Steuerrecht

Kein lohnsteuerbarer Vorteil bei Überlassung eines Feuerwehreinsatzfahrzeugs

Aktenzeichen  VI R 43/18

Datum:
19.4.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BFH:2021:B.190421.VIR43.18.0
Normen:
§ 42d Abs 1 Nr 1 EStG 2009
§ 41a Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2009
§ 38 Abs 1 S 1 EStG 2009
§ 38 Abs 1 S 3 EStG 2009
§ 38 Abs 3 S 1 EStG 2009
§ 19 EStG 2009
EStG VZ 2013
EStG VZ 2014
EStG VZ 2015
EStG VZ 2016
Spruchkörper:
6. Senat

Leitsatz

Die Überlassung eines Einsatzfahrzeugs an den Leiter der Freiwilligen Feuerwehr während seiner –wenn auch “ständigen”– Bereitschaftszeiten führt nicht zu Arbeitslohn.

Verfahrensgang

vorgehend FG Köln, 29. August 2018, Az: 3 K 1205/18, Urteil

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 29.08.2018 – 3 K 1205/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1
I. Streitig ist, ob die Überlassung eines Feuerwehreinsatzfahrzeugs zu steuerbarem Arbeitslohn führt.
2
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Gemeinde in Nordrhein-Westfalen, die nach Maßgabe des Gesetzes über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz (BHKG) vom 17.12.2015 (zuvor: Gesetz über den Feuerschutz und die Hilfeleistung –FSHG– vom 10.02.1998) eine Freiwillige Feuerwehr unterhält. Eine Berufsfeuerwehr gibt es in der Gemeinde sowie dem Landkreis, in welchem die Gemeinde belegen ist, nicht.
3
Die Freiwillige Feuerwehr wird von Herrn X, der bei der Klägerin vollzeitig angestellt ist, ehrenamtlich geleitet. Er wurde hierzu gemäß § 11 Abs. 1 BHKG (zuvor: § 11 Abs. 1 FSHG) in ein Ehrenbeamtenverhältnis auf Zeit berufen.
4
Als Leiter der Freiwilligen Feuerwehr stellte ihm die Klägerin ein Einsatzfahrzeug (“Kommandowagen”) zur Verfügung. Dabei handelte es sich um einen in weiß und rot gehaltenen PKW, an dem über Fahrer- und Beifahrerseite hinweg der Schriftzug “FEUERWEHR” sowie die Notrufnummer 112 angebracht ist. Das Fahrzeug ist mit einem fest verbauten Digitalfunkgerät, einem fest verbauten Navigationsgerät –gekoppelt mit einem Meldeempfänger– sowie mit einer fest verbauten Sondersignalanlage ausgestattet. Daneben befinden sich in dem PKW die persönliche Schutzausrüstung des X, eine Rolle Flatterband, vier Faltleitkegel, Werkzeuge zur Türöffnung, ein Erste-Hilfe-Rucksack sowie Dokumentenmappen und Feuerwehrpläne für verschiedene Objekte in der Gemeinde.
5
Das Einsatzfahrzeug stand X im Streitzeitraum (01.01.2013 bis 30.09.2016) rund um die Uhr zur Verfügung, damit er in Notfällen jederzeit und unverzüglich zum jeweiligen Einsatzort gelangen und seinen Aufgaben als Wehrführer nachkommen konnte.
6
Demgemäß nutzte X das Fahrzeug nicht nur für Einsatzfahrten oder zur Erfüllung anderer Aufgaben als Leiter der Freiwilligen Feuerwehr (z.B. Beschaffung von persönlicher und sachlicher Ausrüstung, Beratung von in der Gemeinde ansässigen Firmen im Bereich des vorbeugenden Brandschutzes, Besuch mehrtägiger auswärtiger Seminare) sowie im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit für die Klägerin, sondern auch für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte (ab dem Veranlagungszeitraum 2014 erste Tätigkeitsstätte), für Mittagsheimfahrten (Zwischenheimfahrten) und andere Privatfahrten. War er wegen Urlaubs oder Krankheit an der Leitung der Freiwilligen Feuerwehr gehindert, gab er den PKW an den stellvertretenden Leiter der Freiwilligen Feuerwehr ab.
7
Im Rahmen einer bei der Klägerin für den Streitzeitraum durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat die Prüferin die Ansicht, dass die Klägerin durch die dauerhafte Gestellung des Einsatzfahrzeugs X einen geldwerten Vorteil zugewandt habe, der als Arbeitslohn nach der 1 %-Regelung zu versteuern sei. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) folgte der Auffassung der Prüferin und erließ einen Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer über insgesamt 2.223,86 €. Den dagegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 20.04.2018 zurück.
8
Das Finanzgericht (FG) gab der daraufhin erhobenen Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 32 veröffentlichten Gründen statt. Der Nachforderungsbescheid sei aufzuheben, da die Klägerin ihr Wahlrecht auf Pauschalierung gemäß § 40 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht ausgeübt habe. Auch der Haftungsbescheid sei aufzuheben, da die dauerhafte Überlassung des Einsatzwagens an X nicht als Arbeitslohn zu beurteilen sei. Denn die Klägerin habe ihm dieses Fahrzeug im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse überlassen.
9
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
10
Es beantragt,das Urteil des FG Köln vom 29.08.2018 – 3 K 1205/18 bezüglich des Haftungsbescheids vom 27.01.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.04.2018 aufzuheben und die Klage insoweit als unbegründet abzuweisen.
11
Die Klägerin beantragt,die Revision zurückzuweisen.


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