Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Vermietung einer Wohnung als Betreiben eines Prostitutionsgewerbes

Aktenzeichen  22 CS 19.297

Datum:
29.3.2019
Fundstelle:
GewA – 2019, 249
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ProstSchG § 2, § 12
GewO § 15 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Für das Betreiben eines Prostitutionsgewerbes (§ 2 Abs. 3 ProstSchG) genügt es, wenn zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil mit Wissen und Wollen Räume an Prostituierte vergeben werden, damit diese dort ihr Geschäft ausüben können. (Rn. 18, 20 und 24) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Einordnung als Prostitutionsstätte (§ 2 Abs. 4 ProstSchG) gilt unabhängig davon, ob die Wohnung zugleich auch zum Zwecke des Wohnens und Schlafens genutzt wird. (Rn. 18 und 24) (redaktioneller Leitsatz)
3 Auch dadurch, dass Verluste infolge Leerstands einer Wohnung vermieden werden, verschafft sich der Vermieter einer zu Prostitutionszwecken genutzten Wohnung Vorteile aus der Prostitution anderer. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 4 S 18.2102 2019-01-22 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen den Sofortvollzug eines Bescheides, mit dem ihm aufgegeben wurde, den Betrieb einer Prostitutionsstätte spätestens 3 Tage nach Bekanntgabe des Bescheides einzustellen.
Der Antragsteller untervermietet seit ca. 20 Jahren eine Wohnung in Nürnberg an Dritte zur Ausübung der Prostitution. Nach Inkrafttreten des Gesetzes zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen (Prostituiertenschutzgesetz – ProstSchG) am 1. Julil 2017 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller seit September 2017 mehrfach auf, die für die Betrieb einer Prostitutionsstätte erforderliche Erlaubnis nach § 12 ProstSchG zu beantragen und die dazu erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Der Antragsteller blieb zunächst untätig, reichte aber nach erneuter Drohung mit einer zwangsgeldbewehrten sofort vollziehbaren Betriebseinstellung ein Betriebskonzept vom 26. Februar 2018 auf einem Vordruck der Antragsgegnerin gemäß § 16 ProstSchG ein. In diesem Betriebskonzept gab er an, dass er die Wohnung als sogenannte „Modellwohnung“ an selbständige Prostituierte zu einem wöchentlichen Mietpreis von 270,00 Euro (mit Wäsche) vermiete. Es finde kein täglicher oder wöchentlicher Wechsel statt, vielmehr eine monatliche Anwesenheit, wobei die Prostituierte zu jeder Zeit den Betrieb verlassen könne. Die jeweilige Prostituierte arbeite selbständig und könne natürlich Kunden ablehnen. Er nehme keine Frau unter 21 (Jahren). Bei der Beschreibung der Werbemaßnahmen für den Betrieb gab der Antragsteller an, dass die Frauen dazu das Internet benutzten. In den Akten der Antragsgegnerin sind Ausdrucke von Werbungen der jeweiligen Prostituierten für ihre Dienste auf einschlägigen Internetplattformen unter Angabe der Wohnadresse der streitgegenständlichen Wohnung enthalten. Laut Betriebskonzept erfolge die Bezahlung der Miete 14-tägig und persönlich.
Weitere Unterlagen reichte der Antragsteller nicht ein. Bei einer persönlichen Vorsprache am 1. August 2018 teilte der Antragsteller mit, dass er die Wohnung zu einem monatlichen Mietpreis von 670,00 Euro gemietet habe.
Mit Schreiben vom 23. August 2018 wurde der Antragsteller letztmals zur Betriebseinstellung angehört. Nachdem die Antragsgegnerin im September 2018 ein weiteres Inserat für die fragliche Wohnung im Internet entdeckte, nahm sie eine Ortseinsicht am 10. September 2018 vor. Die dort in der Wohnung angetroffene Prostituierte S. gab an, die Wohnung zu einem wöchentlichen Mietpreis von 400,00 Euro gemietet zu haben. Sie zeigte ein vom Antragsteller überlassenes und noch nicht ausgefülltes Mietbestätigungsformular vor, in der die streitgegenständlichen Räume als „Wohnung“ bezeichnet sind.
