Steuerrecht

Lohnsteuerhaftung

Aktenzeichen  8 K 2654/19

Datum:
20.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
EFG – 2021, 1352
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
EStG§ 3 Nr. 45 S. 1, § 8 Abs. 2,§ 42 d
FGO § 100 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 135 Abs. 1, § 139 Abs. 3 S. 3
AO § 42, § 191

 

Leitsatz

1. In dem Verkauf des Mobiltelefons der Arbeitnehmerin an die Klägerin zu einem Kaufpreis von 1 Euro liegt kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten vor.  (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten besteht nach Ansicht des Senats selbst dann nicht, wenn primäres (neben der Kostentragung der Verbindungsentgelte und eventueller Reparaturkosten für das Telefon durch die Klägerin) oder alleiniges Ziel der im Streitfall zu beurteilenden Gestaltung die Inanspruchnahme der gesetzlich zulässigen Steuerbefreiung des § 3 Nr. 45 EStG gewesen sein sollte. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Haftungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge für die Zeit von Oktober 2013 bis Juni 2017 vom 20. August 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02. Oktober 2019 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigen für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
5. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.
Strittig ist, ob die Klägerin die Übernahme von Telefongebühren für einen Mobilfunkvertrag einer Arbeitnehmerin zu Recht nicht der Lohnsteuer unterworfen hat und dafür in Haftung genommen werden kann.
Die Klägerin, eine Verlags- und Werbe GmbH, beabsichtigte im Jahr 2015, ihr Entlohnungssystem für ihre Mitarbeiter zu optimieren. Im Rahmen der Vorschriften der §§ 3, 8 und 40 Einkommensteuergesetz (EStG) war vorgesehen, ihren Mitarbeitern Sachzuwendungen und Aufwandsentschädigungen zu gewähren. Unter anderem wollte die Klägerin ihren Arbeitnehmern Mobiltelefone auch zur privaten Nutzung überlassen. Die Mobiltelefone sollten dabei im Eigentum der Klägerin verbleiben. Die privat mit diesem Telefon geführten Gespräche und deren Kostenersatz sollte nach § 3 Nr. 45 EStG nicht der Lohn- bzw. Einkommensteuer unterliegen.
Die Klägerin schloss hierzu am 31. März 2015 mit ihrer Arbeitnehmerin K.L. einen Kaufvertrag über ein Handy des Typs Samsung Galaxy S3 mini. Die Klägerin erwarb von ihrer Arbeitnehmerin deren privat angeschafftes Handy zu einem Kaufpreis von 1 Euro in bar. Das durch die Klägerin erworbene Gerät wurde der Arbeitnehmerin unmittelbar wieder zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Zeitgleich mit dem Handykaufvertrag wurde am 31. März 2015 zum Arbeitsvertrag eine ergänzende Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrer Arbeitnehmerin geschlossen, mit der die Klägerin der Arbeitnehmerin mit Wirkung zum 01. Mai 2015 ein Mobilfunk-Telefon zur Verfügung stellte und die Kosten dafür übernahm. Die Kosten des Mobilfunkvertrages bei dem Anbieter smartmobil.de (Grundgebühr, Verbindungsentgelte oder auch Flatrategebühr) sollten bis zu einer Höhe von insgesamt 29,90 € monatlich von der Klägerin ersetzt werden. Die Arbeitnehmerin hatte die Kosten des Mobilfunkvertrages, den sie mit einem Mobilfunkanbieter abgeschlossen hatte, nachzuweisen. