Steuerrecht

Wiederaufnahme des Verfahrens, Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Aktenzeichen  19 C 20.1689

Datum:
20.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 8705
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

19 C 18.513 2020-07-13 Bes VGHMUENCHEN VGH München

Tenor

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Nichteinhaltung des Darlegungserfordernisses eines Wiederaufnahmegrundes nach §§ 589 Abs. 1, 588 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird abgelehnt.

Gründe

Die ehemalige Prozessbevollmächtigte des Antragstellers (im Folgenden: Antragstellerin) begehrt mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2020 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Nichteinhaltung der in §§ 153 Abs. 1 VwGO, 588 Abs. 1 Nr. 1 ZPO normierten Pflicht zur Darlegung eines Wiederaufnahmegrundes. Mit Senatsbeschluss vom 2. Dezember 2020 wurde der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens des mit Senatsbeschluss vom 13. Juli 2020 (Az.: 19 C 18.513) verworfenen Wiederaufnahmeantrags gegen den Senatsbeschluss vom 22. Februar 2018 (Az.: 19 C 18.287) verworfen.
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags trägt die Antragstellerin vor, die Nichteinhaltung einer Formvorschrift stehe einer Fristversäumung gleich. Hieraus folge, dass die Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Form nicht schlechter behandelt werden dürfe als eine Fristversäumung. Daher sei bezogen auf die Nichteinhaltung der gesetzlich normierten Pflicht zur Darlegung des Wiederaufnahmegrundes (§ 153 Abs. 1 VwGO, § 588 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) eine Wiedereinsetzung in analoger Anwendung des § 60 VwGO zu gewähren. In Wirklichkeit habe sie gegen keine Formvorschrift verstoßen, denn in denjenigen Fällen, in denen – wie vorliegend – der Geschäftsverteilungsplan fehlerhaft aufgestellt sei, werde dessen Kausalität für die betreffende Entscheidung unwiderleglich vermutet. Der Senat habe verkannt, dass in denjenigen Fällen, in denen ein Geschäftsverteilungsplan nicht den Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG genüge, die vom Präsidium des betreffenden Gerichts berufenen Richter keine gesetzlichen Richter im Sinne dieser Rechtsnorm seien. Daher sei dieses Grundrecht gegebenenfalls stets verletzt (unter Verweis auf BVerfG, B.v. 16.2.2005 – 2 BvR 581/03). Sollte der Senat nunmehr der Ansicht sein, dass sie gegen keine Formvorschrift verstoßen hätte, würde er sich widersprüchlich verhalten. Sie sei daher zu ihren Gunsten so zu behandeln, als habe sie tatsächlich gegen eine Formvorschrift verstoßen. Weil die Verletzung einer Formvorschrift einer Fristversäumung gleichstehe und es für das Vorliegen einer Fristversäumnis im genannten Sinne genüge, wenn eine solche vom Gericht irrig angenommen werde, müsse es folgerichtig ebenfalls genügen, dass vom betreffenden Gericht irrig die Verletzung einer Formvorschrift angenommen werde. An dem angenommenen Verstoß gegen eine Formvorschrift treffe sie kein Verschulden, weil sie durch die Einhaltung der einschlägigen Formvorschriften die ihr mögliche und zumutbare Sorgfalt gewahrt habe. Deshalb sei es nicht möglich, einen Sachverhalt vorzutragen, der es rechtfertigen würde, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen schuldlosen Versäumens einer Frist zu bewilligen. Die 2-wöchige Frist nach § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO habe deswegen noch nicht zu laufen begonnen, weil diese Frist erst mit dem Wegfall des Hindernisses zu laufen beginne und man unter einem Hindernis ein Ereignis oder dergleichen verstehe, das die Fristwahrung unmöglich oder unzumutbar mache. Da vorliegend die einschlägigen Fristen und Formvorschriften in Wirklichkeit eingehalten worden seien, fehle es an einem weggefallenen Hindernis. Im Licht der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG gelte es zu bedenken, dass der Zugang zu Gerichten nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise erschwert werden dürfe. Speziell vorliegend gelte es zu bedenken, dass sie, die in Wirklichkeit die in Frage stehende Frist eingehalten habe, begrifflich keinen Sachverhalt vortragen könne, aus dem sich ergebe, dass er die einschlägige Frist schuldlos versäumt habe. Vielmehr sei in einem solchen Fall lediglich im Wiedereinsetzungsantrag anzugeben, dass sie die in Frage stehende Formvorschrift in Wirklichkeit eingehalten habe.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht begründet. Die Antragstellerin war nicht ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten.
Nach § 60 Abs. 1 VwGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten.
Abgesehen davon, dass vorliegend nicht die Einhaltung einer gesetzlichen Frist im Streit steht, hat die Antragstellerin keine Umstände dargelegt und glaubhaft gemacht, aus denen sich ein schuldloses Versäumen einer Prozesshandlung ergeben könnte. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, aufgrund welcher Umstände sie im Rahmen des Wiederaufnahmeantrages schuldlos hätte gehindert sein sollen, einen Wiederaufnahmegrund substantiiert und schlüssig darzulegen (§§ 589 Abs. 1, 588 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Wie im Senatsbeschluss vom 2. Dezember 2020 ausgeführt vermag allein die pauschale Behauptung, das erkennende Gericht sei gegebenenfalls nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen, keinen Wiederaufnahmegrund nach § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO substantiiert darzulegen. Mit dem unstatthaften, jedenfalls unbegründeten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wiederholt die Antragstellerin lediglich ihr Vorbringen im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens; er bleibt mithin ohne Erfolg.
Eine Kostenentscheidung und Streitwertfestsetzung ist entbehrlich, da das Wiedereinsetzungsverfahren keine gesonderten Gerichtsgebühren auslöst.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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