Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Wohnraummiete: Mieteranspruch auf Installation einer Parabolantenne zum Empfang von HD-Fernsehen bei vorhandenem Breitbandkabelanschluss

Aktenzeichen  VIII ZR 275/09

Datum:
21.9.2010
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
Art 5 Abs 1 S 1 Halbs 2 GG
Art 14 Abs 1 S 1 GG
§ 535 BGB
§§ 535ff BGB
Spruchkörper:
8. Zivilsenat

Verfahrensgang

vorgehend LG Chemnitz, 23. September 2009, Az: 6 S 70/09, Urteilvorgehend AG Chemnitz, 22. Januar 2009, Az: 12 C 3269/08nachgehend BGH, 3. November 2010, Az: VIII ZR 275/09, Revision zurückgewiesen

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die zugelassene Revision der Beklagten durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe

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1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat die Revision “im Hinblick auf die erforderliche Interessenabwägung der Parteien bei Anbringung einer Parabolantenne” zugelassen. Diese Erwägung trägt indessen keinen der im Gesetz genannten Zulassungsgründe.
2
Die Maßstäbe, nach denen zu beurteilen ist, ob einem Mieter gegen den Vermieter ein Anspruch auf Genehmigung der Installation einer Parabolantenne zum Empfang von Fernseh- und Hörfunkprogramme zustehen kann, auch wenn das Haus mit einem Breitbandkabelanschluss ausgestattet ist, sind durch die Rechtsprechung des Senats und des Bundesverfassungsgerichts geklärt (Senatsbeschluss vom 16. September 2009 – VIII ZR 67/08, NJW 2010, 436; Senatsurteile vom 10. Oktober 2007 – VIII ZR 260/06, NJW 2008, 216; vom 16. Mai 2007 – VIII ZR 207/04, NJW-RR 2007, 1243; Senatsbeschluss vom 17. April 2007 – VIII ZR 63/04, WuM 2007, 380; Senatsurteile vom 16. November 2005 – VIII ZR 5/05, NJW 2006, 1062; vom 2. März 2005 – VIII ZR 118/04, NJW-RR 2005, 596; BVerfGE 90, 27, 32 ff.; BVerfG, NJW-RR 2005, 661; BVerfG, GE 2007, 902). Dies gilt auch im Hinblick auf den von der Beklagten zur Begründung der Anbringung der Parabolantenne angeführten Wunsch, Fernsehprogramme in HD-Qualität empfangen zu wollen.
3
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach der Klägerin gemäß § 541 BGB ein Anspruch auf Entfernung der auf dem Balkon der Mietwohnung der Beklagten angebrachten Parabolantenne zusteht, hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Gleiches gilt für die zugesprochene Nebenforderung (Verzugskosten).
4
Nach der oben (unter 1) aufgeführten Rechtsprechung ist dem Grundrecht des Mieters aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten, auch in zivilgerichtlichen Streitigkeiten über die Anbringung von Satellitenempfangsanlagen an Mietwohnungen Rechnung zu tragen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das – gleichrangige – Grundrecht des Vermieters als Eigentümer aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG berührt ist, wenn von ihm verlangt wird, eine Empfangsanlage an seinem Eigentum zu dulden. Die erforderliche Abwägung, ob das Informationsrecht des Mieters aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG im konkreten Fall das Eigentumsrecht des Vermieters aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG überwiegt, ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters und vom Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüfbar (Senatsurteile vom 10. Oktober 2007 – VIII ZR 260/06, aaO Rn. 14; vom 16. November 2005 – VIII ZR 5/05, aaO Rn. 27; vom 2. März 2005 – VIII ZR 118/04, aaO unter II 2 b; Senatsbeschlüsse vom 16. September 2009 – VIII ZR 67/08, aaO Rn. 5; vom 17. April 2007 – VIII ZR 63/04, aaO Rn. 3). Das Berufungsgericht hat diese Abwägung in tatrichterlicher Würdigung aller Umstände ohne Rechtsfehler zu Lasten der Beklagten vorgenommen.
5
Dabei ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass dem durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG grundrechtlich geschützten Informationsbedürfnis des Mieters in der Regel hinreichend Rechnung getragen wird, wenn der Vermieter – wie hier – einen Breitbandkabelanschluss bereitstellt, der den Empfang von Programmen in genügender Zahl und Qualität gewährleistet.
6
3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Ball                                 Dr. Frellesen                                  Dr. Achilles
              Dr. Fetzer                                     Dr. Bünger
Hinweis:
Das Revisionsverfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss vom 3. November 2010 erledigt worden.


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