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses war die Arbeitnehmerin verpflichtet, das Mobilfunk-Telefon an die Klägerin herauszugeben. Diese ergänzende Vereinbarung sollte bis zu einer Änderung oder Ergänzung der Vereinbarung gelten. Am 13. Dezember 2016 und 21. Februar 2017 wurden jeweils Mobiltelefon-Überlassungsverträge als Anlage zum Arbeitsvertrag geschlossen, in denen die Klägerin ihrer Arbeitnehmerin ein Mobiltelefon zur freien Nutzung zur Verfügung stellte. Die Klägerin übernahm die Kosten für Wartung und Reparaturen. Die Überlassung an Dritte war unzulässig. Der Überlassungsvertrag konnte gekündigt werden, wenn die Klägerin infolge eines nicht vorhersehbaren Umstandes und aus dringendem betrieblichen Interesse das Mobiltelefon benötigte oder wenn die Arbeitnehmerin das Mobiltelefon vertragswidrig gebrauchte. Der Überlassungsvertrag war an das bestehende Arbeitsverhältnis gebunden und endete automatisch an dessen Ende. In dem Mobilfunküberlassungsvertrag vom 21. Februar 2017 kamen die Vertragsparteien überein, dass der Arbeitnehmerin die für das Mobiltelefon entstehenden Kosten des Mobilfunkvertrages (Grundgebühr, Verbindungsentgelte oder auch Flatrategebühr) bis zu einer Höhe von insgesamt 27,95 € monatlich von der Klägerin ersetzt werden sollten. Die Aufwendungen waren von der Arbeitnehmerin nachzuweisen. Diese ergänzende Vereinbarung trat ab dem 1. März 2017 in Kraft und sollte bis zu einer Änderung oder Ergänzung der Vereinbarung gelten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die ergänzenden Vereinbarungen zum Arbeitsvertrag vom 31. März 2015 und 21. Februar 2017, den Handykaufvertrag vom 31. März 2015 und den Mobiltelefon-Überlassungsvertrag vom 13. Dezember 2016 verwiesen. Der Arbeitnehmerin wurden bis einschließlich Dezember 2017 monatlich 29,90 € erstattet, da die Klägerin übersehen hatte, dass laut der Vereinbarung vom 21. Februar 2017 ab dem 01. März 2017 nur mehr 27,95 € erstattungsfähig waren. Nach der Entdeckung dieses Fehlers wurde dieser in der Lohnabrechnung vom 22. Januar 2018 korrigiert.
Mit Prüfungsanordnung vom 28. Juni 2017 wurde bei der Klägerin eine Lohnsteuer-Außenprüfung für Oktober 2013 bis Juni 2017 angeordnet.
Die Prüferin vertrat die Auffassung, dass die Übernahme der Handygebühren nicht steuerfrei habe erfolgen können, da es sich bei dem vorliegenden Sachverhalt um eine unangemessene rechtliche Gestaltung nach § 42 Abgabenordnung (AO) gehandelt habe. Die Gestaltung wäre von einem verständigen Dritten in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts und der wirtschaftlichen Zielsetzung ohne den Steuervorteil nicht gewählt worden. Einem fremden Dritten wäre das eigene Mobiltelefon zum marktüblichen Wert, nicht aber für nur 1 Euro überlassen worden. Denn es bestehe durchaus ein Markt für gebrauchte Handys. Der Verkauf des Handys zu 1 Euro sei lediglich wegen der damit verbundenen Inanspruchnahme der Steuerbefreiungsvorschrift erfolgt. Die von der Klägerin übernommenen Unkosten für die Handynutzung stellten daher gemäß dem Hinweis 3.45 zu R 3.45 der Lohnsteuerrichtlinien (LStH) steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Lediglich der Ersatz von Gebühren für berufliche Telefongespräche, die die Arbeitnehmerin für die Klägerin außerhalb des Betriebs geführt habe, seien in Höhe des Einzelnachweises oder ohne Einzelnachweis in Höhe von bis zu 20% des Rechnungsbetrages, höchstens jedoch mit 20 € monatlich als Auslagenersatz steuerfrei. Deshalb sei die Gebührenerstattung an die Arbeitnehmerin mit einem Anteil von 80% (monatlich 23,92 €) zu versteuern. Der steuerpflichtige Anteil errechne sich für Juni bis Dezember 2015 auf 167,44 €, für Januar bis Dezember 2016 auf 287,04 € und für Januar bis Juni 2017 auf 143,52 €. Für diese Beträge sei die Klägerin als Arbeitgeberin gemäß § 42 d EStG in Haftung zu nehmen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 23. Juli 2018 verwiesen.
Das Finanzamt folgte der Rechtsansicht der Lohnsteuer-Außenprüferin und nahm die Klägerin, die sich mit ihrer Inanspruchnahme als Arbeitgeberin einverstanden erklärt hatte, mit Haftungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge für die Zeit von Oktober 2013 bis Juni 2017 vom 20. August 2018 für Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und römisch-katholische Kirchensteuer in Höhe von insgesamt 168,06 € in Anspruch.