Mit Schreiben vom 18. September 2018 führt der Antragsteller aus, dass er sich nicht als Betreiber einer Prostitutionsstätte fühle, da er insbesondere keine Vermittlungstätigkeit ausübe. Eine Kündigung der Wohnung sei nicht so einfach, da er „mit der Dame einen Untermietsvertrag schon seit längerer Zeit“ habe, der auch vom Eigentümer genehmigt sei.
Am 25. September 2018 sprach eine weitere Prostituierte M., deren Inserate für Dienstleistungen in der fraglichen Wohnung mehrfach in den Akten der Antragsgegnerin enthalten sind, bei der Antragsgegnerin persönlich vor und gab an, dass sie beabsichtige, die Wohnung vom Antragsteller zu Wohn- und Prostitutionszwecken zu einem monatlichen Mietpreis von 800,00 zzgl. Nebenkosten zu mieten. Ihr derzeitiger fester Wohnsitz sei in Polen.
Mit Bescheid vom 1. Oktober 2018 gab die Antragsgegnerin dem Antragsteller auf, den Betrieb der Prostitutionsstätte spätestens 3 Tage nach Bekanntgabe dieses Bescheides einzustellen (Nr. I. des Bescheides). Gleichzeitig ordnete sie die sofortige Vollziehung der Nr. I des Bescheides im öffentlichen Interesse an (Nr. II des Bescheides). Unter Nr. III des Bescheides wird angeordnet, dass ein Zwangsgeld i.H.v. 5.000,00 Euro fällig werde, falls der Betrieb der Prostitutionsstätte nicht innerhalb von 3 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheides eingestellt werde. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Anordnung der Betriebseinstellung zur Unterbindung des unerlaubten Prostitutionsbetriebs notwendig und verhältnismäßig sei. Der Antragsteller verfüge hierfür nicht über die erforderliche Erlaubnis nach § 12 ProstSchG. Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 2. Oktober 2018 per Postzustellungsurkunde zugestellt.
Mit einem Schreiben vom 1. Oktober 2018, bei der Antragsgegnerin eingegangen am 4. Oktober 2018, erklärte der Antragsteller, dass er die wochenweise Vermietung eingestellt habe. Zum Nachweis, dass er keinerlei Interesse habe, als Betreiber zu gelten, lege er einen Untermietvertrag zwischen ihm und einer Frau S. (die bei ihrer Tätigkeit als Prostituierte M. auftritt und am 25. September 2018 bei der Antragsgegnerin vorgesprochen hatte) vom 30. September 2018 vor, der für einen Zeitraum vom 1. Oktober 2018 bis 31. Juni 2019 zu einem monatlichen Mietpreis von 1.000,00 Euro (670,00 Euro Kaltmiete, 330,00 Euro Nebenkostenvorauszahlung) abgeschlossen wurde. Im Oktober 2018 entdeckte die Antragsgegnerin weitere Inserate der Prostituierten M. für sexuelle Dienstleistungen in der fraglichen Wohnung. Mit Anwaltsschreiben vom 18. Oktober 2018 erhob der Antragsteller eine Gegenvorstellung zum erlassenen Bescheid, auf die die Antragsgegnerin jedoch nicht einging.
Am 31. Oktober 2018 erhob der Antragsteller Klage gegen den Bescheid und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich bei dem Untermietverhältnis um ein normales Wohnraum-Mietverhältnis handle. Es könne dahingestellt bleiben, wie die Mieterin die Wohnung tatsächlich nutze. Ein Vermieter habe grundsätzlich keinen Einfluss darauf. Durch die längerfristige Untervermietung zu Wohnzwecken habe der Antragsteller eine Zäsur eingeleitet. Somit sei der Regelungsgegenstand des Bescheids bereits bei seinem Erlass entfallen gewesen.
