Strafrecht

Führen eines Kfz unter Einfluss von Cannabis, Vortrag einmaliger Probierkonsum

Aktenzeichen  AN 10 S 21.02044

Datum:
10.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 4425
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FeV §§ 46 FeV, 14 FeV, 11

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich mit seinem Eilantrag gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis und die Verpflichtung zur Abgabe seines Führerscheins.
Mit polizeilicher Mitteilung vom 4. Juni 2021 erhielt die Antragsgegnerin Kenntnis davon, dass der Antragsteller am 4. Mai 2021 im Stadtgebiet … unter Einfluss von Cannabis einen PKW führte. Im Laufe der Kontrolle um 17:00 Uhr seien drogentypische Ausfallerscheinungen festgestellt worden. Auf Nachfrage nach letztmaligem Betäubungsmittelkonsum habe der Antragsteller – nach anfänglichem Abstreiten – angegeben, vor zwei oder drei Tagen einen Joint geraucht zu haben. Die um 17:45 Uhr entnommene Blutprobe ergab Werte von 3,9 ng/ml THC und 33 ng/ml THC-Carbonsäure.
Zuletzt wurden bei dem Antragsteller am 12. Februar 2019 im Rahmen einer Personenkontrolle ein sogenannter „Crusher“ mit Anhaftungen von Marihuana in dessen Unterwäsche gefunden.
Nachdem die Antragsgegnerin dem Antragsteller unter Bezugnahme auf den Vorfall am 4. Mai 2021 mit Schreiben vom 5. Juli 2021 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hatte, forderte sie den Antragsteller mit Schreiben vom 16. Juli 2021 auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung beizubringen.
Dabei sei folgende Frage zu klären:
„Ist insbesondere nicht zu erwarten, dass der Antragsteller zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Cannabis oder dessen Nebenwirkungen führen wird (Fähigkeit zum Trennen von Konsum der Verkehrsteilnahme [sic])?“
Das Gutachten wurde in der Folge vom Antragsteller nicht vorgelegt.
Die Antragsgegnerin hörte den Antragsteller mit Schreiben vom 2. November 2021 unter Fristsetzung bis 15. November 2021 zur beabsichtigten Fahrerlaubnisentziehung an.
Mit Schreiben vom 15. November 2021 zeigte sich der Bevollmächtigte des Antragstellers an und führte aus, dass lediglich ein einmaliger Probierkonsum stattgefunden habe, der die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht rechtfertige. Der Antragsteller sei von einer namentlich nicht näher bekannten Person bei einem zufälligen Zusammentreffen zum Rauchen eines Joints verleitet worden.
Mit Bescheid vom 16. November 2021 entzog die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge der Klasse B (Ziffer 1) und verpflichtete ihn, unter Androhung unmittelbaren Zwangs (Ziffer 4), den Führerschein innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung des Bescheids abzugeben (Ziffer 2). Der Sofortvollzug der Ziffern 1 und 2 wurde angeordnet (Ziffer 3). Im Wesentlichen wurde der Bescheid damit begründet, dass zur Abklärung seines künftigen Trennungsvermögens es für erforderlich gehalten worden sei, dass sich der Antragsteller einer Untersuchung unterziehe und ein Gutachten beibringe. Deshalb sei der Antragsteller nach pflichtgemäßem Ermessen zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nach § 46 Abs. 3 FeV i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV aufgefordert worden, um die Zweifel an seiner Eignung zum Führen von fahrerlaubnisfreien und fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugen auszuräumen. Der Antragsteller sei nicht bereit gewesen, sich untersuchen zu lassen bzw. das geforderte Gutachten einzureichen, weshalb die Nichteignung unter Beachtung der Aktenlage und des § 11 Abs. 8 FeV feststehe.
Der Führerschein des Antragstellers wurde am 29. November 2021 sichergestellt.
Mit Schriftsatz vom 23. November 2021 ließ der Antragsteller Klage erheben.
Zugleich ließ er beantragen,
Die aufschiebende Wirkung der Klage wird angeordnet.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nicht von einer gelegentlichen Einnahme ausgegangen werden durfte und ein einmaliger Probierkonsum vorgelegen habe.
Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2021,
die Klage (gemeint ist wohl: den Antrag) abzulehnen.
Es wurde auf die Ausführungen des Fachamtes in den Akten verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Eilantrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig.