Dagegen legte die Klägerin per Fax mit Schreiben vom 18. September 2018 Einspruch ein. Dieser wurde mit Einspruchsentscheidung vom 2. Oktober 2019 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der dagegen eingereichten Klage macht die Klägerin geltend, der ergangene Haftungsbescheid sei rechtswidrig, da die Zuschüsse zu den Mobilfunkkosten gemäß § 3 Nr. 45 EStG steuerfrei hätten geleistet werden können. Eine missbräuchliche Gestaltung nach § 42 AO sei durch die konkret durchgeführte Übernahme der Handykosten ihrer Arbeitnehmerin nicht ersichtlich. Der Beklagte habe sein Ermessen in der Sache fehlerhaft ausgeübt. Die Mobilfunkkosten hätten steuerfrei von ihr übernommen werden können, unabhängig davon, ob sie oder die Arbeitnehmerin Vertragspartnerin des Telekommunikationsanbieters gewesen sei. Sie sei durch den mit der Arbeitnehmerin geschlossenen Kaufvertrag sowohl zivilrechtliche als auch wirtschaftliche Eigentümerin des Mobilfunkgerätes geworden. Der Kauf- und Überlassungsvertrag sei wirksam abgeschlossen worden. Das Eigentumsrecht an dem Smartphone sei auf sie (die Klägerin) übergegangen. Sie habe jederzeit nach Ziffer 5 des Überlassungsvertrages die Herausgabe des Mobilfunkgerätes verlangen oder auch der Arbeitnehmerin ein anderes Mobilfunkgerät als das erworbene zur Nutzung übergeben können. Ferner sei sie bei Verlust oder einem Defekt am Gerät gemäß dem Überlassungsvertrag für die Ersatzbeschaffung verantwortlich gewesen. Auch habe sie gemäß Ziffer 2 der Vereinbarung die Kosten sowohl für die Reparatur als auch für die Wartung des Handys übernommen. Das Handy sei bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis von der Arbeitnehmerin wieder an sie (die Klägerin) zurückzugeben gewesen. Allein ausschlaggebend für die Gewährung des Steuervorteils nach § 3 Nr. 45 EStG sei das wirtschaftliche Eigentum der Arbeitgeberin an dem Gerät. Dieses habe ihr zugestanden. Allein der Kaufpreis von 1 Euro könne keine missbräuchliche Ausgestaltung der privaten Handynutzung begründen. Durch die Bejahung einer missbräuchlichen Ausgestaltung in einem derartigen Fall würde die vom Gesetzgeber gewollte und großzügig gehandhabte Steuerfreiheit der privaten Nutzung betrieblicher Handys erheblich eingeschränkt und zusätzliche Hürden aufgebaut. Dies könne nicht im Interesse des Gesetzgebers sein. Es sei aufgrund der unterschiedlichen Interessenlage zwischen Arbeitgeberin und Arbeitnehmerin von einem Drittgeschäft auszugehen, sodass der vom Finanzamt vorgenommene Fremdvergleich nicht notwendig sei. Es bestünde nicht die Gefahr einer missbräuchlichen Ausgestaltung zivilrechtlicher Beziehungen unter Ausnutzung der persönlichen Verbundenheit der Beteiligten, um steuerrechtliche Vorschriften zu umgehen. Eine Gefahr für eine Verflechtung der persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Arbeitgeberin und Arbeitnehmerin liege nicht vor. Außerdem sei der Verkauf eines Alt-Handys für 1 Euro nicht ungewöhnlich. Ein Großteil der Bevölkerung verkaufe sein altes Handy überhaupt nicht, sondern entsorge es oder bewahre es unbenutzt weiter auf. Darüber hinaus sei es nicht ihre (der Klägerin) Angelegenheit gewesen, das gebrauchte Handy vor dem Kauf wirtschaftlich zu bewerten. Vielmehr sei es Aufgabe der Verkäuferin gewesen, einen Kaufpreis für das alte Handy zu bestimmen. Zu berücksichtigen sei weiterhin, dass die ursprüngliche Anschaffung eines Mobilfunkgerätes durch einen Arbeitnehmer meistens selbst nur Kosten von nicht mehr als 1 Euro verursacht hätten, da der subventionierte Kaufvertrag und der Mobilfunk-Dienstleistungsvertrag vieler Mobilfunkanbieter wirtschaftlich zwar verknüpft seien, aber die Subventionierung der Geräte nicht als Teil der künftigen Entgelte für die Mobilfunkdienstleistungen aufzufassen sei.