(Mit Beschluss vom 22. Januar 2019 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ab. Bei summarischer Prüfung werde die Anfechtungsklage in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben. Rechtsgrundlage für die Betriebseinstellung der Prostitutionsstätte sei § 15 Abs. 2 Satz 1 der Gewerbeordnung (GewO). Nach derzeitigem Sachstand betreibe der Antragsteller nach wie vor ohne Erlaubnis ein Prostitutionsgewerbe in der streitgegenständlichen Wohnung. Eine Erlaubnis nach § 12 Abs. 1, Abs. 2 ProstSchG sei dem Antragsteller nicht erteilt worden. Gemäß § 2 Abs. 3 ProstSchG betreibe ein Prostitutionsgewerbe, wer gewerbsmäßig Leistungen im Zusammenhang mit der Erbringung sexueller Dienstleistungen anbiete oder Räumlichkeiten hierfür bereitstelle, wenn diese Leistungen in einer der Nummern 1 bis 4 genannten Erscheinungsformen erbracht werde. Unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung (BT-Drs.18/8556 S. 60) sei der Begriff „Prostitutionsgewerbe“ der Oberbegriff für alle Betriebsarten und Geschäftsmodelle gewerblicher Tätigkeit im Bereich sexueller Dienstleistungen. Erfasst würden alle Tätigkeiten, die darauf ausgerichtet seien, aus der Prostitution anderer einen wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen. Prostitutionsstätten seien Gebäude oder Räume, die als Betriebsstätte zur Erbringung sexueller Dienstleistungen genutzt würden. Für die Einordnung komme es nicht auf die Bezeichnung der Betriebsstätte oder die Betriebsart an. Es spiele keine Rolle, ob die Person, die eine Wohnung gezielt an Prostituierte überlasse, nach außen als Vermieter oder z.B. als Hauptmieter der Wohnung auftrete. Es komme lediglich darauf an, dass die Person die Nutzung der Wohnung steuere und damit einen wirtschaftlichen Nutzen aus der Prostitution anderer ziehe. Die Einordnung als Prostitutionsstätte gelte unabhängig davon, ob die Wohnung zugleich auch zum Zweck des Wohnens oder Schlafens genutzt werde. Ebenfalls sei ohne Belang, wie das Rechts- bzw. Mietverhältnis zwischen Betreiber und Prostituierten ausgestaltet sei. Ausweislich des vom Antragsteller vorgelegten Betriebskonzeptes sei die Wohnung baulich als sogenannte Modellwohnung gestaltet und ausgestattet. Es sei auch unstreitig, dass die Mieterin die Wohnung tatsächlich weiterhin zur Prostitutionsausübung nutze. Durch die längerfristige Untervermietung der Wohnung habe der Antragsteller keine Zäsur in der bisherigen Gewerbetätigkeit vorgenommen, da die Wohnung jedenfalls auch gezielt zum Zwecke der Prostitutionsausübung überlassen worden sei. Entgegen der Behauptung des Antragstellers habe die fragliche Prostituierte bei ihrer persönlichen Vorsprache am 25. September 2018 gegenüber der Antragsgegnerin erklärt, dass sie die Wohnung vom Antragsteller anmieten wolle, um dort zu wohnen und gleichzeitig der Prostitution nachzugehen. Dieses Interesse an der Anmietung der Wohnung, um diese jedenfalls auch zur Prostitutionsausübung zu nutzen, sei für den Antragsteller erkennbar gewesen. Dieser habe selbst vortragen lassen, dass sie die Wohnung immer mal wieder zur Prostitutionsausübung genutzt habe und im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses ihren Beruf als Prostituierte noch für einen Zeitraum von etwa 6 Monaten ausüben wolle. Es sei nicht nachvollziehbar, wie der Antragsteller dann darauf habe schließen wollen, dass die fragliche Prostituierte nunmehr lediglich beabsichtige, die Wohnung ausschließlich zu Wohnzwecken zu nutzen. Aus dem Untermietvertrag ergebe sich auch nicht, dass die bisherige Nutzung zur Prostitutionsausübung nicht mehr zulässig sein solle. Ausweislich des von einer anderen Prostituierten früher vorgezeigten Mietbestätigungsformulars sei das Mietobjekt auch bei der früheren wochenweisen Vermietung zu Prostitutionszwecken als „Wohnung“ bezeichnet worden. Auf die konkrete Miethöhe komme es nicht an.)