Der nach sachgerechter Auslegung (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO) als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Ablieferungspflicht des Führerscheins verstandene Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 VwGO ist aufgrund des angeordneten Sofortvollzugs (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) statthaft. Der Antrag wird weiter dahingehend ausgelegt, dass er sich nicht auf die Zwangsmittelandrohung in Ziffer 4 des angefochtenen Bescheids bezieht. Der Führerschein wurde von der Behörde mittlerweile eingezogen. Die Verpflichtung aus Ziffer 3 hat sich damit erledigt, sodass im Übrigen insoweit auch das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
2. Der zulässige Antrag ist jedoch unbegründet.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage im Falle der Anordnung des Sofortvollzugs durch die Behörde (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) ganz oder teilweise wiederherstellen.
Das Gericht überprüft dabei, ob die Anordnung des Sofortvollzugs durch die Behörde den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügt und nimmt sodann eine Interessenabwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs und dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug des Bescheids vor. Dabei sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache maßgeblich. Ergibt die summarische Prüfung, dass der zugrundeliegende Bescheid offensichtlich rechtmäßig ist, ein Hauptsacherechtsbehelf also voraussichtlich erfolglos wäre, so überwiegt das öffentliche Interesse am Sofortvollzug. Ergibt die Prüfung umgekehrt, dass der angefochtene Bescheid offensichtliche Rechtsmängel aufweist und der Hauptsacherechtsbehelf damit voraussichtlich Erfolgsaussichten hätte, so überwiegt regelmäßig das private Interesse des Betroffenen, von der sofortigen Vollstreckung bis zur Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben.
a) Die Begründung des Sofortvollzugs im streitgegenständlichen Bescheid vom 16. November 2021 gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO entspricht den formalen Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, da das besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug ausreichend begründet wurde.
An den Inhalt der schriftlichen Begründung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. BayVGH, B.v. 7.9.2020 – 11 CS 20.1436 – juris Rn. 20). Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung ist bei Kraftfahrern, denen die erforderliche Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs fehlt, das Erlassinteresse regelmäßig mit dem Vollzugsinteresse identisch (vgl. BayVGH, B.v. 4.7.2019 – 11 CS 19.1041 – juris Rn. 16; B.v. 14.9.2016 – 11 CS 16.1467 – juris Rn. 13). Bei dieser häufig wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltung, der eine typische Interessenlage zugrunde liegt, reicht es aus, diese Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass sie nach Auffassung der Fahrerlaubnisbehörde auch im konkreten Fall vorliegt (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 23.5.2013 – 11 CS 13.785 – juris Rn. 7; B.v. 5.9.2008 – 11 CS 08.1890 – juris Rn. 18). Dem hat die Antragsgegnerin genügt, indem sie – ausgehend von einer fehlenden Fahreignung – den sofortigen Entzug der Fahrerlaubnis im Interesse der Verkehrssicherheit und des Schutzes anderer Verkehrsteilnehmer für erforderlich erklärt hat. Die behördliche Annahme, dass einem nicht fahrgeeigneten Kraftfahrer im Hinblick auf die damit für die Allgemeinheit verbundenen erheblichen Gefahren die Fahrerlaubnis ungeachtet des Gewichts seines persönlichen Interesses an der Teilnahme am individuellen Straßenverkehr (vgl. OVG NW, B.v. 22.1.2001 – 19 B 1757/00 u.a. – juris Rn. 17) nicht bis zum Eintritt der Bestandskraft des Entziehungsbescheids belassen werden kann, begegnet keinen Bedenken (vgl. BayVGH, B.v. 4.7.2019 a.a.O. m.w.N.).
Auch bezüglich der Abgabe des Führerscheins wurde der Sofortvollzug ausreichend im Sinne des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet, indem darauf verwiesen wird, dass bei Nichtabgabe des Führerscheins die nicht auszuschließende Gefahr des Missbrauchs durch das Vorzeigen bei möglichen Verkehrskontrollen besteht.
