
§ 1059 Abs 2 Nr 2 Buchst b ZPO
Art 3 Abs 1 GG
Art 20 Abs 3 GG
Spruchkörper:
1. Zivilsenat

Leitsatz

Der verfassungsrechtliche Grundsatz prozessualer Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, der für das Schiedsverfahren einfachrechtlich in § 1042 Abs. 1 Satz 1 ZPO geregelt ist, gehört zum verfahrensrechtlichen ordre public.

Verfahrensgang

vorgehend KG Berlin, 26. September 2019, Az: 12 Sch 3/19

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 12. Zivilsenats des Kammergerichts vom 26. September 2019 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 851.916,34 € festgesetzt.

Gründe

1
A. Zwischen den Parteien bestand ein Vertrag, mit dem sich die Antragstellerin gegen Zahlung von 1.900.000 € zur Demontage einer HDPE (High-Density-Polyethylene)-Anlage der Antragsgegnerin verpflichtete. Der Vertrag sah in seinem § 7.2 vor, dass Streitigkeiten gemäß der Schiedsordnung der Internationalen Handelskammer (ICC) am Schiedsort Berlin geklärt werden sollten.
2
Nach ihrem Rücktritt vom Vertrag nahm die Antragsgegnerin die Antragstellerin vor dem Schiedsgericht auf Rückzahlung der von ihr geleisteten Anzahlungen und Schadensersatz in Anspruch. Nach mehreren vorbereitenden Telefonkonferenzen fand eine mündliche Verhandlung vor dem Schiedsgericht statt, in der auch Beweis erhoben wurde. Mit Endschiedsspruch vom 30. November 2018 verurteilte das Schiedsgericht die Antragstellerin zur Zahlung von 851.916,34 € nebst Zinsen sowie zur Tragung von drei Vierteln der im Einzelnen bezifferten Verfahrenskosten. Im Übrigen wies es die Schiedsklage ab.
3
Den Aufhebungsantrag der Antragstellerin hat das Kammergericht nach mündlicher Verhandlung mit Beschluss vom 26. September 2019 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin.
4
B. Das Kammergericht hat – soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren relevant – ausgeführt, der Aufhebungsantrag sei nicht begründet, weil Aufhebungsgründe im Sinne des § 1059 Abs. 2 ZPO nicht vorlägen. Der Umstand, dass der Vertreter der Antragstellerin an der Telefonkonferenz am 29. November 2017 nicht und an der Telefonkonferenz vom 30. Januar 2018 nur verspätet teilgenommen habe, begründe keinen aufhebungsrelevanten Gehörsverstoß. Auch hinsichtlich der per Videokonferenz durchgeführten Vernehmung des Zeugen Dr. N.  habe die Antragstellerin aufhebungsrelevante Fehler nicht vorgetragen.
5
C. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO in Verbindung mit § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 1 ZPO) und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auch ansonsten zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2, § 575 ZPO). Sie ist aber unbegründet.
6
I. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, das Kammergericht habe den Anspruch der Antragstellerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) dadurch in entscheidungserheblicher Weise verletzt, dass es deren Vorbringen zur Vernehmung des Zeugen Dr. N.  in der mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht am 6. März 2018 teilweise übergangen habe.
7
1. Das Kammergericht hat hierzu ausgeführt, die Antragstellerin habe keine aufhebungsrelevanten Fehler bei der per Videokonferenz durchgeführten Zeugenvernehmung des Geschäftsführers der Antragsgegnerin Dr. N.  vorgetragen. Insofern sei es eine Frage der Beweiswürdigung, wenn der anwesende Mitarbeiter der Antragsgegnerin R.  oder deren anderer Geschäftsführer S.   Einfluss auf den Zeugen genommen haben sollten. Ein Verfahrensfehler des Schiedsgerichts, welches die Aussage des Zeugen in den Gründen seines Schiedsspruchs hinreichend gewürdigt habe, könne nicht angenommen werden. Auch begegne es keinen Bedenken, dass die Vernehmung in deutscher Sprache ohne Dolmetscher stattgefunden habe. Ein Verstoß gegen § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d und Nr. 2 Buchst. b in Verbindung mit §§ 394, 396, 1042, 1045 ZPO und § 148 GVG liege nicht vor. Auch der verfahrensrechtliche ordre public sei in keiner Weise betroffen.
8
