Steuerrecht

(Zeitpunkt der Zusage einer Direktversicherung bei Einkünften gemäß § 22 Nr. 5 EStG)

Aktenzeichen  X R 44/18

Datum:
16.3.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BFH:2021:U.160321.XR44.18.0
Normen:
§ 22 Nr 5 S 1 EStG 2009
§ 22 Nr 5 S 2 Buchst b EStG 2009
§ 20 Abs 1 Nr 6 EStG 2009
§ 32a EStG 2009
§ 32d Abs 1 S 1 EStG 2009
§ 20 Abs 1 Nr 6 S 1 EStG 1986
§ 20 Abs 1 Nr 6 S 2 EStG 1986
§ 1 Abs 1 S 1 BetrAVG
§ 1b Abs 2 S 1 BetrAVG
EStG VZ 2014
Spruchkörper:
10. Senat

Leitsatz

1. NV: Außerrechnungsmäßige und rechnungsmäßige Zinsen aus einem Lebensversicherungsvertrag mit Kapitalzahlung im Erlebens- und Todesfall sind sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 5 EStG, sofern die Lebensversicherung als Direktversicherung ausgestaltet ist und die Voraussetzungen einer Steuerfreistellung nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung nicht vorliegen.
2. NV: Eine der betrieblichen Altersversorgung zuzuordnende Direktversicherung nach Maßgabe der auch steuerrechtlich geltenden Definition in § 1 Abs. 1 Satz 1, § 1b Abs. 2 Satz 1 BetrAVG fordert lediglich einen Kausalzusammenhang zwischen der Zusage des Arbeitgebers und dem Arbeitsverhältnis, nicht aber dessen Fortbestand. Dementsprechend können auch Zusagen anlässlich der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses der betrieblichen Altersversorgung unterfallen.

Verfahrensgang

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 16. März 2018, Az: 3 K 2049/16, Urteil

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 16.03.2018 – 3 K 2049/16 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.
1
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Ehegatten, die für das Streitjahr 2014 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden.
2
Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) war der Kläger bis ins Jahr 1986 Arbeitnehmer der X-Versicherung. Während seiner Betriebszugehörigkeit hatten der Kläger und die X-Versicherung monatliche Beiträge in die dortige betriebliche Altersversorgungskasse eingezahlt. Das bis zum Ausscheiden des Klägers im Jahr 1986 angesparte Deckungskapital der unverfallbaren Versorgungsanwartschaft von 58.255 DM zahlte die X-Versicherung –mit Einverständnis des Klägers– Mitte des Jahres 1986 als Einmalbeitrag in eine Lebensversicherung mit Kapitalzahlung im Todes- und Erlebensfall ein. Versicherungsnehmerin war die X-Versicherung, versicherte Person der Kläger. Die Laufzeit betrug 28 Jahre.
3
Im August des Streitjahres wurde der Auszahlungsbetrag von 167.386,07 € fällig. Hiervon entfielen 41.015,52 € auf rechnungsmäßige Zinsen (Garantiezinsen) und 102.645,53 € auf außerrechnungsmäßige Zinsen aus der Überschussbeteiligung.
4
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) besteuerte diese Zinsen für das Streitjahr beim Kläger als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 5 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
5
Nach erfolglosem Einspruch trugen die Kläger im Klageverfahren vor, die Zinserträge unterfielen § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung (EStG a.F.). Die gesetzliche Haltefrist von zwölf Jahren sei überschritten worden, sodass die Erträge gemäß Satz 2 der Vorschrift in Gänze nicht steuerbar seien.
6
Die Klage hatte insoweit Erfolg, als das FG mit in Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 264 veröffentlichtem Urteil zwar von steuerbaren Einnahmen aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F. i.V.m. § 52 Abs. 36 Satz 5 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung (aktuell § 52 Abs. 28 Satz 5 EStG) ausging, hierauf aber den –für die Kläger günstigeren– gesonderten Steuertarif nach § 32d Abs. 1 EStG anwandte. Die Vorschrift des § 22 Nr. 5 EStG hielt das FG für nicht einschlägig, da es meinte, die vorliegende Lebensversicherung sei weder als Altersvorsorgevertrag noch als Direktversicherung im Sinne der Vorschrift zu qualifizieren.
7
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung von § 22 Nr. 5 EStG. Die streitgegenständlichen Zahlungen unterfielen dem sachlichen Anwendungsbereich der Vorschrift. Es handele sich um Leistungen aus einer Direktversicherung. Es genüge, wenn die Zusage zur betrieblichen Altersversorgung –wie im Streitfall– erst am Ende des Arbeitsverhältnisses erfolgt sei. Einkünfte aus § 22 Nr. 5 EStG seien –anders als solche aus Kapitalvermögen– progressiv zu besteuern.
8
Das FA beantragt,das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als das FG der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen.
9
Die Kläger haben keinen Antrag gestellt.


Ähnliche Artikel

Steuererklärung für Rentner

Grundsätzlich ist man als Rentner zur Steuererklärung verpflichtet, wenn der Grundfreibetrag überschritten wird. Es gibt allerdings Ausnahmen und Freibeträge, die diesen erhöhen.
Mehr lesen

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen


Nach oben