Aktenzeichen 11 CS 16.2316
Anlage 4 Nrn. 9.2.2
FeV FeV § 11 Abs. 7, Abs. 8 S. 1, § 14 Abs. 1 S. 3, § 46 Abs. 1 S. 1, Abs. 3
Anlage 4 zur FeV Nr. 9.2.2
Leitsatz
1 Vor dem Hintergrund des äußerst seltenen Falls, dass eine Person nach einem einmaligen Konsum zum einen bereits kurz darauf ein Kraftfahrzeug führt und zum anderen dann auch noch trotz der geringen Dichte der polizeilichen Verkehrsüberwachung in eine Verkehrskontrolle gerät und die Polizei einen Drogentest veranlasst, ist in einem Akt der Beweiswürdigung regelmäßig die Annahme gerechtfertigt, dass ohne substantiierte Darlegung des Gegenteils nicht von einem einmaligen Konsum ausgegangen werden muss (Fortführung VGH München BeckRS 2015, 45771) (redaktioneller Leitsatz)
2 Da es für die angemessene Begründung einer für die Wiedergewinnung der Fahreignung positiven Verkehrsprognose wesentlich ist, dass zur positiven Veränderung der körperlichen Befunde einschließlich der Laborbefunde ein tiefgreifender und stabiler Einstellungswandel hinzutreten muss, der es wahrscheinlich macht, dass der Betroffene auch in Zukunft die notwendige Abstinenz einhält, erfordert das ein positives medizinisch-psychologisches Gutachten. Die Vorlage von Abstinenznachweisen genügt für die Wiedererlangung der Fahreignung in solchen Fällen nicht. (redaktioneller Leitsatz)
3 Es ist offen und deshalb der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten, ob bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach einer erstmaligen Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug unter Cannabiseinfluss mit einer THC-Konzentration von 1 ng/ml oder mehr, die aber nicht zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis durch ein Strafgericht geführt hat, die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis nach § 11 Abs. 7 FeV entziehen muss oder ob entsprechend dem Vorgehen bei fahrerlaubnisrechtlichem Alkoholmissbrauch (§ 13 FeV iVm Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV) nur eine medizinisch-psychologische Untersuchung nach § 14 Abs. 1 S. 3 FeV angeordnet werden kann. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 6 S 16.3333 2016-11-02 Bes VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A und B (einschließlich Unterklassen).
Mit Bußgeldbescheid vom 6. Mai 2014, rechtskräftig seit 23. Mai 2014, verhängte die Zentrale Bußgeldstelle Viechtach wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG gegen den Antragsteller ein Bußgeld und ein Fahrverbot von einem Monat. Dem lag zu Grunde, dass er am 6. Februar 2014 gegen 14:30 Uhr ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr geführt hatte, obwohl er unter dem Einfluss von Cannabis-Produkten stand. Die Blutanalyse des rechtsmedizinischen Instituts der Ludwig-Maximilians-Universität München vom 7. April 2014 hatte eine Konzentration von 5,1 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC), 0,97 ng/ml Hydroxy-THC sowie 30 ng/ml THC-Carbonsäure ergeben.
Laut Protokoll der Polizeiinspektion 12, München, vom 6. Februar 2014 gab der Antragsteller bei der Kontrolle an, am 2. Februar 2014 gegen 3:00 Uhr einen Joint konsumiert zu haben. Das Protokoll ist vom Antragsteller unterschrieben. Bei der Betroffenenanhörung äußerte er sich nicht zur Sache.
Auf Anhörung zur Fahrerlaubnisentziehung erklärte der Antragsteller mit Schreiben vom 18. November 2014, dass er am Tattag in seiner Mittagspause zwei Freunde getroffen habe. Es sei ihm sehr schlecht gegangen. Einer seiner Freunde habe einen Joint angezündet und ihn dazu eingeladen. Er habe sich gedacht, dieses eine Mal könne er das schon machen; es sei schon so lange her gewesen, dass er so etwas gemacht gehabt hätte und es werde schon nichts passieren. Er habe schon gewusst, dass er noch fahren müsse, habe aber mit einem schnellen Abklingen gerechnet. Er habe den Konsumzeitpunkt gegenüber der Polizei bewusst zeitlich vorverlegt, weil er sich Vorteile davon versprochen habe.