2. Die Rechtsbeschwerde macht geltend, dass die Antragstellerin im Aufhebungsverfahren unter Verweis auf das Protokoll der Schiedsverhandlung vorgetragen habe, der Geschäftsführer der Antragsgegnerin S.   habe Fragen an den der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtigen Zeugen Dr. N.  in die persische Sprache übersetzt. Zusätzlich habe er – was nicht aus dem Protokoll ersichtlich, aber unter Beweis gestellt sei – dem Zeugen auf Persisch geantwortet. Das Schiedsgericht habe keinen Dolmetscher hinzugezogen und sich auch keine Überzeugung davon verschafft, was der Geschäftsführer S.   dem Zeugen Dr. N.  auf Persisch gesagt habe. Die Antragstellerin habe die Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d und Nr. 2 Buchst. b in Verbindung mit § 1042 Abs. 1 Satz 2 ZPO geltend gemacht und darüber hinaus gerügt, es verletze ihren Anspruch auf ein faires Verfahren, dass das Schiedsgericht eine Beeinflussung des Zeugen Dr. N.  durch den Geschäftsführer S.   nicht unterbunden habe. Die Begründung des Kammergerichts verkenne ersichtlich den Kern und den Sinngehalt dieses Vortrags. Hierauf beruhe die angefochtene Entscheidung. Die Erwägung des Kammergerichts zur Beweiswürdigung stehe dem nicht entgegen, da sie sich nur auf den weiteren Vortrag der Antragstellerin beziehe, dass der Mitarbeiter der Antragsgegnerin R.  und deren Geschäftsführer S.   während der Verhandlung per Laptop beziehungsweise Smartphone mit dem Zeugen Dr. N.  kommuniziert und ihn instruiert hätten. Im Übrigen treffe es offensichtlich nicht zu, dass das Schiedsgericht die Zeugenaussage auch mit Blick auf eine Beeinflussung hinreichend gewürdigt habe.
9
3. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings nur dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist (vgl. BVerfG, FamRZ 2020, 1000 Rn. 17 mwN). Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör hat zudem nur Erfolg, wenn die angefochtene gerichtliche Entscheidung auf der Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG beruht, wenn also nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Gericht ohne den Verstoß zu einer anderen Beurteilung des Sachverhalts oder in einem wesentlichen Punkt zu einer anderen Würdigung gekommen wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2019 – 2 BvR 1429/16, juris Rn. 12 mwN).
10
4. Es kann vorliegend offenbleiben, ob das Kammergericht das Gehörsrecht der Antragstellerin verletzt hat. Jedenfalls ist ausgeschlossen, dass das als übergangen gerügte Vorbringen eine für die Antragstellerin günstigere Entscheidung gerechtfertigt hätte. Die in Betracht kommenden Aufhebungsgründe des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d Fall 2 und Nr. 2 Buchst. b ZPO greifen nicht ein.
11
a) Die Antragstellerin hat keinen im Sinne des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d Fall 2 ZPO aufhebungsrelevanten Verfahrensfehler vorgebracht.
12
aa) Nach dieser Vorschrift liegt ein Aufhebungsgrund vor, wenn der Antragsteller begründet geltend macht, dass das schiedsrichterliche Verfahren einer Bestimmung des 10. Buches der Zivilprozessordnung oder einer zulässigen Vereinbarung der Parteien nicht entsprochen hat und anzunehmen ist, dass sich dies auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat. Die begründete Geltendmachung in diesem Sinne verlangt jedenfalls schlüssigen Parteivortrag (vgl. MünchKomm.ZPO/Münch, 5. Aufl., § 1059 Rn. 51; Zöller/Geimer, ZPO, 33. Aufl., § 1059 Rn. 33; Schlosser in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 1059 Rn. 12; Voit in Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl., § 1059 Rn. 23; BeckOK.ZPO/Wilske/Markert, 36. Edition [Stand 1. März 2020], § 1059 Rn. 68).
13
bb) Die Antragstellerin hat im Verfahren vor dem Kammergericht eine Verletzung der Vorschriften des § 1045 Abs. 1 ZPO und des § 148 GVG – gemeint war ersichtlich § 184 Satz 1 GVG – gerügt. Aus § 1045 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO ergibt sich jedoch, dass die Vorschrift des § 184 Satz 1 GVG, nach der die Gerichtssprache deutsch ist, im schiedsgerichtlichen Verfahren nicht gilt (vgl. MünchKomm.ZPO/Münch aaO § 1045 Rn. 1; BeckOK.ZPO/Wilske/Markert aaO § 1045 Rn. 2); vielmehr unterliegt die Verfahrenssprache der Parteidisposition und hilfsweise einer Bestimmung durch das Schiedsgericht. Die Parteien haben sich in der Schiedsklausel des zwischen ihnen geschlossenen Vertrags (§ 7.2 Satz 4) auf Deutsch als Verfahrenssprache geeinigt.
14
