Aktenzeichen AN 4 K 15.01587
Leitsatz
1. Gewerberechtliche Unzuverlässigkeit liegt vor, wenn der Gewerbetreibende nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt (Anschluss an BVerwG BeckRS 9998, 170812). Nicht ordnungsgemäß ist die Gewerbeausübung durch eine Person, die nicht willens oder nicht in der Lage ist, die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung ihres Gewerbes zu gewährleisten; auf ein Verschulden des Gewerbetreibenden kommt es nicht an. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit ist auch beim Widerruf einer Maklererlaubnis nach § 34c GewO der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (Anschluss an BayVGH BeckRS 2009, 34859). (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angegriffene Widerrufsbescheid des Beklagten vom 19. August 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beklagte konnte zu Recht von der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers wegen seiner fehlenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ausgehen und auf Basis dieser Erkenntnis die dem Kläger am 12. September 1980 erteilte Maklererlaubnis widerrufen.
Der Widerruf der erteilten Maklererlaubnis findet seine Rechtsgrundlage in Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG. Danach darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise widerrufen werden, wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt zu versagen und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet wäre. Nach § 34 c Abs. 2 Nr. 1 GewO ist die Maklererlaubnis zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die für die beabsichtigte Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt.
I.
Gewerberechtliche Unzuverlässigkeit liegt vor, wenn der Gewerbetreibende nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt (BVerwG, B.v. 19.12.1995 – 1 C 3/93, BVerwGE 100, 187). Nicht ordnungsgemäß ist die Gewerbeausübung durch eine Person, die nicht willens oder nicht in der Lage ist, die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung ihres Gewerbes zu gewährleisten (Landmann/Rohmer, GewO, Stand Juni 2015, § 35 Rn. 29). Auf ein Verschulden des Gewerbetreibenden kommt es hierbei nicht an.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit ist auch bei Widerruf einer Maklererlaubnis nach § 34 c GewO der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (VGH München, B.v. 1.3.2006 – 22 ZB 06.234 – juris unter Verweis auf BVerwG, B.v. 9.7.1993 – 1 B 105/93 – juris).
II.
Auf Basis dieser Grundsätze geht der Beklagte zu Recht von der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers aus. Die auf Grund der Umstände des Einzelfalls zu treffende Prognose begründet den Gesamteindruck, dass der Kläger auch in Zukunft sein Gewerbe nicht ordnungsgemäß ausüben wird. Das ergibt sich bereits aus der fehlenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
Die Prognose ist ein aus den vorhandenen tatsächlichen Umständen gezogener Schluss auf wahrscheinliches zukünftiges Verhalten der Gewerbetreibenden (BVerwG, B.v. 26.2.1997 -1 B 34.97, Gewerbearchiv 1997, S. 242 ff.). Die Annahme der Unzuverlässigkeit kann aus einer lang andauernden wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit abzuleiten sein, etwa infolge des Fehlens von Geldmitteln, einer nicht ordnungsgemäßen Betriebsführung im Allgemeinen oder der fehlenden Erfüllung öffentlich-rechtlicher Zahlungspflichten im Besonderen, ohne dass insbesondere durch Erarbeitung eines tragfähigen Sonderkonzepts Anzeichen für eine Besserung erkennbar sind (Landmann/Rohmer, GewO, Stand Juni 2015, § 35 Rn. 46).
Anhaltspunkt für die fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sind insbesondere die angehäuften Verbindlichkeiten. Bei der Erstmitteilung des Finanzamtes … an das Landratsamt … im Juli 2013 bestanden Verbindlichkeiten des Klägers in Höhe von 82.742,55 EUR. Zum für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung im August 2015 bestanden seitens des Klägers gegenüber dem Finanzamt … Verbindlichkeiten in Höhe von 119.142,53 EUR. Diese sind zum Stand der mündlichen Verhandlung auf 129.551,17 EUR angewachsen.