Gegen diesen Beschluss ließ der Antragsteller am 12. Februar 2019 Beschwerde einlegen, die er am 28. Februar 2019 ohne ausdrückliche Antragstellung begründete. Das Verwaltungsgericht habe die Voraussetzungen der gesetzlichen Regelung fehlerhaft bejaht, im vorliegenden Fall sei der Betrieb einer Prostitutionsstätte offensichtlich aufgegeben worden. Die Wohnung sei zu Wohnzwecken vermietet worden, der Antragsteller nehme keinen Einfluss auf die Nutzung der Wohnung, er habe den Besitz vollständig überlassen. Auch aus der eidesstattlichen Versicherung der Mieterin vom 13. November 2018 ergebe sich, dass der Antragsteller selbst keine sexuellen Dienstleistungen durch die Mieterin anbiete, die Mieterin werde vielmehr unabhängig und selbständig tätig. Nach dem Prostitutionsschutzgesetz bestehe eine Anmeldepflicht für die Prostituierte selbst. Die Verwaltungsbehörde hätte sich daher an diese wenden müssen. Durch den neuen Mietvertrag sei eine Zäsur eingetreten. Im Ergebnis werde das neue Untermietverhältnis vom Verwaltungsgericht negiert. Es gebe keine (konkludente) Vereinbarung über die Nutzung zu Prostitutionszwecken im Mietverhältnis. In der eidesstattlichen Versicherung habe die Mieterin angegeben, eine eigene freigestellte Nutzung zu betreiben. Die Mieterin sei alleinige Nutzerin der Wohnung.
Mit Schriftsatz vom 20. März 2019 trat die Antragsgegnerin der Beschwerde entgegen und beantragte,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Antragsteller stelle nach wie vor Räumlichkeiten zur Verfügung, die unstreitig (weiter) zur Prostitution genutzt würden. Die im Untermietverhältnis beteiligte Prostituierte sei (immer noch) nicht unter der fraglichen Adresse gemeldet, es bestünden keine Anhaltspunkte für eine tatsächliche Wohnnutzung. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend aus den Gesetzesmaterialien zum Prostitutionsschutzgesetz zitiert. Betreiber einer Prostitutionseinrichtung sei danach derjenige, der Nutzen aus der Prostitution anderer ziehe. Im vorliegenden Fall habe der Antragsteller die fragliche Wohnung bewusst einer ihm bereits langjährig bekannten Prostituierten überlassen. Bloße Angaben des Vertragszwecks in den Untermietverträgen seien schon nach der gesetzlichen Begründung unerheblich. Es sei also keine Zäsur eingetreten, die entscheidenden Umstände seien vielmehr unverändert geblieben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Der nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO erforderliche Rechtsmittelantrag ist zwar nicht ausdrücklich gestellt, ergibt sich aber vorliegend mit hinreichender Bestimmtheit aus dem Vorgetragenen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 146 Rn. 21; hier: umfassende Anfechtung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts).
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO prüft der Verwaltungsgerichtshof nur die dargelegten Gründe. Aus diesem Grund ist der eingangs der Beschwerdebegründung enthaltene pauschale Verweis auf Ausführungen zur Begründung der vor dem Verwaltungsgericht anhängigen Klage sowie der erstinstanzlichen Antragsbegründung, die vollumfänglich zum Gegenstand der Beschwerdebegründung gemacht werden sollen, unbehelflich. Bloße pauschale Bezugnahmen auf erstinstanzliches Vorbringen sind zur Einhaltung des Darlegungsgebotes des § 146 regelmäßig unzureichend (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 146 Rn. 22b).
