Aktenzeichen 3 C 9/21
Leitsatz
Die Fahrerlaubnisbehörde darf den Betroffenen auch dann gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV wegen wiederholter Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluß zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auffordern, wenn eine als Ordnungswidrigkeit einzustufende Zuwiderhandlung ordnungswidrigkeitsrechtlich nicht geahndet worden ist. Es muss aber hinreichend sicher feststehen, dass der Betroffene die Zuwiderhandlung begangen hat, und sie muss in zeitlicher Hinsicht noch verwertbar sein. Falls eine Bußgeldentscheidung ergangen ist, darf die Berücksichtigung der Zuwiderhandlung nicht entgegen § 3 Abs. 4 Satz 2 StVG von den dort getroffenen Feststellungen abweichen.
Verfahrensgang
vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 9. Dezember 2020, Az: 10 A 11032/20, Urteilvorgehend VG Neustadt (Weinstraße), 15. Mai 2020, Az: 1 K 175/20.NW
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. Dezember 2020 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.
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Dem Kläger wurde mit rechtskräftigem strafgerichtlichem Urteil vom 28. Oktober 2008 die Fahrerlaubnis wegen einer Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,4 Promille entzogen, die er am 12. April 2008 begangen hatte. Eine weitere Fahrerlaubnisentziehung erfolgte mit rechtskräftigem Strafurteil vom 2. September 2009 wegen einer Trunkenheitsfahrt mit einer BAK von 1,48 Promille am 3. Juli 2009. Am 28. Juni 2016 wurde dem Kläger die Fahrerlaubnis auf der Grundlage eines positiven medizinisch-psychologischen Gutachtens wiedererteilt.
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Am 1. September 2017 wurde der Kläger unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt. Der von der Polizei um 23:26 Uhr durchgeführte Alkoholtest ergab eine Atemalkoholkonzentration von 1,23 Promille. Die am Folgetag um 0:55 Uhr entnommene Blutprobe wies eine BAK von 1,04 Promille auf. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt und das Verfahren zur Verfolgung in Betracht kommender Ordnungswidrigkeiten an die Zentrale Bußgeldstelle abgegeben. Ob ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen den Kläger eingeleitet wurde und wie es gegebenenfalls endete, konnte nicht festgestellt werden, da die Zentrale Bußgeldstelle inzwischen den Vorgang aus datenschutzrechtlichen Gründen gelöscht hatte.
4
Mit Schreiben vom 9. Mai 2019 forderte der Beklagte den Kläger gestützt auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auf. Zur Begründung der Zweifel an der Fahreignung führte er aus:
“Durch die Polizeiinspektion N. erhielten wir Mitteilung, dass Sie am 01.09.2017 ein Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr führten, obwohl Sie alkoholbedingt fahruntüchtig waren. Die bei Ihnen festgestellte Blutalkoholkonzentration betrug 1,04 Promille.
Aufgrund der wiederholten Auffälligkeit mit Alkohol im Straßenverkehr und einer bereits am 28.06.2016 erfolgten Neuerteilung des Führerscheins nach Entzug wegen Trunkenheit bestehen erhebliche Bedenken an Ihrer Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Diese Bedenken können nur durch ein positives medizinisch-psychologisches Gutachten ausgeräumt werden.”
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Da der Kläger das Gutachten nicht vorlegte, entzog ihm der Beklagte gestützt auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV die Fahrerlaubnis, untersagte ihm das Führen von fahrerlaubnispflichtigen Fahrzeugen und ordnete den Sofortvollzug an. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und machte zur Begründung unter anderem geltend, er sei wegen des Autounfalls geschockt gewesen und habe daraufhin eine größere Menge Alkohol getrunken.
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Dem Antrag des Klägers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße stattgegeben. Diesen Beschluss hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz geändert und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs abgelehnt.
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Auf die nach Zurückweisung des Widerspruchs erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht die angegriffenen Bescheide aufgehoben. Zur Begründung heißt es: Der Beklagte könne die Fahrerlaubnisentziehung nicht auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV stützen, denn die Aufforderung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens sei rechtswidrig gewesen. Der Kläger habe nicht erkennen können, welche der vor der Neuerteilung der Fahrerlaubnis begangenen Trunkenheitsfahrten der Beklagte neben der mit Datum genannten Trunkenheitsfahrt vom 1. September 2017 zur Begründung seiner Eignungszweifel noch heranziehe. Weitere – wenn auch nicht entscheidungserhebliche – Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Gutachtensanforderung ergäben sich daraus, dass zweifelhaft sei, ob der Vorfall vom 1. September 2017 als nachgewiesene Zuwiderhandlung im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV angesehen werden könne. Der Kläger sei für diesen Vorfall weder strafrechtlich noch ordnungswidrigkeitsrechtlich belangt worden. Sein Vortrag, ein Ordnungswidrigkeitsverfahren sei gegen ihn nicht eingeleitet worden, könne nicht widerlegt werden. Auch wenn Zweifel an dem vom Kläger behaupteten Nachtrunk bestünden, könne bei dieser Sachlage nicht ohne Weiteres von einem festgestellten Verkehrsverstoß gesprochen werden.