Ein überzeugendes Konzept des Klägers zur Rückführung der Verbindlichkeiten ist weder konkret dargetan noch sonst ersichtlich. Eine Tendenz zur Rückführung dieser Verbindlichkeiten ist nicht erkennbar. In der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger, er hätte für das Jahr 2016 Einnahmeerwartungen in Höhe von 30.000,00 EUR. Dieser Betrag steht in keinem Verhältnis zu den bestehenden Verbindlichkeiten. Der wiederholte Verweis auf mögliche Erträge – bei denen es sich laut Klägervortrag um noch nicht realisierte Erwerbshoffnungen handelt – etwa in Höhe der beim Finanzamt … geschuldeten Summe verkennt bereits den Umstand, dass auch aus diesem Erlös wiederum Steuern zu zahlen sind. Aufgrund dieses Vortrags kann eine nachhaltige Rückkehr zu einer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht angenommen werden.
Darüber hinaus kommt der Kläger nachhaltig seinen steuerlichen Erklärungspflichten nicht nach. Ausweislich der Mitteilung des Finanzamts … fehlen die steuerlichen Jahreserklärungen für Umsatz- und Einkommenssteuer der Jahre 2012 und 2013. Hinsichtlich der steuerlichen Situation handelt es sich damit um keine Momentaufnahme mit einem negativen Ausblick, sondern der Eindruck der Nichteinhaltung steuerlicher Pflichten ist das Ergebnis einer längeren Entwicklung. Der Kläger ist über mehrere Jahre hinweg seinen Erklärungspflichten nicht nachgekommen.
III.
Nach alledem geht der angefochtene Widerrufsbescheid zu Recht von der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers aus. Das bisher gezeigte und auch zukünftig bei Gewerbefortführung ohne den Druck des drohenden Widerrufs zu erwartende Verhalten des Klägers verstößt gegen die kaufmännischen und wirtschaftlichen Berufspflichten eines ordnungsgemäßen und zuverlässigen Gewerbetreibenden. Demgemäß liegt es auf der Hand, dass es bei weiterer Gewerbeausübung auch unter Berücksichtigung der bestehenden Verpflichtungen gegenüber anderen, auch privaten Gläubigern, zu einer fortgesetzten Schädigung der öffentlichen Kassen kommen würde. Der Kläger würde sich hierdurch gegenüber seinen Mitbewerbern, die ihren einschlägigen Verpflichtungen ordnungsgemäß nachkommen, einen rechtswidrigen Wettbewerbsvorteil verschaffen, was im öffentlichen Interesse aber nicht hingenommen werden kann.
Wie bereits erwähnt, ist die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit verschuldensunabhängig und setzt auch keinen Charaktermangel voraus. Die Vorschrift dient dem Schutz der Allgemeinheit (Landmann/Rohmer, GewO, Stand März 2016, § 35 Rn. 35). Somit kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen etwa bestehende Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllt wurden. Persönliche Schicksalsschläge wie Erkrankungen, Unfälle oder eheliche Schwierigkeiten beseitigen nicht die Pflichten eines Gewerbetreibenden zur ordnungsgemäßen Betriebsfüh rung. Der Kläger verkennt weiter, dass die Bezahlung öffentlich-rechtlicher Verbindlichkeiten, wie z.B. aufgrund eines Strafbefehls, nicht honoriges Wohlverhalten, sondern Pflicht ist.
Können Dritte ihre Zahlungsansprüche nicht mehr durchsetzen, so tritt eine Schädigung ein und sie ist auf Basis der bestehenden Vermögensverhältnisse auch in Zukunft zu besorgen. Der Kläger hatte auch ausreichend Zeit, seine Verhältnisse zu ordnen. Er konnte bzw. wollte diese Zeit jedoch nicht nutzen.
Ergänzend wird, unter Vorbehalt der vorstehenden Ausführungen, gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die Begründung des angefochtenen Widerrufsbescheids verwiesen.
Die Klage war daher abzuweisen.
Der Kläger trägt gemäß § 154 Abs. 1 VwGO als unterliegender Teil die Kosten des gerichtlichen Verfahrens.