Mit Schreiben vom 16. Dezember 2014 ordnete die Antragsgegnerin die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens innerhalb von drei Monaten an. Mit Erklärung vom 7. Januar 2015 beauftragte der Antragsteller den DEKRA e.V. mit der Durchführung der Begutachtung.
Unter dem 8. Januar 2015 erließ die Antragsgegnerin eine neue Gutachtensanordnung und setzte für die Beibringung des Gutachtens nunmehr eine Frist von 13 Monaten. Der Antragsteller habe geltend gemacht, seit dem 7. Februar 2014 keine Betäubungsmittel mehr eingenommen zu haben. Es sei daher ein medizinisch-psychologisches Gutachten mit einem Drogenkontrollprogramm beizubringen.
Unter dem 11. Februar 2016 übersandte der DEKRA e.V. der Antragsgegnerin unter Beifügung der Laborbefunde eine abschließende Bescheinigung zur Betäubungsmittelabstinenz. Danach seien beim Antragsteller im Zeitraum vom 23. Februar 2015 bis 2. Februar 2016 sechs Urinuntersuchungen jeweils nach nicht vorhersehbarer telefonischer Einbestellung durchgeführt worden, die sämtlich unauffällig gewesen seien. Das Programm sei vom 8. bis 20. März 2015, vom 13. bis 17. Mai 2015 und vom 30. Mai bis 20. Juni 2015 unterbrochen worden. Ansonsten sprächen die erhobenen Befunde für eine Betäubungsmittelabstinenz im Kontrollzeitraum.
Nachdem der Antragsteller kein Gutachten vorlegte, entzog die Fahrerlaubnisbehörde ihm nach vorheriger Anhörung mit Bescheid vom 18. Juli 2016 die Fahrerlaubnis und ordnete unter Androhung eines Zwangsgelds die Abgabe des Führerscheins innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheids sowie die sofortige Vollziehung an. Die Behörde stützte den Bescheid auf § 11 Abs. 7 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV.
Über die gegen den Bescheid erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht München noch nicht entschieden (Az. M 6 K 16.3332). Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat es mit Beschluss vom 2. November 2016 abgelehnt.
Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, der die Antragsgegnerin entgegentritt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig wäre. Jedenfalls aber ergibt eine Interessenabwägung, von der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzusehen.
1. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. November 2016 (BGBl S. 2722), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 18. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. Dezember 2016 (BGBl S. 3083), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV).
Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV liegt Kraftfahreignung bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis vor, wenn der Konsum und das Fahren getrennt werden können, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen besteht und keine Störung der Persönlichkeit oder Kontrollverlust vorliegt. Nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV ist die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a StVG begangen wurden.
Bringt der Betreffende ein angeordnetes Gutachten nicht fristgerecht bei, kann nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf seine Ungeeignetheit geschlossen werden. Der Schluss auf die Nichteignung ist aber nur dann zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (BVerwG, U.v. 5.7.2001 – 3 C 13.01 – NJW 2002, 78).
1.1. Der Senat geht davon aus, dass der Antragsteller zumindest gelegentlich Cannabis konsumiert hat. Gelegentlicher Konsum von Cannabis liegt vor, wenn der Betroffene in zwei oder mehr selbständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (stRspr, zuletzt BVerwG, U.v. 23.10.2014 – 3 C 3.13 – NJW 2015, 2439; BayVGH, B.v. 18.4.2016 – 11 ZB 16.285 – juris Rn. 11).
Ein einmaliger Konsum kann nur dann angenommen werden, wenn der Betreffende entweder erstmals im Rahmen eines Probierkonsums Cannabis zu sich genommen hat oder frühere Konsumakte derart weit zurück liegen, dass daran nicht mehr angeknüpft werden kann und er aus besonderen Umständen heraus einmalig Cannabis eingenommen hat.
