Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Schadensersatzansprüche aus Verletzung des Verwaltervertrages

Aktenzeichen  9 C 448/20 WEG

Datum:
16.12.2020
Fundstelle:
ZMR – 2022, 427
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Schwabach
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
WEG § 10
ZPO § 708 Nr. 11

 

Leitsatz

Es handelt sich bei dem behaupteten Schadenersatzanspruch um einen gemeinschaftsbezogenen Anspruch, in der Form des geltend gemachten Freistellungsanspruchs gegen die beklagte Verwaltung, der der Kläger Vertragspflichtverletzung vorwirft. Das bedeutet, dass originär die WEG diesen Anspruch gegen die Verwaltung geltend machen oder alternativ ein Beschluss der Wohnungseigentümer den Kläger ermächtigen müsste, den Anspruch allein geltend machen zu können. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 4.331,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist unzulässig, denn der Kläger ist nicht prozessführungsbefugt.
Streitgegenstand ist ein eigener Schadensersatzanspruch des Klägers, den er zwar grundsätzlich als Freistellungsanspruch geltend machen kann. Auch fällt der Kläger nach Ansicht des Gerichts durchaus in den Schutzbereich des Verwaltervertrages. Jedoch fehlt ihm die Prozessführungsbefugnis. Gegenstand des Schadenersatzanspruchs ist nicht der unmittelbar am Dach der Ladeneinheit entstandene Schaden, sondern infolge behaupteter Pflichtverletzung der Beklagten der für die Reparatur des Daches aufgewendete, nach Ansicht des Klägers überhöhte Betrag, der dem Kläger in der bestandskräftig beschlossenen Jahresabrechnung 2019 zu 100 % übertragen worden ist. Das Ladengebäude ist ein freistehendes Gebäude und insofern vergleichbar mit den einzelnen Wohnblocks des Anwesens. Sondereigentum des Klägers ist lediglich der sich in diesem Gebäude befindende Laden, während das Dach – wie auch die Dächer der anderen einzelnen Gebäude – in der Teilungserklärung nicht als Sondereigentum bezeichnet und daher Gemeinschaftseigentum ist. Aus dem Aufteilungsplan zur Teilungserklärung geht nichts anderes hervor. Zwar ist dort gemeinschaftliches Eigentum zum Teil mit „g“ gekennzeichnet. Jedoch führt die fehlende Bezeichnung des Dachs des Ladengebäudes mit „g“ nicht zu dem Umkehrschluss, es handele sich bei diesem Dach um Sondereigentum des Klägers. Dies ergibt sich schließlich auch nicht aus Ziff. VIII der Gemeinschaftsordnung, die eben die Bezeichnung des gemeinschaftlichen Eigentums im Aufteilungsplan mit „g“ regelt, allerdings als im weiteren detailliert dargelegte Gebrauchsregelung, die inhaltlich nicht auf das Dach des Ladengebäudes und im Übrigen auch nicht auf die anderen Dächer der Wohnblocks anwendbar ist. Es geht in dieser Regelung nur um die Nutzung von Räumen, unter anderem auch um Dachräume, aber eben nicht um das jeweilige Dach selbst, das in diesem Sinne nicht benutzt werden kann. Da es sich also bei dem Dach des Ladengebäudes um Gemeinschaftseigentum handelt, trifft die Pflicht zur Instandsetzung im Fall eines dort entstandenen Schadens grundsätzlich die Wohnungseigentümergemeinschaft, es sei denn, diese Pflicht wäre durch die Gemeinschaftsordnung auf den Sondereigentümer übertragen worden. Der Kläger hat, unbestritten seitens der Beklagten, vorgetragen, über das Dach sei Wasser in sein Sondereigentum eingedrungen. Es war folglich im Verfahren nie davon die Rede, der Wasserschaden sei unmittelbar im Sondereigentum des Klägers entstanden.
