Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Anspruch auf Gewährung von Zutritt zur Wohnung für Anbringung und Ablesung von technischen Messgeräten zur Wasser- und Heizkostenerfassung

Aktenzeichen  1 C 813/17 WEG

Datum:
4.10.2018
Fundstelle:
LSK – 2018, 37539
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Sonthofen
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
WEG § 14 Nr. 3, Nr. 4

 

Leitsatz

Der einzelne Wohnungseigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist verpflichtet, einer von der WEG beauftragten Ablesefirma oder von diesen beaufragten Personen den Zutritt zu seiner Wohnung zum Einbau und Ablesen technischer Messgeräte zur Wasser- und Heizkostenerfassung zu gestatten. (Rn. 26 – 31) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, die Ablesung der Wasserzähler und der Heizkostenerfassungsgeräte sowie den Austausch bzw. die Montage neuer Wasser- und Heizkostenerfassungsgeräte (u.a. Verdunströhrchen o.ä.) in ihren Wohnungen Nr. 24 und 25 (Wohnungen zusammengelegt) gemäß Aufteilungsplan durch den jeweiligen Heizungsableser (derzeit Firma Brunata) zu dulden.
2. Die Beklagte wird verurteilt, zum Zwecke der Ablesung der Wasserzähler und der Heizkostenerfassungsgeräte sowie zum Zwecke des Austausches bzw. der Montage neuer Wasser- und Heizkostenerfassungsgeräte (u.a. Verdunsterröhrchen o.ä.) den jeweiligen Heizungsablesern (derzeit Firma Brunata) Zutritt zu ihren Wohnungen Nr. 24 und 25 (zusammengelegt) zu gewähren und hierfür den jeweiligen Heizungsablesern (derzeit Firma Brunata) die Wohnungstüre zu öffnen, die Ableser in die Wohnung zu lassen und freien und ungehinderten Zugang zu den Heizkörpern, Heizkostenerfassungsgeräten, Wasserzählern und Wasserkostenerfassungsgeräten zu gewähren und ggfls. die Heizkörper und Wasserzähler hierfür freizuräumen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 413,64 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 23.09.2017 zu bezahlen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
6. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.400 € vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 4.000 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet.
I.
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht Sonthofen gemäß §§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 2 c GVG sachlich, sowie gemäß § 43 Nr. 2 WEG örtlich zur Entscheidung zuständig.
II.
Die Klage ist auch begründet.
Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch dahingehend, dass diese zum Zwecke der Anbringung und Ablesung von Messgerätschaften für die Ermittlung des Warmwasser- und Heizkostenverbrauchs Zutritt zu ihrer innerhalb der WEG befindlichen Wohnung gewährt.
Unstreitig wird in der WEG mittels Verdunsterröhrchen der Heizkostenverbrauch in allen Wohnungen gemessen und im Rahmen der Heizkostenabrechnung berücksichtigt.
Zu diesem Zwecke ist es unerlässlich, dass die von der WEG beauftragte Ablesefirma Zutritt zu den einzelnen Wohnungen erhält und in allen Wohnungen dieselben Messgeräte angebracht sind. Der von der Beklagten vorgeschlagene Alternativvorschlag, dass ein mit ihr befreundeter Installateur die Ablesung und Anbringung der Gerätschaften ebenso durchführen könnte, ist nicht umsetzbar. So trägt die Klägerseite nachvollziehbar vor, dass, um Manipulationen und Ablesefehlern vorzubeugen, eine Ablesung lediglich durch die beauftragte Firma erfolgen kann, nicht jedoch durch Dritte. Da auch die Abrechnung durch die Firma Brunata durchgeführt wird, muss sich diese auf die abgelesenen Werte verlassen können, ebenso die anderen Wohnungseigentümer. Es ist daher zwingend erforderlich, dass die Firma selbst bzw. von ihr beauftragte Personen Zutritt zu den jeweiligen Wohnungen erhalten.
Dass die Ablesetechnik mittels Verdunströhrchen bei vorliegendem Heizsystem ungeeignet ist, wie von Beklagtenseite vorgetragen, wurde von Klägerseite bestritten. Beweisbelastet wäre soweit die Beklagtenseite.
Das Begehren der Klägerseite stellt auch keinen unzulässigen Eingriff in das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung dar. Insoweit überwiegen jedenfalls die – bereits erläuterten – Interessen der Wohnungseigentümergemeinschaft.
Zu berücksichtigen gilt es hierbei auch, dass die Beklagte sich selbst dafür entschieden hat, Mitglied einer WEG zu sein, in der naturgemäß die Interessen der WEG und der anderen Miteigentümer berücksichtigt werden müssen und nicht immer nur die Eigeninteressen durchgesetzt werden können. Des Weiteren ist der Eingriff als äußerst gering anzusehen. Öfter als ein bis zwei Mal im Jahr für einen Zeitraum von wenigen Minuten ist ein Betreten der Wohnung nicht erforderlich.
Die Beklagte war daher antragsgemäß zu verurteilen. Aufgrund des im Entscheidenden unstreitigen Sachverhalts war eine weitere von Klägerseite angebotene Beweisaufnahme entbehrlich.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
IV.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 709 ZPO.

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