Die Klägerin beantragt daher, den Haftungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge für die Zeit von Oktober 2013 bis Juni 2017 vom 20. August 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Oktober 2019 aufzuheben sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte (das Finanzamt) beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es auf seine Einspruchsentscheidung. Darin führt es aus, die Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 45 EStG komme nicht in Betracht, da das der Arbeitnehmerin zur Verfügung gestellte Handy kein betriebliches Gerät im Sinne der Vorschrift sei, sondern die gewählte Vorgehensweise eine unangemessene Gestaltung darstelle. Einem fremden Dritten würde das eigene Mobiltelefon zum marktüblichen Wert, nicht aber nur für 1 € überlassen werden. Der Handy-Verkauf an den Arbeitgeber lediglich wegen der damit verbundenen Inanspruchnahme der Steuerbefreiung sei rein steuerlich motiviert. Die Klägerin habe daher Barzuschüsse an ihre Arbeitnehmerin für deren private Telekommunikationsverträge geleistet, die gerade nicht steuerbefreit seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze, Akten und Unterlagen sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung am 20. November 2020 verwiesen.
II.
1. Die Klage ist begründet.
Der streitgegenständliche Haftungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Die Klägerin hat ihrer Arbeitnehmerin ein betriebliches Handy zur Privatnutzung überlassen und konnte die durch die Nutzung entstehenden Aufwendungen steuerfrei gemäß § 3 Nr. 45 EStG ersetzen. Sie hat nicht fälschlicherweise die Abführung von Lohnsteuer unterlassen und kann deshalb nicht gemäß § 42 d Abs. 1 Nr. 1 EStG für nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer in Haftung genommen werden.
a) Gemäß § 191 Absatz 1 Satz 1 AO kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist die Entscheidung über die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners zweigliedrig (vgl. BFH – Urteile vom 20. September 2016 X R 36/15, BFH/NV 2017, 593; vom 11. März 2004 VII R 52/02, BStBl II 2004, 579 m.w.N.). Das Finanzamt hat zunächst zu prüfen, ob in der Person oder den Personen, die es heranziehen will, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Haftungsvorschrift erfüllt sind. Dabei handelt es sich um eine vom Gericht in vollem Umfang überprüfbare Rechtsentscheidung. Daran schließt sich die nach § 191 Abs. 1 AO zu treffende Ermessensentscheidung des Finanzamts an, ob und wen es als Haftenden in Anspruch nehmen will. Diese auf der zweiten Stufe zu treffende Entscheidung ist gerichtlich nur im Rahmen des § 102 Satz 1 FGO auf Ermessensfehler (Ermessensüberschreitung, Ermessensfehlgebrauch) überprüfbar.
b) Die Klägerin haftet bereits dem Grunde nach nicht für Lohnsteuer, die sich aus der Übernahme der Telekommunikationskosten für die private Handynutzung ihrer Arbeitnehmerin ergibt, da diese nach § 3 Nr. 45 EStG steuerfrei erfolgen konnte.
Steuerfrei sind nach § 3 Nr. 45 Satz 1 EStG die Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Datenverarbeitungs- und Telekommunikationsgeräten sowie deren Zubehör, aus zur privaten Nutzung überlassenen System- und Anwendungsprogrammen, die der Arbeitgeber auch in seinem Betrieb einsetzt, und aus den im Zusammenhang mit diesen Zuwendungen erbrachten Dienstleistungen.
aa) Die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 45 EStG betrifft Sachzuwendungen, die nach § 8 Abs. 2 EStG als Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit zu bewerten wären. § 3 Nr. 45 EStG erspart diese Bewertung, vor allem aber die Ermittlung durch den Arbeitgeber, in welchem Umfang die betrieblichen Einrichtungen vom Arbeitnehmer privat genutzt werden und damit Sachzuwendungen sind (Berthold Welling, Zweifelsfragen zur Steuerbefreiung der privat veranlassten Telefonkosten, DStR 2001, 650; Hans-Ulrich Fissenewert, Keine Steuerbefreiung für die Privatnutzung von Telekommunikationsgeräten bei Satellitennavigationsanlagen und vergleichbarer Technik, FR 2005, 882). Nutzt der Arbeitnehmer die Einrichtung des Arbeitgebers für private Zwecke, ist die hierin liegende Zuwendung eines geldwerten Vorteils durch den Arbeitgeber nach § 3 Nr. 45 EStG steuerfrei.
bb) Im Streitfall nutzte die Arbeitnehmerin ein betriebliches Telekommunikationsgerät der Klägerin.
Zu den Telekommunikationsgeräten im Sinne des § 3 Nr. 45 EStG gehören unter anderem Handys und Smartphones (v. Beckerath in Kirchhof/Söhn, Kommentar zu EStG, § 3 Nr. 45, B 45/38).
Voraussetzung der Steuerbefreiung ist ferner, dass der Arbeitnehmer ein betriebliches Gerät privat nutzt. In der Gesetzesbegründung zu § 3 Nr. 45 EStG heißt es, entscheidend sei, dass es sich um ein Gerät handele, das „zum Betrieb des Arbeitgebers gehöre“ (Bundestags-Drucksache 14/4626, S. 3, 6). Was unter diesem Begriff zu verstehen ist, wird nicht näher in § 3 Nr. 45 EStG definiert.
