Strafrecht

Anträge auf Corona-Soforthilfen für bereits verkaufte Gesellschaften – Verurteilung wegen Subventionsbetruges

Aktenzeichen  1111 Ls 319 Js 148306/20

Datum:
11.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 28835
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StGB § 41, § 46, § 264 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 8, Abs. 9 Nr. 2

 

Leitsatz

1. Wer Corona-Soforthilfen für Gesellschaften beantragt, die er tatsächlich bereits verkauft hat, macht sich des Subventionsbetrugs schuldig.   (Rn. 2 – 9 und 12) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Ausnutzung der allgemeinen Pandemielage und der schnellen und unbürokratischen Hilfe der Regierung ist strafschärfend zu berücksichtigen. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Angeklagte ist schuldig des Subventionsbetrugs in zwei Fällen.
II. Der Angeklagte wird zur Gesamtgeldstrafe von 130 Tagessätzen zu je,– EUR und zur Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt.
Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.
III. Die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 30.000 € wird angeordnet.
IV. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen.
Angewandte Vorschriften:
§§ 264 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 8, Abs. 9 Nr. 2, 53 StGB

Gründe

I.
Der Angeklagte ist bereits zweimal strafrechtlich in Erscheinung getreten. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Rosenheim vom 20.11.2020 wurde er wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je EUR verurteilt und mit Strafbefehl des Amtsgerichts vom 24.03.2021 wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung in Tatmehrheit mit vorsätzlichem Bankrott in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Verletzung der Buchführungspflicht in Tatmehrheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 9 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 160 Tagessätzen zu je EUR.
II.
Der Angeklagte beantragte über das Onlineportal des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie bei der Landeshauptstadt München jeweils am 02.04.2020 für die V GmbH (Vorgangsnummer der Landeshauptstadt München: sowie die K GmbH (Vorgangsnummer der Landeshauptstadt München: jeweils unter dem Namen Z eine sogenannte Corona-Soforthilfen. Diese werden im konkreten Fall gern. Art. 53 BayHO i.V.m. den Richtlinien für die Unterstützung der von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2) geschädigten Unternehmen und Soloselbstständigen („Corona-Soforthilfen insbesondere für kleine Unternehmen und Soloselbständige“) – Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 3. April 2020, Aktenzeichen PGS-3560/2/1, aus Bundes- und Landesmitteln ohne Gegenleistung gewährt Sie dienen dazu, die wirtschaftliche Existenz der durch die COVID-19-Pandemie wirtschaftlich betroffenen Unternehmen und Freiberufler zu sichern, Liquiditätsengpässe nachrangig zu kompensieren und Arbeitsplätze zu erhalten.
Bei der Antragstellung gab der Angeklagte jeweils bewusst wahrheitswidrig vor, mit den genannten Gesellschaften jeweils ein Unternehmen mit 36,25 bzw. 26,5 Beschäftigten zu betreiben, welche durch die Corona-Pandemie in einen Liquiditätsengpass geraten seien. Den Liquiditätsengpass bezifferte er dabei im Fall der V GmbH mit 105.000,00 EUR und m Fall der K mit 90.000,00 EUR. Tatsächlich hatte der Angeklagte die beiden genannten Gesellschaften bereits jeweils mit notariellen Verträgen vom 20.02.2019 an Z verkauft und betrieb zum Zeitpunkt der Antragstellung tatsächlich kein Gewerbe.
Der Angeklagte handelte dabei in der Absicht, die angesichts der derzeitigen Lage ohne detaillierte Vorprüfung und vorherige Anforderung von Nachweisen gewährten Hilfen des Staates unberechtigt zu bekommen.
Im Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben und entsprechend der vorgefassten Absicht des Angeklagten, gewährte von der Landeshauptstadt München sodann mit Bescheid vom 20.05.2020 die Corona-Soforthilfen für die Fa. V GmbH in Höhe von 30.000,00 € und überwies diesen Betrag mit Eingangsdatum 26.05.2020 auf das Privatkonto des Angeklagten bei mit der IBAN DE der Kreissparkasse M welche er bei beiden Anträgen als „Geschäftskonto“ angab.
Entgegen der vorgefassten Absicht des Angeklagten wurden die Corona-Soforthilfen für die
K mit Bescheid vom 20.05.2020 abgelehnt.
Durch die Tat hat der Angeklagte eine Kontogutschrift in Höhe von 30.000,- € erlangt.
Das Geld konnte vollständig sichergestellt werden.
III.
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen beruhen auf den Angaben des Angeklagten, sowie dem Auszug aus dem Bundeszentralregister.
Der Angeklagte hat die Tat in objektiver wie subjektiver Hinsicht eingeräumt. Das Geständnis wurde überprüft durch die Einführung der notariellen Verträge betreffend die Abtretung von Gesellschaftsanteilen der K GmbH und der V GmbH, der Kontounterlagen, der Verdachtsmeldung der KSK M mit Anlagen vom 26.05.2020, sowie der beiden Bescheide der Landeshauptstadt München vom 20.05.2020.
IV.
Der Angeklagte hat sich des Subventionsbetrugs in zwei Fällen gemäß §§ 264 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 8, Abs. 9 Nr. 2, 53 StGB strafbar gemacht.
V.
Der Strafrahmen ist § 264 Abs. 1 StGB zu entnehmen und beträgt Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe.
Zu Gunsten des Angeklagten ist sein Geständnis zu berücksichtigen. Zum Tatzeitpunkt war er nicht vorbestraft und handelte aufgrund schwieriger persönlicher wie finanzieller Situation. Weiter war zu berücksichtigen, dass der ausgezahlte Geldbetrag sichergestellt werden konnte.
Zu Lasten des Angeklagten waren die jeweils sehr hohen Schadenssummen und die sehr hohe kriminelle Energie, sowie Dreistigkeit zu berücksichtigen, mit der der Angeklagte vorging. Er hat die allgemeine Pandemielage und die schnelle, unbürokratische Hilfe der Regierung ausgenutzt.
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte erscheint es nicht ausreichend, allein eine Bewährungsstrafe zu verhängen, vielmehr war gemäß § 41 StGB neben der Freiheitsstrafe auch eine Geldstrafe zu verhängen. Dies erschien auch unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten angebracht. Insbesondere war aus Sicht des Gerichts sicher zu stellen, dass der Angeklagte auch eine spürbare Sanktion für sein Verhalten erfährt.
Unter Abwägung dieser Gesichtspunkte, war für die Tat betreffend die Firma V GmbH eine Freiheitsstrafe in Höhe von 1 Jahr und 6 Monaten, sowie daneben eine Geldstrafe in Höhe von 100 Tagessätzen und hinsichtlich der K GmbH eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr und daneben eine Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen tat- und schuldangemessen.
Unter nochmaliger Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände, insbesondere des engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs, war hieraus eine Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von 2 Jahren und eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 160 Tagessätzen zu bilden.
Die Tagessatzhöhe war entsprechend der wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten auf EUR festzusetzen.
Die Freiheitsstrafe konnte unter Zurückstellung erheblicher Bedenken zur Bewährung ausgesetzt werden. Bereits generalpräventive Gründe legen hier die Vollstreckung der Freiheitsstrafe nahe. Hiervon wurde allerdings aufgrund des verhältnismäßig jungen Alters des Angeklagten abgesehen.
Gemäß § 74 c StGB war die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 30.000 EUR anzuordnen.
VI.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach §§ 464, 465 StPO.


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