Ungeachtet der §§ 2 Abs. 9 und 29 Abs. 7 Satz 1 StVG kann zwar aufgrund der Einlassung des Antragstellers im Verwaltungsverfahren und in den verwaltungsgerichtlichen Verfahren davon ausgegangen werden, dass er in der Vergangenheit bereits in erheblichem Umfang Erfahrungen mit Cannabiskonsum hatte. Da dies nach seinen Schilderungen jedoch vor über zehn Jahren gewesen sein soll, fehlt der erforderliche zeitliche Zusammenhang.
Aufgrund des Gutachtens des rechtsmedizinischen Instituts der Ludwig-Maximilians-Universität München vom 7. April 2014 steht fest, dass der Antragsteller wenige Stunden vor der Polizeikontrolle am 6. Februar 2014 Cannabis konsumiert hat, was der Antragsteller nachträglich auch eingeräumt hat.
Es kann offenbleiben, ob aufgrund der Erklärung des Antragstellers gegenüber der Polizei am 6. Februar 2014, er habe am 2. Februar 2014 gegen 3:00 Uhr ca. einen Joint geraucht, ein zweiter Konsumakt (im zeitlichen Zusammenhang) nachgewiesen ist. Denn vor dem Hintergrund des äußerst seltenen Falls, dass eine Person nach einem einmaligen Konsum zum einen bereits kurz darauf ein Kraftfahrzeug führt und zum anderen dann auch noch trotz der geringen Dichte der polizeilichen Verkehrsüberwachung in eine Verkehrskontrolle gerät und die Polizei einen Drogentest veranlasst, ist in einem Akt der Beweiswürdigung regelmäßig die Annahme gerechtfertigt, dass ohne substantiierte Darlegung des Gegenteils nicht von einem einmaligen Konsum ausgegangen werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 21.04.2015 – 11 ZB 15.181 – juris; B.v. 7.1.2014 – 11 CS 13.2427, 11 C 13.2428 – juris; OVG NW, B.v. 12.3.2012 – 16 B 1294/11 – DAR 2012, 275).
Der vom Antragsteller vorgebrachte Sachverhalt, wie es nach langer Zeit zu einem weiteren „einmaligen“ Konsumakt gekommen sein soll, ist zu wenig substantiiert und unstimmig. Dass sich der Antragsteller nach über zehn Jahren Abstinenz zufällig in einer Mittagspause zu einem erneuten Drogenkonsum hinreißen lässt, um dann – trotz seiner Erfahrungen mit der Droge – bereits um 14:30 Uhr ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr zu führen, was er beim Konsumzeitpunkt auch wusste, ist nicht glaubhaft. Zu diesem Zeitpunkt stand er noch unter der deutlichen Wirkung der Droge. 5,1 ng/ml THC im Blut führt regelmäßig zu signifikanten Beeinträchtigungen der Fahrtüchtigkeit (vgl. Möller/Kauert/Tönnes/Schneider/Theunissen/Ra-maekers, Leistungsverhalten und Toxikokinetik der Cannabinoide nach inhalativer Marihuanaaufnahme, Blutalkohol 43, 361, 368; sowie Möller in Berz/Burmann, Handbuch der Straßenverkehrsrechts, Bd. 2, Kap.15, Arzneimittel und Drogen im Straßenverkehr, B. II. 4. g) aa) Rn. 142).
Auch weist die Antragsgegnerin zu Recht darauf hin, dass dem Antragsteller angesichts seiner Drogenvergangenheit gerade nicht daran gelegen war, die Wirkweise von Cannabis kennenzulernen und auszuprobieren, sondern dass es ihm nach seinem eigenen Vortrag vom 18. November 2014 um Problembewältigung und nach seinem Vortrag in der Beschwerdebegründung auch darum gegangen sei, das „unbeschwerte Gefühl von früher wieder zu spüren“.