In der Gemeinschaftsordnung Ziff. VII 8 ist im Einzelnen geregelt, dass, wofür und nach welchem Maßstab die Wohnungseigentümer für gemeinschaftliche Kosten „ihres Wohnblocks“ – in diesem Sinne der Kläger für „sein Ladengebäude“ – beizutragen haben. Aus dem Wortlaut ist nicht zu ersehen, dass auch Instandsetzungskosten von den Wohnungseigentümern „für ihren Wohnblock“ allein zu zahlen sind. Erwähnt sind dort nur unter anderem eine Instandhaltungsrücklage und die Bewirtschaftungskosten. Gegenteiliges ergibt sich auch aus den weiteren regelungen der Gemeinschaftsordnung nicht.
Es handelt sich daher bei dem behaupteten Schadenersatzanspruch um einen gemeinschaftsbezogenen Anspruch, auch in der Form des geltend gemachten Freistellungsanspruchs gegen die beklagte Verwaltung, der der Kläger Vertragspflichtverletzung vorwirft. Das bedeutet, dass originär die WEG diesen Anspruch gegen die Verwaltung geltend machen oder alternativ ein Beschluss der Wohnungseigentümer den Kläger ermächtigen müsste, den Anspruch allein geltend machen zu können. Der Kläger hat keine konkreten Schadenspositionen bezüglich seines Sondereigentums geltend gemacht. Er hat lediglich ganz allgemein und insofern unsubstantiiert vorgetragen, durch den Wassereinbruch infolge Abdichtungsschäden am Dach seien auch an seinem Sondereigentum Schäden entstanden. Im Einzelnen benannt hat er diese nicht, ohne dass es allerdings darauf entscheidend ankäme. Denn der vom Kläger behauptete Schaden besteht ja nicht in seiner Verpflichtung der WEG gegenüber, die von dieser verauslagten Reparaturkosten im Innenverhältnis auszugleichen, nachdem die Jahresabrechnung bestandskräftig und vom Kläger akzeptiert worden ist, sondern in unberechtigten, überhöhten Kosten infolge verzögertem und vertragspflichtverletzendem Verhalten der Beklagten der WEG gegenüber. Es handelt sich um gemeinschaftsbezogene Ansprüche, für die eine geborene Ausübungsbefugnis der WEG besteht, die allein prozessführungsbefugt ist (Bärmann 14. Aufl. Rdnr. 256 zu § 10 WEG).
Die Klage wäre im Übrigen aus den teilweise identischen Gründen auch unbegründet. Der Kläger hat, wie dargelegt, nicht substantiiert vorgetragen, worin sein eigener, nicht gemeinschaftsbezogener Schaden bestehen soll. Sofern er der Beklagten – von ihr bestrittene – Vertragspflichtverletzungen vorwirft, hätte dies alles im Rahmen eines Beschlussanfechtungsverfahrens bezüglich der Genehmigung der Jahresabrechnung 2019 erörtert werden können mit dem zumindest denkbaren Ergebnis, dass die Einstellung der Reparaturkosten für das Dach in dieser Höhe und die vollständige Übertragung auf den Kläger in seiner Einzelabrechnung nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen hätte. Der – nicht streitgegenständliche – Beschluss ist jedoch bestandskräftig. Nichtigkeitsgründe sind nicht erkennbar und auch nicht behauptet worden.
Auf die weiteren Fragen, in welchem Vertragsverhältnis die reparaturausführende Firma zu der von der seitens der WEG beauftragten Firma … steht, ob die ausführende Firma nur eine vorübergehende Abhilfemaßnahme, wie vom Kläger verlangt, oder eine endgültige Reparatur durchgeführt hat, ob die Reparaturarbeiten mängelbehaftet waren, ob die Beklagte ihre vertragglichen Verpflichtungen verletzt hat etc. kommt es, jedenfalls im Rahmen des vorliegenden Verfahrens, nicht mehr an.
Im Ergebnis war die Klage abzuweisen.
Kosten: § 91 ZPO
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 708 Nr. 11 ZPO


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