Strafrecht

6 StR 251/20

Aktenzeichen  6 StR 251/20

Datum:
16.12.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2020:161220B6STR251.20.0
Normen:
§ 263 BGB
§ 266 BGB
Spruchkörper:
6. Strafsenat

Verfahrensgang

vorgehend LG Hof, 23. Dezember 2019, Az: 18 Js 8628/17 – 4 KLs

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hof vom 23. Dezember 2019
a) aufgehoben in den Fällen B8 und B9 der Urteilsgründe; der Angeklagte wird insoweit freigesprochen; die ausscheidbaren Kosten und notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse;
b) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Betruges in 17 Fällen, davon in zwölf Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, der Urkundenfälschung in 16 Fällen und der Untreue in fünf Fällen schuldig ist;
c) ausgenommen die Fälle F3a – F3e, F16, F23a – F23b, F26 aufgehoben in den Aussprüchen über die Strafen in den Tatkomplexen B bis L und im Gesamtstrafenausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges, Untreue und Urkundenfälschung in einer Vielzahl von Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
I.
2
1. Das Landgericht hat festgestellt:
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Der Angeklagte, ein Rechtsanwalt, war seit Ende der 1990er Jahre als Insolvenzverwalter tätig. Bereits zu Beginn dieser Tätigkeit etablierte er die Praxis, Vorschüsse auf seine Vergütung und seine Auslagen aus den von ihm betreuten Insolvenzmassen zu entnehmen, bevor ein entsprechender Beschluss des Insolvenzgerichts ergangen war. Nachdem er unter anderem wegen seines aufwendigen Lebenswandels und der Errichtung eines Kanzleigebäudes zunehmend in eine finanzielle Schieflage geraten war, nahm er vollständigen Zugriff auf dem Insolvenzbeschlag unterliegende Schuldnervermögen. Er überwies entweder Guthaben der jeweiligen Insolvenzmasse auf seine Kanzleikonten oder leitete für die Masse eingezogene Forderungen nicht auf die Insolvenzkonten weiter. Die Gelder verbrauchte er im Rahmen seines Kanzleibetriebs. 2006 verschlechterte sich seine finanzielle Situation derart, dass er seine Kanzleikonten durchgängig am jeweiligen Überziehungslimit führte und die Löhne seiner Angestellten nur noch bezahlen konnte, indem er unmittelbar vor deren Fälligkeit kontodeckende Überweisungen aus den Insolvenzmassen veranlasste.
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Um zu verhindern, dass den Rechtspflegern und auch den Insolvenzschuldnern die unbefugten Zugriffe auf die Insolvenzmassen bekannt wurden, gab er gegenüber den Insolvenzgerichten den zum Zeitpunkt der Berichterstattung vorhandenen Vermögensstand der Insolvenzmassen fortlaufend falsch wieder. Hierzu vollzog er seine Entnahmen anhand nur ihm zugänglicher Aufzeichnungen nach und rekonstruierte so Aktiva und Passiva der Insolvenzmassen. In manchen Fällen legte er seinen Berichten gefälschte Kontoauszüge bei, um die Falschangaben glaubhaft erscheinen zu lassen. Tatsächlich befanden sich auf den Insolvenzkonten zu den jeweiligen Berichtszeitpunkten nur geringe Guthaben. Durch seine falschen Angaben erreichte er, dass die Rechtspfleger keinen Verdacht schöpften und infolgedessen auch keine Sicherungs- oder Regressmaßnahmen in die Wege leiteten. Erst im Dezember 2017 wurde er aus seinem Amt als Insolvenzverwalter entlassen.
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2. Das Landgericht hat das Verfahren hinsichtlich der durch die unbefugten Entnahmen verwirklichten Untreuetaten in den Tatkomplexen Buchstabe B bis Buchstabe L nach § 154 StPO eingestellt. Wegen hierdurch bedingten „Wiederauflebens“ der – andernfalls im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter die Strafbarkeit wegen Untreue zurücktretender – Strafbarkeit wegen Betruges hat es in den Fällen, in denen der Angeklagte in Sachstandsberichten gegenüber den Rechtspflegern falsche Angaben über den Massebestand gemacht hat, eine Betrugsstrafbarkeit angenommen. Sofern der Angeklagte zur Stützung seiner Angaben ergänzend gefälschte Kontoauszüge vorlegte, hat es ihn wegen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung verurteilt. Dabei hat es jede unter Urkundenvorlage erfolgte Täuschung als eigenständige Tat angesehen. Als Betrugsschaden hat das Landgericht jeweils die Gesamthöhe der Überentnahmen zum Zeitpunkt der Täuschung zuzüglich der seiner Auffassung nach verwirkten Insolvenzverwaltervergütung des Angeklagten angesetzt.