cc) Das Schiedsgericht ist von der festgelegten Verfahrenssprache nicht abgewichen. Wie sich aus dem Wortprotokoll der Vernehmung des Zeugen Dr. N.  ergibt, hat dessen Befragung auf Deutsch stattgefunden. Die Äußerungen des Geschäftsführers der Antragsgegnerin S.   in persischer Sprache, die auch nach dem für das Rechtsbeschwerdeverfahren zugrunde zu legenden Vortrag der Antragstellerin vereinzelt geblieben sind, tangieren die Verfahrenssprache nicht. Die Antragstellerin behauptet nicht, dass das Schiedsgericht seiner Entscheidung andere als die in deutscher Sprache getätigten Äußerungen des Zeugen Dr. N.  zugrunde gelegt habe.
15
b) Der Umstand, dass das Schiedsgericht die Äußerungen des Geschäftsführers der Antragsgegnerin S.   in persischer Sprache nicht unterbunden hat, begründet keinen Verstoß gegen den nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b Fall 2 ZPO von Amts wegen zu beachtenden (verfahrensrechtlichen) ordre public.
16
aa) Nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b Fall 2 ZPO liegt ein Aufhebungsgrund vor, wenn das Gericht feststellt, dass die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht. Dies setzt voraus, dass das Ergebnis mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Das ist der Fall, wenn der Schiedsspruch eine Norm verletzt, die die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens regelt, oder wenn er zu deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen in einem untragbaren Widerspruch steht. Der Schiedsspruch muss mithin die elementaren Grundlagen der Rechtsordnung verletzen. Danach stellt nicht jeder Widerspruch der Entscheidung eines Schiedsgerichts zu zwingenden Vorschriften des deutschen Rechts einen Verstoß gegen den ordre public dar. Vielmehr muss es sich um eine nicht abdingbare Norm handeln, die Ausdruck einer für die Rechtsordnung grundlegenden Wertentscheidung des Gesetzgebers ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 5. März 2020 – I ZB 49/19, juris Rn. 9 mwN).
17
bb) Der Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, der für das Schiedsverfahren in der zwingenden Vorschrift des § 1042 Abs. 1 Satz 2 ZPO eine einfachrechtliche Ausprägung erfahren hat, gehört zum verfahrensrechtlichen ordre public (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juli 2019 – I ZB 90/18, SchiedsVZ 2020, 46 Rn. 32 mwN). Im Aufhebungsverfahren hat sich die Antragstellerin zwar auf dieses Verfahrensgrundrecht berufen, jedoch kein vom Schiedsgericht übergangenes Vorbringen benannt. Sie macht insbesondere nicht geltend, das Vorgehen des Schiedsgerichts bei der Beweisaufnahme gerügt zu haben und damit nicht gehört worden zu sein.
18
cc) Gegen den ebenfalls zum verfahrensrechtlichen ordre public zählenden Grundsatz prozessualer Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG hat das Schiedsgericht nicht verstoßen. Eine mögliche Verletzung von Verfahrensvorschriften durch das Schiedsgericht erreicht nicht das für einen Verfassungsverstoß erforderliche Gewicht.
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(1) Der verfassungsrechtliche Grundsatz prozessualer Waffengleichheit, der für das Schiedsverfahren einfachrechtlich in § 1042 Abs. 1 Satz 1 ZPO geregelt ist, gehört zum verfahrensrechtlichen ordre public (BeckOK.ZPO/Wilske/Markert aaO § 1059 Rn. 63.1 mwN; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl., Rn. 2311 mwN; für § 1042 Abs. 1 ZPO allgemein Zöller/Geimer aaO § 1059 Rn. 47). “Waffengleichheit” als Ausprägung der Rechtsstaatlichkeit und des allgemeinen Gleichheitssatzes ist im Zivilprozess zu verstehen als die verfassungsrechtlich gewährleistete Gleichwertigkeit der prozessualen Stellung der Parteien vor dem Gericht, das – auch im Blick auf die grundrechtlich gesicherte Verfahrensgarantie aus Art. 103 Abs. 1 GG – den Prozessparteien im Rahmen der Verfahrensordnung gleichermaßen die Möglichkeit einzuräumen hat, alles für die gerichtliche Entscheidung Erhebliche vorzutragen und alle zur Abwehr des gegnerischen Angriffs erforderlichen prozessualen Verteidigungsmittel selbständig geltend zu machen. Ihr entspricht die Pflicht des Gerichts, diese Gleichstellung der Parteien durch eine objektive, faire Verhandlungsführung, durch unvoreingenommene Bereitschaft zur Verwertung und Bewertung des gegenseitigen Vorbringens, durch unparteiische Rechtsanwendung und durch korrekte Erfüllung seiner sonstigen prozessualen Obliegenheiten gegenüber den Prozessbeteiligten zu wahren (BVerfGE 52, 131, 156 f. [juris Rn. 96] mwN; BVerfG, GRUR 2018, 1288 Rn. 14). Allerdings führt nicht jede Verletzung von Verfahrensvorschriften zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit (vgl. BVerfGE 52, 131, 147 [juris Rn. 77] und 156 f. [juris Rn. 96 f.]; BVerfGE 138, 64 Rn. 71 zu Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG).
