Steuerrecht

Einkünfte aus Grundstücksvermietung – Gewerbliche Einkünfte einer GbR

Aktenzeichen  2 K 2245/16

Datum:
26.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 47561
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
EStG § 15 Abs. 1 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1
GewStG § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Streitig ist, ob die Einkünfte der Klägerin aus einer Grundstücksvermietung durch eine weitere gemeinschaftlich von ihren Gesellschaftern unternommene Tätigkeit zu gewerblichen Einkünften umqualifiziert werden.
Die Klägerin, eine GbR, wurde im Jahr 2009 von ihren jeweils zur Hälfte beteiligten Gesellschaftern A und B (Feststellungsbeteiligte) gegründet. Sie erzielt seitdem entsprechend ihrem Unternehmenszweck „Verwaltung und Vermietung der Grundstücke zur Erzielung von Überschüssen“ Einkünfte aus der Vermietung des Grundstücks …in… (Objekt). Die Bezeichnung der Klägerin lautet „A und B … Str. GbR“ (vgl. Gesellschaftsvertrag vom 30. Juli 2009, Dauerunterlagen -DU-, Bl. 10ff.).
Steuerlich wurde die Klägerin ab 2009 als vermögensverwaltende GbR unter dem von den Feststellungsbeteiligten angegebenen Namen „A und B GbR … Str. … GbR“ erfasst und ihr gegenüber für 2009 erklärungsgemäß Verluste aus Vermietung und Verpachtung gesondert und einheitlich festgestellt.
Mit zwei Darlehensverträgen jeweils vom 25./27. Mai 2010 nahmen die Feststellungsbeteiligten unter dem Namen der Klägerin zwei Bankdarlehen i.H.v. … € und … € zur Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Objekt und zur Zwischenfinanzierung der anfallenden Umsatzsteuer auf.
Die Rechnung für die Errichtung einer betriebsfertigen Photovoltaikanlage vom 24. Juni 2010 wurde an die Klägerin gestellt. Die Anmeldung der Photovoltaikanlage bei der Bundesnetzagentur, der Abschluss eines Einspeisevertrags für Stromerzeugung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz und der Abschluss einer Elektronikversicherung erfolgten ebenfalls unter dem Namen der Klägerin.
Mit ihrer Feststellungserklärung für das Streitjahr 2012 gab die Klägerin unter der Einkunftsart Gewerbebetrieb aufzuteilende Einkünfte i.H.v. -… € und unter der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung aufzuteilende Einkünfte i.H.v. -… € an. Beigefügt waren zwei für die „A+B … Str. … GbR Vermietung und Photovoltaik“ zusammengefasste Einkünfteermittlungen betreffend Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus Gewerbebetrieb.
Hiervon abweichend stellte das FA mit Feststellungsbescheid vom 4. Juli 2014 in vollem Umfang Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. -… € fest und erläuterte hierzu, dass die (bisherigen) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie weitere geringfügige Einkünfte aus Kapitalvermögen zu gewerblichen Einkünften geworden seien.
Den hiergegen gerichteten Einspruch, der im Wesentlichen damit begründet wurde, dass im Wege des Ausgliederungsmodells konkludent eine zweite Photovoltaik GbR gegründet worden und davon unabhängig die Infizierung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) wegen Unterschreitung der Bagatellgrenze nicht eingetreten sei, wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 7. Juli 2016 als unbegründet zurück.