1.2 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts trennt ein gelegentlicher Konsument von Cannabis dann nicht in der gebotenen Weise zwischen diesem Konsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs, wenn er fährt, obwohl angesichts des bei ihm festgestellten Tetrahydrocannabinol-Werts (THC) eine hierdurch bedingte Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit nicht auszuschließen ist (vgl. BVerwG, U.v. 23.10.2014 – 3 C 3.13 – DAR 2014, 711). Danach ist bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten bereits bei einer einmaligen Teilnahme mit einem Kraftfahrzeug am öffentlichen Straßenverkehr unter dem Einfluss von 1,0 ng/ml oder mehr THC im Blut von fehlendem Vermögen, den Konsum von Cannabis und die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug zu trennen, auszugehen, sodass der Betroffene nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV fahrungeeignet ist und ihm deshalb gemäß § 11 Abs. 7 FeV die Fahrerlaubnis zu entziehen ist.
Diese Rechtsprechung zugrunde gelegt, ist dem Antragsteller zu Recht die Fahrerlaubnis entzogen worden, da er die Wiedererlangung der Fahreignung nicht nachgewiesen hat.
Es besteht kein Zweifel daran, dass die Fahrerlaubnisbehörde in einem Fall, in dem ein Betroffener aufgrund eines Geschehnisses in der Vergangenheit die Fahreignung zunächst verloren hatte, vor der Entziehung der Fahrerlaubnis zu prüfen hat, ob der Betroffene die Fahreignung zwischenzeitlich wieder erlangt hat, wenn gewichtige Anhaltspunkte hierfür bestehen (vgl. BayVGH, B.v. 9.5.2005 – 11 CS 04.2526 – BayVBl 2006, 18). Es kann hier offen bleiben, ob eine glaubhafte und nachvollziehbare Darlegung des Fahrerlaubnisinhabers (vgl. BayVGH, B.v. 28.7.2016 – 11 ZB 16.1124 – juris Rn. 15) ausreicht, um weitere Aufklärungsmaßnahmen ergreifen zu müssen, oder ob ohne Bindung an starre zeitliche Grenzen und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen ist, ob sich der Betroffene trotz des Ablaufs einer längeren Zeitspanne weiterhin als fahrungeeignet erweist (vgl. VGH BW, B.v. 7.4.2014 – 10 S 404/14 – Blutalkohol 51, 191).
Denn hier hat der Antragsteller vor Ergehen des Fahrerlaubnisentziehungsbescheids laut Mitteilung des DEKRA e.V. vom 11. Februar 2016 für eine ausreichend lange Zeit Drogenfreiheit nach den hierfür geltenden Maßstäben nachgewiesen. Es steht außer Frage, dass in einem solchen Fall die Wiedererlangung der Fahreignung weiter aufzuklären ist.
Da es für die angemessene Begründung einer für die Wiedergewinnung der Fahreignung positiven Verkehrsprognose wesentlich ist, dass zur positiven Veränderung der körperlichen Befunde einschließlich der Laborbefunde ein tiefgreifender und stabiler Einstellungswandel hinzutreten muss, der es wahrscheinlich macht, dass der Betroffene auch in Zukunft die notwendige Abstinenz einhält (vgl. Begründung zu Kap. 3.14.1 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, gültig ab 1.5.2014, zuletzt geändert durch Erlass des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 3.3.2016 [VkBl 2016, 185]), erfordert das – ggf. neben ärztlichen Feststellungen – eine psychologische Bewertung (vgl. BayVGH, B.v. 9.5.2005 a.a.O. Rn. 19), mithin ein positives medizinisch-psychologisches Gutachten. Die Vorlage von Abstinenznachweisen genügt entgegen dem Beschwerdevorbringen für die Wiedererlangung der Fahreignung in solchen Fällen gerade nicht.