Nach der herrschenden Meinung in der Literatur soll ein Telekommunikationsgerät jedenfalls dann betrieblich sein, wenn das dem Arbeitnehmer überlassene Gerät dem Arbeitgeber als eigenständiges Wirtschaftsgut im Sinne des § 39 AO zuzurechnen ist (Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach (H/H/R), Kommentar zum EStG, § 3 Nr. 45 Rz. 2; Levedag in Schmidt, Kommentar zum EStG, 39. Aufl. 2020, § 3 Rz.157). Aber auch geleaste oder gemietete Geräte sollen betriebliche Wirtschaftsgüter im Sinne von § 3 Nr. 45 EStG sein können (v. Beckerath in Kirchhof/Söhn § 3 Nr. 45 Anm. B 45/42; Bergkemper in H/H/R, § 3 Nr. 45 Rz.2; H 3.45 LStH; BFH-Urteil vom 06. November 2001 VI R 62/96, BStBl II 2002, 370; andere Ansicht: Urteil des Finanzgerichts Sachsen vom 02. November 2017, 8 K 870/17, juris, wonach zumindest wirtschaftliches Eigentum des Arbeitgebers an dem Telekommunikationsgerät vorliegen muss). Betrieblich im Sinne des § 3 Nr. 45 EStG soll ein Wirtschaftsgut auch dann sein, wenn es nicht zu einem Betriebsvermögen gehört, da ansonsten die Regelung des § 3 Nr. 45 EStG nicht für Arbeitgeber anwendbar wäre, die Überschusseinkünfte erzielen oder dem öffentlichen Dienst angehören (v. Beckerath in Kirchhof/Söhn § 3 Nr. 45 Anm. B 45/42).
Im vorliegenden Fall war das von der Arbeitnehmerin erworbene Handy der Klägerin gemäß § 39 AO als eigenständiges Wirtschaftsgut zuzurechnen, da sie sowohl zivilrechtliches als auch wirtschaftliches Eigentum an dem Telefon, das sie ihrer Arbeitnehmerin zur privaten Nutzung überließ, innehatte.
Ein Wirtschaftsgut ist nach § 39 Abs. 1 AO grundsätzlich dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO). Die Sachverhalte, in denen wirtschaftliches Eigentum gegeben ist, sind dadurch gekennzeichnet, dass die formale äußere Rechtsmacht durch die im Innenverhältnis bestehenden Befugnisse begrenzt ist (BFH-Urteil vom 26. Juli 2001 VI R 122/98, BStBl II 2001, 844). Ob der zivilrechtlich Berechtigte von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausgeschlossen ist, bestimmt sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall (BFH-Urteil vom 20. September 1995 X R 94/92, BStBl II 1996, 186 und vom 27. November 1996 X R 92/92, BStBl II 1998, 97).
Im Streitfall hat die Klägerin zivilrechtlich wirksam mit Kaufvertrag vom 31. März 2015 ihr Handy an die Klägerin zum Preis von 1 € verkauft. Entgegen dem Vortrag des Finanzamts in der mündlichen Verhandlung ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine zivilrechtliche Unwirksamkeit der Übereignung des Handys. Es bestehen auch keine Anzeichen für ein Scheingeschäft gemäß § 41 Abs. 2 AO. Laut der vorgelegten Ergänzungsvereinbarung betreffend die Handykosten wurde zeitgleich mit der Veräußerung des Mobiltelefons der Arbeitnehmerin dieser dasselbe Gerät als betriebliches Gerät der Klägerin zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Zwischen den Vertragspartnern bestand demnach Einigkeit über den Eigentumsübergang auf die Klägerin. Dies wurde in der Praxis dementsprechend umgesetzt, wie die glaubhaften Ausführungen der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung ergaben. Etwas anderes wurde von der Lohnsteuer-Außenprüfung nicht festgestellt.
