Strafrecht

Gefährliche Körperverletzung: Einsatz eines Kraftfahrzeugs als Werkzeug

Aktenzeichen  4 StR 236/21

Datum:
23.11.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:231121B4STR236.21.0
Normen:
§ 224 Abs 1 Nr 2 StGB
Spruchkörper:
4. Strafsenat

Verfahrensgang

vorgehend LG Duisburg, 19. März 2021, Az: 32 KLs 45/20

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 19. März 2021 im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte im Fall 1 der Urteilsgründe der tateinheitlichen Körperverletzung schuldig ist.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „schweren Raubes in Tateinheit mit Geldfälschung, gefährlicher Körperverletzung, Betrug, Diebstahl und mit zweifachem vorsätzlichen Fahren ohne Fahrerlaubnis sowie wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und eine Fahrerlaubnissperre verhängt. Die mit der unausgeführten Sachrüge geführte Revision des Angeklagten erzielt einen geringfügigen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Der Schuldspruch wegen tateinheitlicher gefährlicher Körperverletzung im Fall 1 der Urteilsgründe wird durch die Feststellungen nicht getragen.
3
Der Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB erfordert nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die Körperverletzung durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirkendes gefährliches Tatmittel eingetreten ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 4. Februar 2021 ‒ 4 StR 403/20, juris Rn. 22). Wird ein Kraftfahrzeug als Werkzeug eingesetzt, muss die körperliche Misshandlung also bereits durch den Anstoß oder den unmittelbaren Kontakt mit dem Kraftfahrzeug selbst ausgelöst sein. Verletzungen, die erst durch ein anschließendes Sturzgeschehen verursacht worden sind, genügen insoweit nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2020 ‒ 4 StR 194/20).
4
Zwar hat das Landgericht eine Vielzahl von Verletzungen des Tatopfers festgestellt. Den Urteilsgründen kann jedoch auch unter Berücksichtigung ihres Zusammenhangs nicht entnommen werden, dass diese Verletzungen, die der Angeklagte dem Zeugen F.    zufügte, indem er sein Fahrzeug auf mindestens 50 km/h beschleunigte und Schlangenlinien fuhr, um den sich am Fensterrahmen der Fahrertür festhaltenden Geschädigten abzuschütteln, auf einem unmittelbaren Körperkontakt mit dem Kraftfahrzeug in dem durch § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB vorausgesetzten Sinn beruhen und nicht durch den Sturz auf die Straße verursacht worden sind.
5
2. Der Senat stellt den Schuldspruch daher auf (einfache) Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) um. Der Generalbundesanwalt hat das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung in seiner Zuschrift bejaht. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, da nicht ersichtlich ist, dass der geständige Angeklagte sich anders als geschehen hätte verteidigen können.
6
3. Die Schuldspruchänderung lässt den Strafausspruch unberührt, denn das Landgericht hat die tateinheitliche Verwirklichung des Qualifikationstatbestands des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht strafschärfend berücksichtigt.
7
4. Der geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Quentin     
        
Bender     
        
Bartel
        
Maatsch     
        
Scheuß     
        


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