Das Verwaltungsgericht hat ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen es davon ausgeht, dass der Antragsteller ohne Erlaubnis ein erlaubnispflichtiges Prostitutionsgewerbe betreibt, dessen Betrieb gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO deshalb eingestellt werden kann. Es hat vor allem auch dargelegt, warum aus seiner Sicht sich daran auch durch den Abschluss des Untermietvertrages vom 30. September 2018 nichts geändert hat. Das Verwaltungsgericht hat zur Auslegung der in § 2 Absätze 3 und 4 ProstSchG enthaltenen Begriffe des Prostitutionsgewerbes und der Prostitutionsstätte auf die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/8556) Bezug genommen. Dort ist auf Seite 60 ausgeführt, dass bei der Frage des Betreibens eines Prostitutionsgewerbes alle Tätigkeiten erfasst werden, die darauf ausgerichtet sind, aus der Prostitution anderer einen wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen. Der Begriff „Prostitutionsgewerbe“ wird als Oberbegriff für alle Betriebsarten und Geschäftsmodelle gewerblicher Tätigkeit verstanden, wozu auch das bloße Bereitstellen einer räumlichen Infrastruktur für sexuelle Dienstleistungen zählt. Als in Frage kommende Räumlichkeiten nennt die Gesetzesbegründung (auf S. 60 Mitte) beispielhaft u. a. auch sogenannte Modellwohnungen (als die der Antragsteller die von ihm gemietete Wohnung bei der Vorlage seines Betriebskonzepts selbst bezeichnete). Zur Wohnungsprostitution führt die Gesetzesbegründung auf S. 61 aus, dass eine Wohnung dann als Prostitutionsstätte und der Verfügungsberechtigte als ihr Betreiber gilt, wenn die Wohnung gezielt an eine oder mehrere Personen zum Zweck der Ausübung der Prostitution zur Verfügung stellt. Dabei spielt es nach der Gesetzesbegründung keine Rolle, ob die Person, die die Wohnung gezielt an Prostituierte überlässt, nach außen als Vermieter oder z.B. als Hauptmieter der Wohnung auftritt. Es kommt lediglich darauf an, dass er die Nutzung der Wohnung maßgeblich steuert und damit einen wirtschaftlichen Nutzen aus der Prostitution anderer zieht. Weitere, auf die Nutzung für die Prostitution bezogene Nebenleistungen können hinzukommen und gegebenenfalls ein weiteres Indiz zur Betreibereigenschaft bilden, sie sind jedoch nicht Voraussetzung für die Einordnung als Prostitutionsstätte. Diese Einordnung als Prostitutionsstätte gilt auch unabhängig davon, ob die Wohnung zugleich auch zum Zwecke des Wohnens oder Schlafens genutzt wird, sofern die Bereitstellung jedenfalls auch gezielt zur Ausübung der Prostitution erfolgt. Ebenfalls nicht entscheidend ist, wieviele Personen in der Wohnung tätig werden und wie das Rechts- bzw. Mietverhältnis zwischen Betreiber und Nutzerin ausgestaltet ist. Mit dieser strikten Regelung soll nach der Gesetzesbegründung (S. 61 Mitte) eine Umgehung der Erlaubnispflicht vermieden werden. Wer sich professionell darauf ausrichtet, eine Wohnung gezielt an Prostituierte zur Ausübung ihrer Tätigkeit zu vermieten, ist daher Gewerbetreibender im Sinne des § 2 Abs. 3 ProstSchG und unterfällt folglich der Erlaubnispflicht und den daran anknüpfenden Regelungen für Prostitutionsstätten.
Bezogen auf diese Grundannahmen ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nachvollziehbar und wendet die gesetzlichen Vorgaben des § 2 ProstSchG in nicht zu beanstandender Weise an.