II.
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1. Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht den Angeklagten auch in den Fällen B2, B3, B5 und B7 verurteilt hat. Hinsichtlich dieser Taten ist entgegen der Auffassung der Revision keine Verfolgungsverjährung eingetreten.
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a) Der Angeklagte reichte vom 1. März bis 11. Oktober 2011 bei den Insolvenzgerichten falsche Sachstandsberichte ein. Mit der Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens ihm gegenüber (§ 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB) erfolgte die erste verjährungsunterbrechende Maßnahme am 9. bzw. 12. November 2017.
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b) Zu diesem Zeitpunkt war die fünfjährige Verjährungsfrist (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB) noch nicht abgelaufen. Denn eine Tat nach § 263 StGB ist nicht bereits mit der Realisierung des Schadens, sondern erst mit Erlangung des (letzten) Vermögensvorteils beendet (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2000 – 2 StR 232/00, BGHSt 46, 159, 166). Erst von da an beginnt die Verjährungsfrist zu laufen (§ 78a StGB). Der wirtschaftliche Vorteil, den der Angeklagte durch die Betrugstaten erreichen wollte, besteht in der Abwendung der den Insolvenzschuldnern aus den Untreuetaten zustehenden Regressforderungen. Erlangt hat der Täter diesen Vorteil erst, wenn die Forderung endgültig nicht mehr oder nur noch in geringerer Höhe als ihrem Nominalwert geltend gemacht werden kann. Die vorliegende Konstellation ist vergleichbar mit einem anwachsenden Gesamtschaden, bei dem nach der Rechtsprechung Tatbeendigung erst mit dem letzten Teilakt eintritt (vgl. BGH aaO; Beschluss vom 22. Januar 2004 – 5 StR 415/03, wistra 2004, 228, 229 mwN). Dieser ist bei dem verfahrensgegenständlichen Unterlassen gegeben, wenn das Tätigwerden des Anspruchsinhabers die Schadenshöhe nicht mehr beeinflussen kann. Dies war nach den Feststellungen erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Angeklagten am 24. April 2018 der Fall.
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2. Die Schuldsprüche in den Fällen F1a – F1c, F4, F5, F8a – F8b, F9a – F9b, F10, F18a – F18d, F19a – F19g, F20, B8 und B9 halten revisionsgerichtlicher Prüfung nicht stand, soweit der Angeklagte wegen – teilweise versuchten – Betruges verurteilt worden ist. Das Landgericht hat der Bestimmung des Vermögensschadens hierbei einen nicht tragfähigen Ausgangspunkt zugrunde gelegt. Denn die betroffenen Schäden wurden durch die verfahrensgegenständlichen Täuschungen weder geschaffen noch vertieft.
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a) Allerdings ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Angeklagte nach der Einstellung der Untreuetaten wegen Betruges verurteilt werden kann. Zwar hat er die Täuschungen gegenüber den Rechtspflegern zur Sicherung seiner aus den Untreuetaten erlangten Vorteile begangen, weswegen der hierdurch verwirklichte Betrug zu Lasten der Insolvenzschuldner gegenüber der vorangehenden Untreue als mitbestrafte Nachtat zurücktreten würde (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Mai 1994 – 2 StR 202/94, NStZ 1994, 586; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/Bosch, 30. Aufl., Vor §§ 52 ff. Rn. 131), weil der durch die Untreue verursachte Schaden in Form der Entnahmen bei wirtschaftlicher Betrachtung mit dem Betrugsschaden identisch ist. Nach ständiger Rechtsprechung entfällt jedoch die Straflosigkeit einer Nachtat, wenn die Vortat nicht mehr verfolgbar ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. November 2008 – 5 StR 344/08, NStZ 2009, 203; vom 10. Februar 2015 – 1 StR 405/14, BGHSt 60, 188, 196, jeweils mwN).
11
b) Die durch das Landgericht vorgenommene Schadensbemessung begegnet jedoch durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Denn entgegen seiner Auffassung besteht der durch die täuschungsbedingten Vermögensverfügungen verursachte Schaden nicht in der „Überentnahme“ aus der Insolvenzmasse, sondern in der wertmäßigen Verringerung der Schadensersatzansprüche der Insolvenzschuldner infolge unterlassener Geltendmachung.