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Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht diese Entscheidung geändert und die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe davon ausgehen dürfen, dass dem Kläger die Fahreignung fehle, denn er habe das von ihm zu Recht geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht vorgelegt. Die Gutachtensanforderung genüge den formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV. Der Kläger habe ihr zweifelsfrei entnehmen können, aus welchen Vorfällen der Beklagte seine Eignungszweifel herleite. Abgestellt worden sei dort allein auf die Alkoholauffälligkeiten vom 1. September 2017 und vom 3. Juli 2009; die Aufforderung enthalte keinerlei Anhaltspunkte, dass sich der Beklagte auch auf den Vorfall vom 12. April 2008 bezogen haben könnte. Zu den Begründungsanforderungen nach § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV gehöre nicht, dass die Fahrerlaubnisbehörde die von ihr für einschlägig gehaltene Ermächtigungsgrundlage nenne. Angeben müsse sie nur die Gründe für die Eignungszweifel und damit die Tatsachen, auf denen diese Zweifel beruhten. Die Angabe einer unzutreffenden Rechtsgrundlage führe grundsätzlich nicht zur Rechtswidrigkeit der Gutachtensanforderung. Etwas Anderes komme nur dann in Betracht, wenn der Betroffene bei seiner Entscheidung, ob er der Anordnung nachkommen wolle, durch die Angabe einer falschen Rechtsgrundlage in die Irre geführt werden könne. Das sei hier nicht der Fall. Der anwendbare § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV sei die Auffangregelung für Fälle, die nicht unter § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV fielen. Wegen der engen Nähe der Anwendungsbereiche habe der Kläger als Adressat der mit wiederholten Trunkenheitsfahrten begründeten Gutachtensanforderung erkennen können, dass mit Hilfe des Gutachtens diese Alkoholproblematik geklärt werden solle. Auch materiell-rechtlich sei die Gutachtensanforderung nicht zu beanstanden. Sie finde ihre Rechtsgrundlage aber nicht in dem vom Beklagten genannten § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV. “Zuwiderhandlung” im Sinne dieser Vorschrift sei nur eine geahndete Straftat oder Ordnungswidrigkeit. Der vom Beklagten herangezogene Vorfall vom 1. September 2017 sei jedoch nicht strafrechtlich und – soweit ersichtlich – auch nicht bußgeldrechtlich geahndet worden. Die erforderliche Rechtsgrundlage sei aber aus der Auffangregelung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV zu entnehmen. Tatsachen, die sonst die Annahme von Alkoholmissbrauch begründeten, ergäben sich aus den beiden vom Beklagten herangezogenen Alkoholauffälligkeiten vom 3. Juli 2009 und 1. September 2017. Die Tat vom 3. Juli 2009, die mit einem seit dem 4. März 2010 rechtskräftigen Strafurteil geahndet worden sei, sei auch noch verwertbar. Anlässlich des Verkehrsunfalls vom 1. September 2017 sei beim Kläger eine BAK von 1,04 Promille festgestellt worden. Der Annahme, dass er in alkoholisiertem Zustand ein Kraftfahrzeug geführt habe, stehe nicht entgegen, dass der Kläger einen Nachtrunk behaupte. Fehlten – wie hier – substanzielle und schlüssige Darlegungen, sei von einer unglaubhaften Schutzbehauptung auszugehen. Derartige Darlegungen, insbesondere zur Art und Menge des nach dem Unfall angeblich getrunkenen Alkohols und zu den sonstigen Umständen, wären schon bei der Unfallaufnahme erforderlich gewesen. Hinweise auf einen solchen Vortrag enthalte die Mitteilung der Polizei an den Beklagten nicht und der Kläger habe nicht geltend gemacht, dass sie unvollständig sei. Auch im Verwaltungsverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren habe der Kläger hierzu keine konkreten Angaben gemacht.
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Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend: Ihm habe nicht nachgewiesen werden können, dass er am 1. September 2017 eine Trunkenheitsfahrt begangen habe. Deshalb sei das Strafverfahren eingestellt und kein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet worden. Aus der Gutachtensanordnung sei für ihn nicht ohne Weiteres erkennbar gewesen, welche der vor der Neuerteilung der Fahrerlaubnis am 28. Juni 2016 begangenen Zuwiderhandlungen der Beklagte zur Begründung herangezogen habe; nach der Formulierung hätte auch noch die Alkoholfahrt vom 12. April 2008 gemeint sein können. In Bezug auf den Vorfall vom 1. September 2017 sei er weder strafrechtlich noch ordnungswidrigkeitsrechtlich belangt worden; von einem festgestellten Verkehrsverstoß könne daher nicht ausgegangen werden. Da zwischen den Fahrten mehr als acht Jahre lägen, seien die Voraussetzungen von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV nicht erfüllt.
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Der Beklagte tritt der Revision entgegen und trägt vor: § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV sei anwendbar. Die Fahrt am 1. September 2017 sei eine Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss im Sinne dieser Regelung. Die Blutprobe habe eine BAK von 1,04 Promille ergeben; die Ausführungen des Klägers zum Nachtrunk seien eine unglaubhafte Schutzbehauptung. Eine Ahndung der Zuwiderhandlung als Straftat oder Ordnungswidrigkeit setze § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV nicht voraus. Ansonsten müsste die Fahrerlaubnisbehörde den Ausgang eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens abwarten, bevor sie auf der Grundlage dieser Vorschrift die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens fordern dürfe. Die damit verbundene zeitliche Verzögerung hätte zur Folge, dass möglicherweise ungeeignete Fahrzeugführer weiter am Straßenverkehr teilnehmen dürften. Die Beibringensaufforderung genüge auch den Begründungsanforderungen des § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV. Aus ihr ergebe sich eindeutig, dass er außer auf den Vorfall vom 1. September 2017 nur auf die Trunkenheitsfahrt vom 3. Juli 2009 abgestellt habe; sie habe zu der dort erwähnten Fahrerlaubnisentziehung geführt. Nichtsdestotrotz könne die Gutachtensanforderung auch auf den Auffangtatbestand des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV gestützt werden. Aus den Vorfällen vom 3. Juli 2009 und vom 1. September 2017 ergäben sich Anhaltspunkte für Alkoholmissbrauch. Der Kläger sei zudem schon kurz nach der Neuerteilung der Fahrerlaubnis wieder mit Alkohol im Straßenverkehr aufgefallen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet. Zwar verletzt das angegriffene Berufungsurteil Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), doch stellt sich die Entscheidung selbst aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).
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Der Beklagte durfte gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV annehmen, dass dem Kläger die Fahreignung fehlt (1. und 2.). Die Begründung der Aufforderung an den Kläger, ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen, genügte den Anforderungen von § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV. Der Kläger konnte dem Aufforderungsschreiben entnehmen, aus welchen Vorfällen der Beklagte seine Eignungszweifel herleitete. Die Annahme des Berufungsgerichts, es sei dort nur auf die Vorfälle vom 1. September 2017 und vom 3. Juli 2009 abgestellt worden, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (3.). Die Rechtswidrigkeit der Aufforderung folgt auch nicht daraus, dass der Beklagte § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV als Rechtsgrundlage angegeben hat; diese Angabe war zutreffend. Die Voraussetzungen der Regelung waren erfüllt; die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Fahrerlaubnisbehörde darf die Aufforderung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auch dann auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV stützen, wenn eine als Ordnungswidrigkeit einzustufende Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss ordnungswidrigkeitsrechtlich nicht geahndet worden ist, aber mit hinreichender Sicherheit feststeht, dass der Betroffene sie begangen hat, und, falls eine Bußgeldentscheidung ergangen ist, die Berücksichtigung der Zuwiderhandlung nicht entgegen § 3 Abs. 4 Satz 2 StVG von den dort getroffenen Feststellungen abweicht. Diese Voraussetzungen waren hier auch hinsichtlich der Trunkenheitsfahrt vom 1. September 2017 erfüllt. Dass das Berufungsgericht die Behauptung des Klägers, er habe die festgestellte Blutalkoholkonzentration erst durch einen Nachtrunk erreicht, nicht als glaubhaft angesehen hat, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (4.). Die beiden für die Begründung der Eignungszweifel herangezogenen Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss waren zum maßgeblichen Zeitpunkt auch noch verwertbar (5.). Erweist sich die Beibringungsaufforderung damit als rechtmäßig, durfte der Beklagte wegen der Nichtbeibringung dieses Gutachtens von fehlender Fahreignung des Klägers ausgehen und ihm deshalb die Fahrerlaubnis entziehen (§ 3 Abs. 1 StVG sowie § 46 Abs. 1 und 3 i. V. m. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV).