Soweit die Beschwerdebegründung darauf abstellt, dass der Betrieb der Prostitution „offensichtlich aufgegeben“ worden sei, vermag der Senat ebenso wie vorher schon das Verwaltungsgericht eine solche offensichtliche Aufgabe nicht zu erkennen. Denn die Wohnung ist (weiterhin) gezielt zur Prostitution überlassen worden. Dies ergibt sich im Rahmen einer summarischen Überprüfung in ausreichender Deutlichkeit aus den in den Behördenakten vorhandenen Informationen und Äußerungen der beteiligten Personen. So ergibt sich aus einem Schreiben des Antragstellers selbst vom 18. September 2018 (also kurz vor Abschluss des Mietvertrags vom 29. September 2018), dass dieser einen „schon seit längerer Zeit“ „mit der Dame“ bestehenden (und deshalb nicht so einfach kündbaren) Untermietsvertrag habe. Er fühle sich deshalb nicht als Betreiber, da er keine Frauen vermittle. Aus diesem Schreiben wird deutlich, dass sich der Antragsteller nur deshalb nicht als Betreiber ansieht, weil er selbst nicht aktiv in die Vermittlung der sexuellen Dienstleistungen eingreift. Damit übersieht er zum einen, dass das Prostituiertenschutzgesetz einen darüber hinaus gehenden Betreiberbegriff enthält. Zum anderen gibt er damit selbst kund, dass er die Wohnung mit Genehmigung des Eigentümers längerfristig – und damit im Widerspruch zu seinen früheren Angaben im Betriebskonzept – zur Prostitution untervermietet habe, so dass die jetzt in der Beschwerdebegründung betonte weitere Untervermietung (für insgesamt nur neun Monate) nicht als irgendwie ins Gewicht fallender Unterschied oder gar als „Zäsur“ angesehen werden kann.
Weiter wird aus der Vorsprache der Prostituierten M. (die jetzige Untermieterin) bei der Antragsgegnerin am 25. September 2018 deutlich, dass diese beabsichtigte, die Wohnung anzumieten, um dort zu wohnen und gleichzeitig alleine der Prostitution nachzugehen. Auch kurz nach Bescheidserlass ließ der Kläger seine anwaltlichen Bevollmächtigten in einem Schreiben vom 18. Oktober 2018 ausführen, dass die Prostituierte M. „seit Jahren in der Wohnung immer mal wieder tätig war“ und auch beabsichtigt, ihren Beruf noch für einen Zeitraum von etwa 6 Monaten auszuüben. Sie sei daran interessiert, im verbleibenden Zeitraum die Wohnung des Antragstellers zu nutzen. In den Behördenakten findet sich weiter eine „Mietbestätigung“, die bei einer Ortseinsicht in der Prostitutionsstätte am 10. September 2018 von der Prostituierten S. vorgezeigt wurde und die nach deren Angabe noch am selben Tag zusammen mit dem Antragsteller hätte ausgefüllt werden sollen. In dieser Mietbestätigung ist als Beschreibung des Vertragsgegenstands das Wort „Wohnung“ eingetragen.
Daraus wird deutlich, dass der einzige Unterschied nach Abschluss des Mietvertrages vom 29. September 2018 darin besteht, dass im Gegensatz zu den Angaben im Betriebskonzept vom Februar 2018 nicht mehr zur monatlichen Anwesenheit (vgl. die diesbezügliche Angabe im vom Antragsteller ausgefüllten Betriebskonzept vom Februar 2018) vermietet wird, sondern ein 9-monatiger Zeitraum festgelegt ist, nachdem vorher aber nach eigenen Angaben des Antragstellers wohl auch schon für einen längeren Zeitraum untervermietet war. Dem Antragsteller war die Prostituierte M., die die Wohnung gemietet hat, schon langjährig bekannt, weil sie die Wohnung nach eigenen Angaben des Antragstellers seit Jahren „immer mal wieder“ für ihre Tätigkeit nutzte. Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Prostituierte M. etwa beabsichtigt hätte, gerade diese Nutzung zu beenden. Im Gegenteil hat sie eine Fortführung ihrer Berufstätigkeit angekündigt.
