Steuerrecht

Feststellung der Reviergrenzen, Wirksamkeit altrechtlicher Angliederungsverfügungen

Aktenzeichen  RO 4 K 20.2541

Datum:
5.4.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 12286
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayJG Art. 3

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I. Die Klage bleibt insgesamt ohne Erfolg. Sie ist bereits unzulässig, soweit sie sich gegen Nr. 1 a) (dazu 1.1), Nr. 1 d) (dazu 1.2) und Nr. 2 (dazu 1.3) des angefochtenen Bescheids vom 25.9.2020 richtet, im Übrigen ist sie unbegründet (dazu 2.).
1.1 Soweit sich die Klage gegen Nr. 1 a) des angefochtenen Bescheids richtet, fehlt es der Klägerin an der Klagebefugnis, da sie durch die dort getroffene Regelung nicht beschwert ist. In Nr. 1 a) des Bescheids des Landratsamts Neustadt a. d. Waldnaab wird festgestellt, dass der Beschluss des Landesjägermeisters vom 2.3.1938 weiterhin Bestand hat, soweit er sich auf die „Ortsflur H.“ bezieht. Die insoweit im Beschluss des Landesjägermeisters getroffene Angliederungsverfügung hat den Inhalt, dass die „Ortsflur H.“ dem Eigenjagdbezirk …s angegliedert wurde.
Die Klägerin ist nach ihrem eigenen, nicht streitigen Vorbringen Rechtsnachfolgerin in Bezug auf die Grundflächen des …s, so dass die Feststellung, dass der Beschluss des Landesjägermeisters zur „Ortsflur H.“ weiterhin Bestand hat, die Flächen im Ergebnis jagdlich der Klägerin zuordnet. Bereits die Möglichkeit einer Rechtsverletzung im Sinn von § 42 Abs. 2 VwGO scheidet damit aus.
1.2 Die Klage ist auch unzulässig, soweit sie sich gegen Nr. 1 d) des Bescheids vom 25.9.2020 richtet. Insoweit wird festgestellt, dass die Fläche gem. Nr. 2 des Beschlusses des Landesjägermeisters (westlich der Schweinenaab, südlich der Straße Friedersreuth – Kohlhütte) kraft Gesetzes jagdlich dem Gemeinschaftsjagdrevier Friedersreuth zugehörig ist. Der Klägerin fehlt auch diesbezüglich eine Klagebefugnis, da unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ersichtlich ist, weshalb ihr diese Fläche jagdlich zustehen sollten. Auch unter Zugrundelegung ihres eigenen Vorbringens ist nämlich die Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten ausgeschlossen.
Die Klägerin beruft sich zur Begründung des von ihr behaupteten Rechts ausschließlich darauf, dass der Beschluss des Landesjägermeisters vom 2.3.1938 weiterhin Bestand habe. Dieser Beschluss bestimmte aber in Nr. 2, dass die „südlich der Straße Friedersreuth – Kohlhütte zwischen dem Staatswald und dem gemeinschaftlichen Jagdbezirken Altenparkstein getroffene Abrundung aufrechterhalten bleibt“. Damit traf der Beschluss des Landesjägermeisters zu den in Nr. 2 genannten Flächen gerade keine Regelung zugunsten des Eigenjagdbezirks …s, des Rechtsvorgängers der Klägerin, sondern ordnete diese (weiterhin) dem Staatswald zu. Dass sich hieran in der Folgezeit etwas zugunsten des Rechtsvorgängers der Klägerin geändert haben sollte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auf etwaige Änderungen zugunsten Dritter kann sich die Klägerin nicht berufen. Auch ein anderer Grund, warum die Feststellung der Reviergrenzen insoweit unrichtig sein und Rechte der Klägerin verletzen könnten, ist nicht erkennbar.
1.3 Da der Bescheid kostenfrei erging (Nr. 2), fehlt es auch hinsichtlich der Kostenregelung an der Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten, § 42 Abs. 2 VwGO.
2. Im Übrigen ist die Klage zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist Art. 3 des Bayerischen Jagdgesetzes – BayJG, wonach, falls erforderlich, Bestand, Umfang und Grenzen eines Jagdreviers (Jagdbezirk) durch die Jagdbehörde festgestellt werden. Dieser Bescheid ist sowohl formell (dazu 2.1) als auch materiell (dazu 2.2) rechtmäßig.
2.1 Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Entgegen der Auffassung der Klägerin fehlt es insbesondere nicht an der hinreichenden Bestimmtheit. Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Dafür genügt es allerdings, wenn der Inhalt der Regelung durch Auslegung unter Berücksichtigung der weiteren Umstände erkennbar ist. Vorliegend ergibt sich die Bestimmbarkeit, welche Flächen gemeint sind, bereits dadurch, dass der Bescheid auf den Beschluss des Landesjägermeisters vom 2.3.1938 Bezug nimmt. Auch wenn die Beifügung eines Lageplans durchaus hilfreich gewesen wäre, bedurfte es einer solchen Beifügung für die hinreichende Bestimmtheit im Sinne des Gesetzes nicht. Dies gilt umso mehr als die Klägerin selbst im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens einen (zutreffenden) Lageplan vorgelegt hat, so dass sie offensichtlich genau wusste, auf welche Flächen sich der angefochtene Verwaltungsakt bezog.