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1. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (stRspr, vgl. u. a. BVerwG, Urteil vom 11. April 2019 – 3 C 14.17 – BVerwGE 165, 215 Rn. 11 m. w. N.); abzustellen ist hier danach auf den Erlass des Widerspruchsbescheids vom 9. Januar 2020.
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Im vorliegenden Fall schloss der Beklagte, nachdem der Kläger das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht beibrachte, gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf dessen Nichteignung. Das Berufungsgericht ist der ständigen Rechtsprechung des Senats folgend (Urteil vom 17. November 2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 Rn. 14 und 19 m. w. N.) davon ausgegangen, dass er hierzu nur berechtigt war, wenn die Aufforderung zur Beibringung des Fahreignungsgutachtens zum Zeitpunkt des Ergehens der Aufforderung formell und materiell rechtmäßig war; sie ist hier mit Schreiben des Beklagten vom 9. Mai 2019 erfolgt. Der Kläger und Revisionskläger wird durch diese Annahme nicht beschwert. Ob im Hinblick auf den zwischenzeitlich erreichten Stand der Rechtsprechung zum Rechtsschutz gegen in Grundrechte eingreifende behördliche Vorbereitungshandlungen (zur Untersuchungsaufforderung im Dienstrecht vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Januar 2022 – 2 BvR 1528/21 – NVwZ 2022, 401; zur Beibringungsaufforderung im Fahrerlaubnisrecht vgl. Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 11 FeV Rn. 25; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 44a Rn. 13 und 52. Deutscher Verkehrsgerichtstag 2014, Empfehlungen der Arbeitskreise, AK V Ziffer 8, S. XIV) daran festzuhalten ist, dass die Aufforderung, ein Fahreignungsgutachten beizubringen, nicht selbständig anfechtbar ist (BVerwG, Urteil vom 17. November 2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 Rn. 17), bedarf deshalb keiner Entscheidung.
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2. Die Rechtsgrundlagen für die Fahrerlaubnisentziehung ergeben sich aus § 3 Abs. 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) sowie § 46 Abs. 1 und 3 i. V. m. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV. Diese Vorschriften sind zwischen der Anforderung des Gutachtens und der Entziehung der Fahrerlaubnis unverändert geblieben.
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Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Das gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Nr. 8.1 dieser Anlage ist die Fahreignung im Falle von Alkoholmissbrauch zu verneinen. Er liegt nach der dort enthaltenen Begriffsbestimmung vor, wenn das Führen von Kraftfahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können.
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Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden gemäß § 46 Abs. 3 FeV die §§ 11 bis 14 entsprechende Anwendung. Nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn er sich weigert, sich untersuchen zu lassen, oder das geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt. Der Schluss auf die Nichteignung ist nur dann zulässig, wenn die Aufforderung zur Beibringung des Fahreignungsgutachtens rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (stRspr, vgl. u. a. BVerwG, Urteil vom 17. November 2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 Rn. 19 m. w. N.).
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3. Die Beibringensaufforderung vom 9. Mai 2019 genügte hinsichtlich der Angaben zu den Gründen für die Eignungszweifel des Beklagten den Anforderungen des § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe dem Schreiben in der gebotenen Weise entnehmen können, aus welchen Vorfällen der Beklagte seine Eignungszweifel herleitete, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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a) Gemäß § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV legt die Fahrerlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FeV bestimmt, dass die Behörde dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mitteilt, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat. Sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann (§ 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV).
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Diese formellen Anforderungen an den Inhalt einer Beibringensaufforderung sollen es dem Betroffenen ermöglichen, eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, ob er sich der geforderten Begutachtung unterziehen will oder nicht. Das ist für ihn wegen der sich aus § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV ergebenden Rechtsfolgen von besonderer Bedeutung. Dementsprechend ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Aufforderung im Wesentlichen aus sich heraus verständlich sein muss. Der Betroffene muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das dort Mitgeteilte die behördlichen Zweifel an der Fahreignung rechtfertigen kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Juli 2001 – 3 C 13.01 – Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 4 f. und vom 17. November 2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 Rn. 21). Der Betroffene soll durch die Angaben in der Beibringensaufforderung in die Lage versetzt werden, sich innerhalb der für die Vorlage des Gutachtens gesetzten Frist ein Urteil darüber zu bilden, ob die Aufforderung zu dessen Beibringung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2005 – 3 C 21.04 – Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 11 S. 6 und Beschluss vom 5. Februar 2015 – 3 B 16.14 – Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 21 Rn. 8).
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b) Das Oberverwaltungsgericht nimmt an, der Kläger habe der Gutachtensanforderung vom 9. Mai 2019 zweifelsfrei entnehmen können, dass der Beklagte zur Begründung seiner Eignungszweifel neben dem Vorfall vom 1. September 2017 nur die Trunkenheitsfahrt vom 3. Juli 2009, nicht aber zusätzlich noch die Trunkenheitsfahrt vom 12. April 2008 herangezogen habe (UA S. 8 ff.). Hiergegen ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
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Hinsichtlich des rechtlichen Maßstabs, der an die Erfüllung der Begründungserfordernisse des § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV anzulegen ist, hat das Berufungsgericht auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats Bezug genommen (UA S. 8). Eine Verfehlung dieses Maßstabs und ein daraus folgender Bundesrechtsverstoß des Berufungsgerichts sind nicht zu erkennen.
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Bei der Frage, was der Kläger aus der Begründung der Beibringensaufforderung vom 9. Mai 2019 entnehmen konnte, handelt es sich um eine tatsächliche Würdigung. Es geht darum, wie der Kläger nach seinem Empfängerhorizont die Angaben in der Aufforderung verstehen musste. Die entsprechende Wertung des Tatsachengerichts ist der revisionsgerichtlichen Überprüfung nur eingeschränkt zugänglich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 2015 – 3 B 16.14 – Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 21 Rn. 10).