Darauf, dass wie vorgetragen keine (auch nur konkludente) Vereinbarung einer Prostitutionsnutzung im Mietvertrag vom 29. September 2018 enthalten ist, kommt es nicht an. Das Prostituiertenschutzgesetz stellt auf eine solche ausdrückliche Vereinbarung gerade nicht ab; im Übrigen wird aus der Tätigkeit des Antragstellers in der Vergangenheit deutlich, dass er auch bisher die Wohnung an die Prostituierten als „Wohnung“ und nicht als ausdrücklich so bezeichnete Prostitutionsstätte vermietete. Der Antragsteller ging lediglich rechtsirrig davon aus, dass er keine Prostitutionsstätte betreibe, solange er nicht selbst in die Vermittlung der Damen, die allesamt über Internetplattformen für ihre Dienste inserierten, eingriff (woran nach dem Inhalt der eidesstattlichen Versicherung der Prostituierten M. gewisse Zweifel bestehen). Entgegen der Auffassung in der Beschwerdebegründung hat damit das Verwaltungsgericht nicht etwa den Untermietvertrag vom 29. September 2018 „negiert“, sondern ihn lediglich nicht als rechtlich tragfähigen Grund angesehen, um beim Antragsteller nicht mehr vom Betreiben einer Prostitutionsstätte ausgehen zu können. Dass die Beschwerdebegründung betont, dass die Mieterin nun alleinige Nutzerin der Wohnung sei, ändert ebenfalls nichts an diesem Ergebnis, weil davon auszugehen ist, dass auch die bisherigen Mieterinnen alleinige Nutzerinnen während der von ihnen vereinbarten Mietzeit (wie in der in den Akten enthaltenen Mietbestätigung und auch aus den Angaben im Betriebskonzept ersichtlich) gewesen sind. Zudem kommt es nach dem Prostitutionsschutzgesetz nicht darauf an, ob eine entsprechende Wohnung nur von einer oder gleich von mehreren Prostituierten genutzt wird.
Dass sich, wie vorgetragen, aus der eidesstattlichen Versicherung der Mieterin ergebe, dass der Antragsteller keine sexuellen Dienstleistungen (mehr?) anbiete, ist richtig. Allerdings ist dies nicht entscheidungserheblich, weil es auf ein werbendes oder steuerndes Eingreifen des Antragstellers bezüglich der sexuellen Dienstleistungen an sich nach der insoweit klaren Regelung des Prostituiertenschutzgesetzes nicht ankommt. Es genügt, wenn er mit Wissen und Wollen Räume an Prostituierte vergibt, damit diese dort ihr Geschäft ausüben können. Damit ist der Tatbestand verwirklicht, dass sich der Antragsteller aus der Prostitution anderer (nämlich vormals seiner Untermieterinnen und seit 1. Oktober 2018 seiner einzigen Untermieterin) Vorteile verschafft. Die bloße Bezeichnung des Mietgegenstands als Wohnung oder Wohnstätte ist vor diesem Hintergrund unerheblich, es ist zudem unerheblich, ob die Prostituierte in der Wohnung tatsächlich nur Prostitutionsleistungen erbringt oder vielleicht auch tatsächlich dort wohnt oder übernachtet, wovon allerdings nach den Mitteilungen der Antragsgegnerin, wonach bisher die Prostituierte keinen Wohnsitz in der fraglichen Wohnung angemeldet hat, nicht auszugehen ist. Ebenfalls kommt es nicht darauf an, ob der Antragsteller wegen seiner eigenen Mietzahlungspflicht an den Eigentümer der Wohnung (nennenswerten) Gewinn erwirtschaften kann oder lediglich in der Lage ist, Verluste durch Leerstand der Wohnung zu vermeiden. Denn auch mit Letzterem verschafft er sich noch Vorteile aus der Prostitution anderer.
Die Beschwerde kann daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GKG i.V.m. Nrn. 54.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.


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