2.2 Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Die unter Nr. 1 c (dazu a)) und unter Nr. 1 b) (dazu b)) getroffenen Regelungen verletzen die Klägerin nicht in eigenen Rechten, weil die betroffenen Flächen nicht ihrem Eigenjagdrevier angehören.
a) Die in Nr. 1 c) des Bescheids vom 25.9.2020 getroffene Regelung, dass die Fläche gem. Nr. 1 d) im Beschluss des Landesjägermeisters (westlich der Schweinenaab, nördlich der Straße Friedersreuth – Kohlhütte) jagdlich dem Gemeinschaftsjagdrevier Friedersreuth zugehörig ist, verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, weil diese Flächen jagdlich jedenfalls nicht dem Eigenjagdrevier der Klägerin angehören.
Zwar wurden die entsprechenden Flächen durch Beschluss des Landesjägermeisters vom 2.3.1938 dem Eigenjagdbezirk des Rechtsvorgängers der Klägerin zugeordnet und eine solche altrechtliche Angliederungsverfügung bleibt auch grundsätzlich wirksam (dazu aa)). Die dort getroffene Regelung wurde jedoch rechtswirksam wieder aufgehoben (dazu bb).
aa) Hinsichtlich des „westlich der Schweinenaab nördlich der Straße Friedersreuth – Kohlhütte“ gelegenen Teils des gemeinschaftlichen Jagdbezirks Altenparkstein bestimmte der Beschluss des Landesjägermeisters unter Nr. 1 d), dass diese Fläche an den Eigenjagdbezirk des …s angegliedert wird. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass solchen altrechtlichen Angliederungsverfügungen der Charakter eines Verwaltungsakts zukommt, so dass der in § 43 Abs. 2 VwVfG verankerte Grundsatz gilt, dass ein Verwaltungsakt wirksam bleibt, soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (BVerwG, U. v. 7.12.1995 – 3 C 15/94, juris, Rn. 26). Eine Ausnahme hiervon gilt nur, wenn ein Akt der Willkür vorliegt, wofür vorliegend nichts spricht.
bb) Wie sich aus den Behördenakten ergibt, wurde die Regelung allerdings am 20.2.1952 aufgehoben. Mit Bescheid des Landratsamts Neustadt a. d. Waldnaab wurde nämlich unter diesem Datum verfügt, dass „der westlich der Schweinenaab und nördlich der Straße Friedersreuth – Kohlhütte gelegene Teil des Gemeinschaftsjagdrevier Altenparkstein (zusammen mit der im Beschluss des Landesjägermeisters unter 2. genannten südlich der Straße liegenden Fläche) an das Gemeinschaftsjagdrevier Altenparkstein zurückgegliedert wird (Bl. 67 d. A.).
Diese Regelung hat auch Bestandskraft erlangt. Zwar wurde gegen die weitere im Bescheid des Landratsamts Neustadt a. d. Waldnaab getroffene Regelung hinsichtlich der Fläche westlich der Schweinenaab, südlich der Straße Friedersreuth – Kohlhütte Beschwerde durch das staatliche Forstamt Pressath eingelegt. Der hierauf ergangene Beschwerdebescheid der Regierung der Oberpfalz vom 13.10.1952 führt jedoch zu der hier in Streit stehenden Fläche „westlich der Schweinenaab nördlich der Straße Friedersreuth – Kohlhütte“ auf Seite 3 aus, dass „gegen diese Rückgliederung keine Erinnerungen bestehen“. Im Übrigen sei diese Fläche nach dem Bericht des Landratsamts bereits im Jahr 1948 an das Gemeinschaftsjagdrevier tatsächlich zurückgegeben worden. …s habe bezüglich der nunmehr vom Landratsamt verfügten förmlichen Rückgliederung auch „keine Beschwerde erhoben“ (Bl. 78 d. A.).
Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beschluss des Landesjägermeisters hinsichtlich Nr. 1 d) keine Rechtswirkungen mehr entfaltet, weil er mit Bescheid des Landratsamts Neustadt a. d. Waldnaab vom 20.2.1952 aufgehoben wurde. Eine Verletzung der Klägerin durch Nr. 1 c) des angefochtenen Bescheids scheidet damit aus.
