Steuerrecht

Antrag auf Berichtigung des Rubrums eines Einstellungsbeschlusses nach fiktiver Klagerücknahme (abgelehnt)

Aktenzeichen  22 ZB 19.1035

Datum:
6.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 24955
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO §§ 117
VwGO §§ 118
VwGO §§ 122

 

Leitsatz

Verfahrensgang

AN 4 K 18.00800 2019-02-15 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

Der Antrag auf Berichtigung des Rubrums des Beschlusses vom 19. Mai 2021 wird abgelehnt.

Gründe

Über den Antrag der Klägerbevollmächtigten, das Rubrum des Beschlusses vom 19. Mai 2021 in Bezug auf die Bezeichnung der Klägerin zu ändern, entscheidet der Berichterstatter, da auch der antragsgegenständliche Beschluss durch ihn erlassen wurde (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 118 Rn. 5; Kilian/Hissnauer in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 118 Rn. 30).
Der Antrag bleibt ohne Erfolg. Er ist zwar statthaft; jedoch liegen die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Beschlusses nicht vor.
1. Gem. § 122 Abs. 1 i.V.m. § 118 Abs. 1 VwGO sind Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Beschluss jederzeit vom Gericht zu berichtigen. Eine Berichtigung ist auch hinsichtlich der Bezeichnung der Beteiligten möglich (vgl. Clausing/Kimmel in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Februar 2021, § 118 Rn. 4; Kilian/Hissnauer in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 118 Rn. 10). Für den antragsgegenständlichen Beschluss vom 19. Mai 2021 gilt nichts anderes. § 122 Abs. 1 VwGO verweist zwar nicht auf § 117 VwGO. Entsprechend der ständigen gerichtlichen Praxis enthält der Beschluss jedoch ein sich an § 117 Abs. 2 Nr. 1 VwGO orientierendes Rubrum, so dass auch dessen Berichtung in Anwendung der §§ 122, 118 VwGO in Betracht kommen muss. Im Übrigen ist anerkannt, dass u.a. streitentscheidenden bzw. verfahrensabschließenden Beschlüssen ein Rubrum – welches auch die Beteiligten bezeichnet – voranzustellen ist (vgl. Clausing/Kimmel in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Februar 2021, § 117 Rn. 29 und § 122 Rn. 7; Lambiris in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand: 1.7.2020, § 117 Rn. 1). Vorliegend wurde mit dem Beschluss verfahrens- und damit auch rechtsbehelfsabschließend festgestellt, dass die Klage als zurückgenommen galt (§ 92 Abs. 2 VwGO). Da der Klägerin eine Klagerücknahmeerklärung gleichsam unterstellt und in diesem Zusammenhang festgestellt wurde, dass der klägerische Schriftsatz vom 20. April 2021 nicht ausreichte, um der gerichtlichen Betreibensaufforderung vom 19. Februar 2021 nachzukommen, hatte der Beschluss zudem kontradiktorischen Charakter; ferner war er, da er zur Bestandskraft des von der Klägerin angefochtenen Rückforderungsbescheids führte, von erheblicher Tragweite (vgl. zu diesen Kriterien bei der Anwendung des § 117 VwGO auf Beschlüsse BVerwG, U.v. 4.10.1999 – 6 C 31.98 – BVerwGE 109, 336 – juris Rn. 27).
2. Der Beschluss vom 19. Mai 2021 ist in Bezug auf die Bezeichnung der Klägerin nicht wegen offenbarer Unrichtigkeit i.S.d. § 118 Abs. 1 VwGO zu berichtigen.
Unrichtig ist ein Rubrum, wenn dem Gericht bei dessen Formulierung ein Erklärungsirrtum unterlaufen ist, wenn also das Gewollte und das Erklärte auseinanderfallen. Die Unrichtigkeit ist offenbar, wenn sich dieses Auseinanderfallen aus dem Beschluss selbst oder aus den Vorgängen bei seinem Erlass für die Beteiligten ohne Weiteres feststellen lässt (vgl. BVerwG, B.v. 26.2.2013 – 5 B 100.12 – juris Rn. 2; OVG LSA, B.v. 6.4.2021 – 1 L 45/19 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 31.5.2012 – 15 B 10.191 – juris Rn. 3; Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 118 Rn. 3 f.; Clausing/Kimmel in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Februar 2021, § 118 Rn. 3 und Rn. 5). Für eine Berichtigung nach § 118 VwGO muss nicht nur die Unrichtigkeit, sondern auch das stattdessen Richtige offenbar sein (vgl. BVerwG, B.v. 9.11.2009 – 7 B 10.09 – juris Rn. 22; Rennert a.a.O., Rn. 3; Clausing/Kimmel a.a.O., Rn. 5; Neumann, jurisPR-BVerwG 4/2010 Anm. 4). Nach diesen Maßgaben weist das Rubrum des Beschlusses vom 19. Mai 2021 hinsichtlich der Bezeichnung der Klägerin weder eine Unrichtigkeit auf, noch wäre eine solche offenkundig.