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aa) Der eigenmächtige Zugriff des Angeklagten auf die Fremdgelder bzw. die Verwendung von zunächst auf dem Kanzleikonto gutgeschriebenen Masseforderungen zur Tilgung eigener Verbindlichkeiten (vgl. zu letzterem BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2015 – 1 StR 587/14, NJW 2015, 1190, 1191; vom 26. November 2019 – 2 StR 588/18, NStZ 2020, 418, 419 f.) begründen einen Vermögensnachteil der Insolvenzschuldner in nämlicher Höhe. Dieser wurde aber nicht durch das täuschungsbedingte Unterlassen der Rechtspfleger, sondern bereits unmittelbar durch die Treupflichtverletzungen des Angeklagten verursacht (vgl. BGH, Urteil vom 4. März 2020 – 5 StR 395/19, NStZ-RR 2020, 145, 146).
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bb) Durch seine Falschangaben hat der Angeklagte indes verhindert, dass die Rechtspfleger Kenntnis von seinen Untreuetaten erlangten und Maßnahmen zur Sicherung der Schadensersatzansprüche der Insolvenzschuldner einleiteten. Die Betrugshandlungen waren damit darauf gerichtet, die Gläubiger von der Realisierung ihrer Forderung abzuhalten. Zwar begründen die Zugriffe auf das fremde Vermögen ihrerseits auch diese Schadensersatzansprüche (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 Abs. 1 StGB). Bei der zur Ermittlung des Untreueschadens anzustellenden Gesamtsaldierung ist dieser jedoch nicht zu berücksichtigen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 29. August 2008 – 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 337).
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Als eigenständiger Vermögenswert kann der Schadensersatzanspruch Gegenstand einer nachfolgenden Vermögensschädigung sein (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Mai 1994 – 2 StR 202/94, NStZ 1994, 586). Er ist bei der erforderlichen wirtschaftlichen Betrachtung Vermögensbestandteil (vgl. Bittmann, NStZ 2012, 289, 290; Ceffinato, ZWH 2014, 89, 90). Mit seinen Falschangaben hat der Angeklagte die Durchsetzung des jeweiligen Anspruchs konkret gefährdet. Zur Ermittlung des Betrugsschadens ist daher ein Vergleich des Wertes des Schadensersatzanspruchs vor und nach der irrtumsbedingten Vermögensverfügung erforderlich.
15
c) Eingetreten ist der Betrugsschaden in Höhe der wertmäßigen Beeinträchtigung der Regressforderung jeweils mit der täuschungsbedingten Vermögensverfügung der Rechtspfleger.
16
aa) Die rechtsfehlerhafte Bezifferung des Vermögensschadens durch das Landgericht gefährdet den Bestand der Schuldsprüche deshalb in den Fällen nicht, in denen infolge der Falschangaben des Angeklagten in einem Sachstandsbericht erstmals ein Regressanspruch beeinträchtigt wurde (Fälle B1, B2, B3, B5, B7, F7, F11, F17, F24, F25 und F30 – F30c). Da es auf Grund der schlechten finanziellen Lage des Angeklagten und dessen fortlaufenden Zugriffs auf die Insolvenzmassen nach Art eines Schneeballsystems unmöglich war, dass die Schadensersatzansprüche zu einem späteren Zeitpunkt in gleicher Höhe wie zum Zeitpunkt der jeweiligen täuschungsbedingten Verfügungen erfüllt worden wären (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juli 2004 – 5 StR 412/03, NStZ 2005, 160, 161), kann der Senat ausschließen, dass den einzelnen Insolvenzschuldnern kein Schaden entstanden ist. Aufgrund einer Befriedigungsquote von 30% im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Angeklagten steht zudem fest, dass die Schadensersatzansprüche der Insolvenzschuldner im Zeitpunkt der Vermögensverfügung nicht wertlos waren (vgl. auch BGH, Beschluss vom 15. August 2019 – 5 StR 204/19, wistra 2020, 29).
17
Entsprechendes gilt, soweit das Landgericht in den Tatkomplexen B, D, E, J, K, L in einem Vorspann weitere Falschangaben geschildert hat, die zeitlich vor den Verurteilungssachverhalten liegen. Das Landgericht hat insoweit nicht erkennbar bedacht, dass auch diese Täuschungen Gegenstand der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage waren und deshalb der Betrugsschaden in diesen Tatkomplexen bereits zu einem früheren Zeitpunkt eingetreten sein konnte. Der Senat schließt indes aus, dass der Schaden zum Zeitpunkt der früheren Sachstandsberichte geringer war als bei Begehung der abgeurteilten Taten. Die damit allein abweichenden Tatzeiten beeinträchtigen die Verteidigungsmöglichkeit des Angeklagten nicht, zumal auch diese in der Anklageschrift genannt waren.