Ohne Erfolg bleibt der Einwand der Klägerin, da es sich beim Beschluss des Landesjägermeisters um eine „Gesamtlösung“ gehandelt habe, könne er nur insgesamt aufgehoben werden. Dies trifft nicht zu. Insoweit ergibt sich schon aus der gesetzlichen Regelung der Art. 48, 49 BayVwVfG, dass ein Verwaltungsakt ganz oder teilweise zurückgenommen oder widerrufen werden kann. Im Übrigen ist auch kein Grund ersichtlich, weshalb die im Beschluss des Landesjägermeisters genannten Flächen in ihrer jagdlichen Zuordnung dauerhaft miteinander verknüpft bleiben müssten. Selbst wenn man dies anders beurteilen würde, wäre die mit Bescheid des Landratsamts Neustadt a. d. Waldnaab vom 20.2.1952 getroffene Regelung bestandskräftig.
b) Auch die in Nr. 1 b) des Bescheids vom 25.9.2020 getroffene Regelung, dass die Fläche gem. Nr. 1 c) im Beschluss des Landesjägermeisters (Abteilung „Wäldchen“) jagdlich dem Gemeinschaftsjagdrevier Friedersreuth zugehörig ist, verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, weil auch diese Flächen jedenfalls nicht dem Eigenjagdrevier der Klägerin angehören.
Zwar wurden die entsprechenden Flächen durch Beschluss des Landesjägermeisters vom 2.3.1938 ebenfalls dem Eigenjagdbezirk des Rechtsvorgängers der Klägerin zugeordnet (dazu aa)). Die dort getroffene Regelung hat jedoch keinen Bestand mehr (dazu bb).
aa) Hinsichtlich der Abteilung „Wäldchen“ bestimmte der Beschluss des Landesjägermeisters unter Nr. 1 c), dass diese Fläche an den Eigenjagdbezirk des …s angegliedert wird. Auch hier geht das Gericht im Hinblick auf die oben unter a) aa) dargestellten Erwägungen von der grundsätzlichen Wirksamkeit der altrechtlichen Angliederungsverfügung aus. Für eine willkürliche Entscheidung ist auch insoweit nichts ersichtlich.
bb) Aus den Behördenakten ergibt sich jedoch auch hier, dass diese Regelung spätestens 1952 keinen Bestand mehr hatte. Zwar war die Fläche Abteilung „Wäldchen“ nicht Gegenstand der oben genannten Verfügung des Landratsamts Neustadt a. d. Waldnaab vom 20.2.1952, der Beschwerdebescheid der Regierung der Oberpfalz vom 13.10.1952 nimmt jedoch bei der Erörterung der Fläche westlich der Schweinenaab, südlich der Straße Friedersreuth – Kohlhütte Bezug auf die Fläche Abteilung „Wäldchen“ und empfiehlt sie als Tauschfläche zwischen staatlichem Eigenjagdrevier und Gemeinschaftsjagdrevier Altenparkstein. Dabei wird ausgeführt, dass …s in einer Stellungnahme geäußert habe, „an den ihm durch Beschluss des Landesjägermeisters vom 2.3.1938 gegen seinen Willen zugeteilten Jagdflächen aus anderen Jagdrevieren nicht interessiert“ zu sein. Bezüglich des Antrags des staatlichen Forstamts Pressath auf Angliederung der Staatswaldabteilung „Wäldchen“ an das Gemeinschaftsjagdrevier Altenparkstein wurde daher die Sache durch die Regierung der Oberpfalz zur Prüfung und Entscheidung an das Landratsamt Neustadt a. d. Waldnaab zurückverwiesen.
Dass die Regelung keinen Bestand mehr hat, wird zudem durch die Ausführungen im Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 23.12.1953 bestätigt, mit dem über die Kosten einer von der Jagdgenossenschaft Altenparkstein gegen den Beschwerdebescheid der Regierung der Oberpfalz vom 13.10.1952 erhobenen Anfechtungsklage entschieden wurde. Dort ist ausgeführt, dass gelegentlich einer Ortsbesichtigung die Anfechtungsklägerin (Jagdgenossenschaft Altenparkstein) und das Staatl. Forstamt Pressath übereingekommen seien, dass die Teilfläche c) (Abteilung „Wäldchen“) dem Gemeinschaftsjagdrevier Altenparkstein eingegliedert werden solle (Bl. 83 d. A.). Weiter ist ausgeführt, dass es sich die Anfechtungsklägerin selbst zuzuschreiben habe, dass es im Beschwerdebescheid noch nicht zu einem vollwertigen Ausgleich gekommen sei, weil sie auf die gebotene Tauschmöglichkeit mit der Teilfläche c) (zunächst) nicht eingegangen sei (Bl. 81 d.A.).
Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beschluss des Landesjägermeisters auch hinsichtlich Nr. 1 c) keine Rechtswirkungen mehr entfaltet. Eine Verletzung der Klägerin durch Nr. 1 b) des angefochtenen Bescheids scheidet somit aus.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es entsprach nicht der Billigkeit, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil diese keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Prozessrisiko ausgesetzt haben (§§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).
III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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