Steuerrecht

Unzuverlässigkeit eines Automatenaufstellers wegen strafgerichtlicher Verurteilung

Aktenzeichen  AN 4 K 17.462

Datum:
18.10.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 129078
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GewO § 33c Abs. 2 S. 1 Hs. 2
BayVwVfG Art. 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 3
StGB § 284

 

Leitsatz

1 Die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit wird tatsächlich vermutet, wenn eine rechtskräftige Verurteilung des Gewerbetreibenden wegen einer in § 33c Abs. 2 Nr. 1 Hs. 2 GewO bezeichneten Tat erfolgt ist. Diese tatsächliche Vermutung kann entgegen einer gesetzlichen Fiktion durch besondere Umstände widerlegt werden, die insbesondere aus der Schwere der Tat, aus der fehlenden Wiederholungsgefahr oder aus dem Zeitablauf seit der Tat entnommen werden können.  (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2 Auch wenn sich die Verurteilung im unteren Bereich der Strafandrohung bewegt, wird die Vermutung des § 33c Abs. 2 Nr. 1 Hs. 2 GewO nicht widerlegt, wenn es sich bei dem Delikt um den qualifizierten Fall der Gewerbsmäßigkeit der unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels handelt (§ 284 Abs. 3 StGB).  (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 20. Februar 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Auf Basis der ermittelten Erkenntnisse liegt gewerberechtliche Unzuverlässigkeit vor.
Aufgrund der übereinstimmenden Einverständniserklärungen der Beteiligten konnte ohne mündliche Verhandlung über die Klage entschieden werden, § 101 Abs. 2 VwGO.
Der Widerruf der erteilten Aufstellerlaubnis findet seine Rechtsgrundlage in Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG. Danach darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise widerrufen werden, wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt zu versagen und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet wäre. Nach § 33 c Abs. 2 Nr. 1 GewO ist die Aufstellerlaubnis zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die für die Aufstellung von Spielgeräten erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt; die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt in der Regel nicht, wer in den letzten drei Jahren vor Stellung des Antrages wegen (…) unerlaubter Veranstaltung eines Glücksspiels (…) rechtskräftig verurteilt worden ist.
1. Gewerberechtliche Unzuverlässigkeit liegt vor, wenn der Gewerbetreibende nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt (BVerwG, B.v. 19.12.1995 – 1 C 3/93, BVerwGE 100, 187). Nicht ordnungsgemäß ist die Gewerbeausübung durch eine Person, die nicht willens oder nicht in der Lage ist, die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung ihres Gewerbes zu gewährleisten (Landmann/Rohmer, GewO, Stand: März 2017, § 35 Rn. 29).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit ist auch bei Widerruf einer Erlaubnis der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (VGH München, B.v. 9. August 2016 – juris Rn. 25).
Die Prognose ist ein aus den vorhandenen tatsächlichen Umständen gezogener Schluss auf wahrscheinliches zukünftiges Verhalten der Gewerbetreibenden (BVerwG, B.v. 26.2.1997 – 1 B 34.97, Gewerbearchiv 1997, S. 242 ff.). Die Unzuverlässigkeit wird tatsächlich vermutet, wenn eine rechtskräftiger Verurteilung wegen einer in § 33 c Abs. 2 Nr. 1 2. HS. GewO bezeichneten Tat vorliegt. Entgegen der gesetzlichen Fiktion der Unzuverlässigkeit kann diese tatsächliche Vermutung unter besonderen Umständen widerlegt werden. Maßstab für solche besonderen Umstände können insbesondere aus der Schwere der Tat, aus der Frage der Wiederholungsgefahr oder aus dem Zeitablauf seit der Tat entnommen werden (Landmann/Rohmer, GewO, Stand: März 2017, § 33 c Rn. 22). Der Katalog des § 33 c Abs. 2 Nr. 1 2. HS. spiegelt dabei den Schutzzweck des § 33c wider, Spieler vor unzuverlässigen Gewerbetreibenden zu schützen (Landmann/Rohmer, GewO, Stand: März 2017, § 33 c Rn. 24).