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Gemessen hieran ist das Ergebnis, zu dem das Oberverwaltungsgericht gelangt ist, nicht zu beanstanden. Zwar wird die Fahrerlaubnisbehörde den Begründungsanforderungen des § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV in der Regel dadurch am besten gerecht, dass sie die Vorfälle, aus denen sie ihre Eignungszweifel herleitet, mit dem genauen Datum bezeichnet, wie sie es hier hinsichtlich des Vorfalls vom 1. September 2017 getan hat. Die Angabe des Datums, an dem sich ein Vorfall ereignet hat, ist jedoch entbehrlich, wenn sich aus anderen in der Aufforderung dargelegten Umständen vergleichbar sicher ergibt, auf welchen Vorfall die Behörde ihre Zweifel an der Fahreignung des Betroffenen stützt. So ist es nach den tatsächlichen Feststellungen und deren tatrichterlicher Würdigung hier hinsichtlich der Trunkenheitsfahrt vom 3. Juli 2009. In der Gutachtensanforderung wird mit dem 28. Juni 2016 das Datum der letzten Neuerteilung der Fahrerlaubnis angegeben. Das Berufungsgericht nimmt in ohne Weiteres nachvollziehbarer Weise an, dass der Beklagte damit auf die Trunkenheitsfahrt vom 3. Juli 2009 Bezug genommen habe, die zur Entziehung der Fahrerlaubnis vor dieser Neuerteilung geführt hatte. Nach dem Vorbringen des Klägers im Verwaltungsverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Eil- und Hauptsacheverfahren hatte auch für ihn nicht in Frage gestanden, dass die Neuerteilung der Fahrerlaubnis an die Fahrerlaubnisentziehung anknüpft, die aufgrund der Trunkenheitsfahrt vom 3. Juli 2009 erfolgt war. Seinem Einwand, dass zusätzlich noch die Trunkenheitsfahrt vom 12. April 2008 gemeint gewesen sein könnte, hält das Berufungsgericht – auch das ohne Weiteres vertretbar – entgegen, dass die Begründung des Anforderungsschreibens hierfür keinerlei Anhaltspunkte aufweise, zumal dort die Worte “Auffälligkeit” und “Entzug” im Singular verwendet worden seien (UA S. 9). Soweit der Kläger in der Revisionsbegründung erneut geltend macht, für ihn sei aus der Gutachtensforderung nicht ohne Weiteres erkennbar gewesen, welche der vor der Neuerteilung der Fahrerlaubnis am 28. Juni 2016 begangenen Zuwiderhandlungen der Beklagte zu deren Begründung herangezogen habe, verhilft das seiner Revision nicht zum Erfolg. Mit dieser Behauptung hat er keine zulässige und begründete Verfahrensrüge verbunden, mit der er die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts in Frage stellen könnte; sie sind für die Entscheidung im Revisionsverfahren daher bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO).
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4. Die Gutachtensanforderung erweist sich auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil der Beklagte § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV als Rechtsgrundlage angegeben hat; nach dieser Vorschrift ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Beklagte habe damit auf eine nicht einschlägige Rechtsgrundlage abgestellt, verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Voraussetzungen von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV waren erfüllt; diese Vorschrift ist nicht erst dann anwendbar, wenn es bei einer als Ordnungswidrigkeit einzuordnenden Zuwiderhandlung unter Alkoholeinfluss im Straßenverkehr zu deren ordnungswidrigkeitsrechtlicher Ahndung gekommen ist (a). Das ist aus dem Wortlaut der Bestimmung (aa) sowie ihrem Sinn und Zweck in Verbindung mit ihrer systematischen Stellung zu entnehmen (bb und cc). Maßgebliches Gewicht kommt darüber hinaus der vom Gesetzgeber in § 3 Abs. 3 StVG getroffenen Regelung zu (dd). Das Abweichungsverbot des § 3 Abs. 4 StVG steht der Heranziehung des Vorfalls vom 1. September 2017 hier ebenfalls nicht entgegen (ee).
26
a) § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV setzt bei einer als Ordnungswidrigkeit einzuordnenden Zuwiderhandlung unter Alkoholeinfluss im Straßenverkehr nicht auch deren ordnungswidrigkeitsrechtliche Ahndung voraus.
27
aa) Nach allgemeinem Sprachgebrauch meint der Begriff “Zuwiderhandlung” eine “gegen ein Verbot, eine Anordnung gerichtete Handlung” (vgl. etwa Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl. 2011). Aus dem Wortlaut der Bestimmung kann daher nicht hergeleitet werden, dass der betreffende Verstoß auch bereits geahndet und ebenso wenig, dass eine solche Ahndung bereits in Rechtskraft oder Bestandskraft erwachsen sein muss. Hätte der Verordnungsgeber das in dieser Weise regeln wollen, hätte er diese Einschränkung durch einen entsprechenden Zusatz in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV ohne Weiteres deutlich machen können. Solche Einschränkungen hat der Gesetzgeber in § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG hinsichtlich des Fahreignungs-Bewertungssystems und in § 28 Abs. 3 StVG in Bezug auf Eintragungen in das Fahreignungsregister vorgenommen. Die Regelung in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV hat dem Wortlaut nach daher einen Handlungs-, nicht aber einen Sanktionsbezug.
28
bb) Auch der Blick auf die durch die weiteren Buchstaben des § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV erfassten Fallgruppen erhellt, dass die Vorschrift auf tatsächliche Umstände, nicht aber auf die Verhängung einer bestimmten Sanktion abstellt (Buchst. a Alt. 2: “sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen”; Buchst. c: “ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr … geführt wurde”; Buchst. e: “sonst zu klären ist, ob Alkoholmissbrauch oder Alkoholabhängigkeit nicht mehr besteht”). In eine andere Richtung weist allein der Buchstabe d (“die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a bis c genannten Gründe entzogen war”); selbst hier wird aber letztlich auf einen tatsächlichen Umstand abgestellt.
29
cc) Dieses Ergebnis wird durch die Stellung der Vorschrift im System der fahrerlaubnisrechtlichen Eignungsbeurteilung und der bei Eignungszweifeln von der Fahrerlaubnisbehörde zu ergreifenden Maßnahmen bestätigt.
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Wesentlich für die Auslegung der in § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV aufgeführten tatbestandlichen Voraussetzungen ist, dass es bei § 13 FeV noch nicht unmittelbar um die Entziehung der Fahrerlaubnis geht, sondern – wie schon der amtlichen Überschrift zu entnehmen ist – um die dieser Entscheidung vorgelagerte Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik. Die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens dient – wie § 13 Satz 1 Halbsatz 1 FeV ausdrücklich bestimmt – der Vorbereitung der Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen. Gleiches gilt gemäß § 46 Abs. 3 FeV im Vorfeld der Entscheidung über eine Entziehung oder Beschränkung der Fahrerlaubnis (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 17. November 2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 Rn. 17 m. w. N.).
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Damit steht § 13 FeV in einem anderen systematischen Kontext als die Vorschriften in § 4 StVG zum Fahreignungs-Bewertungssystem. Für das Ergreifen der in § 4 Abs. 5 StVG vorgesehenen Maßnahmen kommt es gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG auf das Entstehen von Punkten wegen der Begehung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten an, sofern sie – wie dort vorausgesetzt wird – rechtskräftig geahndet worden sind. Eine solche Anknüpfung an die rechtskräftige Ahndung enthält § 13 FeV aber gerade nicht, vielmehr stellt Satz 1 Nr. 2 Buchst. b allein auf die Zuwiderhandlung als solche ab.