Die Arbeitnehmerin hat nach dem Eigentumswechsel nicht die tatsächliche Sachherrschaft über das von ihr an die Klägerin veräußerte und ihr dann von dieser wieder zur privaten Nutzung überlassene Handy in der Weise ausgeübt, dass sie die Klägerin für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Smartphone ausschließen konnte. Vielmehr war im Mobiltelefon-Überlassungsvertrag vom 13. Dezember 2016 vereinbart, dass die Klägerin infolge eines nicht vorhersehbaren Umstands und aus dringendem betrieblichen Interesse den Überlassungsvertrag kündigen konnte. Dasselbe galt für einen vertragswidrigen Gebrauch des Mobiltelefons. Bereits in der Vereinbarung vom 31. Mai 2015 war die Überlassung des Handys an das Bestehen des Arbeitsverhältnisses geknüpft. Bei Beendigung des Arbeitsvertrages war das Telefon an die Klägerin auszuhändigen. Der Umstand, dass der „Überlassungsvertrag“ erst nach Verkauf des Handys an die Klägerin und Vereinbarung der Kostenübernahme durch die Klägerin schriftlich am 31. Dezember 2016 vereinbart wurden, ist unschädlich. Bereits die Ergänzungsvereinbarung „Handykosten“ vom 31. März 2015 beinhaltet die Absprache der Zurverfügungstellung des in das Eigentum der Klägerin übergegangenen Geräts. Insofern präzisiert der „Überlassungsvertrag“ lediglich den Zweck der Überlassung des Mobiltelefons auch zur privaten Nutzung und weitere Einzelheiten zu der bereits aus dem Ergänzungsvertrag „Handykosten“ resultierenden Verpflichtung der Klägerin, ihrer Arbeitnehmerin ein Mobiltelefon zu stellen.
Bei dem an die Arbeitnehmerin überlassenen Smartphone handelt es sich somit um ein der Klägerin gehörendes betriebliches Wirtschaftsgut.
cc) Der Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 45 EStG steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin für einen von der Arbeitnehmerin abgeschlossenen und auf deren Namen laufenden Mobilfunkvertrag die Verbindungsentgelte übernahm. Denn es kommt allein darauf an, dass die Klägerin die Verbindungsentgelt letztendlich getragen hat. Die Klägerin hat sich mit der ergänzenden Vereinbarung zum Arbeitsvertrag „Handykosten“ verpflichtet, die für das überlassene Mobiltelefon entstehenden Kosten (Grundgebühr, Verbindungsentgelte oder auch Flatrategebühr) zu übernehmen. Sie hat diese tatsächlich auch in der vereinbarten Höhe getragen.
dd) Die Anwendung des § 3 Nr. 45 EStG scheitert auch nicht daran, dass es sich bei dem Handykauf- und Überlassungsvertrag um einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42 AO handelt, der bei der Klägerin oder der Arbeitnehmerin im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt.
aaa) Da § 3 Nr. 45 EStG keine Regelung enthält, die der Verhinderung von Steuerumgehungen dient (§ 42 Abs. 1 Satz 2 AO), kommt zur Beurteilung, ob ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten vorliegt, § 42 Abs. 2 AO zur Anwendung.
Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i.S. des § 42 AO ist gegeben, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzliche nicht vorgesehenen Steuervorteil führt (§ 42 Abs. 2 Satz 1 AO). Dies gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind (§ 42 Abs. 2 Satz 2 AO). Diese gesetzliche Missbrauchsdefinition übernimmt die bisherige, von der BFHRechtsprechung entwickelte Definition. Missbrauch liegt dann vor, wenn die gewählte Gestaltung gemessen an dem erstrebten Ziel unangemessen d.h. ungewöhnlich ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (BFH-Urteile vom 29. Mai 2008 IX R 77/06, BStBl II 2008, 789; vom 29. August 2007 IX R 17/07, BFH/NV 2008, 426, m.w.N.). Das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen. Eine rechtliche Gestaltung ist erst dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll (BFH-Urteile in BStBl II 2008, 789, und vom 17. Dezember 2003 IX R 56/03, BStBl II 2004, 648, m.w.N.). Unangemessene Gestaltungen sind zumeist umständlich, kompliziert, unökonomisch, widersinnig oder undurchsichtig und nicht selten unpraktikabel und wenig effektiv (Drüen in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 42 Rz. 34). Der Steuerpflichtige muss mit Umgehungsabsicht gehandelt haben (Drüen in Tipke/Kruse, § 42 Rz.44 m.w.N.).