Ein solches Gutachten hat die Antragsgegnerin hier angeordnet. Der Antragsteller hat dieses Gutachten innerhalb der von der Behörde gesetzten Frist nicht beigebracht, sodass die Behörde gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Ungeeignetheit des Antragstellers schließen und ihm die Fahrerlaubnis entziehen durfte. Ob die Behörde die Entziehung der Fahrerlaubnis in einem solchen Fall gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf § 11 Abs. 7 oder auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV stützt, ist rechtlich irrelevant, weil die Rechtsgrundlagen, zumal es sich um zwingende Vorschriften handelt, insoweit austauschbar sind.
Darin liegt auch kein Anhörungsfehler, weil der Antragsteller mehrmals Gelegenheit hatte, zum vorliegenden Sachverhalt und dessen rechtlicher Bewertung Stellung zu nehmen. Auch Bedenken gegen die örtliche Zuständigkeit der Antragsgegnerin für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheids bestehen nicht, da die nach Umzug des Antragstellers zuständige Behörde gemäß Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG der Fortführung des Verwaltungsverfahrens durch die Antragsgegnerin zugestimmt hat.
1.3 Nach jüngerer Rechtsprechung des Senats (vgl. B.v. 29.8.2016 – 11 CS 16.1460 – Blutalkohol 54, 52) ist es offen und deshalb in einem Hauptsacheverfahren zu klären, ob bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach einer erstmaligen Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug unter Cannabiseinfluss mit einer THC-Konzentration von 1 ng/ml oder mehr, die aber – wie hier – nicht zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis durch ein Strafgericht geführt hat, die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis nach § 11 Abs. 7 FeV entziehen muss oder ob entsprechend dem Vorgehen bei fahrerlaubnisrechtlichem Alkoholmissbrauch (§ 13 FeV i.V.m. Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV) nur eine medizinisch-psychologische Untersuchung nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV angeordnet werden kann.
Der Senat hat daher in mehreren Fällen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bei einer einmaligen Teilnahme mit einem Kraftfahrzeug am öffentlichen Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss im Wege einer Interessenabwägung die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen Fahrerlaubnisentziehungsbescheid unter der Auflage wiederhergestellt, dass sich der Betreffende unter Absolvierung eines Drogenkontrollprogramms einer medizinisch-psychologischen Untersuchung unterzieht (vgl. zuletzt B.v. 14.9.2016 – 11 CS 16.1467 – juris).
Eine entsprechende Anordnung kommt hier schon deswegen nicht in Betracht, weil die Antragsgegnerin – die vorläufige Rechtsprechung des Senats in den einstweiligen Rechtsschutzverfahren zugrunde gelegt – zu Recht vom Antragsteller gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV ein medizinisch-psychologisches Gutachten gefordert hat. Da der Antragsteller das Gutachten nicht beigebracht hat, durfte die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf seine Ungeeignetheit schließen. Dass die Behörde als Rechtsgrundlage § 11 Abs. 7 FeV genannt hat, ist unschädlich. Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Entziehung der Fahrerlaubnis vor, ist es nicht entscheidend, ob die Behörde die Ungeeignetheit unmittelbar aus der Anlasstat ableitet oder aus der Tatsache, dass der Betroffene trotz berechtigter Zweifel, die sich aus der Anlasstat ergeben, seine Eignung nicht durch Vorlage des geforderten Gutachtens nachgewiesen hat.
Jedenfalls sieht der Senat nach der Verweigerung der Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens durch den Antragsteller keinen Anlass zu einem entsprechenden Auflagenbeschluss im Rahmen einer Interessenabwägung, sodass offenbleiben kann, ob ein solcher angesichts des hohen, im Blut des Antragstellers festgestellten THC-Gehalts von 5,1 ng/ml infrage gekommen wäre.
Dass der Antragsteller die Fahrerlaubnis für seine Arbeit als Handwerker dringend benötigt, muss angesichts der Gefahren für die Sicherheit bei Teilnahme fahrungeeigneter Personen am öffentlichen Straßenverkehr unberücksichtigt bleiben, zumal er Gelegenheit hatte, seine Fahreignung durch Vorlage eines (positiven) medizinisch-psychologischen Gutachtens nachzuweisen.
2. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1, 46.1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).