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In der Normbegründung zu § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV (VkBl. 98, 1070; abgedruckt bei Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 13 FeV Rn. 4) wird zudem ausgeführt, dass Buchstabe b gegenüber dem Punktsystem in § 4 StVG eine Spezialvorschrift darstelle, wonach die Maßnahme der Eignungsüberprüfung bereits bei einem wiederholten Alkoholverstoß zu ergreifen sei, unabhängig von der Punktzahl. Auch das spricht vor dem Hintergrund der Regelungen des damals noch geltenden Mehrfachtäter-Punktsystems, bei dem nach ständiger Rechtsprechung ebenfalls nur rechtskräftig geahndete Verkehrsverstöße für das Ergreifen der dort vorgesehenen Maßnahmen zugrunde gelegt werden durften (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 – 3 C 3.07 – BVerwGE 132, 48 Rn. 19), dafür, dass es für die Anforderung eines Gutachtens nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV auf eine Ahndung oder rechtskräftige Ahndung einer Zuwiderhandlung nicht ankommt.
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dd) Wesentliche Bedeutung kommt schließlich dem Umstand zu, dass der Gesetzgeber der Fahrerlaubnisbehörde in § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG auch für den Fall, dass die Ahndung einer als Ordnungswidrigkeit einzustufenden Zuwiderhandlung noch aussteht, eine Berücksichtigung des betreffenden Sachverhalts gestattet.
34
Gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG darf die Fahrerlaubnisbehörde, solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuches in Betracht kommt, den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Diese Sperrwirkung gilt danach nur für Straftaten, und auch nur für solche, die zur Anwendung von § 69 StGB führen können, nicht aber für Ordnungswidrigkeiten. Darin, dass § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG Ordnungswidrigkeiten nicht erfasst, kann keine vom Gesetzgeber unbeabsichtigte planwidrige Regelungslücke gesehen werden. Das zeigt der folgende Absatz 4, in dem der Gesetzgeber anders als im Absatz 3 Bußgeldentscheidungen ausdrücklich erwähnt. Nach § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG kann die Fahrerlaubnisbehörde, will sie in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. In Satz 2 Halbsatz 1 ist geregelt, dass der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, einem Urteil gleichstehen; dies gilt nach Halbsatz 2 auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage beziehen. Daraus ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber bei der in § 3 StVG getroffenen Regelung – und damit auch in Bezug auf dessen Absatz 3 – die ordnungswidrigkeitsrechtliche Ahndung von Zuwiderhandlungen zwar im Blick hatte, die gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG für die Fahrerlaubnisbehörden bestehende vorübergehende Sperrwirkung eines noch laufenden Verfahrens hierauf aber nicht erstrecken wollte. Eine analoge Anwendung von § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG auf Ordnungswidrigkeiten scheidet daher aus (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 24. Juli 2007 – 10 S 306/07 – DAR 2007, 664; OVG Magdeburg, Beschluss vom 13. April 2012 – 3 M 47/12 – Blutalkohol 49 , 327 sowie Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 3 StVG Rn. 45 m. w. N.).
35
Dass der Gesetzgeber der Fahrerlaubnisbehörde bei einer als Ordnungswidrigkeit einzustufenden Zuwiderhandlung im Straßenverkehr eine Berücksichtigung des betreffenden Sachverhalts schon vor dem Abschluss des Ordnungswidrigkeitsverfahrens gestattet, findet seine Erklärung und sachliche Rechtfertigung darin, dass der zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zuständigen Stelle das Instrument der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis nicht zur Verfügung steht. § 111a Abs. 1 Satz 1 StPO macht die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis davon abhängig, dass dringende Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass die Fahrerlaubnis entzogen werden wird (§ 69 StGB). § 69 Abs. 1 StGB wiederum setzt voraus, dass jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt wurde, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, wenn sich aus der Tat ergibt, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Voraussetzung ist somit die Begehung einer entsprechenden Straftat; das zeigt auch der Katalog der in § 69 Abs. 2 StGB aufgeführten Vergehen. Bei als Ordnungswidrigkeiten einzustufenden Zuwiderhandlungen kann weder die für deren bußgeldrechtliche Ahndung zuständige Stelle noch die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis vorläufig entziehen, um damit einen aller Voraussicht nach ungeeigneten Fahrerlaubnisinhaber rasch von der weiteren Teilnahme am Straßenverkehr auszuschließen. Doch ist der Fahrerlaubnisbehörde eine zeitnahe Reaktion jedenfalls in der Weise eröffnet, dass sie zur Klärung der durch das Verhalten des Betroffenen aufgeworfenen Eignungszweifel ein medizinisch-psychologisches Gutachten anfordern und bei dessen Nichtvorlage gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die fehlende Fahreignung des Betroffenen schließen darf (vgl. in diesem Sinne auch VGH München, Beschluss vom 15. September 2015 – 11 CS 15.1682 – Blutalkohol 52 , 426 ).
36
ee) Auch das die Fahrerlaubnisbehörde treffende Verbot des § 3 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StVG, zu Lasten des Fahrerlaubnisinhabers vom Inhalt einer Bußgeldentscheidung abzuweichen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage bezieht, hinderte den Beklagten nicht an der Verwertung des Vorfalls vom 1. September 2017. Das Abweichungsverbot besteht nach der genannten Regelung erst dann, wenn eine Bußgeldentscheidung getroffen wurde. Eine solche Entscheidung mit Feststellungen der genannten Art ist im vorliegenden Fall jedoch nicht ersichtlich, da die Akten des Ordnungswidrigkeitsverfahrens aus datenschutzrechtlichen Gründen vernichtet wurden. Auch der Kläger hat Entsprechendes nicht vorgetragen.
37
b) Der Umstand, dass die Fahrerlaubnisbehörde eine als Ordnungswidrigkeit einzustufende Zuwiderhandlung unter Alkoholeinfluss im Straßenverkehr auch ohne deren ordnungswidrigkeitsrechtliche Ahndung für eine auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV gestützte Beibringensaufforderung heranziehen darf, kann mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip und die mit einer medizinisch-psychologischen Begutachtung für den Betroffenen verbundenen Belastungen (dazu BVerwG, Urteil vom 17. November 2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 Rn. 37) indes nicht bedeuten, dass bereits der vage Verdacht wiederholter Zuwiderhandlungen die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auf der Grundlage dieser Vorschrift rechtfertigt.