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bb) Jede weitere Täuschung, die der Angeklagte im Zuge der Erfüllung seiner Berichtspflichten in einem Insolvenzverfahren begangen hat, erfolgte regelmäßig zur Sicherung des bereits erlangten Vorteils. Ein tatbestandsmäßiger Betrugsschaden wurde durch sie daher nicht verwirklicht (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2011 – 5 StR 46/11). In den Fällen F1a – F1c, F4, F5, F8a – F8b, F9a – F9b, F10, F18a – F18d, F19a – F19g und F20 unterliegen deshalb die Schuldsprüche der Änderung, in den Fällen B8 und B9 der Aufhebung. Im Fall F8a – F8b hatte der Angeklagte zwar der Insolvenzmasse in der Zwischenzeit Kapital zugeführt und später zum Teil wieder entnommen. Eine Schadensvertiefung ist hierdurch aber nicht eingetreten.
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Da angesichts der festgestellten Entnahmen nicht zu erwarten ist, dass das neue Tatgericht in den Fällen B8 und B9 eine eigenständige Beeinträchtigung der jeweiligen Regressforderungen noch wird feststellen können, spricht der Senat den Angeklagten insofern frei (§ 354 Abs. 1 StPO).
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cc) Soweit der Angeklagte zwischen mehreren Falschangaben weitere Entnahmen aus der Insolvenzmasse getätigt hat, besteht ein eigenständiger Betrugsschaden, weil die Anspruchshöhe des beeinträchtigten Schadensersatzanspruchs gesteigert wurde und damit qualitativ über das durch die Haupttat verursachte Maß hinausreicht (Fälle F2a – F2g, F6, F13a, F14, F15, F21a – F21b). Diese Fälle stellen deshalb auch keine mitbestraften Nachtaten dar, weil ihnen ein eigenständiger Unrechtsgehalt in Form der Differenz der Anspruchshöhe der Regressforderungen zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2007 – 2 StR 69/07, NStZ 2008, 396; Beschlüsse vom 20. September 2000 – 3 StR 19/00, NStZ 2001, 195, 196; vom 10. Februar 2015 – 1 StR 405/14, BGHSt 60, 188, 195).
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3. Die Einzelstrafen in den Betrugssachverhalten (Tatkomplexe B bis L) unterliegen bereits auf Grund der fehlerhaften Bestimmung des jeweils eingetretenen Vermögensschadens als wesentlichem Strafzumessungsaspekt sämtlich der Aufhebung. Die Feststellungen haben Bestand, dürfen aber um ihnen nicht widersprechende ergänzt werden.
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Die Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen F1a – F1c, F4, F5, F8a – F8b, F9a – F9b, F10, F18a – F18d, F19a – F19g, F20, B8 und B9 sowie der vorgenannten Einzelstrafen entzieht auch der Gesamtstrafe die Grundlage.
III.
23
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
24
1. Das neue Tatgericht wird im Rahmen der Strafzumessung neben der neu zu beziffernden Höhe des Betrugsschadens auch die berufsrechtlichen Folgen für den Angeklagten mit in den Blick zu nehmen haben (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juli 2016 – 1 StR 256/16, NZWiSt 2017, 39, 40). Dabei kann die tatbestandslose Vorlage falscher Folgeberichte grundsätzlich Berücksichtigung finden (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 2008 – 5 StR 344/08, wistra 2009, 105).
25
2. Es stellt keinen Strafmilderungsgrund dar, dass die Taten ihrem Charakter nach Sicherungsbetrügereien waren (wohl aM – jedoch nicht tragend – BGH aaO Rn. 2). Denn der Vermögensschaden in Form der wertmäßigen Beeinträchtigung der Schadensersatzansprüche ist gerade nicht durch die Untreuetaten und auch nicht durch das ihnen entgegenstehende Verfolgungshindernis eingetreten, sondern dadurch, dass der Angeklagte auf das Vorstellungsbild der Rechtspfleger eingewirkt hat. Dieses Verhalten erscheint nicht deshalb in einem milderen Licht, weil der Angeklagte – bei im Vergleich höherem Schaden – bereits im Vorfeld zusätzlich einen ebenfalls vermögensschützenden Tatbestand verwirklicht hat. Vielmehr dürfen verfahrensordnungsgemäß festgestellte verjährte oder eingestellte Taten grundsätzlich sogar strafschärfend berücksichtigt werden (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 2. März 2016 – 1 StR 619/15, NStZ-RR 2016, 137; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 663 mwN).
IV.
26
Die Voraussetzungen für die beantragte Aufhebung des Haftbefehls durch den Senat (§ 126 Abs. 3 StPO i.V.m. § 120 Abs. 1 StPO) liegen nicht vor.
Sander     
        
König     
        
Feilcke
        
Fritsche     
        
von Schmettau     
        


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