Aktenzeichen 10 K 470/17
ErbStG § 13a Abs. 1a, § 13b Abs. 2 S. 3
Leitsatz
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
II.
Die Klage ist zulässig.
Sie ist insbesondere ohne Vorverfahren zulässig, denn das FA hat innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klageschrift dem Gericht gegenüber zugestimmt (§ 45 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung –FGO-).
Die Klage ist unbegründet.
Das FA hat das streitige Wertpapiervermögen zu Recht als junges Verwaltungsvermögen im Sinne von § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG in der im Streitfall geltenden Fassung qualifiziert.
1. a) Nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG in der bis 29. Juni 2013 geltenden Fassung gehört zum begünstigten Vermögen inländisches Betriebsvermögen (§§ 95 bis 97 BewG) beim Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs, eines Teilbetriebs, eines Anteils an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes, eines Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder eines Anteils daran und entsprechendes Betriebsvermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums dient. Nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG gehört inländisches Betriebsvermögen nicht zum begünstigten Vermögen, wenn das Betriebsvermögen der Betriebe oder der Gesellschaften zu mehr als 50 Prozent aus Verwaltungsvermögen besteht. Zum Verwaltungsvermögen gehören nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ErbStG Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen, wenn sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes im Sinne des § 1 Abs. 1 und 1a des Kreditwesengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 24 des Gesetzes vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026) geändert worden ist, oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992 (BGBl. 1993 I S. 2), das zuletzt durch Artikel 6 Abs. 2 des Gesetzes vom 17. Oktober 2008 (BGBl. I S. 1982) geändert worden ist, unterliegt, zuzurechnen sind. Nach § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG gehört, wenn das Betriebsvermögen der Betriebe oder der Gesellschaften zu weniger als 50 Prozent aus Verwaltungsvermögen besteht, Verwaltungsvermögen im Sinne des Satzes 2 Nr. 4 nicht zum begünstigten Vermögen im Sinne des Absatzes 1, welches dem Betrieb im Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zuzurechnen war.
b) Nach R 13b.19 Abs. 1 Satz 2 ErbStR 2011 gehört zum nicht begünstigten Verwaltungsvermögen nicht nur innerhalb des Zweijahreszeitraums eingelegtes Verwaltungsvermögen, sondern auch Verwaltungsvermögen, das innerhalb dieses Zeitraums aus betrieblichen Mitteln angeschafft oder hergestellt worden ist.
2. Im Streitfall ist auch das innerhalb des Zweijahreszeitraums aus betrieblichen Mitteln angeschaffte Verwaltungsvermögen (beim Kläger in Höhe von – unstreitig – … €) als nicht begünstigtes sog. „junges Verwaltungsvermögen“ nach § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG zu qualifizieren.
a) Schon nach dem Wortlaut der Vorschrift kommt es für die Nichtbegünstigung von Verwaltungsvermögen allein darauf an, ob dieses dem Betrieb im Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zuzurechnen war. Nach dem Wortlaut ist nicht danach zu unterscheiden, ob es sich um Umschichtungen innerhalb eines bestehenden Wertpapierdepots oder ob es sich um Neuanschaffungen aus Betriebsmitteln der Gesellschaft handelt.
b) Für diese Auslegung spricht auch die Entstehungsgeschichte der Norm. Denn die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Bundesrats (BR-Drucks. 318/1/10) sah vor, dass nicht zum begünstigten Vermögen im Sinne des Abs. 1 Verwaltungsvermögen gehört, welches innerhalb von zwei Jahren vor dem Besteuerungszeitpunkt in den Betrieb eingelegt worden ist. Zur Begründung wurde ausgeführt: „Um die Regelung des § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG zum jungen Verwaltungsvermögen auf Gestaltungsfälle auszurichten, soll eine schädliche Zuführung jungen Verwaltungsvermögens nur in Form der Einlage von Verwaltungsvermögen innerhalb der Zweijahresfrist angenommen werden. Mit dieser Änderung wird gewährleistet, dass Gewinne als Liquiditätsreserve rentabel im Unternehmen angelegt werden können und damit die Eigenkapitalbasis gestärkt wird.“
Der Gesetzgeber ist dieser Beschlussempfehlung nicht gefolgt. Er hat sich nicht für die Einlage in den Betrieb entschieden, sondern formuliert, dass nicht zum begünstigten Vermögen gehört, „welches dem Betrieb im Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zuzurechnen war“. Bei der Neufassung der Vorschrift ist dem Gesetzgeber damit bewusst gewesen, dass das junge Verwaltungsvermögen auch Fälle der Umschichtung innerhalb des Verwaltungsvermögens erfassen kann.
Auch wenn in der Begründung zum Entwurf des Erbschaftsteuerreformgesetzes (BT-Drucksache 16/7918 vom 28. Januar 2008, Seiten 23 und 35 f) zum Ausdruck kommt, dass missbilligt wird, wenn Vermögensgegenstände, die üblicherweise in Form der privaten Vermögensverwaltung gehalten würden, zu „gewillkürtem“ Betriebsvermögen erklärt würden, führt dies zu keiner anderen Auslegung. Denn diese Ausführungen erfolgten im Zusammenhang mit der Überlegung, dass überwiegend vermögensverwaltende Betriebe allgemein von den Verschonungen ausgenommen bleiben sollten. Eine vom Gesetzgeber angedeutete Ausdehnung dieser Überlegungen auch auf die Auslegung des Begriffs „junges Verwaltungsvermögen“ ist nicht erkennbar. Vielmehr hat der Gesetzgeber nach Auffassung des Senats die Regelung bewusst so gefasst, dass unabhängig von der Frage, ob im zu beurteilenden Einzelfall eine missbräuchliche Gestaltung vorliegt, jedenfalls Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 5 ErbStG nicht zum begünstigten Vermögen gehört, welches den Betrieben zum Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zuzurechnen war.
c) In Anbetracht des in der Gesetzeshistorie erkennbaren Willens des Gesetzgebers ist für eine teleologische bzw. enge Auslegung, wie sie überwiegend von der Literatur befürwortet wird (z.B. Kramer in DStR 2012, 1948 ff, Scholten/Korezkij in DStR 2009, 147 ff, Fechner/Bäuml in FR 2009, 22 ff), nach Auffassung des Senats kein Raum. Denn auch wenn eine weite Auslegung in reinen Umschichtungsfällen – wie dem Streitfall – zu unbefriedigenden Ergebnissen führen kann, so rechtfertigt dies nach Auffassung des Senats es dennoch nicht, vom erklärten Willen des Gesetzgebers abzuweichen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des BFH erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO). Es erscheint sachgerecht, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90 a FGO).