38
Die Fahrerlaubnisbehörde darf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV nur dann als Rechtsgrundlage für eine Gutachtensanforderung heranziehen, wenn mit hinreichender Gewissheit feststeht, dass der Betroffene die Zuwiderhandlungen, mit denen die Fahrerlaubnisbehörde ihre Eignungszweifel begründet, auch tatsächlich begangen hat. Das setzt regelmäßig voraus, dass die von der Fahrerlaubnisbehörde für diese Annahme herangezogenen Umstände in den Verfahrensakten hinreichend dokumentiert sind, also etwa die dem Betroffenen zur Last gelegte Blutalkoholkonzentration beim Führen eines Fahrzeugs durch ein gerichtsmedizinisches Gutachten unterlegt ist. Insoweit kann für § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV nichts Anderes gelten als für den Buchstaben c, wo gefordert wird, dass eine BAK von 1,6 Promille zum Zeitpunkt der Fahrt nachgewiesen ist (vgl. dazu Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 13 FeV Rn. 23b).
39
Die Fahrerlaubnisbehörde ist damit – soweit sie keinen Beschränkungen nach dem Abweichungsverbot des § 3 Abs. 4 StVG unterliegt – zwar befugt, das Vorliegen einer “Zuwiderhandlung” im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV eigenständig, d. h. auch unabhängig davon zu beurteilen, ob die dem Betroffenen zur Last gelegte Zuwiderhandlung ordnungswidrigkeitsrechtlich geahndet wurde. Die Aufforderung, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, unterliegt – wie dargelegt – jedoch jedenfalls dann der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung, wenn die Fahrerlaubnisbehörde aus der Nichtvorlage des geforderten Gutachtens die Nichteignung des Betroffenen herleitet und ihm deshalb die Fahrerlaubnis entzieht.
40
c) Ausgehend davon hat der Beklagte in den Vorfällen vom 3. Juli 2009 und 1. September 2017 zu Recht wiederholte Zuwiderhandlungen des Klägers im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV gesehen. Die hiergegen vom Kläger vorgetragenen Einwände sind – wie das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht annimmt – unbegründet.
41
aa) Dass die Trunkenheitsfahrt des Klägers vom 3. Juli 2009 mit einer BAK von 1,48 Promille eine solche Zuwiderhandlung ist, steht außer Frage. Sie wurde durch das am 4. März 2010 rechtskräftig gewordene Urteil des Amtsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 2. September 2009 strafrechtlich geahndet und führte zur Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß §§ 69, 69a StGB wegen fehlender Fahreignung.
42
bb) Die Annahme des Berufungsgerichts, aus dem Verkehrsunfall vom 1. September 2017 ergebe sich eine weitere Zuwiderhandlung des Klägers unter Alkoholeinfluss im Straßenverkehr im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV, steht ebenfalls im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
43
Der von der Polizei beim Kläger bei der Unfallaufnahme durchgeführte Atemalkoholtest ergab eine Atemalkoholkonzentration von 1,23 Promille (Bl. 167 VA). Die beim Kläger daraufhin am Folgetag um 0:55 Uhr entnommene Blutprobe wies nach der Mitteilung der Untersuchungsstelle für Blutalkohol am Institut für Rechtsmedizin vom 6. September 2009 (Bl. 190 VA) eine Blutalkoholkonzentration von 1,04 Promille auf. Einwände gegen die Höhe des festgestellten Blutalkoholwerts hat der Kläger nicht erhoben.
44
Dass – wie der Kläger geltend macht – der festgestellte Blutalkoholwert nicht die in der Rechtsprechung für die Annahme absoluter Fahruntüchtigkeit zugrunde gelegte Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille erreicht, ist für die Anwendbarkeit von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV unerheblich. Eine Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV liegt auch dann vor, wenn der Betroffene eine Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 1 StVG begangen hat; nach dieser Vorschrift handelt ordnungswidrig, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt (vgl. dazu Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 13 FeV Rn. 22 m. w. N.).
45
Ohne Bundesrechtsverstoß nimmt das Berufungsgericht an, dass der vom Kläger behauptete Nachtrunk, mit dem er in Frage stellen will, dass die gerichtsmedizinisch festgestellte BAK bereits zu dem Zeitpunkt vorlag, als er das Kraftfahrzeug führte, nicht glaubhaft ist. Das Berufungsgericht stützt seine Wertung darauf, dass dann, wenn der Fahrer eines Fahrzeugs bei einer Unfallaufnahme unter Alkoholeinfluss angetroffen wird, eine lebensnahe Betrachtung dafür spreche, dass die Alkoholaufnahme vor Antritt der Fahrt erfolgt sei. Mache der Fahrerlaubnisinhaber hiervon abweichend einen sog. Nachtrunk geltend, obliege es zunächst ihm, die näheren Umstände dieses eher ungewöhnlichen Ablaufs durch konkrete Angaben glaubhaft darzulegen. Mangele es insoweit an substanziellen und schlüssigen Darlegungen, sei der geltend gemachte Nachtrunk als unglaubhafte Schutzbehauptung anzusehen, ohne dass es auf eine weitere Sachverhaltsaufklärung und Beweiserhebung ankomme. Auch bedürfe es keines Gegenbeweises des Beklagten (UA S. 14 1. Absatz). An substanziierten und schlüssigen Angaben, insbesondere zur Art und Menge des nach dem Unfall angeblich getrunkenen Alkohols sowie zu den sonstigen Umständen schon bei der Unfallaufnahme habe es hier gefehlt; obwohl sowohl der Senat selbst als auch das Verwaltungsgericht in den Eilentscheidungen deutliche Zweifel an dem behaupteten Nachtrunk geäußert hätten, sei es bei nur pauschalen Behauptungen geblieben (UA S. 14 2. Absatz). Aus revisionsrechtlicher Sicht ist nichts dagegen zu erinnern, dass das Berufungsgericht daraus die fehlende Glaubhaftigkeit des vom Klägers geltend gemachten Nachtrunkeinwands hergeleitet hat.
46
Dieser Würdigung seines Verhaltens durch das Berufungsgericht kann der Kläger auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, er sei bei der polizeilichen Unfallaufnahme und der Blutentnahme nicht zu näheren Angaben verpflichtet gewesen, sondern habe von seinem Schweigerecht Gebrauch machen dürfen. Jedenfalls im anschließenden Verwaltungs- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren hätte Anlass für eine Substanziierung und Konkretisierung seines Nachtrunkeinwands bestanden. Gerade darauf, dass eine solche Substanziierung auch weiterhin unterblieben war, hat das Berufungsgericht aber seine Annahme gestützt, der Nachtrunk sei als reine Schutzbehauptung zu werten. Revisionsrechtlich ist auch hiergegen nichts zu erinnern.