Ihre Klage begründet die Klägerin wie folgt:
„Die gewerblichen Einkünfte aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage seien einer eigens dafür konkludent gegründeten zweiten Personengesellschaft zuzurechnen (sog. Ausgliederungsmodell), weshalb die Rechtsfolgen der sog. Abfärbe- bzw. Infektionstheorie des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht einträten. Insbesondere die getrennte Ergebnisermittlung deute darauf hin, dass der Rechtsfolgewille auf die Begründung zweier Gesellschaften mit unterschiedlichen Zwecken gerichtet, unterschiedliches Gesellschaftsvermögen gebildet worden und eine zweite Gesellschaft nach außen erkennbar geworden sei. Die Abgrenzung, ob eine zweite Gesellschaft gegründet oder der ursprüngliche Geschäftszweck einer Gesellschaft lediglich erweitert worden sei, hänge außerdem davon ab, ob der Rechtsfolgewille auch auf die Trennung beider Tätigkeitsfelder gerichtet gewesen sei. Bei dem Betrieb der Photovoltaikanlage handle es sich um eigenständigen, gerade nicht in Zusammenhang mit der Vermietungstätigkeit stehenden und damit getrennten Geschäftszweck. Es sei auch unschädlich, dass die Verträge unter der gleichen Firma wie der der Klägerin abgeschlossen worden seien. Die Verwendung getrennter Bezeichnungen sei keine conditio sine qua non. Die Erkennbarkeit nach außen erschöpfe sich vorliegend naturgemäß auf die Unterzeichnung der Verträge, weshalb keine hohen Anforderungen an die Erfüllung dieser Voraussetzung gestellt werden könnten. Vielmehr müssten hier andere Indizien wie die getrennte Buchführung und die eigenständigen Gewinnermittlungen zu Grunde gelegt werden. Einheitliche Umsatzsteuererklärungen seien lediglich fehlerhaft, dieser Fehler führe aber nicht dazu, dass von nur einer Gesellschaft auszugehen sei.“
Im Übrigen trete die Infizierung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auch deshalb nicht ein, weil die gewerbliche Tätigkeit von so untergeordneter Bedeutung gewesen sei, dass die Umqualifizierung unverhältnismäßig sei. Es sei jedenfalls in Konstellationen wie der vorliegenden nicht auf die von der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) konkretisierte Bagatellgrenze, die sich aus einer relativen Grenze (Nettoumsätze bis zu 3% der Gesamt-Nettoumsätze) und einer absoluten Grenze (Umsätze bis zu 24.500 €) zusammensetze, abzustellen, sondern allein auf die absolute Grenze. Das sei darauf zurückzuführen, dass der BFH die relative Grenze zur Ermittlung des zeitlichen und wirtschaftlichen Aufwands aktiver gewerblicher Tätigkeiten herangezogen habe, während im Streitfall passive Tätigkeiten ausgeübt worden seien, bei denen sich ein abgrenzbarer zeitlicher und wirtschaftlicher Aufwand nicht feststellen lasse. Allein diese Sichtweise entspräche dem Sinn und Zweck des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, der eine Missbrauchsvermeidungsvorschrift sei und Schwierigkeiten bei der Ermittlung und Trennung der gewerblichen und nichtgewerblichen Einkünfte sowie bei der Überprüfung dieser Trennung vermeiden solle. Da in Fällen wie im Streitfall weder versucht werde, gewerbliche Gewinne der Gewerbesteuer zu entziehen (Missbrauch) noch die Einkünfte schwierig zu trennen seien, entfalle diese Rechtfertigung für die Infizierung bzw. Abfärbewirkung. Solche Personengesellschaften seien nicht anders zu behandeln wie zwei organisatorisch getrennte Personengesellschaften. Schließlich seien – zur Vermeidung der Ungleichbehandlung von Personengesellschaften und Einzelunternehmern und damit im Sinne der Steuergerechtigkeit – an die Begründung der Unverhältnismäßigkeit der Abfärbewirkung keine übersteigerten Anforderungen zu stellen.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des Feststellungsbescheids vom 4. Juli 2014 und der Einspruchsentscheidung vom 7. Juli 2016 die Einkünfte ohne die Einkünfte aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage gesondert und einheitlich festzustellen,
hilfsweise, jeweils erklärungsgemäße Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (-… €) und aus Gewerbebetrieb (-… €) gesondert und einheitlich festzustellen sowie hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Weder aus dem Geschehensablauf noch aus den vorliegenden Unterlagen ergäben sich konkrete Hinweise auf eine von Anfang an begründete zweite GbR. Ein Nach-außen-Auftreten einer zweiten GbR sei nicht feststellbar, insbesondere läge keine klare buchhalterisch dokumentierte wirtschaftliche Trennung der gewerblichen und der nicht-gewerblichen Tätigkeit vor.
Die Vorschrift des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG enthalte keine Mindestgrenze. Nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sei die seitens des BFH eingeführte Bagatellgrenze zu beachten, die aber im Streitjahr wie im Vorjahr und im Folgejahr jeweils überschritten sei.