Die Klägerin wurde in dem Beschluss nicht irrtümlich nicht in der Weise bezeichnet, wie sie im Antrag auf Rubrumsberichtigung angegeben ist. Aus dem Beschluss (Rn. 9) wird deutlich, dass die Klägerin in Folge des von den Klägerbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2020 mitgeteilten Rechtsformwechsels weitere Informationen hätte übermitteln müssen, um eine Berichtigung des Rubrums zu ermöglichen und um das Fortbestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses darzutun, dass aber die Klägerin ihren entsprechenden Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen war, so dass es nicht zur Fortsetzung des Verfahrens mit geändertem Rubrum kommen konnte. Der Verwaltungsgerichtshof hatte demnach die Fassung des Rubrums einschließlich der Bezeichnung der Klägerin bei der Beschlussfassung in seine Willensbildung aufgenommen. In einem solchen Fall liegt, da keine Abweichung vom Gewollten vorliegt, eine Unrichtigkeit nach § 118 VwGO nicht vor (vgl. OVG Berlin-Bbg, B.v. 26.1.2015 – OVG 10 L 25.11 – juris Rn. 5; OVG LSA, B.v. 19.1.2009 – 3 O 10/09 – juris Rn. 6; Kilian/Hissnauer in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 118 Rn. 10).
Zudem wäre nicht offenkundig, dass die Bezeichnung der Klägerin, wie im Berichtigungsantrag angegeben, zutreffend wäre. Der von den Klägerbevollmächtigten vorgelegte Handelsregisterauszug vom 9. Oktober 2020 mit dem Eintrag, dass die Gesellschafterversammlung vom 15. Oktober 2019 die Umwandlung in eine GbR beschlossen habe, betrifft die Voraussetzungen für die Herbeiführung der Umwandlung (vgl. §§ 234, 235 Abs. 1 UmwG; vgl. hierzu auch Ihrig in Semler/Stengel/Leonard, UmwG, 5. Aufl. 2021, § 235 Rn. 1). Ob der Handelsregisterauszug den im Zeitpunkt der Beschlussfassung aktuellen gesellschaftsrechtlichen Stand der Klägerin abbildet, ist aber jedenfalls nicht offenkundig. Da die GbR nicht in das Handelsregister eingetragen wird (vgl. Ihrig, a.a.O.; Schäfer in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2020, § 705 Rn. 10), können nämlich gesellschaftsrechtliche Veränderungen betreffend die GbR nach der Umwandlung nicht dem Handelsregister entnommen werden. Zudem war die Klägerin für ihre Bevollmächtigten im Zeitpunkt des antragsgegenständlichen Beschlusses bereits über ein Jahr nicht mehr erreichbar (vgl. BA Rn. 8); dementsprechend ist die Angabe der Anschrift einer der Gesellschafterinnen der Klägerin nicht gesichert (vgl. BA Rn. 8 und Rn. 10).
Schließlich enthält (auch) die im Berichtigungsantrag angegebene Bezeichnung der Klägerin keine vollständigen Angaben nach § 117 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, nämlich weder die Anschrift der GbR noch deren gesetzliche(n) Vertreter. Zu einer unvollständigen und damit ihrerseits unrichtigen (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 118 Rn. 3; Bamberger in Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020 § 117 Rn. 3) Bezeichnung der Beteiligten kann ein Antrag auf “Berichtigung” nach § 118 VwGO jedoch nicht führen.
Der Antrag war daher abzulehnen.
3. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da das Berichtigungsverfahren zur Instanz gehört (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 118 Rn. 5).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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