47
Nachdem die Unterlagen zum Ordnungswidrigkeitsverfahren nicht mehr vorhanden sind, kann nicht abschließend geklärt werden, ob dieses Verfahren förmlich eingestellt oder aber aus sonstigen Gründen nicht eingeleitet oder nicht abgeschlossen wurde. Damit fehlt es auch an einer die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 3 Abs. 4 Satz 2 StVG bindenden Feststellung der für die Verfolgung als Ordnungswidrigkeit zuständigen Stelle, dass am 1. September 2017 keine Trunkenheitsfahrt im Sinne von § 24a StVG vorgelegen habe. Ebenso wenig kann der Kläger aus dem Umstand, dass die Staatsanwaltschaft wegen des Verkehrsunfalles vom 1. September 2017 kein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet, sondern es gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt hat, herleiten, dass die Staatsanwaltschaft – anders als später der Beklagte und das Berufungsgericht – von einem Nachtrunk ausgegangen sei. Wäre das der Fall, hätte für die Staatsanwaltschaft kein Anlass bestanden, die Sache zur weiteren Verfolgung an die Ordnungswidrigkeitsbehörde abzugeben. Die Staatsanwaltschaft ist ausweislich ihrer in den Verwaltungsakten enthaltenen Einstellungsverfügung davon ausgegangen, dass keine Straftat, sondern lediglich – aber immerhin – eine Verkehrsordnungswidrigkeit vorliege (Bl. 181 VA).
48
5. Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV gestützten Gutachtensanforderung ist außerdem, dass die Fahrerlaubnisbehörde die zur Begründung ihrer Eignungszweifel herangezogenen Zuwiderhandlungen noch zu diesem Zweck verwerten durfte. Diese Einschränkung ergibt sich aus § 29 Abs. 7 StVG (vgl. zum Verwertungsverbot wegen der Tilgung und Löschung einer Eintragung im Fahreignungsregister: BVerwG, Urteil vom 4. Dezember 2020 – 3 C 5.20 – BVerwGE 171, 1 Rn. 20 ff. m. w. N.; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 13 FeV Rn. 22 m. w. N.; Koehl, in: Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 3. Aufl. 2022, § 13 FeV Rn. 14).
49
Diese Voraussetzung war hinsichtlich der beiden vom Beklagten herangezogenen Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss vom 3. Juli 2009 und vom 1. September 2017 erfüllt.
50
a) Die Trunkenheitsfahrt des Klägers vom 3. Juli 2009 mit einer BAK von 1,48 Promille wurde durch das am 4. März 2010 rechtskräftig gewordene strafgerichtliche Urteil vom 2. September 2009 geahndet, mit dem das Strafgericht dem Kläger zugleich die Fahrerlaubnis entzog. Da diese Entscheidung vor Ablauf des 30. April 2014 im Verkehrszentralregister gespeichert wurde, erfolgt gemäß § 65 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 StVG die Tilgung und Löschung bis zum Ablauf des 30. April 2019 nach den Bestimmungen des § 29 in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.); nach § 65 Abs. 3 Nr. 2 Satz 4 Buchst. a StVG gilt ab dem 1. Mai 2019 für die Berechnung der Tilgungsfrist § 29 Abs. 1 bis 5 in der ab dem 1. Mai 2014 anwendbaren Fassung mit der Maßgabe, dass die nach Satz 1 bisher abgelaufene Frist angerechnet wird. Die Tilgungsfrist für die Eintragung betrug gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVG a.F. zehn Jahre. Sie begann, weil das Strafgericht die Fahrerlaubnis nach §§ 69, 69a StGB entzogen hatte, gemäß § 29 Abs. 5 Satz 1 StVG a.F. erst mit der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, spätestens jedoch fünf Jahre nach der beschwerenden Entscheidung zu laufen. Da dem Kläger die Fahrerlaubnis am 28. Juni 2016 wiedererteilt wurde und die beschwerende Entscheidung vom 2. September 2009 datiert, ist die Fünfjahresfrist maßgeblich. Daher begann die Tilgungsfrist am 2. September 2014 zu laufen und wäre nach 10 Jahren und somit am 2. September 2024 abgelaufen. Da dieser Zeitpunkt nach dem 30. April 2019 liegt, greift die Regelung des § 65 Abs. 3 Nr. 2 Satz 4 Buchst. a StVG; zur Anwendung kommt danach das seit dem 1. Mai 2014 anwendbare Recht unter Anrechnung der bereits abgelaufenen Tilgungsfrist. Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Buchst. a StVG beträgt die Tilgungsfrist ebenfalls zehn Jahre; sie begann unter den hier maßgeblichen Umständen gemäß § 29 Abs. 5 Satz 1 StVG fünf Jahre nach der Rechtskraft der beschwerenden Entscheidung, also am 4. März 2015 zu laufen. Bei Anrechnung der nach dem alten Recht bis 30. April 2019 abgelaufenen Tilgungsfrist – sie begann hier etwa 5 1/2 Monate früher als nach neuem Recht – war die Frist zum Zeitpunkt der Anforderung des Gutachtens am 9. Mai 2019 daher noch nicht abgelaufen. Verwertbar waren die Eintragungen zur Trunkenheitsfahrt vom 3. Juli 2009 im Übrigen auch noch zum Zeitpunkt der Fahrerlaubnisentziehung selbst mit Bescheid vom 13. August 2019 und Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2020 (vgl. § 29 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 StVG).
51
b) Den Vorfall vom 1. September 2017 durfte der Beklagte mit Blick auf die für die Verwertung maßgeblichen Vorschriften des § 29 StVG über die Tilgung und Löschung von Eintragungen im Fahreignungsregister ebenfalls heranziehen, um damit seine Zweifel an der Fahreignung des Klägers zu begründen.
52
Hinsichtlich dieser vom Beklagten zu Lasten des Klägers berücksichtigten Trunkenheitsfahrt ist – wie gezeigt – keine Ahndung als Ordnungswidrigkeit und, da eine Speicherung im Fahreignungsregister gemäß § 28 Abs. 3 Nr. 3 StVG eine rechtskräftige Entscheidung voraussetzt, auch keine Speicherung erfolgt. Liegt aber eine rechtskräftige oder unanfechtbare Entscheidung nicht vor, fehlt es damit zugleich an dem zeitlichen Anknüpfungspunkt für den Beginn der Tilgungsfrist. § 29 Abs. 4 Nr. 3 und § 29 Abs. 5 Satz 1 StVG stellen hierfür auf den Tag der Rechtskraft oder Unanfechtbarkeit der beschwerenden Entscheidung ab.