§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG unterscheide insbesondere auch nicht zwischen aktiver und passiver gewerblicher Tätigkeit.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Aufklärungsanordnung vom 9. Mai 2018 und das Protokoll über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
II.
Die Klage ist unbegründet.
Das FA hat zutreffend Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. -… € gesondert und einheitlich festgestellt.
1. Gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 Einkommensteuergesetz in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 1 1 S. 1 Nr. 2 EStG bezieht.
Zur Vermeidung dieser sog. Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG hat die Rechtsprechung grundsätzlich eine Ausgliederung einer Unternehmenstätigkeit auf eine zweite neu zu gründende Gesellschaft zugelassen, um eine gleichheitswidrige Belastung von Gesellschaftern einer Personengesellschaft gegenüber Einzelunternehmern zu verhindern (vgl. BFH-Urteil vom 12. Juni 2006 XI R 21/99, BFH/NV 2002, 1554 m.w.N.).
Ob im Streitfall die Aufnahme der Tätigkeit des Betriebs der Photovoltaikanlage zugleich mit der Gründung einer zweiten Personengesellschaft verbunden war (sog. Ausgliederungsmodell), hängt maßgeblich davon ab, ob (a) der Rechtsfolgewille der Gesellschafter auf die Begründung von zwei Gesellschaftsverhältnissen mit unterschiedlichen Zwecken gerichtet war, ob (b) diese Personengesellschaften unterschiedliches Gesellschaftsvermögen gebildet und voneinander abgrenzbare Tätigkeiten entfaltet haben und (c) ob auch nach außen eine Aufteilung der Tätigkeitsbereiche auf zwei Personengesellschaften erkennbar geworden ist (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 1554 m.w.N.).
Entscheidend sind die Gesamtumstände des Einzelfalles, wobei die Erkennbarkeit nach außen unabdingbare Voraussetzung ist (BFH-Urteil vom 19. Februar 1998 IV R 11/97, BStBl II 1998, 603 m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben ist es nicht entscheidungserheblich, wie das Finanzamt den Sachverhalt in den Vorjahren beurteilt hat.
Es kommt auch nicht darauf an, ob sich der Tätigkeitsbereich Vermietung und der Tätigkeitsbereich Betrieb einer Photovoltaikanlage gegenseitig bedingen oder sonst in unmittelbarem Zusammenhang stehen, da bei einer solchen (sachlichen) untrennbaren Verflechtung von vornherein von einer originär einheitlichen gewerblichen Tätigkeit nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG auszugehen wäre (vgl. BFH-Urteil vom 27. August 2014 VIII R 6/12, BStBl II 2015, 1002 m.w.N.).
Dass sich die „Erkennbarkeit nach außen“ (oben Pkt. c) im Wesentlichen in nur wenigen Handlungen in der Gründungszeit erschöpft, schließt es nicht aus, diese – entsprechend den oben genannten Rechtsgrundsätzen – zur Grundlage der Beurteilung zu machen, zumal der Umfang des nach außen erkennbaren Auftretens als zweite/getrennte Gesellschaft in der Hand der Gesellschafter liegt (wie z.B. durch Abfassung eines schriftlichen Gesellschaftsvertrags, Wahl eines unterscheidbaren Namens für die Gesellschaft, Verwendung von unterscheidbaren Rechnungsvordrucken etc.). Darüber hinaus kommt dem Auftreten nach außen als nach außen erkennbaren und damit feststellbaren Umständen im Falle der – wie hier vorgetragen – konkludenten Gründung einer zweiten GbR zwingend maßgebliche Bedeutung zu.
