Steuerrecht

Einheitlicher Erwerbsgegenstand im Grunderwerbsteuerrecht

Aktenzeichen  II R 5/15

Datum:
6.7.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 8 Abs 1 GrEStG 1997
§ 9 Abs 1 Nr 1 GrEStG 1997
§ 278 BGB
§ 76 Abs 1 S 2 FGO
§ 76 Abs 1 S 3 FGO
Spruchkörper:
2. Senat

Leitsatz

Die Verpflichtung des Erwerbers, das im Zeitpunkt des Erwerbs noch unbebaute Grundstück alsbald nach den gestalterischen Vorgaben der Veräußererseite zu bebauen, reicht für sich allein nicht aus um anzunehmen, dass der Erwerber das Grundstück im bebauten Zustand erwirbt. Hinzukommen muss, dass das vom Erwerber mit der Bebauung beauftragte Bauunternehmen in diesem Zeitpunkt zur Veräußererseite gehörte.

Verfahrensgang

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 9. Dezember 2014, Az: 4 K 1323/12, Urteilnachgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 10. April 2018, Az: 4 K 2095/16, Urteil

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. Dezember 2014  4 K 1323/12 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht Rheinland-Pfalz zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und seine Ehefrau beabsichtigten, ein Grundstück der Stadtwerke-AG (AG) zu kaufen.
2
Entsprechend den Vorgaben der AG konnten die Eheleute das Grundstück zunächst nur reservieren und mussten vor Abschluss des Kaufvertrags einen Bauvorschlag erstellen lassen, der neben dem Bebauungsplan auch den Anforderungen eines Gestaltungshandbuchs entsprach. Nachdem dies geschehen war und die von der AG eingesetzte Lenkungsgruppe den Bauvorschlag genehmigt hatte, wurde der Kaufvertrag am 20. Mai 2009 geschlossen. Der Kaufpreis für das Grundstück betrug insgesamt 165.000 €.
3
Die Eheleute verpflichteten sich im Kaufvertrag, unverzüglich nach Besitzübergang und Erteilung der Baugenehmigung bzw. Freigabe des Bauvorhabens auf dem Grundstück mit der Errichtung der Bauwerke und Nebenanlagen entsprechend den von der Lenkungsgruppe genehmigten und mit Prüfvermerk versehenen Plänen nebst Flächenberechnungen zu beginnen und diese innerhalb von 24 Monaten in einem Zuge bezugsfertig zu erstellen. Eine Verpflichtung, ein bestimmtes Unternehmen mit der Errichtung des Gebäudes zu beauftragen, enthielt der Kaufvertrag nicht.
4
Am 22. Juni 2009 schlossen die Eheleute mit der von ihnen ausgewählten Baufirma einen Bauerrichtungsvertrag zu einem Festpreis von 298.075 € ab. Der Vertrag war von der Baufirma bereits am 30. April 2009 ausgefertigt und unterschrieben worden.
5
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) nahm an, dass das Grundstück nach den Grundsätzen über den einheitlichen Erwerbsgegenstand in bebautem Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs gewesen sei, und bezog die Bauerrichtungskosten anteilig in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer mit ein. Das FA setzte demgemäß mit Bescheid vom 22. Juli 2009 gegen den Kläger Grunderwerbsteuer in Höhe von 8.103 € fest.
6
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, die Entscheidungsfreiheit der Eheleute hinsichtlich der Fortführung des bereits projektierten Bauvorhabens sei beim Abschluss des Kaufvertrags aufgrund rechtlicher und faktischer Zwänge stark eingeschränkt gewesen. Der AG sei die rechtliche und tatsächliche Kontrolle hinsichtlich der baulichen Ausgestaltung verblieben. Obwohl die AG zivilrechtlich nicht zur Herstellung des Gebäudes verpflichtet gewesen sei, sei die Bebauung noch in ihrer Sphäre erfolgt. Sie habe die Herstellungsverpflichtung im Rahmen des umfangreichen Vertragsgefüges auf die Eheleute “delegiert”. Unerheblich sei auch, dass die Eheleute den Architekten und das Bauunternehmen ausgewählt hätten. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 584 veröffentlicht.
7
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 8 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG). Das FG habe zu Unrecht bereits eine vermeintliche Kontrolle tatsächlicher und rechtlicher Art der AG bezüglich der Herstellung des Gebäudes im Grundstückskaufvertrag genügen lassen, um die Baukosten in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen. Es habe verkannt, dass ausschließlich die Eheleute als Erwerber vertraglich eine Bauverpflichtung übernommen hätten.
8
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Grunderwerbsteuerbescheid vom 22. Juli 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. Februar 2012 dahingehend zu ändern, dass die Grunderwerbsteuer auf 2.887 € herabgesetzt wird.
9
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.


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