Die objektive Beweislast für das Vorliegen einer unangemessenen, rechtlichen Gestaltung, die zu einem ungerechtfertigten Steuervorteil führt, trägt die Behörde (BFH-Urteil vom 13. Juli 1989 V R 8/86, BStBl II 1990,100). Kann eine solche missbräuchliche Gestaltung festgestellt werden, hat der Steuerpflichtige auf der zweiten Stufe nach § 42 Abs. 2 Satz 2 AO nachzuweisen, dass für die von ihm gewählte Gestaltung beachtliche außersteuerliche Gründe vorliegen. Der Steuerpflichtige muss jedoch bei der Aufklärung, ob der Gestaltung vernünftige wirtschaftliche Gründe zugrunde liegen, mitwirken. Versagt er sich oder kann er keine vernünftigen Gründe nennen, so kann im Wege der Beweiswürdigung geschlossen werden, dass solche Gründe nicht vorliegen (BFH-Beschlüsse vom 29. Oktober 1987 V B 61/18, BStBl II 1988, 45 und vom 21. März 1989 V B 86/87, BFH/NV 1990/400).
bbb) In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall kann in dem Verkauf des Mobiltelefons der Arbeitnehmerin an die Klägerin zu einem Kaufpreis von 1 Euro kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten im oben genannten Sinn gesehen werden. Bei der Klägerin und ihrer Arbeitnehmerin handelt es sich nicht um nahe Angehörige, sondern um Dritte, bei denen anzunehmen ist, dass sie bei einem Rechtsgeschäft ihre jeweiligen wirtschaftlichen Interessen gegenüber der anderen Vertragspartei vertreten. Aufgrund der unterschiedlichen Interessen der an der zu beurteilenden Gestaltung Beteiligten und anhand der vorliegenden Unterlagen ist die Motivation der Arbeitnehmerin, das Risiko der Reparaturbedürftigkeit des genutzten Handys auf den Arbeitgeber zu übertragen, als signifikanter wirtschaftlicher außersteuerlicher Grund neben der Inanspruchnahme einer Steuerbefreiung für die vom Arbeitgeber getragenen Nutzungsentgelte bei Würdigung der Gesamtumstände des Streitfalles (§ 96 Abs. 1 FGO) aus Sicht des Senates erwiesen.
Der vereinbarte Kaufpreis von 1 Euro begründet jedenfalls keine missbräuchliche Gestaltung des Kaufvertrages und damit der Überlassung eines betrieblichen Handys. Das veräußerte Smartphone der Marke Samsung Galaxy S3 mini wurde am 11. September 2012 erstmals auf den Markt gebracht. Das Nachfolgemodell Samsung Galaxy S4 mini wurde bereits am 30. Mai 2013 auf dem Markt vorgestellt. Damit verlor das Vorgängermodell erheblich an Wert. Ein entsprechendes Neugerät wurde bei Aldi am 1. Oktober 2015 für 99,99 € angeboten (vgl. dazu den Artikel in der Zeitschrift Computer Bild vom 29. September 2015). Da das Handy der Arbeitnehmerin vermutlich bereits einige Jahre alt war, war der Wert für das gebrauchte Smartphone erheblich gesunken. Dem Finanzamt ist zwar zuzugeben, dass der Kaufpreis für ein 2 bis 3 Jahre altes, funktionstüchtiges Handy in der Regel nicht mit 1 Euro anzusetzen ist, da es einen Gebrauchtmarkt für Mobilfunktelefone gibt. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass nahezu alle Mobilfunkbetreiber bei einer vertraglichen Bindung im Abstand von ca. zwei Jahren ihren Kunden ein neues Handy kostenlos anbieten. Auch beim Abschluss eines neuen Handyvertrages bieten nahezu alle Mobilfunkanbieter, so auch der Anbieter der Arbeitnehmerin, smartmobil.de, zahlreiche neue Handys zu einem Gerätepreis von 1 Euro zum Kauf an. Dies gilt besonders für neue Handys, die bereits einige Zeit auf dem Markt eingeführt sind. Das Gericht kann daher keinen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten darin erkennen, dass die Arbeitnehmerin ihr gebrauchtes Smartphone ihrem Arbeitgeber lediglich für 1 Euro verkauft hat. Denn hätte die Klägerin ein neues Handy mit einer vertraglichen Bindung bei der Firma smartmobil.de im Jahr 2015 erworben und dieses dann ihrer Arbeitnehmerin zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt, wäre der betriebliche Aufwand der Klägerin für den Erwerb noch dazu eines neuen Smartphones nicht höher gewesen als beim Kauf des gebrauchten Telefons der Arbeitnehmerin. Dies hatte lediglich den Vorteil, dass die Arbeitnehmerin ein von ihr ausgesuchtes und ihr bereits vertrautes Handy auf Kosten der Klägerin auch privat nutzen konnte.
Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten besteht nach Ansicht des Senats selbst dann nicht, wenn primäres (neben der Kostentragung der Verbindungsentgelte und eventueller Reparaturkosten für das Telefon durch die Klägerin) oder alleiniges Ziel der im Streitfall zu beurteilenden Gestaltung die Inanspruchnahme der gesetzlich zulässigen Steuerbefreiung des § 3 Nr. 45 EStG gewesen sein sollte. Gestaltungsmissbrauch im o. g. Sinne läge lediglich vor, wenn eine (aus Sicht des Finanzamts) angemessene und damit vom vorliegenden Fall abweichende Gestaltung den angestrebten Steuervorteil nicht begründet hätte. Angemessene Gestaltung wäre (ebenfalls aus Sicht des Finanzamts) der Verkauf des Telefons seitens der Arbeitnehmerin an die Klägerin zu dem den tatsächlichen Kaufpreis übersteigenden damaligen Marktwert des Geräts gewesen. Unterstellt, dieser Marktwert hätte den vereinbarten Kaufpreis überstiegen, hätte diese vermeintlich angemessene Gestaltung zum selben Ergebnis der Anwendbarkeit der Steuerbefreiung geführt. Mit anderen Worten: im Streitfall ist für die Anwendung der Steuerbefreiung unerheblich, zu welchem Kaufpreis die Klägerin das danach an die Arbeitnehmerin zur Nutzung überlassene Gerät in ihrem Betriebsvermögen erwarb. Insofern scheidet ein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 Abs. 2 Satz 1 AO tatbestandlich aus. Ein solcher lässt sich auch nicht mit dem Hinweis begründen, eine angemessene Gestaltung hätte im Verzicht auf den Erwerb des Geräts durch die Klägerin und die bloße Übernahme der der Arbeitnehmerin entstandenen Verbindungsentgelte für die (in diesem fiktiven Fall) in ihrem Eigentum verbliebenen Telefon bestanden. Diese Gestaltung ist als Vergleichsmaßstab für die tatsächlich vollzogene Gestaltung ungeeignet, da sie dem angestrebten wirtschaftlichen Zweck nicht entspricht, das bisherige Eigentum der Arbeitnehmerin an ihrem Handy aufzugeben, um in den Genuss einer betragsmäßigen Kostenerstattung der Verbindungsentgelte und eventueller Reparaturkosten durch die Klägerin zu kommen.
Dem Finanzamt ist zwar zuzugeben, dass zwischen einem Zuschuss des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer zu den Mobilfunkgebühren seines Privathandys, der als geldwerter Vorteil Lohnbestandteil und damit der Besteuerung zu unterwerfen wäre, und einem vom Arbeitgeber für 1 Euro erworbenen betrieblichen Mobilfunktelefon, das er dann seinem Arbeitnehmer zur Privatnutzung unter Bezahlung der Mobilfunkgebühren gemäß § 3 Nr. 45 EStG steuerfrei zur Verfügung stellt, nur ein geringer Unterschied besteht. Es spricht jedoch nichts dafür, dass der Gesetzgeber diesen Unterschied nicht erkannt hat. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die beiden Fallgestaltungen bewusst unterschiedlich behandelt. Mit der Regelung des § 3 Nr. 45 EStG wollte er die zuvor vorhandenen Abgrenzungsschwierigkeiten bezüglich des Anteils der betrieblichen und privaten Nutzung eines vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Telefons dahingehend lösen, dass auch ohne eine tatsächliche betriebliche Nutzung die Kosten für die gesamte Privatnutzung des Smartphones vom Arbeitgeber steuerfrei übernommen werden können (v. Beckerath in Kirchhof/Söhn § 13 Nr. 45, Anm. B 45/51). Aus der Regelung des § 3 Nr. 45 EStG und den dazu vorhandenen Gesetzesmaterialien ergibt sich jedoch nicht, dass eine Steuerbefreiung nur dann erfolgen kann, wenn der Arbeitgeber für das dem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellte Handy Betriebsausgaben aufwenden musste. Im vorliegenden Fall konnte die Klägerin daher ihrer Arbeitnehmerin die Mobilfunkkosten steuerfrei erstatten. Eine Inhaftungnahme für diesbezügliche Lohnsteuer war daher nicht gerechtfertigt.
2. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.
3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).
4. Die Revision wird zugelassen, da die für die Beurteilung maßgebliche Rechtsfrage, ob bei einem Verkauf eines Mobilfunktelefons vom Arbeitnehmer an den Arbeitgeber zu einem Kaufpreis von 1 Euro aufgrund des Hinweises in 3.45 LStH stets von einer missbräuchlichen Gestaltung im Sinne des § 42 AO auszugehen ist, das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt wird (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).


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