Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Wohnungseigentum: Übertragung von Entscheidungskompetenzen auf den Verwalter für Maßnahmen der Instandhaltung, Instandsetzung und Einschaltung von Sonderfachleuten

Aktenzeichen  V ZR 215/20

Datum:
11.6.2021
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:110621UVZR215.20.0
Normen:
§ 27 WoEigG vom 26.03.2007
Spruchkörper:
5. Zivilsenat

Leitsatz

Die Wohnungseigentümer können durch Beschluss dem Verwalter über seine gesetzlichen Befugnisse hinausgehende Entscheidungskompetenzen für Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung sowie für die Einschaltung von Sonderfachleuten übertragen, wenn die Kompetenzverlagerung für den einzelnen Wohnungseigentümer zu einem nur begrenzten und überschaubaren finanziellen Risiko führt.

Verfahrensgang

vorgehend LG Itzehoe, 2. Oktober 2020, Az: 11 S 7/20vorgehend AG Pinneberg, 17. Dezember 2019, Az: 60 C 7/19

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 2. Oktober 2020 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Anlage besteht aus 70 Einheiten. In der Eigentümerversammlung vom 21. Februar 2019 beschlossen die Wohnungseigentümer unter TOP 2, mit der Firma S.             GmbH den in der Versammlung als Entwurf vorliegenden Verwaltervertrag zu schließen, und bevollmächtigten zwei Miteigentümer zur Unterzeichnung des Vertrages. Der Verwaltervertrag enthält u.a. folgende Regelungen:
§ 2 (Befugnisse des Verwalters)
5. Der Verwalter ist ferner berechtigt,
[…]
b) Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum mit einem Auftragswert bis zu € 4.000,00 brutto im Einzelfall, bei mehreren Aufträgen pro Wirtschaftsjahr begrenzt auf ein Gesamtvolumen in Höhe von € 8.000,00 brutto ohne Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft einzuleiten, die entsprechenden Aufträge zu vergeben, kaufmännisch zu überwachen und kaufmännisch abzunehmen; dies unbeschadet der Befugnis des Verwalters, in dringenden Fällen sonstige zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderliche Maßnahmen zu treffen;
c) sich zur Durchführung von größeren Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, Maßnahmen der modernisierenden Instandsetzung bzw. Modernisierung oder baulichen Änderungen (d.h. ab einem Auftragswert in Höhe von € 10.000,00 brutto im Einzelfall), namens und für Rechnung der Eigentümergemeinschaft sachkundiger Dritter (Architekten, Ingenieure, Gutachter u.a.) zu bedienen, wobei der Verwalter auf die ggf. bestehende Notwendigkeit der Begleitung einer solchen Maßnahme durch einen sachkundigen Dritten hinzuweisen hat und die entstehenden Kosten im Einzelfall den Betrag in Höhe von € 3.000,00 brutto pro Einzelfall, begrenzt auf eine Gesamtjahressumme in Höhe von € 6.000,00 brutto nicht übersteigen dürfen. Das Gleiche gilt bei geringeren Auftragswerten mit besonderer technischer oder rechtlicher Schwierigkeit.
§ 4 (Pflichten der Wohnungseigentümer)
[…]
Die Wohnungseigentümergemeinschaft zahlt dem Verwalter monatlich je
Sondereigentum ab 01.01.2019                                       
€ 18,00
Sondereigentum ab 01.01.2020
€ 19,00
[…]
Die Wohnungseigentümergemeinschaft zahlt dem Verwalter zusätzlich
– Durchführung jeder weiteren Versammlung
        
  über die ordentliche Jahresversammlung hinaus        
€ 700,00
– für die kaufmännische Betreuung von Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum ab einer Bausumme von € 10.000,00 im Einzelfall ein Honorar von 4 % der Bruttobausumme; das Honorar reduziert sich auf 2 % der Bruttobausumme, wenn ein externer Ingenieur bzw. Architekt mit der Bauleitung beauftragt wird;
– für sämtliche Tätigkeiten bei gerichtlichen Auseinandersetzungen einen Stundensatz in Höhe von € 65,00, Auslagen (z.B. für Kopien, Porto) sind zu erstatten;
– für die Abwicklung von Versicherungsschäden 4 % der Schadenssumme, max. € 5.000,00 p.a., wenn (auch) Sondereigentum betroffen ist; soweit der Versicherer Regiekosten der Verwaltung übernimmt, entfällt die Zahlungspflicht der Eigentümergemeinschaft; der Verwalter ist berechtigt, die erstatteten Regiekosten dem Konto der Gemeinschaft zu entnehmen.
2
Das Amtsgericht hat die gegen den Beschluss zu TOP 2 gerichtete Anfechtungsklage der Klägerin abgewiesen. Das Landgericht hat ihre Berufung zurückgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, will die Klägerin weiterhin erreichen, dass der Beschluss für ungültig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt wird.


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