b) Die in dem angefochtenen Bescheid verfügte Fahrerlaubnisentziehung und die Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins sind nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage rechtmäßig und verletzen den Antragsteller damit nicht in seinen Rechten, sodass die erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich erfolglos sein wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
aa) Die Entziehung der Fahrerlaubnis war rechtmäßig, da die Voraussetzungen gemäß § 3 Abs. 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 und 3 FeV vorliegen. Die Antragsgegnerin hat zu Recht ein medizinisch-psychologisches Gutachten gefordert. Nachdem der Antragsteller das angeforderte Gutachten innerhalb der gesetzten Frist nicht vorgelegt hat, durfte die Antragsgegnerin gemäß § 46 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung des Antragstellers schließen.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 zur FeV vorliegen (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FeV). Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ist bei einer gelegentlichen Einnahme von Cannabis die Kraftfahreignung gegeben, wenn der Konsum und das Fahren getrennt werden, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiven wirkenden Stoffen besteht und keine Störung der Persönlichkeit oder Kontrollverlust vorliegt. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder nur bedingt geeignet ist, finden gemäß § 2 Abs. 8 StVG i.V.m. § 46 Abs. 3 FeV die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung. Nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden, wenn eine gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen. Ein einmaliger Verstoß gegen das Trennungsgebot ist eine Tatsache, die Bedenken gegen die Fahreignung begründet und nach § 46 Abs. 3 FeV zur Anwendung der §§ 11 bis 14 FeV führt. Die durch den Verstoß gegen das Trennungsgebot aufgeworfenen Zweifel an der Fahreignung, hat die Fahrerlaubnisbehörde zu klären. Damit sie über eine hinreichend abgesicherte Beurteilungsgrundlage für die Prognose verfügt, ob der Betroffene auch künftig nicht zwischen einem möglicherweise die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen wird, bedarf es in solchen Fällen in der Regel einer medizinisch-psychologischen Begutachtung (vgl. BVerwG, U.v. 11.4.2019 – 3 C 14/17 – juris Rn. 27).
Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Schluss auf die Nichteignung des Betroffenen im Fall der Nichtbeibringung des Gutachtens ist nur zulässig, wenn die Anordnung zur Gutachtensbeibringung formell und materiell rechtmäßig erfolgte. Voraussetzung ist insbesondere, dass die Anordnung des Gutachtens anlassbezogen und verhältnismäßig war (vgl. BayVGH, B.v. 16.9.2020 – 11 CS 20.1061 – juris Rn. 16). Bei feststehender Ungeeignetheit ist die Entziehung der Fahrerlaubnis zwingend, ohne dass der Fahrerlaubnisbehörde ein Ermessensspielraum zukäme. Dies gilt auch bei der Nichtvorlage eines zu Recht geforderten Fahreignungsgutachtens (vgl. BayVGH, B.v. 16.9.2020 – 11 CS 20.1061 – juris Rn. 16).
(1) Die Antragsgegnerin stufte den Antragsteller zu Recht als gelegentlichen Cannabiskonsumenten ein, der mit der Fahrt am 4. Mai 2021 gegen das Trennungsverbot verstoßen hat.
Gelegentlicher Konsum von Cannabis i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV liegt vor, wenn der Betroffene in zwei oder mehr selbstständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (vgl. BVerwG, U.v. 23.10.2014 – 3 C 3.13 – NJW 2015, 2439 = juris Rn. 20 f.; BayVGH, B.v. 23.3.2021 – 11 CS 20.2643 – juris Rn. 22).
Bei der Wertung, dass der Betroffene mehr als einmal und damit gelegentlich Cannabis konsumiert hat, handelt es sich um einen Akt der Beweiswürdigung. Zwar ist die Gelegentlichkeit des Cannabiskonsums ein Tatbestandsmerkmal, für das die Fahrerlaubnisbehörde die materielle Beweislast trägt, mit der Folge, dass eine etwaige Nichterweislichkeit zu ihren Lasten geht. Allerdings liegt ein einmaliger Konsum nur dann vor, wenn der Betreffende entweder erstmals im Rahmen eines Probierkonsums Cannabis zu sich genommen hat oder frühere Konsumakte derart weit zurückliegen, dass daran nicht mehr angeknüpft werden kann und er aus besonderen Umständen heraus einmalig Cannabis eingenommen hat. Dies plausibel darzulegen, obliegt dem Betroffenen. Vor dem Hintergrund des äußerst seltenen Falles, dass ein mit den Wirkungen der Droge noch völlig unerfahrener Erstkonsument bereits wenige Stunden nach dem Konsum ein Kraftfahrzeug führt und dann auch noch von der Polizei kontrolliert wird, ist im Rahmen der Beweiswürdigung die Annahme gerechtfertigt, dass ohne substantiierte und plausible Darlegung des Gegenteils nicht von einem einmaligen Konsum ausgegangen werden muss (BayVGH, B.v. 23.3.2021 – 11 CS 20.2643 – juris Rn. 23).