2. Auf Basis dieser Grundsätze liegt gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers vor. Auch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles kann eine Ausnahme von der Regelvermutung des §§ 33 c Abs. 2 Nr. 1 2. HS. GewO nicht angenommen werden.
Der Kläger wurde mit Urteil des AG … vom 8. April 2016 wegen der unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels gem. § 284 StGB zu 110 Tagessätzen verurteilt. Der anwaltliche Vertreter kann mit seiner Auffassung, dass es vorliegend um einen leichten Fall handelt, nicht durchdringen. Das Gericht hat zwar eine Geldstrafe für ausreichend gehalten und sich auch im unteren Bereich der konkreten Strafandrohung gehalten, aber mit Bezug auf einen qualifizierten Fall (Gewerbsmäßigkeit) der unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels nach § 284 Abs. 3 StGB. Ebenso wenig kann aus dem zeitlichen Ablauf zur Tathandlung hergeleitet werden, dass die Prognose sich nur noch eingeschränkt auf die Verurteilung stützen kann. Selbst wenn man die Tathandlung im Jahre 2015 zugrunde legt, liegt man rechnerisch innerhalb der Drei-Jahresfrist zwischen Verurteilung und Prognosezeitpunkt. Ebenfalls nicht weiter ins Gewicht fallen kann die Straffreiheit des Klägers, denn insoweit handelt es sich um den gesetzlich zu fordernden Regelfall. Ebenso wenig können die Beteuerungen des anwaltlichen Vertreters, der Kläger werde sich in Zukunft tadelfrei verhalten, wesentlichen Einfluss auf die Prognose haben, denn die bloße Ankündigung ist ein allenfalls schwaches Indiz.
Auf der anderen Seite sprechen die Umstände für ein Erhärten der negativen Prognose. Die verurteilte Straftat hat direkten Bezug zu der streitgegenständlichen Erlaubnis. Der Kläger hat zur Steigerung seines Gewinns die aufgestellten Spielgeräte gezielt manipuliert und damit planvoll gegen seine gewerberechtlichen Pflichten verstoßen. Es bleibt daher bei der Annahme fehlender Zuverlässigkeit aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers. Für eine Ausnahme von der Regelvermutung ist vorliegend kein Raum.
3. Nach alledem geht der angefochtene Widerrufsbescheid zu Recht von der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers aus. Das Verhalten des Klägers zeigt auf, dass er im Rahmen seines Gewerbes bereit ist, zur Steigerung seines Gewinns gegen strafrechtliche Verpflichtungen zu verstoßen, was im öffentlichen Interesse aber nicht hingenommen werden kann. Der Widerruf ist im Übrigen auch nicht unverhältnismäßig.
Die Folge für die Gewerbefreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), wonach der Kläger sich im Bereich des widerrufenen Gewerbes nicht mehr betätigen kann, entspricht der gesetzlichen Grundentscheidung, die für einen Automatenaufsteller nach § 33 c Abs. 2 Nr. 1 GewO gewerberechtliche Zuverlässigkeit fordert und Spieler von unzuverlässigen Gewerbetreibenden schützen soll. Dem Kläger kann ohne weiteres abverlangt werden, seinen Lebensunterhalt anderweitig zu bestreiten. Da der Kläger unzuverlässig ist (vgl. oben), reicht auch weder Verwarnung noch Befristung oder sonstige Auflagen um der gesetzlichen Anforderung der Zuverlässigkeit gerecht zu werden.
4. Ergänzend wird, unter Vorbehalt der vorstehenden Ausführungen, gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die Begründung des angefochtenen Bescheides vom 20. Februar 2017 verwiesen.
Nach alledem ist die Klage abzuweisen.
Der Kläger trägt gemäß § 154 Abs. 1 VwGO als unterliegender Teil die Kosten des gerichtlichen Verfahrens.

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