Vorliegend sind selbst die nach den zwei Tätigkeitsbereichen getrennten Gewinnermittlungen kein Indiz für die Gründung einer zweiten GbR. Denn diese Gewinnermittlungen sind – wie schon in den Vorjahren – zu einer einzigen GuV der Fa. „A+B… Str. … GbR Vermietung und Photovoltaik“ zusammengefasst und einer (einzigen) Feststellungserklärung unter der Steuernummer der Klägerin (mit Anlagen FE1 und V) zu Grunde gelegt worden. Zudem ist gerade in der Gewinnermittlung für die Vermietungseinkünfte die Photovoltaikanlage als Anlagevermögen enthalten sowie das Darlehen zur Anschaffung der Photovoltaikanlage im Kontennachweis erfasst. Weiter spricht gegen die Anwendung des Ausgliederungsmodells, dass die Einnahmen aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage noch in den Vorjahren als „sonstige betriebliche Erträge“ bei den Einkünften der Klägerin erfasst worden sowie von Anfang an (d.h. ohne Einflussnahme des FA) unter der Steuernummer der Klägerin Umsatzsteuervoranmeldungen und -erklärungen abgegeben worden sind, in denen auch die Umsätze aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage erklärt sind.
Sämtliche weiteren vorliegenden das Auftreten nach außen dokumentierenden Unterlagen sprechen ebenfalls für nur eine einzige GbR und damit für die Erweiterung des Tätigkeitsbereichs).
Das zeigt sich insbesondere an den vorliegenden Verträgen, die allesamt unter der Bezeichnung und im Namen der Klägerin abgeschlossen worden sind. Das gilt sowohl für die Anschaffung/Montage der Photovoltaikanlage, als auch für den Abschluss der Darlehensverträge zur Finanzierung der Anschaffung, in dem die Klägerin auch als Sicherungsgeberin für die Sicherungsübereignung der Photovoltaikanlage genannt ist, sowie des Weiteren für die Anmeldung bei der Bundesnetzagentur, für den Abschluss des Einspeisevertrags sowie in Bezug auf das Auftreten gegenüber der Versicherung im Zusammenhang mit der Elektronikversicherung.
Hinzu kommt, dass die Anschaffungsdarlehen auf Unterkonten (Nr. … und … bei der …Bank) des Geschäftskontos der Klägerin (bei der …Bank KtoNr. …) aufgenommen und auch auf das Geschäftskonto der Klägerin ausgezahlt worden sind.
Als Bankverbindung im Einspeisevertrag ist ebenfalls das Geschäftskonto der Klägerin angegeben. Dasselbe gilt im Zusammenhang mit der Bestätigung des Versorgungsvertrags/Abschlagsrechnung vom 23. Juli 2010 der Stadtwerke …, in der auf die Bitte, die vorgemerkte Bankverbindung zu prüfen, die vorgemerkte KontoNr. durchgestrichen und stattdessen handschriftlich die KontoNr. der Klägerin vermerkt und zudem die USt-Nr. der Klägerin angegeben worden ist.
Die gesamten Umstände des Einzelfalles sprechen daher gegen die Gründung einer zweiten GbR zur Ausgliederung der gewerblichen Einkünfte aus der Photovoltaikanlage.
2. Entgegen der Ansicht der Klägerin sind die originären Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb (Photovoltaikanlage) nicht derart gering, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Abfärbewirkung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ausschließt (sog. Bagatellgrenze).
Eine gewerbliche Tätigkeit von äußerst geringem Ausmaß liegt dann vor, wenn die originär gewerblichen Nettoumsatzerlöse 3 v.H. der Gesamtnettoumsatzerlöse der Gesellschaft und zugleich den Betrag von 24.500 € im Veranlagungszeitraum nicht übersteigen BFH-Urteil vom 27. August 2014 VIII R 6/12, BStBl II 2015, 1002).
Das im Regelfall ohne Schwierigkeiten zu ermittelnde Verhältnis der Nettoumsätze der gewerblichen Tätigkeit zu den Gesamtnettoumsätzen ist als geeigneter Vergleichsmaßstab heranzuziehen (relative Grenze). Denn die erwirtschafteten Umsätze erlauben bei typisierender Betrachtung Rückschlüsse auf den auf die verschiedenen Tätigkeiten entfallenden zeitlichen und finanziellen Aufwand der Gesellschaft und damit darauf, ob der gewerblichen Tätigkeit eine völlig untergeordnete Bedeutung zukommt.