Ausweislich des Ergebnisses der chemisch-toxikologischen Untersuchung der am 4. Mai 2021 um 17:45 Uhr vom Antragsteller entnommenen Blutprobe steht fest, dass der Antragsteller kurz vor der polizeilichen Kontrolle am 4. Mai 2021 um 17:00 Uhr Cannabis konsumiert hat. Diese Schlussfolgerung begründet sich daraus, dass THC im Blutserum nach einem Einzelkonsum nur sechs bis zwölf Stunden nachweisbar ist (vgl. BayVGH, B.v. 31.7.2019 – 11 CS 19.1101 – juris Rn. 16 m.w.N.). Aufgrund dieses nachgewiesenen Konsumakts bei einer festgestellten THC-Konzentration von 3,9 ng/ml nahm die Antragsgegnerin unter Zugrundelegung der oben dargestellten Rechtsprechung an, dass der Antragsteller gelegentlicher Konsument von Cannabis ist, was nicht zu beanstanden ist. Der Antragsteller hat den erstmals in der Anhörung zum Fahrerlaubnisentzug vorgetragenen Einwand, dass ein einmaliger Probierkonsum stattgefunden habe, in keiner Weise substantiiert dargelegt. Der Vortrag einer zufälligen Begegnung mit einer unbekannten Person, die den Antragsteller zum Konsum eines Joints verleitet hätte, genügt den Anforderungen an eine plausible und nachvollziehbare Darstellung eines Probierkonsums nicht. Ohne, dass es entscheidungserheblich auf den Vorfall am 12. Februar 2019 ankommt, lässt der damalige Besitz eines „Crushers“ mit Marihuanaspuren es jedenfalls als wenig wahrscheinlich erscheinen, dass der Antragsteller erstmals Anfang Mai 2021 mit Cannabis in Kontakt kam und ein experimenteller Erstkonsum stattfand. Konkrete Angaben zu dem vorgetragenen Erstkonsum bzw. aus welchen besonderen Umständen heraus es nach längerer Zeit zu diesem einmaligen Konsum kam, wurden nicht vorgetragen. Angesichts dessen durfte die Antragsgegnerin von einem gelegentlichen Cannabiskonsum ausgehen.
Daher kommt es letztlich auch nicht entscheidungserheblich darauf an, ob – wie die Antragsgegnerin meint – der vom Antragsteller eingeräumte Cannabiskonsum drei Tage vor der Verkehrskontrolle einen zusätzlichen Konsumakt zu dem durch Bluttest nachgewiesenen Cannabiskonsum wenige Stunden vor der Verkehrskontrolle darstellt oder, ob die Nennung des länger zurückliegenden Zeitpunktes als Schutzbehauptung zu werten ist.
Durch die Fahrt mit dem PKW unter Cannabiseinfluss bei einem THC-Wert von 3,9 ng/ml hat der Antragsteller auch gegen das in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV geregelte Trennungsverbot zwischen Konsum von Cannabis und der Teilnahme am Straßenverkehr verstoßen. Da der Antragsteller den maßgeblichen Risikogrenzwert von 1,0 ng/ml überschritten hat, war eine durch den Drogeneinfluss bedingte Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit nicht auszuschließen (vgl. BVerwG, U.v. 11.4.2019 – 3 C 14/17 – juris Rn. 17).
(2) Darüber hinaus entspricht die Gutachtensanforderung den formellen Anforderungen gemäß § 11 Abs. 6 FeV. Gegenteiliges ist weder ersichtlich noch wurde es von Seiten des Antragstellers vorgetragen. Insbesondere war die Frist zur Beibringung des Gutachtens von rund fünfzehn Wochen ausreichend bemessen und der Antragsteller wurde über die Folgen der Nichtbeibringung des Gutachtens informiert (§ 11 Abs. 8 Satz 2 FeV).
(3) Die Gutachtensanforderung ist auch materiell rechtmäßig, insbesondere ist die Fragestellung anlassbezogen und verhältnismäßig.
Nach § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV legt die Fahrerlaubnisbehörde unter Beachtung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 zur FeV in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Fahrzeugen zu klären sind. Diese gesetzliche Forderung ist Ausfluss des in Art. 20 Abs. 3 GG festgelegten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und verbietet es grundsätzlich, nicht anlassbezogene und somit zu weit gefasste Fragestellungen zum Gegenstand der Untersuchung zu machen. Vorliegend wurde bei der Formulierung der Gutachtensfragestellung nicht gegen diesen Grundsatz verstoßen.
Die Anordnung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist damit zu Recht erfolgt.
bb) Aufgrund der demnach mit dem streitgegenständlichen Bescheid rechtmäßig angeordneten Entziehung der Fahrerlaubnis ist auch die unter Ziffer 2 des Bescheids verfügte Abgabeverpflichtung bezüglich des Führerscheins gemäß § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV voraussichtlich rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist daher insgesamt abzulehnen.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Ziffern 1.5, 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.


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