Strafrecht

Gewerbsmäßiges Einschleusen von Ausländern: Einziehungsanordnung hinsichtlich bezogener Sozialleistungen

Aktenzeichen  5 StR 537/19

Datum:
27.11.2019
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2019:271119B5STR537.19.0
Normen:
§ 73 StGB
§ 73c S 1 StGB
§ 73e Abs 1 StGB
Spruchkörper:
5. Strafsenat

Verfahrensgang

vorgehend LG Bremen, 5. April 2019, Az: 320 Js 49118/11 – 3 KLs (1/16)

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 5. April 2019 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
Mit Recht hat das Landgericht die Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73c Satz 1 StGB) auch in Bezug auf die vom Angeklagten ertrogenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) angeordnet. Zwar hat – worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist – der Leistungsträger die Leistungsbescheide nach den Urteilsfeststellungen nicht innerhalb der in § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X bezeichneten Jahresfrist zurückgenommen, weswegen kein Erstattungsanspruch nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X entstehen konnte (vgl. BVerwG, NVwZ 2015, 1392, 1393 [zu § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG]; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 9. Oktober 2014 – L 5 AS 673/13, juris Rn. 41). Der Bestand (vgl. OLG München, wistra 2018, 522 m. zust. Anm. Wengenroth und Rettke, NZWiSt 2019, 79) bzw. die Durchsetzbarkeit (vgl. zur Verjährung BGH, Beschluss vom 8. Mai 2018 – 5 StR 139/18, BGHR StGB § 73e Erlöschen 1) eines Rückgewähranspruchs des Verletzten ist jedoch keine Voraussetzung der Einziehung nach den §§ 73, 73c StGB.
Die Ausnahmevorschrift des § 73e Abs. 1 StGB ist nicht erfüllt. Danach ist die Einziehung ausgeschlossen, soweit ein dem Verletzten aus der (rechtswidrigen) Tat erwachsener Anspruch „erloschen“ ist, was vorliegend offensichtlich nicht zutrifft. Eine analoge Anwendung scheidet aus. Das Gesetz will die doppelte Inanspruchnahme des Täters namentlich in Fällen vermeiden, in denen der Anspruch des Verletzten bereits (teilweise) erfüllt worden ist (vgl. BT-Drucks. 18/9525 S. 69; Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 673). Konstellationen, in denen der Rückgewähranspruch aufgrund von der Verantwortung des Leistungsträgers zuzurechnenden Umständen nicht entsteht, liegen außerhalb dieses Normzwecks. Die Anwendung der Ausschlussklausel über ihren Wortlaut hinaus auf derartige Fälle zu erstrecken, würde vielmehr dem Ziel der §§ 73, 73c StGB zuwiderlaufen, dem Täter die erlangten Verbrechensgewinne wieder zu entziehen.
Sander     
      
König     
      
Berger
      
Mosbacher     
      
Köhler     
      


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