Zur Vermeidung einer Privilegierung von Personengesellschaften mit besonders hohen nicht-gewerblichen Umsätzen, die damit in größerem Umfang gewerblich tätig sein könnten, ist es außerdem zum Schutz des Gewerbesteueraufkommens erforderlich, den Betrag der gewerblichen Nettoumsatzerlöse, bei dem noch von einem äußerst geringfügigen Umfang ausgegangen werden kann, auf einen Höchstbetrag in Höhe von 24.500 € zu begrenzen. Denn es droht jedenfalls dann kein Ausfall von Gewerbesteuer, wenn bereits die gewerblichen Umsätze unter dem gewinnbezogenen Freibetrag in Höhe von 24.500 € liegen (absolute Grenze). Hingegen kann der Freibetrag des § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG (= Gewinn aus Gewerbebetrieb bis zu 24.500 €) selbst nicht als Bagatellgrenze im Rahmen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG herangezogen werden, da dies dem vorrangigen Normzweck der Abfärberegelung, der in der vereinfachten weil einheitlichen Einkünfteermittlung liegt, zuwiderliefe (BFH in BStBl II 2015, 1002 m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben ist das FA zu Recht davon ausgegangen, dass die originär gewerblichen Einkünfte der Klägerin die für die Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG erforderlichen Bagatellgrenze überschreiten. Denn die Nettoumsatzerlöse aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage haben im Streitjahr … € und damit 7,46% der Gesamtnettoumsätze i.H.v. … € betragen. Sie liegen damit über der o.g. relativen (Nettoumsatz-)Grenze (= 3 v.H. der Gesamtnettoumsätze).
Dem Einwand der Klägerin, dass die relative Umsatzgrenze in Fällen der „passiven“ gewerblichen Tätigkeit nicht anzuwenden bzw. nicht anwendbar sei, kann das Gericht nicht folgen.
Entscheidend fällt hierbei ins Gewicht, dass die Bagatellgrenze als von der Rechtsprechung entwickelte Einschränkung der Anwendbarkeit der gesetzlichen Regelung einerseits generell und typisierend, d.h. für alle Fälle, gelten muss und andererseits, um den Normzweck der des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (= Vereinfachung) nicht zu gefährden, klar und einfach zu handhaben sein muss (vgl. BFH in BStBl II 2015, 1002). Die Bagatellgrenze kann deshalb nicht, wie die Klägerin das aber beansprucht, für bestimmte Einzelfälle oder Fallgruppen verändert oder erweitert werden oder unterschiedlich auszulegen sein.
Außerdem unterscheidet weder die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zwischen von der Klägerin so bezeichneten „aktiven“ und „passiven“ Tätigkeiten, noch gebietet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz diese Unterscheidung. Vielmehr würde eine solche Unterscheidung in aktive und passive Tätigkeiten zu neuen Definitions- und Abgrenzungsschwierigkeiten führen, die wiederum in Widerspruch zum Normzweck der Vereinfachung der Abfärberegelung stünden.
Der von der Klägerin beanspruchte Verzicht auf die relative Grenze ist auch deshalb nicht möglich, weil nach den o.g. Rechtsgrundsätzen zur Bestimmung der „gewerblichen Tätigkeit von äußerst geringem Ausmaß“ in erster Linie auf das Verhältnis der erzielten gewerblichen Umsätze zu den Gesamtumsätzen abzustellen ist und die absolute Bagatellgrenze lediglich ergänzend zum Schutz des Gewerbesteueraufkommens dient.
Schließlich ist die Argumentation der Klägerin, wonach die von ihr so bezeichneten „passiven“ Tätigkeiten der Vermietung eines Grundstücks und des Betriebs einer Photovoltaikanlage keinen voneinander unterscheidbaren und untereinander vergleichbaren zeitlichen und finanziellen Aufwand bedingen, auch inhaltlich nicht nachvollziehbar. Ein unterscheidbarer und vergleichbarer Aufwand ergibt sich bereits aus den den unterschiedlichen Tätigkeiten zugeordneten Betriebsausgaben (wobei im Streitjahr der Anteil der Betriebsausgaben, der den originär gewerblichen Einkünfte zuzuordnen ist, 11,55% (= … €: … €) der gesamten Betriebsausgaben betragen hat).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
4. Die Revision wird nicht zugelassen, da ein Revisionsgrund im Sinne des § 115 FGO nicht erkennbar ist.

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