Strafrecht

3 StR 465/21

Aktenzeichen  3 StR 465/21

Datum:
26.1.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2022:260122B3STR465.21.0
Normen:
§ 395 Abs 2 Nr 1 StPO
§ 396 Abs 1 S 1 StPO
§ 396 Abs 1 S 2 StPO
§ 401 Abs 1 S 1 StPO
§ 167 Abs 2 BGB
Spruchkörper:
3. Strafsenat

Verfahrensgang

vorgehend LG Osnabrück, 6. Juli 2021, Az: 6 Ks 4/21

Tenor

Die Revisionen der Nebenklägerinnen gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 6. Juli 2021 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Jede Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels und die dem Angeklagten insoweit im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Entgegen der in der Zuschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Rechtsauffassung ist die Revision der Nebenklägerin I.     zulässig erhoben.
a) Sie hat als Tochter des Getöteten im Verfahren vor dem Landgericht über ihre Rechtsanwältin nach § 395 Abs. 2 Nr. 1, § 396 Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO wirksam den Anschluss als Nebenklägerin erklärt. Da sie noch minderjährig war, bedurfte es hierzu zwar der Zustimmung der sorgeberechtigten Mutter (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Juni 1989 – 3 StR 49/89, BGHR StPO § 401 Abs. 1 Satz 1 Zulässigkeit 3; vom 10. Oktober 2016 – 4 StR 100/16, NStZ-RR 2016, 377; KG, Beschlüsse vom 22. März 2010 – 4 Ws 6/10, NStZ-RR 2011, 22, 23 ff.; vom 12. März 2012 – 4 Ws 17/12, juris; HansOLG Hamburg, Beschluss vom 17. Dezember 2012 – 2 Ws 175/12, NStZ-RR 2013, 153; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., Vor § 395 Rn. 7). Deren Einverständnis lag jedoch vor. Das hat die Anwältin auf Nachfrage des Generalbundesanwalts mitgeteilt.
Umstände, die an der Richtigkeit der anwaltlichen Erklärung zweifeln lassen, sind nicht ersichtlich. Sie ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass die Anwältin sich erst anlässlich der Nachfrage des Generalbundesanwalts von der Mutter eine Vertretungsvollmacht hat unterzeichnen lassen. Denn die Zustimmung der Mutter zur Anschlusserklärung der Tochter unterlag – ebenso wie die Vollmacht selbst (§ 167 Abs. 2 BGB) – keinem Formerfordernis (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Juli 2000 – 3 StR 257/00, NStZ 2001, 104 mwN; vom 10. September 2009 – 4 StR 120/09, NStZ-RR 2010, 55 mwN zur Ermächtigung nach § 302 Abs. 2 StPO; Grüneberg/Ellenberger, BGB, 81. Aufl., § 125 Rn. 1 zur Wirksamkeit rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen).
Einen Nachweis für die Zustimmung der Sorgeberechtigten schreibt das Gesetz nicht vor. Insoweit gilt nichts anderes als beim gewählten Verteidiger. Auch bei diesem genügt stets, dass er tatsächlich beauftragt war, als er die jeweilige Erklärung abgab (BGH, Urteil vom 9. Oktober 1989 – 2 StR 352/89, BGHSt 36, 259, 260 f.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Februar 2013 – III-1 Ws 39/13, juris Rn. 4 f.). Ein Rechtsanwalt handelt dann im Zweifel in Vollmacht des vertretenen Prozessbeteiligten. Nachweise können, soweit das Gericht sie im Einzelfall für notwendig erachtet, nachgereicht werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 1999 – 3 StR 267/99, juris Rn. 3; vom 10. September 2009 – 4 StR 120/09, NStZ-RR 2010, 55; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., Vor § 137 Rn. 9 mwN).
b) Die Revision der Nebenklägerin I.     ist ebenfalls wirksam eingelegt und rechtzeitig begründet. Hierbei ist für sie eine weitere Rechtsanwältin aufgetreten, die ihr vom Landgericht gemäß § 397a Abs. 1 Nr. 2 StPO als Beistand bestellt worden war. Diese Beistandsbestellung wirkt bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens fort (BGH, Beschluss vom 24. Juni 2010 – 3 StR 156/10, NStZ 2010, 714). Sie umfasst die Befugnis zum Einlegen von Rechtsmitteln. Das Einverständnis der sorgeberechtigten Mutter, über das nichts bekannt ist, ist insoweit nicht festzustellen gewesen.
2. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift zutreffend dargelegt, dass und warum die Revision der Nebenklägerin I.     ebenso wie diejenige der Nebenklägerin P.     in der Sache keine Erfolgsaussicht hat. Das Vorbringen ist dahin auszulegen, dass er hilfsweise darauf angetragen hat, ihre Revision nach § 349 Abs. 2 StPO im Beschlusswege als unbegründet zu verwerfen.
Berg     
      
Paul     
      
Erbguth
      
Kreicker     
      
Voigt     
      


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