53
Dieser Umstand führt aber nicht dazu, dass die Fahrerlaubnisbehörde dem Betroffenen eine Zuwiderhandlung unter Alkoholeinfluss im Straßenverkehr, deren Begehung hinreichend sicher feststeht, nicht zur Begründung von Eignungszweifeln entgegenhalten darf. Auch die Dauer der Verwertbarkeit von im Ausland begangenen Zuwiderhandlungen, die ebenfalls nicht in das Fahreignungsregister eingetragen werden (vgl. Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 28 StVG Rn. 29), ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Zuwiderhandlungen im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV sind nach einhelliger Meinung aber auch im Ausland begangene Verkehrsverstöße, sofern sie hinreichend sicher nachgewiesen sind (vgl. OVG Greifswald, Beschluss vom 27. März 2008 – 1 M 204/07 – NJW 2008, 3016 ; VGH München, Beschlüsse vom 9. Juni 2010 – 11 CS 10.786 – Blutalkohol 47 , 368 und vom 16. August 2012 – 11 CS 12.1624 – Blutalkohol 49 , 340 ; OVG Münster, Urteil vom 25. Oktober 2016 – 16 A 1237/14 – NJW 2017, 903 Rn. 26 ff. sowie VG Gera, Beschluss vom 6. November 2018 – 3 E 1514/18 Ge – Blutalkohol 56 , 279 m. w. N.; ebenso Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 13 FeV Rn. 22 sowie Koehl, in: Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 3. Aufl. 2022, § 13 FeV Rn. 16). Die insoweit festzustellende offenkundig unbeabsichtigte Regelungslücke ist vielmehr durch eine entsprechende Anwendung der Vorschriften in § 29 StVG über die Tilgung und Löschung von Eintragungen und die Verwertbarkeit von Taten und Entscheidungen zu schließen. § 29 Abs. 4 Nr. 3 StVG ist in der Weise anzuwenden, dass für den Fristbeginn statt – wie in dieser Bestimmung vorgesehen – auf den Tag der Rechtskraft oder Unanfechtbarkeit der beschwerenden Entscheidung auf den Tag der Begehung der Zuwiderhandlung abgestellt wird. Damit wird in solchen Fällen – insoweit zugunsten des Betroffenen – der Beginn der Tilgungsfrist zeitlich etwas nach vorne verschoben.
54
Bei Entscheidungen über eine Ordnungswidrigkeit, die – wie eine nach § 24a StVG zu ahndende Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss – mit zwei Punkten zu bewerten ist (§ 40 FeV i. V. m. Nr. 2.2.2 der Anlage 13), beträgt die Tilgungsfrist gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b StVG fünf Jahre. Da die Tilgungsfrist hier am 1. September 2017 als dem Tag der Begehung der Ordnungswidrigkeit in Gang gesetzt wurde, war sie beim Ergehen der Gutachtensanforderung am 9. Mai 2019 noch nicht abgelaufen.
55
c) Da die beiden vom Beklagten für die Gutachtensanforderung herangezogenen Zuwiderhandlungen noch verwertbar waren, kann der Kläger der Heranziehung von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die beiden Vorfälle mehrere Jahre auseinanderlagen (vgl. dazu Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 13 FeV Rn. 22 m. w. N.).
56
6. Waren – wie gezeigt – die Voraussetzungen des in der Gutachtensanforderung als Rechtsgrundlage angeführten § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV erfüllt, kann offen bleiben, ob zu den Anforderungen, die nach § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV an die Begründung einer Gutachtensanforderung zu stellen sind, auch die Angabe der dafür in Anspruch genommenen Rechtsgrundlage gehört (offengelassen u. a. vom VGH München, Beschluss vom 24. August 2010 – 11 CS 10.1139 – SVR 2011, 275 und vom VG Schleswig, Gerichtsbescheid vom 14. Oktober 2014 – 3 A 254/13 – juris Rn. 22) und ob jedenfalls dann, wenn die Fahrerlaubnisbehörde eine Rechtsgrundlage angibt, diese Angabe auch zutreffen muss (so die überwiegende Rechtsprechung der Instanzgerichte, vgl. etwa VGH München, Beschlüsse vom 24. August 2010 – 11 CS 10.1139 – SVR 2011, 275 und vom 16. August 2012 – 11 CS 12.1624 – Blutalkohol 49 , 340 ; OVG Lüneburg, Beschluss vom 26. September 2019 – 12 ME 141/19 – Blutalkohol 56 , 414 ; offengelassen vom VGH Mannheim, Urteil vom 18. Juni 2012 – 10 S 452/10 – VBlBW 2013, 19 und Beschluss vom 15. Januar 2014 – 10 S 1748/13 – NJW 2014, 1833 , anders noch Beschluss vom 24. Juni 2002 – 10 S 985/02 – VRS 103, 224 ; ebenso die Mehrheitsmeinung in der Literatur, vgl. etwa Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 11 FeV Rn. 44; Scheidler, DAR 2014, 685 ).
57
7. Nicht im Einklang mit Bundesrecht steht die Annahme des Berufungsgerichts, die Beibringensaufforderung finde die erforderliche Rechtsgrundlage stattdessen in der Auffangregelung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV. Die speziellere Regelung des Buchstaben b sperrt unter den hier vorliegenden tatsächlichen Umständen den Rückgriff auf die Auffangregelung.
58
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kann die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nur dann auf die Auffangregelung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV gestützt werden, wenn Zusatztatsachen vorliegen, die unter Berücksichtigung der Wertungen u. a. des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV geeignet sind, die Annahme von Alkoholmissbrauch zu begründen. Mit den Tatbeständen des § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV erfasst der Verordnungsgeber verschiedene Lebenssachverhalte, die die Fahrerlaubnisbehörde je selbständig zur Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens verpflichten. Diese Tatbestände stehen jedoch nicht beziehungslos nebeneinander. Vielmehr hat der Verordnungsgeber mit ihnen einen Rahmen geschaffen, bei dessen Ausfüllung auch die jeweils anderen Tatbestände und die ihnen zugrundeliegenden Wertungen zu berücksichtigen sind. Das gilt namentlich für die Tatbestände des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV (vgl. BVerwG, Urteile vom 6. April 2017 – 3 C 13.16 – BVerwGE 158, 335 Rn. 14 und vom 17. März 2021 – 3 C 3.20 – ZfS 2021, 474 Rn. 17). Einen solchen Rückgriff auf die Auffangregelung hat der Senat im Urteil vom 17. März 2021 – 3 C 3.20 – bei einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer BAK von weniger als 1,6 Promille gebilligt, bei der beim Betroffenen trotz einer BAK von mehr als 1,1 Promille keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen feststellbar waren; das Fehlen solcher Ausfallerscheinungen sei eine im Rahmen der Auffangregelung berücksichtigungsfähige Zusatztatsache.
59
Da sich weder aus den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts noch sonst fahreignungsrelevante Zusatztatsachen ergeben, kann § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV nicht als Rechtsgrundlage für die Beibringensaufforderung herangezogen werden. Das Berufungsurteil verstößt daher auch insoweit gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Auch das führt aber nicht zu dessen Änderung, da es sich wegen der Anwendbarkeit von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV jedenfalls im Ergebnis als richtig erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO).
60
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.