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(2) Das Verfahren der Zeugenvernehmung vor den staatlichen Gerichten ist in den §§ 394 ff. ZPO geregelt. Diese Vorschriften dienen der Wahrheitsfindung (vgl. nur MünchKomm.ZPO/Damrau aaO § 394 Rn. 1, § 396 Rn. 1 und § 397 Rn. 1). Ihnen ist als allgemeiner Grundsatz zu entnehmen, dass das Gericht das Verfahren am Zweck der Wahrheitsfindung auszurichten und Interventionen der Parteien, die die Zweckerreichung gefährden, zu unterbinden hat.
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Dieser Grundsatz gilt auch im Schiedsverfahren, wobei dem nach § 1042 Abs. 3 und 4 Satz 1 ZPO eröffneten Spielraum bei der Verfahrensgestaltung hinreichend Rechnung zu tragen ist (vgl. hierzu auch MünchKomm.ZPO/Münch aaO § 1049 Rn. 59 bis 63; Voit in Musielak/Voit aaO § 1042 Rn. 23). Die Parteien haben im Streitfall keine Verfahrensregelungen getroffen. Die vom Schiedsgericht erlassene Verfügung Nr. 1 enthält in ihrem Abschnitt V Nr. 12 zwar Vorschriften zum Ablauf einer Zeugenvernehmung. Sie regelt den in Rede stehenden Sachverhalt jedoch ebenso wenig wie die nach ihrem Abschnitt V Nr. 1 ergänzend in Bezug genommenen IBA-Regeln zur Beweisaufnahme in der internationalen Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit.
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(3) Vorliegend erreicht eine mögliche Verletzung der dem Schiedsgericht obliegenden Pflicht, im Rahmen einer Zeugenvernehmung die Wahrheitsfindung gefährdende Interventionen der Parteien zu unterbinden, nicht das für einen Verfassungsverstoß erforderliche Gewicht. Nicht jede ungeahndet gebliebene Intervention der Parteien führt zu einem Verstoß gegen den Grundsatz prozessualer Waffengleichheit.
23
Im Streitfall ist zu berücksichtigen, dass die Äußerungen in persischer Sprache – auch nach dem für das Rechtsbeschwerdeverfahren zugrunde zu legenden Vortrag der Antragstellerin – vereinzelt geblieben sind und der Zeuge die maßgebliche Frage, welche Bedeutung sein Handschlag mit dem Geschäftsführer der Antragstellerin gehabt habe, ausweislich des Wortprotokolls der mündlichen Verhandlung bereits vor der in Rede stehenden Intervention des Geschäftsführers der Antragsgegnerin eigenständig beantwortet hatte.
24
Die mögliche Pflichtverletzung des Schiedsgerichts erlangt auch nicht dadurch zusätzliches Gewicht, dass es eine auf sein Einschreiten gerichtete Aufforderung der Antragstellerin unbeachtet gelassen hätte. Die Antragstellerin bringt nicht vor, das Schiedsgericht bereits bei den vorherigen Äußerungen des Geschäftsführers der Antragsgegnerin in persischer Sprache, die nicht den Kern des Beweisthemas betrafen, hierzu angehalten zu haben.
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dd) Da der Grundsatz prozessualer Waffengleichheit im Streitfall nicht verletzt ist, kann offenbleiben, ob die Antragstellerin nach § 1027 ZPO von der Geltendmachung eines Verfahrensverstoßes ausgeschlossen ist, weil sie weder in der mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht am 6. März 2018 noch in der danach eingereichten Stellungnahme ihres anwaltlichen Vertreters vom 24. April 2018 eine hierauf bezogene Rüge erhoben hat.
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II. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen (§ 577 Abs. 6 Satz 2, § 564 Satz 1 ZPO). Der Senat hat die von der Antragstellerin erhobenen Rügen von Verfahrensmängeln geprüft, jedoch nicht für durchgreifend erachtet. Im Übrigen wäre eine Begründung nicht geeignet, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO).
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D. Danach ist die Rechtsbeschwerde mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Koch     
      
Schaffert     
      
Pohl   
      
Schmaltz     
      
Odörfer     
      


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