Steuerrecht

Unvoreingenommenheit eines Richters

Aktenzeichen  15 U 4039/18

Datum:
9.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
MDR – 2019, 442
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 41 Nr. 6

 

Leitsatz

Tenor

Richterin am Landgericht G. ist nicht kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramts nach § 41 Nr. 6 ZPO ausgeschlossen.

Gründe

Nach der internen Geschäftsverteilung des Senats ist Frau Richterin am Landgericht G., die seit dem 01.05.2018 an das Oberlandesgericht München abgeordnet ist, Berichterstatterin des Berufungsverfahrens. Frau Richterin am Landgericht G. hat als damaliges Mitglied der 6. Zivilkammer des Landgerichts München I am in dieser Sache 15 u 4039/18 – Seite 2 ergangenen Arrestbefehl vom 24.04.2018 mitgewirkt, nicht aber an dem den Arrest bestätigenden Zwischen- und Endurteil vom 05.10.2018, Az.: 6 O 4648/18, das der Beklagte mit der Berufung angreift.
In Literatur und Rechtsprechung ist umstritten, ob die vorliegende Konstellation unter § 41 Nr. 6 ZPO fällt (vgl. die Nachweise bei Zöller/G. Vollkommer, ZPO 32. Aufl., § 41 Rn 13). In dieser Konstellation ist von Amts wegen darüber zu entscheiden, ob die Voraussetzungen des § 41 ZPO erfüllt sind (Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO 39. Aufl., § 41 Rn 1).
Der Senat schließt sich der Auffassung des BGH an, dass die Mitwirkung des Richters an einer anderen Entscheidung als der angefochtenen nicht ausreicht, um den Tatbestand des § 41 Nr. 6 ZPO zu erfüllen (Beschluss vom 18.01.2017 – XII ZB 602/15, NJW-RR 2017, 454 Rn 11 bei juris).
Auch wenn der Arrestbefehl vom 24.04.2018 im Urteil vom 05.10.2018 bestätigt wird, handelt es sich doch um zwei Entscheidungen, die auf unterschiedlicher Informationsgrundlage (ohne beziehungsweise mit rechtlichem Gehör des Verfügungsbeklagten) ergangen sind.
Sinn und Zweck des § 41 Nr. 6 ZPO gebieten es nicht, solche Gerichtspersonen als ausgeschlossen zu betrachten, die in der gleichen Instanz an einer der angefochtenen Entscheidung (lediglich) vorausgehenden Entscheidung mitgewirkt haben. § 41 Nr. 6 ZPO beruht auf der Erwägung, dass von keinem Richter erwartet werden könne, er werde mit voller Unbefangenheit nachprüfen, ob eine von ihm selbst erlassene oder miterlassene Entscheidung richtig ist (BGH Urteil vom 05.07.1960 – VI ZR 109/59, NJW 1960, 1762, 1763). Im Übrigen ist jedoch das Verfahrensrecht seit jeher von dem Gedanken geprägt, dass ein Richter grundsätzlich auch dann unvoreingenommen an die Beurteilung einer Sache herantritt, wenn er sich schon früher über denselben Sachverhalt ein Urteil gebildet hat (BGH Beschluss vom 18.01.2017 – XII ZB 602/15, NJW-RR 2017, 454 Rz 12 bei juris mwN). Für eine Beschränkung der Anwendung von § 41 Nr. 6 ZPO auf den Fall der Mitwirkung an der angefochtenen Entscheidung spricht neben dem eindeutigen Gesetzeswortlaut auch der Gedanke, dass mit dieser Vorschrift 15 u 4039/18 – Seite 3 der gesetzliche Richter näher bestimmt wird. Wegen der verfassungsmäßigen Forderung, den gesetzlichen Richter im Voraus möglichst eindeutig zu bestimmen, sind solche Vorschriften einer ausweitenden Anwendung nicht zugänglich (BGH aaO). Vor diesem Hintergrund hat es auch das Bundesverfassungsgericht nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen beanstandet, wenn in der Mitwirkung eines Richters am Erlass einer einstweiligen Verfügung im erstinstanzlichen Verfahren kein Ausschließungsgrund im Sinne des § 41 Nr. 6 ZPO für die Mitwirkung dieses Richters im Verfahren der Berufung über die Hauptsache gesehen wird (vgl. BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 04.07.2001 – 1 BvR 730/01, NJW 2001, 3533). Der Berücksichtigung von besonderen Umständen des Einzelfalls, unter denen die Mitwirkung eines Richters unangemessen erscheinen könnte, kann im Rahmen eines Ablehnungsverfahrens nach den §§ 42 ff Rechnung getragen werden (BVerfG aaO Rz 10 bei juris).
Einen Ablehnungsantrag nach § 42 ZPO haben beide Parteien in Kenntnis der Sachlage ausdrücklich nicht gestellt.


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